OGH vom 21.03.2017, 10ObS145/16w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Herbert Bauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei p***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Dr. Susanne Schuh, Rechtsanwältin in Perchtoldsdorf, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65–67, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Zuschusses nach Entgeltfortzahlung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 11/16b12, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 5 Cgs 57/15x8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
B e g r ü n d u n g :
M***** ist begünstigte Behinderte. Sie war bei der Klägerin vom bis als Lohnverrechnerin für 25 Wochenstunden beschäftigt. Aufgrund ihres Gesundheitszustands löste sie dieses Dienstverhältnis per auf. Vom bis stand sie in einem geringfügigen Dienstverhältnis zur Klägerin und leistete sechs Stunden in der Woche Telefondienst. Seit arbeitet sie wieder 20 Wochenstunden in der Lohnverrechnung bei der Klägerin.
Vom bis waren bei der Klägerin durchschnittlich 50,28 Dienstnehmer und zu keinem Zeitpunkt über 75 Dienstnehmer beschäftigt.
Vom bis waren bei der Klägerin durchschnittlich 51,86 Dienstnehmer und zu keinem Zeitpunkt mehr als 75 Dienstnehmer beschäftigt.
Vom bis waren bei der Klägerin durchschnittlich 54,77 Dienstnehmer und an 39 Tagen mehr als 75 Dienstnehmer beschäftigt.
In den genannten Zeiträumen war M***** die einzige bei der Klägerin beschäftigte begünstigte Behinderte, Lehrlinge wurden nicht beschäftigt.
Das Erstgericht wies das Begehren der Klägerin auf Leistung eines Zuschusses nach Entgeltfortzahlung für die Arbeitsverhinderung der bei ihr beschäftigten M***** in der Zeit vom bis ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich führte es aus, ein Anspruch auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung gemäß § 53b ASVG bestehe nicht, weil maßgeblicher Durchrechnungszeitraum für die Feststellung der regelmäßigen Arbeitnehmeranzahl im Unternehmen der Klägerin das Arbeitsjahr der von der Arbeitsverhinderung betroffenen Dienstnehmerin sei. Dieses habe am mit dem Eingehen eines neuen Dienstverhältnisses begonnen. Deshalb sei ein Durchrechnungszeitraum vom bis heranzuziehen. Infolge der Beschäftigung der begünstigten Behinderten wäre unter sinngemäßer Anwendung des § 77a Abs 5 ASchG ein Zuschuss nur bis zu einer Höchstzahl von 51 Dienstnehmern zu leisten. Da im maßgeblichen Zeitraum vom bis durchschnittlich 51,86 Dienstnehmer bei der Klägerin beschäftigt gewesen seien, stehe der Klägerin wegen der Überschreitung der Höchstzahl von 51 Dienstnehmern kein Zuschuss nach Entgeltfortzahlung zu.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der Verweis auf § 77a ASchG in § 53b Abs 2 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139 führe dazu, dass bei der Ermittlung der maßgeblichen Arbeitnehmeranzahl Lehrlinge oder begünstigte Behinderte für die Höchstzahl der durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer berücksichtigt werden müssen. Durch die Beschäftigung der begünstigten Behinderten sei auch bei einer Dienstnehmeranzahl von 52 der Anspruch auf Zuspruch für die Entgeltfortzahlung noch nicht ausgeschlossen. Die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Frage welcher Durchrechnungszeitraum für die Ermittlung der Arbeitnehmeranzahl maßgeblich sei, sei dahin zu beantworten, dass das Kalenderjahr ausschlaggebend sei, in dem vom Dienstgeber für einen Dienstnehmer Entgeltfortzahlung geleistet worden sei. Das Abstellen auf das Arbeitsjahr des betroffenen Dienstnehmers führe zu unsachlichen Zufallsergebnissen. Für die Ermittlung der Unternehmensgröße erscheine es daher sachgerecht, auf das Kalenderjahr abzustellen. Dass damit eine Einschätzung der Dienstnehmerzahl pro futuro verbunden sei, stehe mit dem Wortlaut des § 77a Abs 5 ASchG in Einklang. Das Heranziehen des Kalenderjahres erleichtere darüber hinaus sowohl dem Dienstgeber als auch der Beklagten die Verwaltung erheblich, wenn für ein Jahr die Unternehmensgröße für alle Fälle der Entgeltfortzahlung und Zuschussansprüche feststehe. Für den zu beurteilenden Anspruch der Klägerin auf Zuschuss für die Entgeltfortzahlung für die vom bis dauernde Arbeitsverhinderung von M***** sei daher das Kalenderjahr 2014 als Durchrechnungszeitraum heranzuziehen. Da das Erstgericht hiezu keine Feststellungen getroffen habe, sei mit Aufhebung vorzugehen.
Das Berufungsgericht sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der maßgeblichen Frage, welcher Beobachtungszeitraum für die Ermittlung der Unternehmensgröße im Sinn des § 53b Abs 2 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139 iVm § 77a ASchG heranzuziehen sei, fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Klägerin beantwortete Rekurs der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
1. Auf den Sachverhalt ist unstrittig § 53b ASVG idF BGBl I 2013/139 anzuwenden. Die Novellierung des § 53b ASVG durch das SRÄG 2015 ist erst am in Kraft getreten und wirkt nicht zurück (§ 695 Abs 1 Z 1 ASVG).
2. Zuschüsse aus Mitteln der Unfallversicherung zur teilweisen Vergütung des Aufwands für die Entgeltfortzahlung im Sinne des § 3 EFZG oder vergleichbarer österreichischer Rechtsvorschriften bei der beklagten Partei unfallversicherte Dienstnehmerinnen gebühren nur jenen Dienstgebern, die „in ihrem Unternehmen regelmäßig weniger als 51 Dienstnehmer/Innen beschäftigten, wobei die Anzahl der Dienstnehmer/Innen sinngemäß nach § 77a ASchG zu ermitteln ist“ (§ 53b Abs 2 Z 1 und [ohne „sinngemäß“] Abs 3 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139). Die Zuschüsse gebühren zu einer „Entgeltfortzahlung bis höchstens sechs Wochen je Arbeitsjahr (Kalenderjahr)“ (§ 53b Abs 2 Z 2 und Abs 3 Z 2 ASVG idF BGBl I 2013/139).
3.1. Der Abs 5 des mit „Begehungen in Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern“ überschriebenen § 77a ASchG lautet:
„(5) Für die Ermittlung der Arbeitnehmerzahl ist maßgeblich, wie viele Arbeitnehmer regelmäßig in der Arbeitsstätte beschäftigt werden. Für Arbeitsstätten mit wechselnder Arbeitnehmerzahl gelten die Bestimmungen für Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern auch dann, wenn die vorhersehbare durchschnittliche Arbeitnehmerzahl pro Jahr nicht mehr als 50 Arbeitnehmer beträgt und an nicht mehr als 30 Tagen im Jahr mehr als 75 Arbeitnehmer in der Arbeitsstätte beschäftigt werden. Die Bestimmungen für Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern gelten auch dann, wenn in einer Arbeitsstätte bis zu 53 Arbeitnehmer beschäftigt werden, sofern die Zahlengrenze von 50 Arbeitnehmern nur deshalb überschritten wird, weil in dieser Arbeitsstätte Lehrlinge oder begünstigte Behinderte im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl Nr 22/1970, beschäftigt werden.“
3.2. Nach den ErläutRV 1449 BlgNR 20. GP 13 sind vorübergehende, fallweise und nur kurzfristige Über- oder Unterschreitungen der Zahlengrenzen bei wechselndem Arbeitnehmerstand nicht zu berücksichtigen, sofern im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 50 Arbeitnehmer und an nicht mehr als 30 Tagen im Jahr mehr als 75 Arbeitnehmer in der Arbeitsstätte beschäftigt werden, weil die Anzahl der regelmäßig Beschäftigten ausschlaggebend ist.
3.3. Gemäß § 77a Abs 2 Z 2 ASchG haben Begehungen durch eine Sicherheitsfachkraft und einen Arbeitsmediziner in Arbeitsstätten mit 11 bis 50 Arbeitnehmern mindestens einmal im Kalenderjahr zu erfolgen.
4. § 2 Abs 2, 3 und 4 der aufgrund des § 53b Abs 4 idF vor SRÄG 2015 erlassenen Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung (EFZV, BGBl II 2005/64 idF BGBl II 2013/109) lautet:
„§ 2
...
(2) Als Unternehmen im Sinne des § 53b Abs 2 Z 1 und Abs 3 Z 1 ASVG gelten solche, in denen regelmäßig insgesamt weniger als 51 Dienstnehmer/innen beschäftigt werden, wobei die Zählung nach Abs 4 erfolgt.
(3) Als Dienstnehmer/innen im Sinne des Abs 2 gelten Dienstnehmer/innen nach § 4 Abs 2 ASVG, auch wenn sie geringfügig beschäftigt sind, sowie Lehrlinge; ...
(4) Bei wechselnder Dienstnehmer/innen/zahl liegt ein Unternehmen im Sinne des Abs 2 auch dann vor, wenn die vorhersehbare durchschnittliche Dienstnehmer/innen/zahl pro Jahr nicht mehr als 50 beträgt und an nicht mehr als 30 Tagen im Jahr mehr als 75 Dienstnehmer/innen beschäftigt werden. Ein Unternehmen nach Abs 2 liegt auch dann vor, wenn die Zahlengrenze von 50 Dienstnehmer/inne/n nur deshalb überschritten wird, weil in diesem Unternehmen Lehrlinge oder begünstigte Behinderte im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl Nr 22/1970, beschäftigt werden, sofern die Grenze von 53 Dienstnehmer/inne/n nicht überschritten wird; letzteres gilt nicht für Unternehmen, die vorwiegend der Ausbildung Jugendlicher oder der Beschäftigung Behinderter dienen, wie Lehrwerkstätten oder integrative Unternehmen.“
5. Nach § 53b Abs 2 Z 1 ASVG in der seit geltenden Fassung gebühren die Zuschüsse nur jenen Dienstgeber/innen, die in ihrem „Unternehmen durchschnittlich nicht mehr als 50 Dienstnehmer/innen beschäftigen, wobei der Ermittlung des Durchschnitts das Jahr vor Beginn der jeweiligen Entgeltfortzahlung zu Grunde zu legen ist; dabei sind auch Zeiträume zu berücksichtigen, in denen vorübergehend keine Dienstnehmer/innen beschäftigt wurden“.
Die Gesetzesmaterialien, ErläutRV 900 BlgNR 25. GP 17 f, führen dazu aus:
„Z 1 fasst die vormaligen § 53b Abs 2 Z 1 und Abs 3 Z 1 ASVG zusammen und legt den Kreis der anspruchsberechtigten Dienstgeber fest. Zuschussberechtigt sind nach wie vor Dienstgeberinnen und Dienstgeber, die in ihrem Unternehmen im Durchschnitt nicht mehr als 50 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer beschäftigen; die Methode zur Ermittlung der Dienstnehmeranzahl soll aufgrund Anregung der [beklagten Partei] nunmehr jedoch klar und eindeutig gestaltet und von der Bindung an das Arbeitnehmerschutzgesetz entkoppelt werden:
Auch nach der bisherigen Regelung war die Beschäftigung von regelmäßig weniger als 51 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern Voraussetzung für die Zuschussberechtigung. Probleme in der Praxis bereitete jedoch die Ermittlung der Anzahl der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer, die 'sinngemäß nach § 77a ASchG' zu erfolgen hatte. Diese am Arbeitnehmerschutz ausgerichtete Bestimmung regelte die Ermittlung der Arbeitnehmeranzahl. Demnach gelten für Arbeitsstätten mit wechselnder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerzahl die Bestimmungen für Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern auch dann, wenn die vorhersehbare durchschnittliche Arbeitnehmeranzahl pro Jahr nicht mehr als 50 beträgt. Das Abstellen auf eine 'vorhersehbare durchschnittliche Arbeitnehmeranzahl' führte in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten, da sie eine einem 'Blick in die Kristallkugel' gleichkommende, ungewisse Beurteilung erforderte.
Die bestehende Regelung führte dazu, dass kleine und mittlere Unternehmen oft monatelang warten mussten, um den Zuschuss ausbezahlt zu bekommen, da sich oft erst im Nachhinein feststellen ließ, ob die maximale Dienstnehmeranzahl überschritten wurde oder nicht. Zudem konnte es in Fällen, in denen Unternehmen eine baldige Zuschussauszahlung begehrten und diese dann auch durchgeführt wurde, durch die ex-post-Betrachtung immer wieder zu Rückforderungen kommen. ...
Nun soll die Ermittlung der durchschnittlichen Dienstnehmerzahl auf das Jahr vor Beginn der jeweiligen Entgeltfortzahlung abstellen: Maßgeblich ist der Beginn der tatsächlichen Entgeltfortzahlung durch die Dienstgeberin/den Dienstgeber, für die sie oder er den Antrag stellt. Der Jahresdurchschnitt wird an Hand der Anzahl der gemeldeten Dienstnehmerinnen/Dienstnehmer aus dem Jahr vor dem 'Stichtag' ermittelt. Zeiträume, in denen vorübergehend keine Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer beschäftigt wurden, sind einzurechnen. ...“
6. § 53b ASVG wurde durch das HWG 2002, BGBl I 2002/155, in das Gesetz eingefügt. Nach dessen Abs 2 Z 1 und Z 2 gebührten Zuschüsse „nur jenen Dienstgebern, die regelmäßig weniger als 51 Dienstnehmer in Betrieben (§ 77a ASchG) beschäftigen“ und „ab dem ersten Tag der Entgeltfortzahlung bis höchstens sechs Wochen je Arbeitsjahr (Kalenderjahr)“. Die Gesetzesmaterialien (AB 1285 BlgNR 21. GP 5) führen dazu aus: „...Voraussetzung für die Zuschusserlangung ist die regelmäßige Beschäftigung von höchstens 50 Dienstnehmern. Weiters wird ... der Zuschuss für höchstens sechs Wochen der Entgeltfortzahlung pro Arbeitsjahr gewährt. Für Arbeitnehmer deren Entgeltfortzahlung sich nicht nach dem Arbeitsjahr, sondern nach dem Kalenderjahr richtet, ist dieses als Referenzzeitraum heranzuziehen. ... “
7. Die Rekurswerberin vertritt unter Berufung auf den Ausschussbericht 1285 BlgNR 21. GP 5 den Standpunkt, die Wortfolge „weniger als 51 Dienstnehmer/innen“ in § 53b Abs 2 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139 sei wie in der EFZV als „nicht mehr als 50 Dienstnehmer/innen“ zu verstehen. Dies werde durch die geltende Fassung des § 53b ASVG klargestellt. Im zu entscheidenden Fall sei daher nach der EFZV und bei sinngemäßer Anwendung des § 77a ASchG unter Berücksichtigung der Beschäftigung einer begünstigten Behinderten der Zuschuss nur bei regelmäßiger Beschäftigung von höchstens 51 Dienstnehmern zu leisten. Da ein Dienstgeber einen Zuschuss für jeden einzelnen Dienstnehmer nur in einem bestimmten Umfang pro Kalenderjahr bzw Arbeitsjahr der jeweils geleisteten Entgeltfortzahlung in Anspruch nehmen könne, müssten alle Tatbestandsmerkmale, somit auch die Unternehmensgröße, im bezughabenden Kalender- bzw Arbeitsjahr des betreffenden Dienstnehmers erfüllt sein. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es sei bei der Ermittlung der Unternehmensgröße auf das Kalenderjahr abzustellen, sei daher unzutreffend.
Hierzu wurde erwogen:
8.1. Die Ermittlung der für die Unternehmensgröße maßgeblichen Anzahl der im Unternehmen regelmäßig beschäftigten Dienstnehmer/innen hat unabhängig vom Beschäftigungsausmaß nach Köpfen zu erfolgen (Melzer-Azodanloo, Zuschuss an Dienstgeber bei Krankheit oder Unfall (I), ecolex 2006, 411 [413]; Putzer, Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung für KMU, RdW 2006, 638 [639]). Demnach ist die Zahl der regelmäßig beschäftigten Dienstnehmer eine natürliche (also ganzzählige) Zahl. „Weniger als 51“ bedeutet daher im Bezugszusammenhang „höchstens 50“. Dieses Verständnis bringt § 2 Abs 4 EFZV deutlich zum Ausdruck, ergibt sich auch aus § 77a ASchG und wird in den Gesetzesmaterialien (AB 1285 BlgNR 21. GP 5; ErläutRV 900 BlgNR 25. GP 17 f) bestätigt.
8.2. Im vorliegenden Fall der Beschäftigung einer begünstigten Behinderten ist daher die maximal zulässige Obergrenze von 50 Dienstnehmer/innen nicht überschritten, wenn – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – im Unternehmen höchstens 51 Dienstnehmer/innen regelmäßig beschäftigt werden.
9.1. Die Frage, ob das Kalenderjahr oder das Arbeitsjahr des Dienstnehmers, in dem vom Dienstgeber für einen Dienstnehmer Entgeltfortzahlung geleistet worden sei, zu der der Zuschuss beansprucht wird, der für die Ermittlung maßgebliche Beobachtungszeitraum ist, wird im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt.
9.2. Zu der von der Beklagten vertretenen Auffassung, es müssten alle Tatbestandsmerkmale, somit auch die Unternehmensgröße, im bezughabenden Kalender- bzw Arbeitsjahr des betreffenden Dienstnehmers erfüllt sein, zwingt weder die historische noch die teleologische Auslegung des § 53b ASVG idF BGBl I 2013/139.
a) Sie findet im Ausschussbericht 1285 BlgNR 21. GP 5 keine Stütze. Dort wird vom Arbeitsjahr und Kalenderjahr als Referenzzeitraum ersichtlich nur in Bezug auf die Höchstdauer der Entgeltfortzahlung, für die ein Zuschuss gebührt, gesprochen, weil sich der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht nach dem Arbeitsjahr, sondern nach dem Kalenderjahr richtet (vgl § 2 Abs 8 EFZG).
b) Dass Sinn und Zweck der Zuschussgewährung nach § 53b ASVG es nicht erfordern, bei der Ermittlung der Unternehmensgröße auf das Kalender- bzw Arbeitsjahr des Dienstnehmers, dessen Entgelt fortgezahlt wurde, abzustellen, zeigt die Novellierung der Norm durch das SRÄG 2015, wonach das Jahr vor der jeweiligen Entgeltfortzahlung (also weder das Kalenderjahr noch das Arbeitsjahr) maßgeblich ist.
9.3. Die vom Berufungsgericht gefundene Bestimmung des Kalenderjahres des Entgeltfort-zahlungsbezugs als für die Ermittlung der Anzahl der regelmäßig beschäftigten Dienstnehmer/innen maßgeblichen Zeitraum ist eine Auslegung des § 53b Abs 2 Z 1 und Abs 3 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139), die vom Obersten Gerichtshof geteilt wird. Für diese kann ins Treffen geführt werden, dass sich aus § 77a Abs 5 iVm mit Abs 2 ASchG ein Bezug auf das Kalenderjahr als Zeitraum für den Beobachtungszeitraum ergibt.
10. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:010OBS00145.16W.0321.000 |
Schlagworte: | 1 Generalabonnement,12 Sozialrechtssachen |
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