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VfGH vom 13.12.2004, B1702/03

VfGH vom 13.12.2004, B1702/03

Sammlungsnummer

17411

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Bestimmungen der Verfahrensordnung zur Herausgabe des Heilmittelverzeichnisses - VO-HMV über die beizubringenden Unterlagen und über den zu entrichtenden Kostenersatz im Rahmen der Aufnahme parallel importierter Arzneimittelspezialitäten in das Heilmittelverzeichnis im Hinblick auf das Gleichheits- und das Eigentumsrecht; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter mangels Einholung einer Vorabentscheidung; keine diskriminierende Wirkung der gegenständlichen Regelungen auf den freien Warenverkehr

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Gemäß § 31 Abs 3 Z 12 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 140/2002 ist eine der Aufgaben des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (idF. Hauptverband)

"die Herausgabe eines Heilmittelverzeichnisses; in dieses Verzeichnis sind jene in Österreich zugelassenen Arzneispezialitäten aufzunehmen,

a) die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen PatientInnennutzen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§133 Abs 2) annehmen lassen und

b) deren Abgabe allein auf Grund ärztlicher Anordnung ohne die sonst notwendige chef- oder kontrollärztliche Bewilligung für Rechnung der Sozialversicherungsträger medizinisch und wirtschaftlich sinnvoll und vertretbar ist.

Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in das Heilmittelverzeichnis (§§351c ff) erfolgt entweder allgemein oder nur für bestimmte Verwendungen (zB für bestimmte Krankheitsgruppen oder Altersstufen von PatientInnen oder in bestimmter Menge oder Darreichungsform oder für bestimmte ärztliche Fachgruppen). Im Heilmittelverzeichnis sind ferner jene Stoffe für magistrale Zubereitungen anzuführen, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen nur mit vorheriger chef- oder kontrollärztlicher Bewilligung für Rechnung der Versicherungsträger abgegeben werden können. Der Hauptverband ist darüber hinaus berechtigt, für jene in Österreich zugelassenen Arzneispezialitäten, für die eine Kostenübernahme durch die Versicherungsträger unter bestimmten Voraussetzungen nur mit vorheriger chef- oder kontrollärztlicher Bewilligung zulässig ist, eine Heilmittel-Sonderliste als Anlage zum Heilmittelverzeichnis herauszugeben".

Gegen die Entscheidung des Hauptverbandes über die Aufnahme einer Arzneispezialität in das Heilmittelverzeichnis ist seit der 60. ASVG-Novelle (BGBl. I Nr. 140/2002) eine Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission möglich.

Die im vorliegenden Zusammenhang relevanten §§351c, 351d und 351g ASVG (idF BGBl. I Nr. 140/2002) haben samt Überschriften folgenden Wortlaut:

"Abschnitt V

Aufnahme von Arzneispezialitäten in das Heilmittelverzeichnis

Antragstellung

§351c. (1) Bei der Entscheidung über die Aufnahme in das Heilmittelverzeichnis sind für inländische und ausländische Produkte dieselben Prüfmaßstäbe anzulegen. Der Antragsteller hat dem Hauptverband alle für die Entscheidung über die Aufnahme bedeutsamen Unterlagen aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer und ökonomischer Sicht, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu entsprechen haben, vorzulegen. Damit ist nachzuweisen, dass die beantragte Arzneispezialität in der Regel für eine Krankenbehandlung nach § 133 Abs 2 in den Fällen, in denen die Kosten von der Sozialversicherung zu tragen sind, geeignet ist. Der Antragsteller hat einen pharmakologisch, medizinisch-therapeutisch und ökonomisch untermauerten Vergleich der beantragten Arzneispezialität mit den im Heilmittelverzeichnis angeführten ähnlichen Arzneispezialitäten (Vergleichspräparaten) vorzulegen. Bei diesem Vergleich ist von der häufigsten Indikation, der medizinisch zweckmäßigsten Dosierung und der hauptsächlich betroffenen PatientInnengruppe auszugehen, wobei folgende Fallgruppen zu unterscheiden sind:

1. Hat die beantragte Arzneispezialität die gleiche oder eine ähnliche therapeutische Wirkung hinsichtlich des PatientInnennutzens wie eine bereits in das Heilmittelverzeichnis aufgenommene Arzneispezialität, so ist die Aufnahme abzulehnen, wenn damit keine angemessene Verringerung der Kosten verbunden ist; bei wirkstoffidentischen Arzneispezialitäten ist eine bedeutsame Verringerung der Kosten erforderlich.

2. Wird für die beantragte Arzneispezialität ein höherer Preisangestrebt als der für die im Heilmittelverzeichnis angeführten Vergleichspräparate geltende Preis, so hat dies der Anbotsteller insbesondere durch die Vorlage von klinischen Vergleichsstudien und pharmaökonomischen Evaluationen zu begründen. Bei Offensichtlichkeit kann der Hauptverband auf die Vorlage der pharmaökonomischen Evaluationen durch den Antragsteller vorläufig verzichten.

3. Sind im Heilmittelverzeichnis keine Vergleichspräparate angeführt, so hat der Antragsteller einen Vergleich mit anderen Arzneispezialitäten, mit anderen therapeutischen Möglichkeiten sowie mit Nichtbehandlung vorzulegen, und zwar durch pharmaökonomische Evaluationen, medizinisch-therapeutische und gegebenenfalls pharmakologische Studien.

(2) Bestehen berechtigte Zweifel an der Übertragbarkeit der Ergebnisse der klinischen Studien der beantragten Arzneispezialität auf die Anwendung in der Praxis oder liegen international keine ausreichenden Erfahrungen bei der Anwendung der beantragten Arzneispezialität vor, so kann der Hauptverband vom Antragsteller die Vorlage von Anwendungsbeobachtungen verlangen. So lange diese Anwendungsbeobachtungen nicht vorliegen, ist die Aufnahme der beantragten Arzneispezialität in das Heilmittelverzeichnis unzulässig; in die Heilmittel-Sonderliste (§31 Abs 3 Z 12 letzter Satz) kann sie hingegen aufgenommen werden.

(3) Bei Arzneispezialitäten, die vornehmlich der Behandlung von Akutkrankheiten dienen, ist nur jene Packungsgröße aufzunehmen, deren Inhalt für die Behandlung des Regelfalles ausreicht. Bei Arzneispezialitäten, die der Behandlung von chronischen Krankheiten dienen, ist eine Packungsgröße zur Anbehandlung oder Erprobung (Kleinpackung) und eine zweite Packungsgröße für die medikamentöse Versorgung für die Dauer eines Monates aufzunehmen.

(4) Voraussetzung für die Aufnahme einer Arzneispezialität in das Heilmittelverzeichnis ist die vorherige Bestätigung des Antragstellers über die Lieferfähigkeit.

(5) Der Hauptverband ist berechtigt, das Verfahren über die Aufnahme einer Arzneispezialität in das Heilmittelverzeichnis von sich aus unter sinngemäßer Anwendung der Voraussetzungen und Prüfmaßstäbe nach Abs 1 und nach § 31 Abs 3 Z 12 einzuleiten. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist davon zu verständigen.

...

Entscheidung des Hauptverbandes

§351d. (1) Der Hauptverband hat über den Antrag innerhalb von 180 Tagen nach dessen Einlangen zu entscheiden. Diese Frist beginnt erst mit Vorliegen eines vollständigen Antrages zu laufen. Wird im Verfahren festgestellt, dass zusätzliche Informationen seitens des Antragstellers entscheidungsrelevant sind, so wird die Frist bis zur Beistellung dieser Informationen gehemmt. Der Hauptverband hat den Antrag abzulehnen, wenn die Unterlagen auch nach Aufforderung zur Ergänzung nicht vollständig sind. Insbesondere ist der Nachweis der Zulassung der beantragten Arzneispezialität in Österreich eine wesentliche Voraussetzung für die Vollständigkeit des Antrages.

(2) Der Hauptverband hat seine Entscheidungen zu begründen. Der Antragsteller ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechtsmittelfristen nach § 351i Abs 3 zu belehren.

(3) Ist ein Verfahren abgeschlossen, so ist der Hauptverband zur Entscheidung über einen neuerlichen Antrag hinsichtlich ein und derselben Arzneispezialität erst dann verpflichtet, wenn das vertriebsberechtigte Unternehmen dem Hauptverband unter sinngemäßer Anwendung der Voraussetzungen und Prüfmaßstäbe nach den §§31 Abs 3 Z 12 und 351c Abs 1 das Vorliegen wesentlicher neuer Erkenntnisse nachweist.

...

Verordnungsermächtigung, Werbeverbot

§351g. (1) Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Heilmittelverzeichnisses regelt der Hauptverband durch Verordnung, die der Genehmigung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen bedarf. Sie ist vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen.

(2) Der Hauptverband ist ermächtigt, in der Verordnung nach Abs 1 pauschalierte Kostenersätze für alle vom vertriebsberechtigten Unternehmen oder vom Antragsteller gestellten Anträge festzulegen. Die Höhe der pauschalierten Kostenersätze hat sich nach den Kosten eines durchschnittlichen Verfahrens zu richten, wobei jedenfalls zwischen Verfahren zur Aufnahme einer Arzneispezialität in das Heilmittelverzeichnis und Verfahren zur Änderung der Verschreibbarkeit bzw. Preiserhöhung von Arzneispezialitäten zu unterscheiden ist. Die vertriebsberechtigten Unternehmen oder die Antragsteller haben die Kostenersätze gleichzeitig mit der Antragstellung an den Hauptverband zu entrichten. Geschieht dies nicht, so gilt der Antrag als unvollständig.

(3) Für die im Heilmittelverzeichnis angeführten Arzneispezialitäten, insbesondere für rezeptfreie Produkte, ist jegliche Werbung, die für die Verbraucher(innen) bestimmt ist, zu unterlassen; ausgenommen von diesem Werbeverbot sind rezeptfreie Arzneispezialitäten, die vom Hauptverband von sich aus (§351c Abs 5) gegen den Willen des vertriebsberechtigten Unternehmens in das Heilmittelverzeichnis aufgenommen wurden."

Die §§351h, i und j regeln die Zuständigkeit, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Unabhängigen Heilmittelkommission, die als Behörde nach Art 133 Z. 4 B-VG zur Überprüfung der Entscheidungen des Hauptverbandes (ursprünglich) beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (nunmehr: beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen) eingerichtet wurde.

§ 351i Abs 3 ASVG schließt die Bedachtnahme auf Sachverhalte und Umstände aus, die nach der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen sowie vom Hauptverband eingebracht werden.

Die Entscheidungsbefugnis der Heilmittelkommission ist in § 351i Abs 4 ASVG wie folgt geregelt:

"(4) Die Unabhängige Heilmittelkommission hat die Entscheidung des Hauptverbandes,

1. mit der der Antrag auf Aufnahme in das Heilmittelverzeichnis abgelehnt wurde oder

2. mit der eine Arzneispezialität aus dem Heilmittelverzeichnis gestrichen werden soll oder

3. mit der die Verschreibbarkeit einer Arzneispezialität geändert werden soll,

aufzuheben, wenn der Hauptverband im Verfahren sein Ermessen überschritten oder nicht nachvollziehbar ausgeübt hat; dabei sind alle in der Beschwerde vorgebrachten Argumente zu würdigen. Der Hauptverband hat sodann innerhalb von 120 Tagen nach Zustellung der Aufhebungsentscheidung neu zu entscheiden, widrigenfalls der Antrag als angenommen gilt oder die Arzneispezialität wieder in das Heilmittelverzeichnis aufzunehmen ist oder die Einschränkung der Verschreibbarkeit aufzuheben ist. Der Hauptverband ist bei seiner neuerlichen Entscheidung an die in der Aufhebungsentscheidung geäußerte Auffassung der Unabhängigen Heilmittelkommission gebunden."

2. Die im § 351g Abs 1 ASVG genannte Verordnung über die Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Heilmittelverzeichnisses wurde von der Geschäftsführung des Hauptverbandes am beschlossen und ist mit in Kraft getreten (Verfahrensordnung zur Herausgabe des Heilmittelverzeichnisses nach § 351g ASVG - VO-HMV, Amtliche Verlautbarung der österreichischen Sozialversicherung Nr. 100/2002, www.avsv.at).

Der erste Abschnitt (Artikel) der VO-HMV mit den §§2 bis 11 regelt die Aufnahme von Arzneispezialitäten in das Heilmittelverzeichnis. Die im vorliegenden Fall relevante Aufnahme von parallelimportierten Arzneispezialitäten ist Gegenstand des sechsten Abschnitts (Artikels) bzw. der §§28 bis 34. Diese lauten samt Überschriften wie folgt:

"Artikel 6 - Parallelimportierte Arzneispezialitäten

Berechtigung des Hauptverbandes und Verweise

§28. (1) Wenn im Heilmittelverzeichnis eine direkt importierte oder in Österreich hergestellte Arzneispezialität aufgenommen ist, ist der Hauptverband berechtigt, die entsprechenden parallelimportierten Arzneispezialitäten in einem Anhang des Heilmittelverzeichnisses anzuführen.

(2) Weiters sind für parallelimportierte Arzneispezialitäten, die in einem Anhang des Heilmittelverzeichnisses angeführt sind, folgende Artikel unter Beachtung der in Artikel 6 genannten Bestimmungen sinngemäß anzuwenden:

a) Artikel 2 für Streichungen und Änderungen der Verschreibbarkeit

b) Artikel 3 für Preiserhöhungen

c) Artikel 4 für Änderung der Packungsgröße

d) Artikel 7 mit Ausnahme der Bestimmung für magistrale Zubereitungen

Dies betrifft auch die Bestimmungen über die Kostenersätze mit Ausnahme der Bestimmungen über die Höhe der Kostenersätze von gleichzeitig eingebrachten Anträgen in Bezug auf mehrere Wirkstoffstärken eines Wirkstoffes.

Antragsteller

§29. (1) Der Antragsteller hat pro zur Abgabe im Inland zugelassener parallelimportierter Arzneispezialität (d.h. pro Zulassungsnummer) dem Hauptverband einen Antrag gemäß Anlage 1 zur Aufnahme in den Anhang zum Heilmittelverzeichnis vorzulegen. Gleichzeitig ist vom Antragsteller die Lieferfähigkeit zu bestätigen.

(2) Der Hauptverband prüft innerhalb von 14 Tagen den Antrag auf formale Vollständigkeit und teilt dem Antragsteller das Ergebnis dieser Prüfung schriftlich mit.

(3) Falls der Antrag nicht vollständig ist, fordert der Hauptverband den Antragsteller auf, binnen 30 Tagen die ausständigen Unterlagen beizubringen; kommt der Antragssteller dieser Aufforderung nicht nach, gilt der Antrag als zurückgezogen.

(4) Der Hauptverband hat über den Antrag innerhalb von 180 Tagen nach dessen Einlangen zu entscheiden. Diese Frist beginnt erst mit Vorliegen eines vollständigen Antrages zu laufen.

Prüfung

§30. (1) Der formal vollständige Antrag wird vom Hauptverband unter Beachtung der in § 31 Abs 3 Z 12 ASVG,§ 351c ASVG, in der Verfahrensordnung sowie in der Geschäftsordnung des Fachbeirates für Arzneimittelwesen genannten Grundsätze und Kriterien aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer und ökonomischer Sicht geprüft.

(2) Wird im Verfahren festgestellt, dass zusätzliche Informationen seitens des Antragstellers entscheidungsrelevant sind, hat der Hauptverband den Antragsteller schriftlich aufzufordern, diese unverzüglich beizubringen oder nachvollziehbar zu begründen, warum diese zusätzlichen Informationen nicht beigebracht werden können. Die Frist gemäß § 29 Abs 4 wird bis zur Beistellung der Informationen gehemmt.

Entscheidung des Hauptverbandes

§31. (1) Der Hauptverband kann folgende Entscheidungen treffen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Aufnahme in den Anhang für parallelimportierte Arzneispezialitäten des Heilmittelverzeichnis entsprechend der Verschreibbarkeit der im Heilmittelverzeichnis angeführten direktimportierten bzw. in Österreich hergestellten Arzneispezialität.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Keine Aufnahme in den Anhang für parallelimportierte Arzneispezialitäten im Heilmitelverzeichnis.

(2) Über die Entscheidung des Hauptverbandes ist der Antragsteller schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Diese Entscheidung muss begründet werden; der Antragsteller ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die diesbezüglichen Rechtsmittelfristen gemäß § 351i Abs 3 ASVG zu belehren.

Pharmakologische, medizinisch-therapeutische und ökonomische

Evaluation

§32. (1) In der Anlage 1 sind die vom Antragsteller vorzulegenden Unterlagen angeführt.

(2) Der Hauptverband entscheidet über den Antrag unter sinngemäßer Anwendung der in §§31 Abs 3 Z 12 und 351c Abs 1 ASVG festgelegten Prüfmaßstäbe. Hauptziel der Überprüfung des Antrages aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer Sicht ist die Feststellung der Übereinstimmung der parallelimportierten Arzneispezialität mit der direktimportierten oder in Österreich hergestellten und im Heilmittelverzeichnis angeführten Arzneispezialität. Dies ist vom Antragsteller ausreichend zu dokumentieren.

(3) Aus ökonomischer Sicht ist die Wirtschaftlichkeit der parallelimportierten Arzneispezialität nur dann gegeben, wenn der Fabriks-/Depotabgabepreis der parallelimportierten Arzneispezialität um mindestens 10 % unter dem Fabriks-/Depotabgabepreis der entsprechenden direktimportierten bzw. in Österreich hergestellten und im Heilmittelverzeichnis angeführten bzw. bereits im Heilmittelverzeichnis angeführten identen parallelimportierten Arzneispezialität liegt.

Streichung der parallelimportierten Produkte aus dem Anhang des

Heilmittelverzeichnisses

§33. (1) Falls die in § 32 Abs 2 und 3 angeführten Voraussetzungen für die Anführung einer parallelimportierten Arzneispezialität im Anhang des Heilmittelverzeichnisses nicht mehr gegeben sind, ist die betroffene parallelimportierte Arzneispezialität aus dem Anhang für parallelimportierte Arzneispezialitäten des Heilmittelverzeichnisses zu streichen.

(2) Über die Entscheidung des Hauptverbandes ist der Antragsteller schriftlich in Kenntnis zu setzen. Diese Entscheidung muss begründet werden; der Antragsteller ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die diesbezüglichen Rechtsmittelfristen gemäß § 351i Abs 3 ASVG zu belehren.

Form

§34. (1) Für jede parallelimportierte Arzneispezialität sind die in Anlage 1 angeführten Unterlagen vollständig beim Hauptverband in Papierform vierunddreißigfach einzureichen.

(2) Der Antrag ist vom Antragsteller so zu erstellen, dass in weiterer Folge keine Seite entfernt oder hinzugefügt werden kann. Der Antag ist vom Antragsteller zitierfähig zu gliedern.

(3) Der Antrag ist in deutscher Sprache vorzulegen. Originalstudien, Zusammenfassungen von Originalstudien (z. B. systematische Reviews) bzw. Expert Reports können in deutscher und/oder englischer Sprache vorgelegt werden. Der Hauptverband ist allerdings berechtigt, die deutsche Übersetzung einer in englischer Sprache vorliegenden Originalstudie bzw. des Expert Reports zu verlangen.

(4) Gleichzeitig mit der Antragstellung ist vom Antragsteller gemäß § 351g Abs 2 ASVG pro beantragter Arzneispezialität (Zulassungsnummer) ein Kostenersatz in Höhe von € 2.000,-- auf folgendes Konto des Hauptverbandes zu überweisen: Bank für Arbeit und Wirtschaft, Kontonummer 00110330308, Bankleitzahl 14000. Dabei ist der Tag der Überweisung anzugeben. Falls die Kostenersätze nicht entrichtet wurden, gilt der Antrag als unvollständig. Dabei ist der Tag des Einganges des Kostenersatzes beim Hauptverband relevant.

(5) Der Antrag ist auf dem Postweg unter folgender Adresse einzubringen:

Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger

Einlaufstelle

Kundmanngasse 21

1030 Wien

(6) Der Antrag kann auch direkt unter der oben angeführten Adresse in der Zeit von Montag bis Donnerstag, wenn Werktag, von 8.45 Uhr bis 15.00 Uhr, Freitag, wenn Werktag, von 8.45 Uhr bis 13.30 Uhr eingebracht werden.

(7) Sonstige Unterlagen im Zusammenhang mit dem jeweiligen Antrag müssen sinngemäß (vierunddreißig Exemplare) wie in diesem Paragraphen beschrieben beim Hauptverband eingebracht werden."

II. 1. Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende GmbH beim Hauptverband die Aufnahme der von ihr parallelimportierten Arzneimittelspezialitäten "Topamax 200 mg - Filmtabletten/60 Stk." und "Fragmin 1250 IE/0,1 ml - Spritzamp./10 Stk." ins Heilmittelverzeichnis.

Gestützt auf § 351d Abs 1 ASVG lehnte der Hauptverband durch die Geschäftsführung mit Bescheid vom den Antrag ab, und begründete diese Entscheidung damit, dass von der Beschwerdeführerin trotz Aufforderung die ziffernmäßig genannten Stammdaten und Unterlagen zur ökonomischen Evaluation nicht vorgelegt worden seien.

2. Diese Entscheidung des Hauptverbandes bekämpfte die beschwerdeführende GmbH mit Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission, und zwar im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Unterlagen zum Teil bereits im behördlichen Zulassungsverfahren nach dem AMG vorgelegt worden seien und die Angaben über die "ökonomische Evaluation" dem Hauptverband bereits durch die Aufnahme des vom Hersteller direkt importierten Arzneimittel bekannt seien. Im übrigen stehe der - zugegebenermaßen durch Gesetz und durch die VO-HMV gedeckten - Forderung des Hauptverbandes das Gebot des freien Warenverkehrs nach Art 28ff EG-Vertrag entgegen. Sie sei daher EG-widrig (vgl. Urteil des EuGH in der Rechtssache De Peijper 15-74 und die daran anknüpfende Rechtssprechung); in der Sitzung über die Beschwerde wurde dazu ein Vorabentscheidungsverfahren angeregt.

Die belangte Behörde wies dieses Rechtsmittel mit Bescheid vom ab und wies begründend zunächst darauf hin, es werde erstmals in den Beschwerden vorgebracht, dass Unterlagen bereits im behördlichen Zulassungsverfahren nach dem AMG vorgelegt worden und die Angaben über die "ökonomische Evaluation" dem Hauptverband bereits durch die Aufnahme des vom Hersteller direkt importierten Arzneimittels bekannt geworden seien.

Das Neuerungsverbot gelte allerdings nur für "Sachverhalte und Umstände", nicht jedoch für Rechtsausführungen. Es sei von der beschwerdeführenden Partei weder angegeben worden, dass Unterlagen zum gegenständlichen Produkt zu finden wären, noch wo sich diese befänden. Dazu komme, dass insbesondere für die ökonomische Evaluation konkrete Unterlagen der Beschwerdeführerin fehlten. Ein Verweis auf jene des Direktimporteurs sei nicht zielführend.

Die UHK sei ein "Tribunal" nach Art 6 MRK (§351j Abs 5 ASVG) und wohl auch nach Art 234 EG-Vertrag und solcherart berechtigt (und als letzte Instanz auch verhalten) eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorlägen. Die gemeinschaftsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin bestünden aber nicht zu Recht:

"Die Prüfung eines parallelimportierten Arzneimittels ist auf Grund der in Art 30 EG-Vertrag genannten, hier eingeschränkt relevanten Schutzgüter gestattet und stehen solcherart die Bestimmungen des Art 28 EG-Vertrag der in VO-HMV dafür verlangten Unterlagen nicht grundsätzlich und zur Gänze entgegen. Darauf läuft aber die Beschwerde hinaus, wenn sie einräumt, dass sie überhaupt keine Unterlagen nachgereicht hat, welche im Zuge des Verfahrens vom Hauptverband verlangt wurden. Sie kann auch nicht behaupten, dass sie zu keiner einzigen dieser Unterlagen Zugang gehabt hätte. Der substanzlose - erstmals in der Beschwerde vorgebrachte - Hinweis, dass solche Unterlagen der Zulassungsbehörde zur Verfügung gestanden hätten, ersetzt nicht die Urkundenvorlage an den Hauptverband. Sind doch insbesondere zur Wirtschaftlichkeit die Unterlagen des Direkt- und des Parallelimporteurs nicht gleich. Eine abstrakt generelle Prüfung der Bestimmungen des VO-HMV in Bezug zum EG-Recht ist nicht Aufgabe der UHK."

3. Gegen diesen - letztinstanzlichen - Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art 144 Abs 1 B-VG. Darin behauptet die beschwerdeführende Partei, in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt zu sein; sie beantragt, den angefochtenen Bescheid seinem gesamten Umfang nach aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der den Bedenken der Beschwerde entgegengetreten und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der beteiligte Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ist in seiner schriftlichen Äußerung ebenfalls den Bedenken der Beschwerde entgegengetreten.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin trägt im Wesentlichen Gleichheitsbedenken vor und behauptet eine Verletzung des Grundrechtes auf den gesetzlichen Richter.

1.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB. VfSlg. 9727/1983, 10.072/1984, 10.516/1985) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Der Gleichheitsgrundsatz richtet sich auch an den Gesetzgeber; er setzt ihm insofern verfassungsrechtliche Schranken, als er ihm verbietet, Differenzierungen vorzunehmen, die sachlich nicht gerechtfertigt sind (vgl. zB VfSlg. 8457/1978, 10.064/1984, 10.084/1984). Dem Gleichheitsgrundsatz ist aber auch, worauf die Beschwerdeführerin an sich zutreffend hinweist, das Gebot einer differenzierenden Regelung wesentlich unterschiedlicher Sachverhalte immanent (s. etwa VfSlg. 2956/1956, 5208/1966,8435/1978). Ungleiches darf nicht unsachlicherweise gleich behandelt werden (s. zB VfSlg. 6410/1971, 9204/1981). Die Beschwerdeführerin trägt in erster Linie Bedenken gegen die §§29, 32 Abs 1 und 34 VO-HMV sowie gegen § 351i ASVG vor.

1.2. Zu den Bedenken gegen § 351i ASVG:

Die Beschwerde begründet die Behauptung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zunächst damit, dass

"das ASVG die Entscheidungsbefugnis in der vorliegenden Angelegenheit in verfassungswidriger Weise der Unabhängigen Heilmittelkommission zuweist. Die Verfassungswidrigkeit liegt in § 351 i ASVG, demzufolge zur Überprüfung der Entscheidungen des Hauptverbandes über die Aufnahme von Arzneispezialitäten in das Heilmittelverzeichnis die Unabhängige Heilmittelkommission berufen ist.

Die Zuständigkeit der Unabhängigen Heilmittelkommission verstößt konkret gegen die Anforderungen des B-VG an die Organisation der nicht-territorialen Selbstverwaltung: Zu diesen Anforderungen gehört insbesondere die Einrichtung einer staatlichen Rechtmäßigkeitsaufsicht (VfSlg 8215; Raschauer in Korinek/Holoubek [Hrsg], B-VG-Kommentar, Art 20 Abs 1 B-VG

Rz 87; Stolzlechner in FS 75 Jahre B-VG 361 [375]). Eine derartige staatliche Rechtmäßigkeitsaufsicht erfordert eine Kontrolle durch staatliche Organe. Die Unabhängigen Heilmittelkommission ist jedoch kein solches staatliches Organ. Gemäß § 351h ASVG besteht die Unabhängige Heilmittelkommission aus Organwaltern aus dem Richterstand und solchen aus dem Bereich des Gesundheitswesens.

Die Zuständigkeit eines solcherart zusammengesetzten Organs stimmt nicht mit dem Grundsatz der staatlichen Rechtmäßigkeitsaufsicht überein."

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , G222/02 ua. festgehalten hat, handelt es sich bei der Unabhängigen Heilmittelkommission um eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG. Die Beschwerdebehauptung, es handle sich hier um kein staatliches Organ, entbehrt somit jeglicher Grundlage (vgl. dazu weiter VfSlg. 13.012/1992, S. 233).

1.3. Zu den Bedenken gegen Bestimmungen der VO-HMV:

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin verstoßen zunächst die §§29, 32 Abs 1 und 34 VO-HMV gegen das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art 7 Abs 1 B-VG, weil sie dem Parallelimporteur umfassende Dokumentationspflichten auferlegten, die in weiten Teilen den Dokumentationspflichten des Herstellers/Direktimporteurs entsprächen. Der Umfang dieser Unterlagen lasse sich schon daran erahnen, dass allein die tabellarische Aufzählung der geforderten Unterlagen mehrere DIN A4-Seiten benötige. § 34 Abs 1 VO-HMV verlange vom jeweiligen Parallelimporteur weiters, dass diese Unterlagen jeweils in vierunddreißigfacher Ausführung eingebracht werden müssen. Dies möge für eine erstmalige Aufnahme der Arzneispezialität in das Heilmittelverzeichnis geboten sein, jedenfalls aber nicht für eine weitere Aufnahme der "identen parallelimportierten Arzneispezialität".

1.3.1. Zunächst ist der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang zu entgegnen, dass es ungeachtet dessen, ob ihre Prämisse von der regelmäßig gegebenen völligen Identität des bereits zugelassenen und des von ihr direkt importierten Arzneimittels zutrifft (was der Hauptverband bestreitet), das Hauptziel der Überprüfung des Antrages aus pharmakologischer und medizinisch-therapeutischer Sicht ist, festzustellen, ob die parallelimportierte Arzneispezialität mit der direktimportierten oder in Österreich hergestellten und im Heilmittelverzeichnis angeführten Arzneispezialität übereinstimmt (§32 Abs 2 VO-HMV).

1.3.2. Ferner beachtet die Beschwerdeführerin nicht, dass die VO-HMV dem Umstand, dass sich in der parallel importierten und in der originalen Arzneispezialität der gleiche Wirkstoff befindet, ohnehin insofern Rechnung trägt, als für das Aufnahmeverfahren bei Parallelimporten auf die Unterlagen zur pharmakologischen und zur medizinisch-therapeutischen Evaluation verzichtet wird. Dies führt dazu, dass von den 225 in der Anlage 1 der VO-HMV angeführten Angaben bei parallel importierten Produkten lediglich 37 gefordert werden. Davon entfallen 28 auf Stammdaten (0.), welche beispielsweise Auskunft über die Bezeichnung der beantragten Arzneispezialität (0.1), die Zulassungsnummer (0.2), die beantragte Packungsgröße (0.6) oder den beantragten Fabriks-/Depotabgabepreis (0.8) geben. Die restlichen neun Angaben betreffen die ökonomische Evaluation (3.). Diese sind erforderlich, weil sie nicht mit jenen des Herstellers/Direktimporteurs übereinstimmen. Unter der auch von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Voraussetzung, dass die Vorlage dieser Unterlagen einem zulässigen Zweck dient und zu dessen Erreichung auch geeignet ist, liegt die Festlegung der vorzulegenden Unterlagen - sofern damit nicht prohibitiv wirkende Hürden aufgerichtet werden, was die beschwerdeführende Partei aber gar nicht behauptet - weitgehend im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetz- und des Verordnungsgebers. Es ist nicht erkennbar, dass dieser Spielraum hier überschritten und die Regelung unverhältnismäßig wäre.

1.3.3. Die in § 34 Abs 1 VO-HMV geforderte Vorlage der Unterlagen in 34-facher Ausfertigung soll auch bei parallel importierten Arzneispezialitäten sicherstellen, dass der Fachbeirat eingebunden werden kann. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn eine Verfahrensordnung die Herstellung der für eine ordnungsgemäße Behandlung der Sache erforderlichen Anzahl von Ausfertigungen der Partei auferlegt.

1.3.4. Weiters wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den von § 34 Abs 4 VO-HMV vorgeschriebenen Kostenersatz von EUR 2.000,00, bei dessen Nicht-Erlag der Antrag als unvollständig gilt:

"Der von Parallelimporteuren verlangte Kostenersatz entspricht damit dem Kostenersatz, der gemäß § 11 Abs 5 VO-HMV beim Erstantrag für die Fallgruppen des § 7 Abs 4 Z 1 litb VO-HMV ('Arzneispezialitäten mit einer neuen Kombination von im Heilmittelverzeichnis angeführten Wirkstoffen') und § 7 Abs 4 Z 1 litc VO-HMV ('Arzneispezialitäten mit gleichem(n) Wirkstoff(en) und Wirkstoffgehalt, gleicher (praktisch gleicher) Darreichungsform und Dosierung') erstattet werden muss.

Dies ist in keiner Weise gerechtfertigt, was sich bereits aus dem Umstand ergibt, dass der Hauptverband beim Erstantrag eine pharmakologische und eine medizinisch-therapeutische Untersuchung durchführt, während es sich beim Aufnahmeverfahren für Parallelimporte - wie nicht oft genug wiederholt werden kann - nur um die simple 'Registrierung' des Parallelimportes eines bereits als ident bestätigten Produktes handelt, welches vom selben Hersteller gekauft wurde.

Es ist augenscheinlich, dass dem Hauptverband im erstgenannten Fall erheblich höhere Kosten verursacht werden als im Fall der Registrierung eines parallelimportierten Produktes. Der Kostenersatz, der Parallelimporteuren auferlegt werden kann, müsste daher, um dem Art 7 B-VG entspringenden Sachlichkeitsgebot gerecht zu werden, erheblich niedriger sein, als der für Erstanträge vorgesehene."

1.3.5. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken nicht:

Die gewählte Regelung sieht einen pauschalierten Kostenersatz vor. Der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zufolge (zuletzt VfSlg. 16.048/2000) dürfen die gesamten Erträge der Gebühren nicht höher sein, als die gesamten der Einrichtung für die Erbringung dieser Leistungen erwachsenen Aufwendungen. Gemäß § 351g Abs 1 ASVG hat sich die Höhe der pauschalierten Kostenersätze nach den Kosten eines durchschnittlichen Verfahrens zu richten, wobei jedenfalls zwischen Verfahren zur Aufnahme einer Arzneispezialität in das Heilmittelverzeichnis und Verfahren zur Änderung der Verschreibbarkeit bzw. Preiserhöhung von Arzneispezialitäten zu unterscheiden ist.

Zu der in der Beschwerde erhobenen Forderung, es müsse zwischen direkt und parallel importierten Arzneimitteln bei der Kostenersatzregelung differenziert werden, ist darauf hinzuweisen, dass der Gleichheitssatz es dem Gesetzgeber nicht verbietet, bei der Normsetzung von einer auf den Regelfall abstellenden Durchschnittsbetrachtung auszugehen und zu typisieren (zB VfSlg. 10.455/1985, 13.659/1993). Pauschalierenden Regelungen sind allerdings insofern Grenzen gesetzt, als sie - auch wenn sie im Interesse der Verwaltungsökonomie getroffen werden - den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht widersprechen dürfen (zB VfSlg. 13.726/1994) bzw. die gewählten Maßstäbe den wirtschaftlichen Erfahrungen entsprechen müssen (zB VfSlg. 5160/1965).

Diesen Vorgaben entspricht die in Prüfung stehende Kostenersatzregelung für parallelimportierte Arzneispezialitäten:

Gemäß § 32 Abs 2 VO-HMV ist das Hauptziel der Überprüfung des Antrages aus pharmakologischer und medizinisch-therapeutischer Sicht die Feststellung der Übereinstimmung der parallelimportierten Arzneispezialität mit der direktimportierten oder in Österreich hergestellten und im Heilmittelverzeichnis angeführten Arzneispezialität. Der Prüfungsumfang und -aufwand erweist sich für die Aufnahme von parallel- und direkt importierten Arzneimittelspezialitäten in das Heilmittelverzeichnis insoweit als gleichartig. Der behauptete Verstoß gegen das aus dem Gleichheitssatz entspringende Verbot, "Ungleiches unsachlicherweise gleich zu behandeln", liegt folglich nicht vor.

1.3.6. Bei diesem Ergebnis ist auch ein Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art 5 StGG zu verneinen.

1.4. Soweit unter dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter eine Verletzung der Vorlagepflicht der belangten Behörde gerügt wird, ist zunächst der Beschwerdeführerin darin recht zu geben, dass die Unabhängige Heilmittelkommission als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG als ein Gericht im Sinne des Art 234 Abs 3 EG anzusehen ist. Nach dieser Bestimmung ist ein "einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können" verpflichtet, eine entscheidungsrelevante Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Die Unabhängige Heilmittelkommission ist angesichts der Weisungsfreiheit ihrer Mitglieder und der Garantie ihrer Unabhängigkeit ein Gericht im Sinne des Art 234 EG: Es handelt sich nämlich um eine unabhängige, nicht weisungsgebundene Einrichtung, die im Einklang mit dem Recht Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden hat, für die es nach dem Gesetz zuständig ist. Da Entscheidungen der Unabhängigen Heilmittelkommission weder der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege unterliegen (§351i Abs 5 ASVG) noch gegen sie eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zulässig ist (Art133 Z 4 B-VG), ist die Unabhängige Heilmittelkommission als vorlagepflichtiges Gericht im Sinne des Art 234 Abs 3 EG zu qualifizieren; die Möglichkeit der Anrufung des Verfassungsgerichtshofes vermag daran nichts zu ändern, da eine umfassende Nachprüfung einer Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 14.390/1995).

1.4.1. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Rs 283/81, CILFIT, Slg. 1982, 3415 ff, Rz 13 ff) hat ein letztinstanzliches Gericht eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen, wenn sich in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechtes stellt, es sei denn, dieses Gericht hätte festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits in einem gleichgelagerten Fall Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH gewesen ist oder die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt; das innerstaatliche Gericht darf jedoch nur dann davon ausgehen, dass ein solcher Fall vorliegt, wenn es überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den EuGH die gleiche Gewissheit bestünde (aaO 3430, Rz 20).

1.4.2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. zB VfSlg. 14.390/1995, 14.889/1997, 15.507/1999), verletzt der Bescheid einer Verwaltungsbehörde ua. dann das durch Art 83 Abs 2 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, wenn die bescheiderlassende Behörde als Gericht im Sinne des Art 234 Abs 3 EG eingerichtet ist und es verabsäumt hat, eine entscheidungsrelevante Frage der Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

1.4.3. Im vorliegenden Fall kann jedoch keine Rede davon sein, dass der belangten Behörde ein solcher Fehler unterlaufen wäre:

Im Heilmittelverzeichnis finden sich jene in Österreich zugelassenen Arzneispezialitäten, "deren Abgabe allein auf Grund ärztlicher Anordnung ohne die sonst notwendige chef- oder kontrollärztliche Bewilligung für Rechnung der Sozialversicherungsträger medizinisch und wirtschaftlich sinnvoll und vertretbar ist" (vgl. § 31 Abs 3 Z 12 litb ASVG).

a) Gemäß Art 28 EG sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (Rs 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837) ist eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung jede Maßnahme, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern.

b) Der EuGH stellte jedoch klar, dass die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Urteils Dassonville unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist die Anwendung derartiger Regelungen auf den Verkauf von Erzeugnissen aus einem anderen Mitgliedstaat, die den von diesem Staat aufgestellten Bestimmungen entsprechen, nicht geeignet, den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tut. Diese Regelungen fallen daher nicht in den Anwendungsbereich von Art 28 EG (vgl. Rs C-267/91 und C-268/91, Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097, Rz. 16 und 17; Rs C-292/92, Hünermund, Slg. 1993, I-6787, Rz. 21; Rs C-412/93, Leclerc-Siplec, Slg. 1995, I-0179, Rz. 21).

c) In einer jüngeren Entscheidung hat der EuGH diese Grundsätze noch einmal zusammengefasst: Handelsregelungen können, wenn sie nicht die Merkmale der Waren selbst, sondern die Modalitäten von deren Verkauf betreffen, keine Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne von Art 28 EG sein, wenn sie erstens für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und zweitens den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren (, DocMorris und Waterval, Slg. 2003, Rz. 68).

1.4.4. Die im vorliegenden Fall unter dem Aspekt des Gemeinschaftsrechts angegriffenen Bestimmungen über die beizubringenden Unterlagen und über den zu entrichtenden Kostenersatz im Rahmen der Aufnahme parallel importierter Arzneimittelspezialitäten in das Heilmittelverzeichnis sind im Sinne der Rechtsprechung des EuGH Verkaufsmodalitäten gleichzuhalten. Diese Regelungen sind nämlich vertriebs- und nicht produktbezogen. Dass sie eine diskriminierende Wirkung auf den freien Warenverkehr entfalten, behauptet auch die Beschwerde nicht. Die Bestimmungen gelten nämlich für alle betroffenen inländischen und ausländischen Wirtschaftsteilnehmer gleichermaßen (vgl. § 351c Abs 1 1. Satz ASVG).

Dies gilt auch für den Absatz der Erzeugnisse: Die in Prüfung stehenden Formvorschriften der VO-HMV berühren das Absatzvolumen der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht in anderer Weise als das der inländischen Erzeugnisse.

1.4.5. Da somit die von der Beschwerdeführerin aufgegriffenen gemeinschaftsrechtlichen Aspekte in der Rechtsprechung des EuGH geklärt sind, war die Unabhängige Heilmittelkommission nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Die beanstandete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter hat sohin nicht stattgefunden.

2. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen somit nicht vor. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass der angefochtene Bescheid die beschwerdeführende Partei in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt hätte.

Die beschwerdeführende Partei ist somit durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Ob die Behörde das Gesetz in jeder Hinsicht richtig angewendet hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie vorliegend - gegen den Bescheid einer sogenannten Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag richtet, der gemäß Art 133 Z 4 B-VG nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (zB VfSlg. 3975/1961, 6760/1972, 7121/1973, 7654/1975, 9541/1982 mwN).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3. Dem Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Kosten als Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes war schon deshalb nicht zu entsprechen, da dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des § 48 Abs 2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (VfSlg. 10.003/1984).

4. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs 4 erster Satz VfGG).