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VfGH vom 28.02.1989, B1697/88

VfGH vom 28.02.1989, B1697/88

Sammlungsnummer

11979

Leitsatz

Keine Bedenken gegen das Ausmaß der Erhöhung der Abgabe im Hinblick auf das Gleichheitsgebot; Zulässigkeit unterschiedlicher landesgesetzlicher Regelungen

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt schrieb mit Bescheid vom der beschwerdeführenden Gesellschaft (die in Klagenfurt ein Betonwerk betreibt und mit Baumaterialien handelt) gemäß den §§3 bis 6 des (Kärntner) Fremdenverkehrsabgabegesetzes, LGBl. 100/1976, idF der Novelle LGBl. 2/1986, für das Jahr 1987 eine Fremdenverkehrsabgabe von insgesamt S 79.948,-- vor.

Die Berechnung wurde wie folgt durchgeführt: Für das Betonwerk 0,9 Promille (Abgabengruppe C), für den Baumaterialienhandel 0,45 Promille (Abgabengruppe E) des in Kärnten ausgeführten Umsatzes.

b) Dagegen erhob die beschwerdeführende Gesellschaft Berufung. Sie beantragte, den Bescheid des Bürgermeisters ersatzlos aufzuheben und der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

c) Die Kärntner Landesregierung wies mit Bescheid vom diese Berufung unter Bezugnahme auf die §§212, 197 der (Kärntner) Landesabgabenordnung (K-LAO), LGBl. 36/1983 idF der Novelle LGBl. 54/1985 iVm den §§3 bis 6 des FremdenverkehrsabgabeG als unbegründet ab. In der Begründung des Berufungsbescheides wird nach einer Auseinandersetzung mit dem auf die Sache selbst bezughabenden Berufungsvorbringen der § 197 K-LAO inhaltlich wiedergegeben.

2. Gegen den Berufungsbescheid vom wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

3. Die Kärntner Landesregierung als belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.a) Die beschwerdeführende Gesellschaft macht in erster Linie geltend, die Fremdenverkehrsabgabe sei durch die im Jahre 1986 zum Kärntner FremdenverkehrsabgabeG erlassene Novelle LGBl. 2 exorbitant erhöht worden (so um 50 % für die Abgabengruppe C und um 30 % für die Abgabengruppe E); das widerspreche dem (verfassungsgesetzlich verankerten) Übermaßverbot. Im Land Steiermark sei die Fremdenverkehrsabgabe wesentlich geringer als in Kärnten, weshalb Kärntner Unternehmen im Verhältnis zu steiermärkischen Unternehmen im Wettbewerb benachteiligt würden (Art4 B-VG).

b) Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis VfSlg. 10455/1985 (unter Hinweis auf seine Vorjudikatur) mit der Verfassungsmäßigkeit des Kärntner FremdenverkehrsabgabeG mit dem Ergebnis auseinandergesetzt, daß er die vom damaligen Beschwerdeführer erhobenen (zum Teil ähnlichen) Bedenken nicht teilte. Er sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzurücken und schließt sich auch den von der beschwerdeführenden Gesellschaft hier neu vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht an:

Das aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende Sachlichkeitsgebot verlangt - entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Gesellschaft - nicht, eine Abgabe höchstens in jenem Ausmaß zu erhöhen, das der Erhöhung des Lebenshaltungskostenindex entspricht. Im übrigen hat der Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis VfSlg. 10455/1985 dargetan, daß das Anknüpfen an den im Land Kärnten erzielten Umsatz nicht unsachlich ist und daß die Fremdenverkehrsabgabe den Wesensgehalt des Eigentumsrechtes nicht berührt.

Zur Widerlegung des Vorwurfes, es sei verfassungswidrig, daß die Fremdenverkehrsabgabe in der Steiermark niedriger als in Kärnten ist, genügt es, auf die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9116/1981) zu verweisen, wonach unterschiedliche landesgesetzliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern im Wesen des Bundesstaates liegen.

Aus Art 4 B-VG ist nicht abzuleiten, daß eine länderweise verschiedene Regelung eines in die Landesgesetzgebungszuständigkeit fallenden Sachgebietes unstatthaft wäre (vgl. zB VfSlg. 1281/1929, 5084/1965, 5275/1966).

Im übrigen kann die Abgabepflicht für im Land Kärnten erzielte Umsätze auch Unternehmen treffen, die ihren Sitz in einem anderen Land haben (vgl. §§3 und 5 des Kärntner FremdenverkehrsabgabeG).

2.a) Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet weiters, § 197 der Kärntner Landesabgabenordnung 1983, LGBl. 36, idF der Novelle LGBl. 54/1985 sei verfassungswidrig, weil danach der gegen einen Abgabenbescheid gerichteten Berufung unter keinen Umständen die aufschiebende Wirkung zukomme (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom G119/86).

b) aa) Die beschwerdeführende Gesellschaft ist zwar damit im Recht, daß die K-LAO idF vor dem (mit Ablauf des erfolgten) Inkrafttreten der Novelle LGBl. 53/1988 offenbar mit der gleichen Verfassungswidrigkeit belastet war wie die BAO, deren

§254 mit dem soeben zitierten hg. Erkenntnis aufgehoben wurde. Anscheinend aus diesen Grunde wurde mit der erwähnten Novelle zwar der § 197 der K-LAO unverändert gelassen, aber diesem Gesetz ein

§158a eingefügt, wonach über Antrag die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt werden kann, wenn eine Berufung anhängig ist.

bb) § 197 K-LAO wurde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides gar nicht angewendet und war auch nicht anzuwenden, ist also hier nicht präjudiziell, sodaß diese Bestimmung aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde nicht auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft werden kann:

Zwar hatte die beschwerdeführende Gesellschaft in der gegen den erstinstanzlichen Bescheid gerichteten Berufung beantragt, diesem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Über diesen Antrag hat jedoch weder die erste noch die zweite Instanz normativ abgesprochen. Dies ungeachtet des Umstandes, daß im Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides § 197 K-LAO zitiert und in der Bescheidbegründung der Inhalt dieser Gesetzesbestimmung wiedergegeben wird. Damit wurde jedoch die Berufungswerberin (die beschwerdeführende Gesellschaft) lediglich über die Rechtslage belehrt; nicht jedoch wurde ihr soeben erwähnter Antrag auf eine der Rechtskraft fähige Weise erledigt.

Soweit sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschäftigt, gehen ihre Ausführungen also ins Leere.

3. Der angefochtene, im Instanzenzug ergangene Bescheid erschöpft sich mithin darin, der beschwerdeführenden Gesellschaft eine Abgabe vorzuschreiben. Gegen die den Bescheid tragenden landesgesetzlichen Vorschriften bestehen - wie oben (II.1.b) dargetan wurde - unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Vollziehung anzulastende, in die Verfassungssphäre reichende Fehler hat das Verfahren nicht ergeben; solche werden in der Beschwerde gar nicht behauptet.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher abzuweisen, jedoch antragsgemäß nach Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.