OGH vom 23.01.2015, 8ObA1/15b

OGH vom 23.01.2015, 8ObA1/15b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Thomas Kallab in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** S*****, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Sattlegger, Dorninger Steiner Partner Anwaltssocietät in Linz, wegen 164,64 EUR brutto (Revisionsinteresse) sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 46/14k 27, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 38 Cga 60/13f 23, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 166,32 EUR (darin 27,72 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei der beklagten Partei vom bis als Arbeiterin teilzeitbeschäftigt. Vereinbart war eine Sechstagewoche, tatsächlich erfolgte die Diensteinteilung regelmäßig im Zweiwochenrhythmus derart, dass die Klägerin nach je 12 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen zwei Tage hintereinander (Samstag und Sonntag) frei hatte.

Der Klägerin wurden nur die tatsächlichen Arbeitsstunden bezahlt. Für jene Samstage, an denen sie im Ausgleich zur Vorwoche keinen Dienst versah, erhielt sie nur dann Entgelt, wenn sie in einen vereinbarten Urlaub oder in den Zeitraum einer Entgeltfortzahlung wegen Krankheit fielen.

Die Klägerin begehrte nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses ursprünglich 1.528,80 EUR brutto an Abgeltung für nicht konsumierte Ersatzruhetage.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt und sprach der Klägerin 987,84 EUR sA unter Abweisung des Mehrbegehrens zu.

Ein Anspruch auf Ersatzruhe für Arbeitsleistungen während der wöchtenlichen Ruhezeit sei konsumiert, wenn die reguläre Arbeitszeit in der Folgewoche um das entsprechende Maß verringert oder wenn an den Ersatzruhetagen bezahlter Urlaub oder Krankenstand gewährt wurde. Der Klägerin stehe ein Abgeltungsanspruch nur für jene erbrachten Wochenenddienste zu, die nicht durch einen freien Samstag in der Folgewoche ausgeglichen wurden.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung über Berufung der Klägerin teilweise dahin ab, dass es insgesamt 1.176 EUR brutto unter Abweisung des Mehrbegehrens zuerkannte.

Das Erstgericht habe bei seiner Beurteilung die Feststellung außer Acht gelassen, dass die Klägerin für Ersatzruhetage außer bei Urlaubsvereinbarung oder im Krankenstandsfall kein Entgelt erhalten habe. Ersatzruhe werde nach § 6 Abs 1 ARG nur dann wirksam gewährt, wenn sie auf die Arbeitszeit der Folgewoche angerechnet und dementsprechend auch bezahlt werde.

Da die Ersatzruhetage der Klägerin regelmäßig im Vorhinein fest gestanden seien, sei eine wirksame Urlaubsvereinbarung für diese Tage nach § 4 Abs 2 UrlG ausgeschlossen gewesen. Mit der an solchen Tagen konsumierten bezahlten Freizeit habe die Klägerin nicht ihren Urlaubs-, sondern ihren Ersatzruheanspruch konsumiert, sodass kein weiterer Ausgleichsanspruch zustehe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, welcher Anspruch geltend gemacht werden könne, wenn eine Urlaubsvereinbarung für einen Tag getroffen werde, an dem gemäß § 6 Abs 5 ARG Ersatzruhe zu konsumieren wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, die sich gegen den vom Berufungsgericht angenommenen Vorrang des Ersatzruhekonsums bei gleichzeitiger Urlaubsvereinbarung richtet, ist aus den genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hält die Begründung des angefochtenen Urteils für richtig und die Rechtsausführungen der Revision für nicht stichhaltig (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zum Revisionsvorbringen ist ergänzend Folgendes auszuführen:

Der Zweck der Ersatzruhe liegt darin, Störungen der wöchentlichen Ruhezeit möglichst hintanzuhalten ( Schrank Arbeitszeitgesetze II, § 6 ARG Rz 1). Der um seine Wochenruhe gebrachte Arbeitnehmer soll dafür innerhalb der folgenden Woche zwingend bezahlte Freizeit im gleichen Ausmaß erhalten. Aus dem Erholungszweck der Ruhe- bzw Ersatzruhezeit ist auch abzuleiten, dass derartige Zeiten nicht gehortet werden dürfen (9 ObA 157/98y; 9 ObA 75/90).

Nach § 4 Abs 2 UrlG darf Urlaubsverbrauch für Zeiten, in denen die Arbeitszeit unter Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts aus anderen Gründen entfällt, nicht vereinbart werden (vgl RIS-Justiz RS0052347). Wird eine Urlaubsvereinbarung entgegen dem gesetzlichen Verbot getroffen, gilt der Zeitraum der Arbeitsverhinderung nicht als Urlaub (§ 4 Abs 2 UrlG).

Von dieser Rechtslage geht auch die Revision selbst aus, wenn sie einräumt, dass die Urlaubsvereinbarungen der Streitteile hinsichtlich der feststehenden Ersatzruhetage unter das gesetzliche Verbot fielen und daher Urlaub an diesen Tagen nicht konsumiert wurde. Dies muss aber zu der Konsequenz führen, dass mit der gewährten bezahlten Freizeit ein anderer, und zwar der Ersatzruheanspruch erfüllt wurde ( Schrank aaO § 6 ARG Rz 33). Der Arbeitnehmer kann eine tatsächlich gewährte Ersatzruhe nicht ohne Anspruchsverlust ablehnen (9 ObA 157/98y) oder nach eigenem Gutdünken umwidmen.

Einen Anspruch auf Urlaubsersatzleistung für gemäß § 4 Abs 2 UrlG nicht wirksam vereinbarte Urlaubstage hat die (im gesamten Verfahren anwaltlich vertretene) Klägerin nicht geltend gemacht. Die Wahl des Klagsanspruchs fällt in ihre Sphäre und kann der beklagten Partei auch nicht im Rahmen der von der Revision angestrebten Billigkeitsüberlegungen entgegengehalten werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 2 ASGG iVm §§ 41, 50 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00001.15B.0123.000