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VfGH vom 03.03.2000, B1691/99

VfGH vom 03.03.2000, B1691/99

Sammlungsnummer

15738

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Inanspruchnahme einer dem Finanzminister als belangter Behörde gesetzlich nicht zukommenden Zuständigkeit; Beschwerdelegitimation der Stadtgemeinde Innsbruck gegen einen an eine ihrer Dienststellen (hier: Kranken- und Unfallfürsorge der Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck) gerichteten Bescheid gegeben; öffentlich-rechtlicher Charakter der Ausgleichszahlungen und Ersatzleistungen des Bundes im Rahmen der die Mehrbelastungen der Unternehmer durch den Ausschluß vom Vorsteuerabzug ausgleichenden Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich; Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gem Art 137 B-VG und nicht der Gerichte oder Verwaltungsbehörden zur Entscheidung über diese Ansprüche finanzausgleichsrechtlichen Charakters

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Bis 1996 unterlagen die Träger der Sozialversicherung und ihre Verbände, die Krankenfürsorgeeinrichtungen und die Träger des öffentlichen Fürsorgewesens einer echten, also mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug verbundenen Umsatzsteuerbefreiung.

2. Mit Wirkung vom wurde zum Zweck der Anpassung des UStG 1994 an das Gemeinschaftsrecht die echte Steuerbefreiung in eine unechte umgewandelt: Nach § 6 Abs 1 Z 7 UStG sind die Umsätze der Träger der Sozialversicherung und ihrer Verbände, der Krankenfürsorgeeinrichtungen im Sinne des § 2 Abs 1 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes und der Träger des öffentlichen Fürsorgewesens, nach § 6 Abs 1 Z 19 UStG die Umsätze aus der Tätigkeit u. a. als Arzt steuerfrei. Im Gegenzug sind die betroffenen Unternehmer (im steuerlichen Sinn) gemäß § 12 Abs 3 UStG nunmehr vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Die dadurch eintretenden Mehrbelastungen der Unternehmer sollten mit dem Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz (GSBG), BGBl. 746/1996, in Kraft getreten am , aus Mitteln der Umsatzsteuermehreinnahmen, die aus der Systemänderung zu erwarten sind, ausgeglichen werden.

2.1. Dieses Gesetz hat pauschalierte Ausgleichszahlungen an die gem. § 6 Abs 1 Z 7 UStG 1994 umsatzsteuerbefreiten Träger der Sozialversicherung und ihrer Verbände, der Krankenfürsorgeeinrichtungen im Sinne des § 2 Abs 1 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes und der Träger des öffentlichen Fürsorgewesens zum Gegenstand (§1 GSBG), die für jeden Monat mit Erklärung an das Finanzministerium geltendzumachen sind (§6 GSBG). Die Auszahlung an die Sozialversicherungsträger erfolgt im Wege des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger (§7 GSBG), die Auszahlung an die Krankenfürsorgeeinrichtungen im Wege der Länder (§8 GSBG). Darüber hinaus kennt das GSBG auch eine Beihilfe an umsatzsteuerbefreite Kranken- und Kuranstalten (§2 GSBG).

2.2. § 3 GSBG regelt solche Ausgleichsansprüche für "Ärzte, Dentisten und sonstige Vertragspartner".

Diese Bestimmung erhielt ihre endgültige Fassung erst aufgrund eines Abänderungsantrages im Finanzausschuss; sie lautet auszugsweise:

"§3. (1) Ärzte, Dentisten und sonstige Vertragspartner haben Anspruch auf einen Ausgleich, der sich nach den von den Sozialversicherungsträgern, den Krankenfürsorgeeinrichtungen und den von den Trägern des öffentlichen Fürsorgewesens gezahlten Entgelten für Leistungen im Sinne des § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994 richtet.

(2) ...

(3) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales mit Verordnung die Ausgleichssätze auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Unternehmern festzusetzen."

2.3. Hinsichtlich des einzuhaltenden Verfahrens normiert § 4 letzter Satz leg. cit:

"Für die Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs 1 gelten sinngemäß die Verfahrensbestimmungen der §§352 ff. ASVG."

2.4. Schließlich regelt § 10 GSBG die Aufbringung und Refundierung der für die Zahlungen gem. § 3 Abs 1 GSBG aufgewendeten Mittel. § 10 lautet:

"Die Auszahlung des Ausgleichs nach § 3 Abs 1 durch die Sozialversicherungsträger, die Krankenfürsorgeeinrichtungen oder die Träger des öffentlichen Fürsorgewesens und die Auszahlung des Ausgleichs nach § 3 Abs 2 durch die Träger des öffentlichen Fürsorgewesens hat zugleich mit der Auszahlung des Entgelts zu erfolgen. Die zu Recht ausgezahlten Ausgleichsbeträge sind diesen Institutionen im Wege der Länder und des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zu ersetzen. Diese Beträge sind vom Bund bis zum 25. Tage des der Geltendmachung folgenden Kalendermonats dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und den Ländern zu überweisen und von diesen unverzüglich weiterzuleiten."

2.5. § 2 der auch auf § 3 Abs 3 GSBG gestützten Verordnung des Bundesministers für Finanzen zu den Beihilfen- und Ausgleichsprozentsätzen, die im Rahmen des Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetzes (GSBG 1996) anzuwenden sind, BGBl. II Nr. 56/1997, legt in seinen Abs 1 bis 3 die Ausgleichssätze für die in § 3 Abs 1 GSBG genannten Gruppen fest und ordnet in seinen Abs 4 und 5 folgendes an:

"(4) Als Entgelt gilt der in den Tarifverträgen und ähnlichen Verträgen festgelegte Betrag an den Arzt, Dentisten oder sonstigen Vertragspartner, soweit die Leistung im Rahmen eines Vertrages (Einzelvertrag) mit einem Sozialversicherungsträger, einer Krankenfürsorgeeinrichtung oder einem Träger des öffentlichen Fürsorgewesens erbracht wird. Die Auszahlung erfolgt im Zuge der Endabrechnung mit der Sozialversicherung.

(5) Ist gesetzlich oder vertraglich eine (teilweise) Bezahlung seitens des Patienten vorgesehen, bezieht sich der erstattungsfähige Ausgleich auf das gesamte Entgelt. Voraussetzung ist jedoch, daß es sich um eine Leistung im Rahmen eines Einzelvertrags handelt und der vom Patienten zu zahlende Betrag im Tarifvertrag festgelegt ist."

3. Die Stadt Innsbruck ist Rechtsträgerin der Kranken- und Unfallfürsorge der Beamten der Stadt Innsbruck nach dem Tiroler Gemeindebeamten-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz (GKUFG), einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Sinn des GSBG (vgl. § 1 Abs 2 GSBG iVm § 2 Abs 1 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz). Das GKUFG sieht hinsichtlich der Leistungserbringung in der Krankenversicherung nur ein Geldleistungssystem vor: Die Leistungserbringung erfolgt in der Form, daß die Versicherten bei Inanspruchnahme ärztlicher Intervention das Honorar des Arztes zunächst selbst bezahlen müssen, jedoch in der Folge auf Ansuchen und unter Vorlage der ärztlichen Honorarnote dieses Honorar in einem von der aufgrund des § 8 Abs 3 GKUFG vom Gemeinderat der Stadt Innsbruck erlassenen Krankenfürsorgeordnung bestimmten Ausmaß rückerstattet erhalten. Ein Vertragsverhältnis der Krankenfürsorge (bzw. der Stadt) zu Ärzten zum Zwecke der Leistungserbringung in Form der Sachleistung ist im GKUFG nicht vorgesehen.

3.1. Im Hinblick auf den im GSBG vorgesehenen Ausgleichsanspruch von Ärzten schloß die beschwerdeführende Stadtgemeinde Innsbruck zunächst eine undatierte, mit (also einen Tag nach Inkrafttreten des GSBG) in Wirkung gesetzte Vereinbarung mit der Tiroler Ärztekammer "über die Sicherung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung ... der nach dem (GKUFG) Anspruchsberechtigten und ihrer Angehörigen", worin die Einbindung der Ärztekammer in die Gestaltung der Honorartarife, sowie im Gegenzug eine Tarifempfehlung der Ärztekammer an die kammerangehörigen Ärzte vorgesehen wurde, die auch die Aufforderung beinhalten sollte, "in (den) Honorarnoten die darin enthaltenen Ausgleichssätze nach § 3 des Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetzes, BGBl. Nr. 746/1996, getrennt auszuweisen". Es war vorgesehen, daß die einzelnen Ärzte gegenüber der Verwaltungskommission eine schriftliche Erklärung abgeben sollten, worin sie die "mitgeteilte Tarifempfehlung ... zur Kenntnis" nehmen.

3.2. Am schlossen die genannten Parteien rückwirkend mit einen (weiteren) Vertrag "über die Sicherung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung in Bezug auf ambulante Leistungen, die in der Ordination des Arztes und im Rahmen von Visiten (Hausbesuchen) erbracht werden können", in welchem nunmehr rechtsverbindliche Verpflichtungserklärungen der einzelnen Ärzte hinsichtlich der Einhaltung der zwischen der Stadt und der Ärztekammer für Tirol "vereinbarten Tarife" vorgesehen waren.

3.3. Die Kranken- und Unfallfürsorge der Beamten der Stadt Innsbruck erstattete in der Folge den um Kostenersatz ansuchenden Versicherten nicht bloß den in der vorgelegten Honorarnote ausgewiesenen Betrag für die ärztliche Leistung nach Maßgabe des aufgrund des GKUFG festgesetzten Tarifs, sondern darüber hinaus auch den entsprechenden (in der Honorarnote gesondert ausgewiesenen) Ausgleichssatz im Sinn des § 3 Abs 1 GSBG iVm § 2 der oben genannten Verordnung des Bundesministers für Finanzen.

4. Mit Erklärungen für die Monate Dezember 1998 bis Juni 1999 machte die Kranken- und Unfallfürsorge der Beamten der Stadt Innsbruck jeweils den Ersatz der von ihr an die Versicherten ausgezahlten Ausgleichsbeträge geltend, worauf sie vom Land Tirol gemäß § 10 GSBG einen Erstattungsbetrag in der Gesamthöhe von

S 1.252.102,69 erhielt.

4.1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Finanzen wird die "Kranken- und Unfallfürsorge der Beamten der Stadt Innsbruck" verpflichtet, diesen Betrag als zu Unrecht empfangen dem Bund rückzuerstatten. Dieser Bescheid wird - auf das Wesentliche zusammengefaßt - damit begründet, daß die Kranken- und Unfallfürsorge nicht in (Einzel)Vertragsverhältnissen, wie dies vom GSBG vorausgesetzt werde, zu jenen Ärzten stehe, die von den bei der Krankenfürsorge Versicherten in Anspruch genommen würden. Der ersten (oben genannten) Vereinbarung fehle der Charakter eines Gesamtvertrages nach § 342 ASVG, da sie keine verbindliche Regelung über die Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung beinhalte, sondern lediglich vorsehe, daß ein Arzt Tarifempfehlungen zur Kenntnis nehmen könne, ohne aber zur Abrechnung nach diesen Tarifen verpflichtet zu werden. Auch nehme § 2 Abs 4 der genannten Verordnung des Bundesministers für Finanzen zu den Beihilfen- und Ausgleichsprozentsätzen ausdrücklich auf eine verbindliche Regelung Bezug.

Der Vertrag vom sehe zwar verbindliche Erklärungen zur Tarifanerkennung vor. Die Vereinbarung der Rückwirkung dieses Vertrages könne aber (auch) im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Ärzte der vier Tiroler Kranken- und Unfallfürsorgeeinrichtungen mit anderen Krankenversicherungsträgern nichts daran ändern, daß vor Vertragsabschluß erbrachte ärztliche Leistungen als Leistungen von "Wahlärzten" - und nicht von Vertragsärzten - zu gelten hätten. Weder einem bisherigen Wahlarzt einer Gebietskrankenkasse, der einen Kassenvertrag erhalte, noch dem Versicherten stünden für die Inanspruchnahme der Leistungen, die der Arzt noch als Wahlarzt erbracht habe, rückwirkende Ausgleichszahlungen zu. Das gelte auch dann, wenn der Wahlarzt immer nur den Vertragstarif oder - wie es im ländlichen Raum gegenüber Versicherten von Gebietskrankenkassen häufig der Fall sei - aus Wettbewerbsgründen nur 80% dieses Tarifs verrechnet habe. Da ein Abänderungsantrag auf Einbeziehung von Wahlärzten im Parlament keine Mehrheit gefunden habe, lasse das Gesetz die Erstattung von Ausgleichszahlungen an "Wahlärzte" nicht zu.

4.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde der - vom Bürgermeister gemäß § 24 Abs 1 VerfGG vertretenen - Stadtgemeinde Innsbruck als Rechtsträgerin der Kranken- und Unfallfürsorge der Beamten der Stadt Innsbruck; darin macht die beschwerdeführende Stadtgemeinde eine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.

4.2.1. Die Stadtgemeinde bringt vor, daß die belangte Behörde § 3 Abs 1 GSBG einen gleichheitswidrigen (und auch das Eigentumsrecht verletzenden) Inhalt unterstellt habe. Diese Bestimmung sei nicht so zu verstehen, daß die Ausgleichszahlungen an Ärzte von einem Vertragsverhältnis abhingen, da es anderenfalls zu einer Ungleichbehandlung der Innsbrucker Krankenfürsorge mit allen anderen Sozialversicherungsträgern und Krankenfürsorgeeinrichtungen käme, die, anders als ursprünglich die Krankenfürsorge Innsbruck, Vertragsverhältnisse zu Ärzten unterhielten. Auch hätte das behördliche Gesetzesverständnis eine Ungleichbehandlung der Krankenfürsorge-Versicherten mit ASVG-Versicherten zur Folge, da diese - aufgrund des unterschiedlichen Abrechnungssystems - durchwegs in den Genuß von Ausgleichszahlungen gelangten.

4.2.2. Der von der belangten Behörde gezogene Vergleich zu Wahlärzten sei, so die Stadtgemeinde der Sache nach, bis zu der mit in Wirkung gesetzten Vereinbarung mit der Ärztekammer für Tirol unzulässig, da bis dahin ein vertragliches Verhältnis zwischen Ärzten und Fürsorgeträger, und daher auch außerhalb eines solchen stehende, Wahlärzten vergleichbare Ärzte nicht existiert hätten. Seitdem bestehe aber nunmehr die Möglichkeit, daß ein Arzt dem Vertrag durch Erklärung beitrete und damit zum Vertragsarzt werde, anderenfalls aber als Wahlarzt zu gelten habe. Nur an jene Versicherten, die eine Honorarnote eines in diesem Sinne Vertragsarztes bei ihrem Rückerstattungsansuchen hätten vorlegen können, seien auch die Ausgleichszahlungen (gemeint: iSv § 3 Abs 1 GSBG) ausbezahlt worden. Die belangte Behörde habe zu Unrecht die Rückwirkung der Vereinbarung nicht anerkannt.

4.2.3. Eine Ungleichbehandlung läge auch darin, daß die "Krankenfürsorge Innsbruck" - anders als alle quartalsmäßig im Nachhinein abrechnenden Versicherungsträger - aufgrund ihres Einzelabrechnungssystems nicht in der Lage gewesen sei, den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der oben genannte Verordnung des Bundesministers für Finanzen am im Nachhinein zu beurteilen.

4.2.4. Ferner wendet sich die Stadt gegen § 2 Abs 4 dieser Verordnung, dem insofern die gesetzliche Deckung fehle, als darin der Begriff des Entgelts an das Vorliegen eines (Einzel)Vertrages gekoppelt werde.

5. Der Verfassungsgerichtshof hat die belangte Behörde im Zuge der Einleitung des Vorverfahrens aufgefordert, in ihrer Gegenschrift auch zu den Fragen Stellung zu nehmen,

a) aufgrund welcher Rechtsgrundlage sie sich - bei Fehlen eines allgemeinen Rückforderungstatbestandes im GSBG - berechtigt erachte, die - nach der Begründung des Bescheides - irrtümlich erbrachte Leistung nach dem GSBG zurückzufordern und

b) aus welchen Gründen sie der Auffassung sei, daß als Adressat eines solchen (allfälligen) Rückforderungsanspruches die beschwerdeführende Landeshauptstadt Innsbruck (als Zahlstelle iS des § 10 erster Satz GSBG) und nicht das Land Tirol als unmittelbarer Empfänger der Leistung gem. § 10 zweiter Satz GSBG, oder die betroffenen Ärzte als tatsächliche Nutznießer der Zahlungen anzusehen seien.

5.1. Die belangte Behörde hat darauf unter Vorlage der Verwaltungsakten wie folgt geantwortet:

"A) Rechtsgrundlage auf die der Rückforderungsanspruch gestützt wird

Das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz (GSBG 1996) regelt erstens die Beziehungen des Bundes, als Auszahler der Beihilfen und Ausgleichszahlungen zu den Anspruchsberechtigten, den Antragstellern und den Einreichstellen, zweitens jene zwischen den Antragstellern und den Einreichstellen, die auch für die Weiterleitung der Erklärungen und der vom Bund angewiesenen Beihilfen- und Ausgleichszahlungen verantwortlich sind, und drittens jene zwischen Antragstellern und Anspruchsberechtigten. Gemäß § 3 Abs 1 GSBG 1996 sind Ärzte, Dentisten und sonstige Vertragspartner zwar Anspruchsberechtigte, können diesen Anspruch aber nicht selbst durch Abgabe von Ausgleichszahlungserklärungen geltend machen. Antragsteller für die Erstattung geleisteter Ausgleichsbeträge sind gemäß § 10 GSBG 1996 Sozialversicherungsträger, Krankenfürsorgeeinrichtungen und Träger des öffentlichen Fürsorgewesens. Nutznießer der Ausgleichszahlungen (siehe die Ausführungen zur Begründung des Adressaten des Rückforderungsanspruchs) sind gemäß § 12 GSBG 1996 iVm § 30 UStG 1994 Sozialversicherungsträger, Krankenfürsorgeeinrichtungen und Träger des öffentlichen Fürsorgewesens. § 4 GSBG 1996 bestimmt, daß für die Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs 1 sinngemäß die Verfahrensbestimmungen der §§352 ff ASVG gelten, somit jene des siebenten Teils mit den §§352 bis 417 ASVG. Die sinngemäße Anwendung der Verfahrensbestimmungen der §§352 ff ASVG wird aber nicht auf eine der drei angesprochenen Beziehungen eingeschränkt. D.h. die sinngemäße Anwendung der Verfahrensbestimmungen erfaßt nicht ausschließlich die Beziehungen von Sozialversicherungsträgern, Krankenfürsorgeeinrichtungen und Trägern des öffentlichen Fürsorgewesens mit Ärzten, Dentisten und sonstigen Vertragspartnern, sondern erstreckt sich auch auf die Beziehungen zwischen diesen Institutionen und dem Bund, soweit Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs 1 GSBG 1996 betroffen sind.

Im Rahmen der sinngemäß heranzuziehenden Verfahrensbestimmungen regelt § 367 Abs 2 ASVG u.a., daß 'bei Geltendmachung des Anspruches auf Rückersatz einer unrechtmäßig bezogenen Leistung' der Versicherungsträger einen Bescheid in Leistungssachen zu erlassen hat. Die sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung erlaubt einerseits sowohl Sozialversicherungsträgern als auch Krankenfürsorgeeinrichtungen und Trägem des öffentlichen Fürsorgewesens zu Unrecht ausgezahlte Ausgleichszahlungen per Bescheid zurückzufordern. Andererseits ist - soweit Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs 1 GSBG 1996 betroffen sind - diese Verfahrensbestimmung auch sinngemäß auf die Beziehung zwischen dem Bund und den jeweiligen Antragstellern, die zugleich Nutznießer sind, anzuwenden.

'Eine Bestimmung 'sinngemäß' anwenden bedeutet, daß (nur) jene Bestimmungen der zur (sinngemäßen) Anwendung berufenen Vorschrift herangezogen werden sollen, die im Bereich der verweisenden Vorschrift auch anwendbar sind. Es soll somit mit dem Wort 'sinngemäß' lediglich zum Ausdruck gebracht werden, daß Bestimmungen, die im Bereich der verweisenden Vorschrift nicht anwendbar wären, von vornherein und schon nach dem Wortlaut des Gesetzes von der Anwendung ausgeschlossen bleiben.' (ZfVB 1987/1578). Eine Rückforderungsvorschrift ist zweifellos eine in der verweisenden Vorschrift anwendbare Bestimmung. Die Rückforderung hat daher mit Bescheid zu erfolgen. Die 'sinngemäße Anwendung' erfordert, daß die auf einen anderen Tatbestand zugeschnittene Vorschrift, die einen Bescheid in Leistungssachen vorsieht, entsprechend anzupassen ist und die Rückforderung mittels Bescheid in Verwaltungssachen zu erfolgen hat.

B) Begründung für den Adressaten des Rückforderungsanspruches

Die Kranken- und Unfallfürsorge Innsbruck berechnet die Ausgleichszahlungen und ist Antragsteller für eine Erstattung von Ausgleichszahlungen gemäß § 10 GSBG 1996. Sie bestätigt auch die Richtigkeit der in der Beihilfen- und Ausgleichszahlungserklärung gemachten Angaben und verpflichtet sich, unrichtige Angaben unverzüglich zu berichtigen. Sie ist ebenso wie andere Sozialversicherungsträger der Nutznießer der in § 3 Abs 1 GSBG 1996 geregelten Ausgleichszahlungen an Ärzte, Dentisten und sonstige Vertragspartner. Ohne Ausgleichszahlungsregelung könnten nämlich gemäß § 30 UStG 1994 die Vertragspartner der KUF eine Anpassung der Tarifentgelte aufgrund der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung, die aus dem Entfall des Vorsteuerabzugs resultiert, verlangen. Da § 12 GSBG 1996 bestimmt, daß für die in § 3 genannten Unternehmer die Ausgleichszahlung als Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung gemäß § 30 UStG 1994 gilt, ist die KUF-Innsbruck in einer Wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Nutznießer der Ausgleichszahlungen.

Das Land Tirol ist gemäß der §§6, 8 und 10 GSBG 1996 sowohl Einreichstelle für Beihilfen und Ausgleichszahlungserklärungen als auch für die Weiterleitung der vom Bund überwiesenen Beihilfen und Ausgleichsbeträge zuständig ('Auszahlung im Wege der Länder'). Dem Land Tirol kommt nur eine Mitwirkung bei der technischen Durchführung (vgl. § 14 GSBG 1996) zu, nicht aber eine Kontrollfunktion. Da das Land Tirol mit Ausnahme der eigenen Beihilfen- und Ausgleichszahlungserklärungen keine Prüfung auf Richtigkeit der bei der Einreichstelle Land Tirol eingereichten Beihilfen- und Ausgleichszahlungsansprüche vorzunehmen hat, ist ein Rückforderungsanspruch an das Land Tirol ausgeschlossen.

Ärzte, Dentisten und sonstige Vertragspartner haben gemäß § 3 Abs 1 GSBG 1996 einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen, der die umsatzsteuerliche Mehrbelastung aus dem Entfall des Vorsteuerabzugs ausgleicht. Der Anspruch ist aber nicht von den genannten Unternehmern, sondern gemäß § 10 GSBG 1996 u.a. von Krankenfürsorgeeinrichtungen (KUF-Innsbruck) zu berechnen und geltend zu machen. In einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind aber nicht Ärzte Begünstigte dieser Ausgleichszahlungen, sondern Krankenfürsorgeeinrichtungen. Ohne die Ausgleichszahlungsregelung für Ärzte könnten Vertragspartner ihren Anspruch auf Abgeltung der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung aus dem Entfall des Vorsteuerabzugs auf § 30 UStG 1994 stützen und eine Anpassung des vertragsmäßig vereinbarten Entgelts von der Krankenfürsorgeeinrichtung verlangen. Gemäß § 12 GSBG 1996 gilt die Ausgleichszahlung als Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung gemäß § 30 UStG 1994. Die Ausgleichszahlungen an Vertragsärzte bewirken iVm § 12 GSBG 1996, daß die Krankenfürsorgeeinrichtungen den Vertragsärzten keine höheren Entgelte aus der Umstellung langfristiger Verträge bezahlen müssen. Da Krankenfürsorgeeinrichtungen und nicht Ärzte in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Nutznießer der Zahlungen anzusehen sind, sind keine Rückforderungsansprüche an Ärzte zu stellen."

5.2. In der Sache selbst hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid verteidigt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerde ist zulässig:

1.1. Der angefochtene Bescheid ist "an die Kranken- und Unfallfürsorge der städtischen Beamten der Stadt Innsbruck" adressiert. Auch im Spruch wird diese als Adressat des Bescheides und damit der in diesem Bescheid ausgesprochenen Leistungsverpflichtung genannt.

1.2. Die "Kranken- und Unfallfürsorge der Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck" ist keine Institution mit Rechtspersönlichkeit sondern eine Dienststelle der Stadtgemeinde Innsbruck, welche die entsprechende Verwaltungsaufgabe (vgl. die Überschrift des III. Hauptstücks des Gemeindebeamten-Kranken- und Unfallfürsorgegesetzes 1998 - GKUFG 1998, LGBl. Nr. 98/1998) der Stadtgemeinde Innsbruck in deren Eigenschaft als Dienstgeberin ihrer Beamten wahrzunehmen hat. Wenn daher im Bescheid die "Kranken- und Unfallfürsorge" als Bescheidadressat genannt wird, so ist dies zwar verfehlt; gleichwohl ist jedoch seitens der belangten Behörde damit offenkundig die Stadtgemeinde Innsbruck gemeint, die Träger dieser Verwaltungsaufgabe ist. Da der angefochtene Bescheid somit - bei einem solchen Verständnis des Spruchs - der Stadtgemeinde Innsbruck eine Leistungsverpflichtung auferlegt, ist diese zur Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof legitimiert.

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis auch begründet:

2.1. Das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz sieht einen Rückforderungsanspruch weder ausdrücklich vor, noch trifft es Regelungen darüber, von wem in welcher Form ein solcher Rückforderungsanspruch geltend zu machen wäre:

2.1.1. Das Gesundheits- und Sozialbereichs-Beihilfengesetz räumt in § 1 Abs 1 Unternehmern iS des § 6 Abs 1 Z 7 UStG 1994, in § 2 Abs 1 Kranken- und Kuranstalten der dort näher bezeichneten Art und in § 3 Abs 1 Ärzten, Dentisten und sonstigen Vertragspartnern der dort näher bezeichneten Krankenversicherungs- bzw. Krankenfürsorgeträger einen Anspruch auf näher bezeichnete Ausgleichszahlungen ein. Diese Ansprüche bestehen nach dem Gesetz zweifelsfrei gegenüber dem Bund (Bundesminister für Finanzen), dem es auch obliegt, für bestimmte Gruppen von Unternehmern entsprechende Ausgleichssätze festzulegen.

2.1.2. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß die Leistungen des Bundes gleichsam vorschußweise von anderen Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträgern erbracht werden (zur Unmaßgeblichkeit vorläufiger Kostentragung in einem vergleichbaren Zusammenhang einer Auftragsverwaltung des Bundes iS des Art 104 Abs 2 B-VG vgl. VfSlg. 13737/1994, Punkt 8.2.).

2.1.3. Soweit § 6 zur "Geltendmachung", § 8 zur Auszahlung sowie § 10 bei der Refundierung der Ausgleichszahlungen die Länder und den Hauptverband der Sozialversicherungsträger bzw. die Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeeinrichtungen einbindet, handelt es sich dabei somit in erster Linie nicht um finanzielle Verpflichtungen dieser oder Ansprüche gegen diese Institutionen, sondern um deren Inanspruchnahme im Rahmen einer gesetzlich angeordneten Zuständigkeit zur Auszahlung (wenngleich gleichsam vorschußweise aus Mitteln des entsprechenden Rechtsträgers) unter dem Vorbehalt nachheriger Weiterverrechnung von Beihilfen und Ausgleichen mit dem Bund (Ersatzanspruch). Der Bund war daher legitimiert, einen Anspruch wie den gegenständlichen gegenüber der Stadtgemeinde Innsbruck geltendzumachen.

2.1.4. Das Gesetz regelt aber im hier allein maßgebenden Zusammenhang weder, ob und unter welchen Voraussetzungen eine seitens des Bundes vorbehaltlos (und offenbar ohne Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzuges) erbrachte Ersatzleistung wegen eines dem Bund dabei unterlaufenen Rechtsirrtums zurückgefordert werden kann, noch sieht das Gesetz dafür ein Verfahren, insbesondere nicht die Erlassung eines Bescheides vor: Der Auffassung der belangten Behörde, es seien auf den gegenständlichen Rückforderungsanspruch gem. § 4 GSBG die dort verwiesenen Verfahrensbestimmungen der §§352 ff. ASVG und damit - wegen dessen Erwähnung in § 367 Abs 2 ASVG auch indirekt - jene über die "Geltendmachung des Anspruchs auf Rückersatz" anzuwenden, ist zu entgegnen, daß die Anordnung der sinngemäßen Anwendung der genannten Verfahrensbestimmungen ausdrücklich nur "für die Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs 1" gilt und sich daher nicht auch auf die Leistungen des § 10 zweiter Satz und dritter Satz GSBG bezieht. Den §§352 ff. ASVG kann daher schon deshalb keine sinngemäß anzuwendende Bestimmung über die Vorgangsweise bei irrtümlicher Auszahlung solcher Ersatzleistungen entnommen werden.

2.1.5. Da es sich nicht nur bei den Ausgleichszahlungen, sondern auch bei den Ersatzleistungen des Bundes zweifelsfrei um Leistungen handelt, die im öffentlichen Recht wurzeln, weshalb Streitigkeiten um solche Ansprüche auch nicht in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gem. § 1 JN fallen, und da auch keine gesetzliche Bestimmung besteht, die in solchen Fällen eine Verwaltungsbehörde zur Entscheidung beruft, hätte der Bund einen allfälligen Rückforderungsanspruch gegen die Stadtgemeinde Innsbruck gem. Art 137 B-VG mittels Klage vor dem Verfassungsgerichtshof geltend zu machen (vgl. etwa die in vergleichbaren Fällen von Streitigkeiten um Ansprüche finanzausgleichsrechtlichen Charakters ergangenen Erkenntnisse VfSlg. 9280/1981, 9507/1982, 11939/1988, 14168/1995 ua).

2.2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10.374/1985, 11.405/1987, 13.280/1992).

Da die belangte Behörde durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Zuständigkeit in Anspruch genommen hat, die ihr nach dem Gesetz nicht zukommt, hat sie die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

3. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen ist.

4. Dies konnte gem. § 19 Abs 4 Satz 1 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

5. Im Hinblick darauf, daß die - gebührenbefreite - beschwerdeführende Stadtgemeinde im Beschwerdeverfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen ist, sind ihr gem. § 88 VfGG ersatzfähige Kosten nicht erwachsen.