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OGH vom 16.12.2003, 10Ob53/03x

OGH vom 16.12.2003, 10Ob53/03x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Mag. Hans Georg Popp, Rechtsanwalt in Gratwein, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Rainer Kurbos, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterhalt, über die Rekurse der Klägerin (Streitwert gemäß § 58 JN EUR 8.720,64) und der Beklagten (Streitwert gemäß § 58 JN EUR 4.360,32) gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 206/03h-40, womit über die Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 28 C 69/02p-28, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die am *****1983 geborene Klägerin begehrt mit ihrer am eingebrachten Klage von ihrer Mutter, der Beklagten, die Zahlung von EUR 18.603,51 sA an rückständigem Unterhalt sowie von EUR 363,36 monatlich ab Mai 2002 an laufendem Unterhalt. Sie brachte vor, bereits im Alter von 14 Jahren von der Beklagten zum Zweck eines Schulbesuches ohne ausreichende Beaufsichtigung von Wien nach Graz geschickt worden zu sein, wo die Beklagte ihren Unterhaltsverpflichtungen nur äußerst unzureichend nachgekommen sei. Die Klägerin habe bis Juli 1999 in der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Wohnung gewohnt. Die Beklagte sei ab diesem Zeitpunkt ihrer Unterhaltsverpflichtung überhaupt nicht mehr nachgekommen, sodass für den Zeitraum von August 1999 bis einschließlich April 2002 ausgehend von einer den Einkommensverhältnissen der Beklagten angemessenen monatlichen Unterhaltsverpflichtung von EUR 363,36 ein Unterhaltsrückstand von EUR 11.627,65 entstanden sei. Auch ab Mai 2002 werde ein laufender Unterhalt von EUR 363,36 monatlich begehrt. Darüber hinaus habe die Beklagte im Zeitraum von November 1998 bis Juli 2001 an Unterhaltsvorschüssen des Vaters insgesamt EUR 10.581,16 erhalten, davon jedoch nur einen Teilbetrag von EUR 3.605,30 an die Klägerin weitergeleitet, sodass auch insoweit ein Unterhaltsrückstand der Beklagten von EUR 6.975,86 bestehe. Seit August 2001 werde der Unterhaltsvorschuss direkt an die Klägerin ausbezahlt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, da sie ihrer Unterhaltsverpflichtung immer in ausreichendem Maß nachgekommen sei. Im Übrigen habe die Klägerin keinen Unterhaltsanspruch mehr, weil sie die Schule nicht ordnungsgemäß besuche und gegen den Willen der Beklagten aus deren Wohnung ausgezogen sei und nunmehr mit ihrem Freund in Lebensgemeinschaft lebe.

Die Klägerin hielt dem entgegen, dass sie von ihrem Freund nur kurzfristig durch geringfügige Zuwendungen unterstützt worden sei und ihr Freund über einen erheblichen Zeitraum arbeitslos gewesen sei.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte für schuldig, der Klägerin einen rückständigen Unterhalt von EUR 1.090,08 sA und einen laufenden Unterhalt von EUR 121,12 - offensichtlich gemeint ab Mai 2002 - zu bezahlen und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte durchschnittliche monatliche Nettoeinkünfte der Beklagten für das Jahr 2000 von EUR 1.965,24, für das Jahr 2001 von EUR 2.248,35 und für das Jahr 2002 von EUR 1.979,11 fest. Die Beklagte ist abgesehen von der Klägerin noch für einen 16 Jahre alten Sohn und eine 21-jährige Tochter, die noch bis Sommer 2003 ein College in Wien besucht, sorgepflichtig.

Die Klägerin besucht seit Herbst 1997 eine Höhere Technische Bundeslehranstalt in Graz. Sie besuchte zunächst den Zweig "Bautechnik". Da sie dieser Zweig jedoch nicht interessierte, wechselte sie nach dem ersten Schuljahr in den Zweig "Kunst und Design" und wiederholte in diesem Zweig das erste Schuljahr. Nach dem ersten Schuljahr der Klägerin in Graz kaufte die Beklagte, die weiterhin in Wien wohnte, eine 50 m2 große Wohnung in Graz, in der die Klägerin und ihre um zwei Jahre ältere Schwester wohnten. Die Beklagte bezahlte die Betriebskosten sowie die Darlehensrückzahlungen für die Wohnung in Graz. Weiters bezahlte sie die Rechnungen für Getränke und Speisen, welche die Klägerin im Buffet ihrer Schule konsumierte. Die Beklagte kam jeweils am Wochenende nach Graz, kaufte Schulsachen ein und gab der älteren Schwester der Klägerin Geld zur Deckung des Lebensbedarfes der Klägerin und ihrer Schwester.

Im Sommer 1999 übersiedelte die Klägerin zu ihrem Freund, mit dem sie eine Lebensgemeinschaft einging. Der Lebensgefährte der Klägerin verdient ca EUR 872,07 bis EUR 1.090,09 netto monatlich (14 x jährlich). Ab Sommer 1999 war der Lebensgefährte über einen Zeitraum von ca 9 Monaten arbeitslos. Er unterstützt die Klägerin, indem er für die Kosten für Wohnung und Lebensmittel allein aufkommt. Die Klägerin blieb ab Herbst 1999 ca 6 Monate lang der Schule fern und konsumierte Drogen. Nunmehr nimmt die Klägerin keine Drogen und sie besucht derzeit die dritte Klasse der Höheren Lehranstalt für Kunst und Design.

Die Beklagte erhielt für die Klägerin im maßgebenden Zeitraum laufend Unterhaltsvorschüsse in einer vom Erstgericht näher festgestellten Höhe. Sie überwies der Klägerin ab November 1999 einen (monatlichen) Geldbetrag von EUR 145,35. Mit Beschluss des Jugendgerichtes Graz vom , AZ P 191/00w-236, wurde über Antrag der Klägerin angeordnet, dass die gewährten Unterhaltsvorschüsse in Hinkunft an die Klägerin selbst ausbezahlt werden. Seit diesem Zeitpunkt erhält die Klägerin von der Beklagten keinen Unterhalt mehr. Seit Juni 2002 bezieht die Klägerin auch die Familienbeihilfe.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Klägerin, die noch nicht selbsterhaltungsfähig sei, habe gegenüber der nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Beklagten einen Anspruch auf Geldunterhalt. Ausgehend von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beklagten und unter Berücksichtigung ihrer weiteren Sorgepflichten stehe der Klägerin nach der Prozentsatzmethode ein monatlicher Unterhalt von EUR 363,36 zu. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin seit Sommer 1999 eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei, wodurch sich ihr Unterhaltsanspruch auf 1/3 verringere. Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Aufnahme der Lebensgemeinschaft noch minderjährig gewesen sei und die Beklagte durch die Zurverfügungstellung der Wohnung und die Übernahme der Betriebskosten Naturalleistungen erbracht habe, welche bis zum Zeitpunkt des Auszuges der Schwester der Klägerin aus dieser Wohnung (Sommer 2000) der Klägerin zur Hälfte, in der Folge jedoch zur Gänze anzurechnen seien. Ab dem Zeitpunkt des Erreichens der Volljährigkeit seien diese Naturalleistungen nicht mehr anrechenbar, weil die Klägerin seit diesem Zeitpunkt das Recht habe, ihren Wohnsitz frei zu wählen. Der Unterhaltsvorschuss, den die Beklagte im Zeitraum vom bis zum bezogen habe, stehe der Beklagten als obsorgeberechtigter Person zu und sei daher von der Klägerin nicht einforderbar.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien Folge und hob das Urteil des Erstgerichtes zur Verfahrensergänzung auf. Es ging bei seiner Beurteilung davon aus, dass die Beklagte für die Klägerin seit Beginn des Schulbesuches in Graz keine Betreuungsleistungen mehr erbringe. Es seien daher beide Elternteile, und zwar unabhängig davon, ob das Kind auch gegen den anderen Elternteil einen Unterhaltsfestsetzungsantrag gestellt habe, zum Geldunterhalt verpflichtet. Es sei somit im vorliegenden Fall zunächst der gesamte Unterhaltsbedarf der Klägerin zu ermitteln und dieser dann nach der Leistungsfähigkeit der Eltern verhältnismäßig aufzuteilen. Die Leistungsfähigkeit der Eltern sei dabei in der Weise zu berechnen, dass vom Nettoeinkommen jedes Elternteiles zunächst das Unterhaltsexistenzminimum im Sinn des § 291a Abs 3 EO iVm der Existenzminimumverordnung abgezogen und der Gesamtunterhaltsbedarf der Klägerin im Verhältnis der Resteinkommen aufgeteilt werde. Es sei daher erforderlich, den Gesamtunterhaltsbedarf der Klägerin für die Jahre 1998 bis laufend sowie das Nettoeinkommen beider Elternteile für die jeweiligen Jahre zu ermitteln, um den Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten berechnen zu können. Darüber hinaus werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren - nötigenfalls unter Anwendung des § 273 ZPO - zu ermitteln haben, welche Beträge in den einzelnen Zeiträumen der Klägerin von Seiten der Beklagten zugeflossen sei. Dies sei notwendig, um beurteilen zu können, ob und inwieweit die Beklagte zusätzlich zu den nach den oben angeführten Kriterien ermittelten eigenen Unterhaltsverpflichtungen auch Unterhaltsvorschussbeträge nach dem UVG für den Unterhalt des Kindes verwendet habe. Zutreffend werde nämlich in der Berufung der Klägerin die Rechtsansicht des Erstgerichtes gerügt, wonach die Unterhaltsvorschussbeträge der Obsorgeberechtigten zustünden. Erst nach der Verfahrensergänzung im aufgezeigten Sinn werde endgültig beurteilt werden können, ob und inwieweit der Klägerin noch ein Unterhaltsanspruch gegenüber der Beklagten zustehe. Schließlich sei das Verfahren auch im Hinblick auf ein teilweises Erlöschen des Unterhaltsanspruches der Klägerin durch die aufrechte Lebensgemeinschaft ergänzungsbedürftig, da sich nach der Rechtsprechung der Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern (nur) in dem Umfang vermindere, als das unterhaltsberechtigte Kind tatsächlich Unterhalt von seinem Lebensgefährten erhalte.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil der Lösung der Frage, ob die über die Relation der Beiträge beider Elternteile zum Gesamtunterhalt des Kindes dargelegten Kriterien auch in jenen Fällen anzuwenden seien, in denen Unterhaltsvorschuss geleistet werde, gegebenenfalls wie vorzugehen sei, wenn der nach diesen Grundsätzen ermittelte Beitrag des Vaters erheblich von den tatsächlichen Leistungen abweiche, erhebliche Bedeutung zukomme.

Dagegen erhob die Klägerin Rekurs mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, dass der Berufung der Beklagten keine Folge gegeben und die Unterhaltspflicht der Beklagten nach der Prozentsatzmethode berechnet werde.

Die Beklagte beantragt mit ihrem "Revisionsrekurs" (Rekurs) die Abänderung dahin, dass der Berufung der Klägerin keine Folge gegeben werde.

Die Klägerin erstattete eine Rekursbeantwortung, in der sie beantragte, dem Rekurs der Beklagten keine Folge zu geben.

Die Rekurse der beiden Parteien gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes sind zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 140 Abs 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Der Oberste Gerichtshof hat hiezu bereits mehrfach ausgesprochen, dass der den Haushalt führende Elternteil nur dann seiner Beitragspflicht nach § 140 Abs 1 ABGB genügt, wenn er das Kind tatsächlich betreut (RZ 1992/5; 3 Ob 555/94 mwN ua). Mit dem Ausdruck der tatsächlichen Betreuung wird auf die übliche Versorgung abgestellt, die ein Kind im Rahmen eines geordneten und funktionierenden Haushaltes im Allgemeinen erfährt. Dazu zählen insbesondere Unterkunft, Beaufsichtigung, Erziehung Körperpflege, Verpflegung (Nahrungszubereitung), Reinigung und Instandhaltung von Kleidung und Wäsche sowie Pflege im Krankheitsfall (Schwimann in Schwimann, ABGB2 Rz 15 zu § 140 mwN; JBl 1991, 651; SZ 65/114 ua; RIS-Justiz RS0047367, RS0047394). Gelegentliche Besuche eines im Übrigen getrennt lebenden Minderjährigen stellen die Voraussetzungen für den Tatbestand nach § 140 Abs 2 ABGB nicht her (JBl 1991, 651 ua).

Hinsichtlich der Betreuungsleistungen der Beklagten seit Beginn des Schulbesuches der Klägerin in Graz ab Herbst 1997 hat das Erstgericht im Wesentlichen nur festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin und deren Schwester eine Wohnung zur Verfügung stellte und die Beklagte einmal pro Woche am Wochenende nach Graz kam, Schulsachen einkaufte und der älteren Schwester der Klägerin Geldbedarf für den Lebensbedarf der beiden Schwestern gab. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Beklagte habe damit praktisch keine relevanten Betreuungsleistungen für die Klägerin mehr erbracht und sie könne sich daher nicht darauf berufen, dass sie durch tatsächliche Betreuung ihren Beitrag zum Unterhalt der Klägerin geleistet habe, entspricht der ständigen Rechtsprechung.

Wird das Kind aber nicht von einem Elternteil betreut, so findet § 140 Abs 2 ABGB nicht Anwendung und die Unterhaltsbemessung ist nach § 140 Abs 1 ABGB anteilig vorzunehmen. Anteilig im Sinn des § 140 ABGB bedeutet, dass jeder Elternteil unter Berücksichtigung seiner eigenen Leistungsfähigkeit zum Unterhalt des Kindes beizutragen hat (EvBl 1991/166 mwN ua; RIS-Justiz RS0047415). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass in diesen Fällen die Unterhaltsbemessung nicht isoliert für einen Elternteil erfolgen kann; die Bestimmung der Höhe des Unterhaltsbeitrages hat vielmehr auch die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des anderen Elternteiles zur Voraussetzung. Wird nicht gegen beide Eltern ein gemeinsamer Titel geschaffen, ist die Leistungsfähigkeit beider Elternteile zu ermitteln, nach der die Unterhaltsquoten zu bestimmen sind. Bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit ist dabei nach ständiger Rechtsprechung von den Unterhaltsbemessungsgrundlagen jeweils der Betrag abzuziehen, der für den eigenen Unterhalt erforderlich ist; sodann sind die für den Gesamtunterhalt des Kindes erforderlichen Beträge im Verhältnis der Restsumme aufzuteilen (Schwimann aaO Rz 18; Stabentheiner in Rummel3 , ABGB Rz 7 zu § 140 mwN; EvBl 1991/166; JBl 1996, 651; EFSlg 83.178 ua; RIS-Justiz RS0047403).

Diese bereits vom Berufungsgericht zutreffend dargelegten Grundsätze haben auch im vorliegenden Fall Anwendung zu finden. Soweit die Klägerin dem gegenüber meint, im vorliegenden Fall sei zur Berechnung ihres Unterhaltsanspruches die von der Judikatur entwickelte sogenannte "Prozentsatzmethode" heranzuziehen, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Methode, den Unterhalt nach jenen Prozentsätzen zu bestimmen, die angemessen wären, wenn der andere Elternteil seinen Beitrag durch die Betreuung des Kindes leistet, dem Grundgedanken der anteiligen Tragung des Unterhaltes nicht gerecht wird. Diese schematische Betrachtungsweise könnte nämlich dazu führen, dass Unterhaltsschuldner mit unterschiedlich hohem Einkommen in ihren Möglichkeiten der Lebensführung ungleich behandelt würden. Die Gesamtbeurteilung hat vielmehr derart zu geschehen, dass alle Beteiligten in etwa gleichem Maß in der Lage sein sollen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen (EvBl 1991/166; ÖA 1997, 59 [U 169]; EFSlg 83.178 ua). Aktenkundig sind im vorliegenden Fall nur die Lebensverhältnisse der Mutter (Beklagte), nicht auch die des Vaters. Der auf den Vater entfallende Unterhaltsanteil kann aber erst festgesetzt werden, wenn feststeht, wie die Lebensverhältnisse beider Eltern beschaffen sind und in welchem Maß demnach jeder von ihnen zum Unterhalt der Klägerin beitragen kann (vgl 4 Ob 507/96). Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Parteien kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der als Unterhaltsvorschuss geleistete Betrag auch tatsächlich dem Einkommen und der Leistungsfähigkeit des Vaters der Klägerin entspricht. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann aber auf Grund des derzeitigen Verfahrensstandes auch nicht davon ausgegangen werden, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vaters nicht ermittelbar wäre und daher - aus verfahrensökonomischen Gründen - auf die von der Rechtsprechung entwickelte Prozentsatzmethode zurückgegriffen werden müsste, zumal das Erstgericht ausgehend von einer anderen Rechtsansicht dazu noch gar kein Beweisverfahren durchgeführt hat.

Soweit die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von EUR 6.975,86 sA mit der Begründung begehrt, die Beklagte habe diese Unterhaltsvorschussbeträge des Vaters entgegengenommen, ohne sie an die Klägerin weiterzuleiten, ist darauf hinzuweisen, dass durch die Verpflichtung zur Gewährung von Vorschüssen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz 1985 (UVG) dem mj Kind durch einen Dritten, den Staat, vorschussweise ein Teil jener Unterhaltsbeträge geleistet werden soll, auf die er konkret gegen seinen Unterhaltsschuldner Anspruch hat (5 Ob 508/92 ua). Es ist daher auch das mj Kind Anspruchsberechtigter dieser Vorschüsse (§ 2 Abs 1 UVG). Nach § 17 Abs 2 UVG sind die Vorschüsse demjenigen auszuzahlen, der das Kind pflegt und erzieht, sofern der gesetzliche Vertreter zum Wohl des Kindes nichts anderes beantragt. Es ist auch das Ziel dieser Bestimmung über den Zahlungsempfänger, dass dem Kind die Vorschüsse für den laufenden Verbrauch effizient zur Verfügung stehen. Wenn die obsorgeberechtigte Person das Kind nicht pflegt und erzieht, können die Vorschüsse aus diesem Grund nicht eingestellt werden. Es muss vielmehr eine andere Person gesucht werden, die zur Entgegennahme der Vorschüsse geeignet ist, wobei die Auszahlung über Antrag auch an den Jugendwohlfahrtsträger und sogar an den unterhaltsberechtigten Minderjährigen erfolgen kann (Neumayr in Schwimann, ABGB2 Rz 4 f zu § 17 UVG mwN).

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass es sich bei den Unterhaltsvorschüssen um Geldbeträge handelt, welche zwar an den Zahlungsempfänger im Sinn des § 17 Abs 2 UVG auszuzahlen sind, aber zur Gänze für das Kind bestimmt sind. Stellen aber die Unterhaltsvorschussbeträge keinen Einkommensbestandteil der Beklagten dar und sind sie als direkte Unterstützung eines nicht unterhaltspflichtigen Dritten für das Kind bestimmt, könnte ein Herausgabebegehren des Kindes grundsätzlich auf Bereicherung gestützt werden. Es ist daher im vorliegenden Fall auch zu prüfen, ob und inwieweit die Beklagte die an sie nach den Bestimmungen des UVG ausbezahlten Unterhaltsvorschussbeträge - auch unter Berücksichtigung auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin anzurechnender Naturalleistungen - für den Unterhalt der Klägerin verwendet hat.

Zusammenfassend erweist sich somit der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes als zutreffend, sodass den Rekursen beider Parteien ein Erfolg zu versagen war.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.