VfGH vom 10.06.2003, B1665/00
Sammlungsnummer
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Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 2.143,68 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Bescheid vom stellte der Bürgermeister der Gemeinde Tulfes fest, ein Objekt (bauliche Anlage), das im Eigentum des nunmehrigen Beschwerdeführers steht, unterliege "der Anschlußpflicht an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage der Gemeinde Tulfes".
1.2. Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister dem Beschwerdeführer eine Kanalanschlußgebühr von S 109.035,30 (einschließlich 10 % USt.) vor.
Der Gemeindevorstand der Gemeinde Tulfes gab mit Bescheid vom einer Berufung keine Folge, nachdem bereits der Bürgermeister eine abweisende Berufungsvorentscheidung erlassen hatte.
1.3. Mit Bescheid vom wies die Tiroler Landesregierung eine Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Berufungsbescheid ab.
2. Gegen diesen Vorstellungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten durch Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Tulfes, in der Folge: KanalgebührenO) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Akten, die sich auf die KanalgebührenO beziehen, vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie für die Abweisung der Beschwerde eintritt.
Die Gemeinde Tulfes hat keine Äußerung erstattet.
II. 1. Aus Anlaß dieser Beschwerde beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des § 2 Z 1 erster Satz der KanalgebührenO einzuleiten. Mit Erkenntnis vom , V10/03, hob er diese Bestimmung als gesetzwidrig auf.
2. Die belangte Behörde hat eine gesetzwidrige Verordnung angewandt. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- sowie der Ersatz der entrichteten Gebühr gemäß § 17a VfGG von € 181,68 enthalten.
Fundstelle(n):
FAAAD-86469