OGH vom 12.07.1990, 8Ob687/89
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Ing. Werner G***, Kaufmann, Wien 19, Heiligenstädterstraße 156, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück und Dr. Peter Wagner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Josef F***, Kaufmann, Ybbsitz, Grestnerstraße 39, vertreten durch Dr. Dietrich Hafner, Rechtsanwalt in Waidhofen an der Ybbs, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000,-), infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 12 R 148/89-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom , GZ 2 Cg 42/89-4, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei die mit S 4.629,60 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (einschließlich S 771,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
In seiner am beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrt der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, ab sofort jede Nutzung des Eigenjagdgebietes "Groß-Theuretzbach", insbesondere zu jagdlichen Zwecken, zu unterlassen. Er behauptet, diese Eigenjagd vom Eigentümer KR K*** für die Zeit vom bis gepachtet zu haben. Die Pacht sei gemäß § 51 NÖ.Jagdgesetz von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Amstetten bescheidmäßig zur Kenntnis genommen worden. Nachträglich habe der Kläger erfahren, daß KR K*** seinerzeit mit dem Beklagten für die Jahre 1984 und 1985 einen "Pachtvertrag" über dieses Eigenjagdgebiet geschlossen habe, der sich vereinbarungsgemäß mangels Kündigung jeweils um ein weiteres Jahr verlängerte. Dieser Pachtvertrag sei jedoch von der Behörde nicht genehmigt worden und daher gemäß § 51 Abs. 3 NÖ.Jagdgesetz nichtig, weil eine Jagdpacht mangels Ausnahmebewilligung nur auf die Dauer einer Jagdperiode oder einer restlichen Jagdperiode geschlossen werden dürfe. Der Beklagte habe daher keinerlei Recht zur Jagdausübung im genannten Eigenjagdgebiet, das vom Kläger im Jänner 1989 in Besitz genommen worden sei. Der Beklagte habe die Verpachtung an den Kläger zunächst auch zur Kenntnis genommen, dann aber gegen KR K*** eine Besitzstörungsklage eingebracht, eine einstweilige Vorkehrung erwirkt und mitgeteilt, daß er weiterhin jagdausübungsberechtigt sei. Der Kläger stütze sein Recht auf die analoge Anwendung der §§ 372 bis 374 ABGB.
Mit der Klage verband der Kläger den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung, daß zur Sicherung "des Anspruches der klagenden Partei" dem Beklagten und Antragsgegner geboten werde, ab sofort jede Nutzung des Eigenjagdgebietes Groß-Theuretzbach, insbesondere zu jagdlichen Zwecken, zu unterlassen. Zur Begründung dieses Begehrens bezog sich die klagende und gefährdete Partei auf ihr Klagevorbringen und verwies ergänzend darauf, daß ihr durch das Verhalten des Beklagten unwiederbringlicher Schaden im Sinne des § 381 EO drohe, weil ein Anspruch auf Jagdausübung nicht durch Geld ausgeglichen werden könne. Der Anspruch sei durch die bescheidmäßige Genehmigung des Pachtvertrages und die Unwirksamkeit des zwischen dem Beklagten und KR K*** geschlossenen Vertrages hinreichend bescheinigt.
Der Beklagte und Antragsgegner bestritt das Klage- und Antragsvorbringen und beantragte die Abweisung beider Begehren. Sein mit KR K*** geschlossener Vertrag verstoße nicht gegen das NÖ.Jagdgesetz, sei nach wie vor und zumindest bis zum Ende des Jagdjahres 1989 aufrecht und werde durch den Pachtvertrag, auf den sich der Kläger berufe, nicht berührt; dem Kläger stünden allenfalls gegen KR K*** Schadenersatzansprüche zu.
Das Erstgericht erließ die vom Kläger begehrte einstweilige Verfügung. Es hielt folgenden Sachverhalt für bescheinigt:
Am schlossen KR K***, der Eigentümer der Eigenjagd "Groß-Theuretzbach", und der Beklagte die Vereinbarung Beilage ./D. Über die Rechtsnatur dieser Vereinbarung (Pachtvertrag oder Abschußvertrag) machte sich der Beklagte bei Vertragsabschluß keine Gedanken. In den folgenden Jahren beschränkte er sich bei der tatsächlichen Ausübung nicht auf bloße Abschüsse, sondern sorgte auch für Hege, Wildfütterung, Schneeräumung udgl. und verwertete das Wildbret. Die Vereinbarung wurde der Jagdbehörde nicht angezeigt. Bis Ende 1988 kam es zwischen KR K*** und dem Beklagten weder zu Gesprächen über die Vertragsverlängerung bzw. Vertragsdauer noch zu Kündigungserklärungen, sodaß der Beklagte von der in Punkt 8 des Vertrages normierten automatischen Verlängerung um jeweils ein Jahr ausging. Am schloß KR K*** mit dem Kläger einen Jagdpachtvertrag auf die Dauer der restlichen Jagdperiode, d.i. vom bis , ab (Beilage ./C). KR K*** war dabei die mit dem Beklagten geschlossene schriftliche Vereinbarung ./D nicht bewußt, er glaubte vielmehr, dem Beklagten die Jagdausübung nur formlos und gegen jederzeitigen Widerruf überlassen zu haben. In diesem Sinne teilte er dem Kläger mit, daß die Eigenjagd ab frei sei. Der Kläger vertraute auf diese Mitteilung. Als er den Pachtvertrag bei der Bezirkshauptmannschaft als Jagdbehörde einreichte, sah er die Auskünfte des KR K*** bestätigt, da dort nichts über eine aktuelle Verpachtung auflag. Mit Bescheid vom nahm die Bezirkshauptmannschaft Amstetten den Pachtvertrag des Klägers bescheidmäßig zur Kenntnis. Bereits Anfang Jänner 1989 hatte der Kläger durch beauftragte Personen bei den Absperrungen der Revierzufahrten neue Schlösser einbauen lassen, und er veranlaßte auch die Durchführung der Wildfütterung. Ebenfalls Anfang Jänner 1989 wurde der Beklagte von einem Ortsansässigen telefonisch informiert, daß er die Schlüssel für die Zufahrt abgeben solle, weil die Pacht anderweitig vergeben worden sei. Aus diesen Mitteilungen gewann der Beklagte den Eindruck, daß der Schlösseraustausch von KR K*** ausgehe. Er wandte sich an diesen und es kam noch Anfang Jänner 1989 zu einem persönlichen Gespräch, bei dem der Beklagte den Standpunkt vertrat, daß sein Vertrag nach wie vor in Kraft sei, daß aber zumindestens "das laufende Jagdjahr noch bis Ende März gehe". Man verblieb bei diesem Gespräch so, daß der Beklagte bis jagen sollte und die Zeit zwischen bis 15. 1. und (in der keine Jagdmöglichkeit besteht) zur Abklärung der Rechtslage genützt werden sollte. Ein weiteres Gespräch zwischen KR K*** und dem Beklagten fand aber nicht mehr statt. KR K*** rief Anfang Jänner 1989 den Kläger in dessen Urlaubsort an und fragte, ob der Vorpächter noch die offenen Abschüsse bis vornehmen dürfe; dies gestattete der Kläger. Er gewann aus dieser Anfrage den Eindruck, daß der Beklagte gegenüber KR K*** den Pachtvertrag des Klägers akzeptiert hatte. Dies entsprach aber nicht den Tatsachen, weil der Beklagte KR K*** nicht ersucht hatte, für ihn um Jagderlaubnis bis anzufragen. Der Beklagte nahm im Jänner dann noch 2 Abschüsse vor. In der Folgezeit bis zuletzt hielten sich sowohl der Kläger und seine Leute als auch der Beklagte und seine Leute immer wieder im Revier auf. Es wurden dabei Fütterungen und Wildbeobachtungen durchgeführt. Die Streitteile tangierten bzw störten einander dabei nicht, sieht man von der im Verfahren 1 C 293/89 des Bezirksgerichtes Waidhofen an der Ybbs aufgeworfenen Frage der Auswechslung eines Schlosses ab. Der Beklagte hatte sich um die anderen ausgewechselten Schlösser nicht gekümmert, weil er diese Zufahrten als unbedeutend ansah bzw. weil bei einer Zufahrt, welche ohnedies auch anderen berechtigten Personen zur Verfügung stand, kein Schloßaustausch erfolgt war. Das Besitzstörungsverfahren zu 1 C 293/89 des Bezirksgerichtes Waidhofen an der Ybbs gegen KR K*** leitete der Beklagte am ein, nachdem er den Absperrschranken bei der von ihm benützten Zinken-Forst-Straße mit einem anderen Schloß versperrt vorgefunden hatte. Er begehrte die Entfernung dieses Schlosses und die Wiederanbringung des bisherigen Vorhangschlosses; in der Klage bezeichnete er den Vertrag Beilage ./D als Pachtvertrag. KR K*** wurde mit einstweiliger Vorkehrung vom die Auswechslung des Vorhangschlosses aufgetragen. In der Tagsatzung vom bestritt KR K*** einen ruhigen Besitz des Beklagten, weil dieser der Auflösung des Pachtvertrages zum zugestimmt habe. KR K*** gab an, er habe mit dem Austausch des Vorhangschlosses nichts zu tun. Nach Erlassung der einstweiligen Vorkehrung wurde das Schloß tatsächlich zugunsten des Beklagten ausgewechselt, in der Folge wurde vom Kläger aber wiederum ein anderes Schloß angebracht. Der Kläger erfuhr erst im Zuge des vorgenannten Besitzstörungsverfahrens, daß der Beklagte den Weiterbestand seiner Rechte behauptet. Dies sieht der Kläger als bloße Angelegenheit zwischen dem Beklagten und KR K***. Bereits am war der Beklagte an KR K*** herangetreten und hatte ihm Bedingungen für eine vorzeitige Auflösung des Vertrages ./D gestellt; andernfalls werde er dessen Erfüllung bis verlangen. KR K*** leitete dieses Schreiben an den Kläger weiter und dessen Rechtsvertreter sprach mit Schreiben vom gegenüber dem Beklagten die Auflösung des Pachtvertrages gemäß dessen Punkt 6 wegen Nichtbezahlung der Wertsicherung aus, behauptete aber primär die Nichtigkeit dieses Vertrages. An der Abschußplanbesprechung für das Jahr 1989 nahmen die Streitteile persönlich nicht teil. Anwesend war Ing. S***, der ab neuer Aufsichtsjäger im gegenständlichen Revier ist. Der Abschußplan für 1989 wurde vom Kläger als zuständigem Jagdleiter eingereicht, die Abschußplanbewilligung erfolgte mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom .
In seiner rechtlichen Beurteilung meinte das Erstgericht, die ("publizianische") Klage nach § 372 ABGB stehe auch dem im Besitz befindlichen Bestandnehmer zu. Der Kläger und Antragsteller habe am Revier durch Auswechseln von Schlössern und Setzung von Maßnahmen eines Jagdausübungsberechtigten Besitz erlangt. Der Beklagte müsse ihm aber weichen, weil er mit dem Abschußrecht einen schwächeren Titel, der Kläger als Jagdpächter hingegen den umfassenderen Titel gemäß § 372 ABGB habe. Unterstelle man, daß es sich bei der Vereinbarung ./D um einen Pachtvertrag handle, so verstoße die festgelegte Pachtdauer gegen das Gesetz und er sei von der Behörde auch nicht zur Kenntnis genommen worden. Somit sei der Anspruch des Klägers bescheinigt und auch die Anspruchsgefährdung zu bejahen, da mit einer konkurrenzierenden Jagdausübung für den Kläger materielle und ideelle Nachteile verbunden seien.
Das mit Rechtsrüge angerufene Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten Folge und wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-, nicht jedoch S 300.000,- übersteige und daß der Rekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht hielt den mangelhaften Antrag zwar auf Grund des Klagevorbringens für verbesserungsfähig, jedoch nicht für berechtigt. Mit der Vereinbarung ./D habe Rudolf K*** dem Antragsgegner lediglich den für die Eigenjagd "Groß Theuretzbach" zugeteilten Abschuß an jagdbarem Wild überlassen; darin sei noch keine Abtretung der Ausübung des Jagdrechtes in seiner Gesamtheit gelegen, weil die Ausübung des Jagdrechtes über die bloße Abschußbefugnis hinausgehende Rechte und Pflichten umfasse. Trotz der Bezeichnung der Vertragsteile als Verpächter und Pächter sei die Vereinbarung nicht als Pacht, sondern als Wildabschußvertrag zu werten und unterliege als solcher nicht den Bestimmungen des NÖ.Jagdgesetzes. Damit gehe die Berufung des Antragstellers auf eine Nichtigkeit des Vertrages ins Leere. Ob der Antragsteller zur Geltendmachung einer allfälligen Nichtigkeit des Vertrages überhaupt legitimiert sei, könne demnach dahingestellt bleiben. Sei die Vereinbarung ./D jedoch rechtswirksam, stehe dem Antragsgegner auch das Recht zu, das Revier durch Abschüsse zu nutzen. Dieses Recht werde durch die vom Antragsteller später erworbene Rechtsstellung als Pächter des Revieres nicht berührt. Die Rechte des Antragstellers unterschieden sich von jenen des Antragsgegners ihrem Inhalt und nicht ihrer rechtlichen Wertigkeit nach. Daß das Recht des Antragstellers das umfassendere sei, bedeute noch nicht, daß es auch das stärkere sei. Auszugehen sei vielmehr davon, daß beide Parteien das Jagdrevier auf Grund hiezu tauglicher Titel, somit rechtmäßig, benützten. Beide seien zur Zeit des jeweiligen Vertragsabschlusses auch gutgläubig (redlich) gewesen und übten demnach gleichermaßen qualifizierten Rechtsbesitz aus. Daß sich die Besitzstörungsklage des Antragsgegners nicht gegen den Antragsteller gerichtet habe, bleibe ohne Bedeutung, weil es hier nur darauf ankomme, daß sich der Antragsgegner gegen den versuchten Besitzentzug erfolgreich zur Wehr gesetzt habe. Da die Parteien überdies vom selben Vormann und beide entgeltlich erworben hätten, lasse sich der vom Antragsteller geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht auf die §§ 372 ff ABGB gründen. Wenn von einem besseren Recht die Rede sein könne, dann liege dieses beim Antragsgegner, weil er früher erworben habe. Es fehle aber auch an einer sonstigen Rechtsgrundlage, die das Begehren des Antragstellers decke. Aus dem bescheinigten Sachverhalt lasse sich der Unterlassungsanspruch somit nicht ableiten. Das bedeute zugleich, daß ein sicherbarer Anspruch als unabdingbare Voraussetzung für die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung nicht dargetan worden sei.
Gegen die rekursrechtliche Entscheidung erhebt der Antragsteller Revisionsrekurs mit dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die erstgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und zur Begründung insgesamt vorgebracht:
Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, beim Vertrag ./D handle es sich um einen bloßen Wildabschußvertrag, entferne sich von dem vom Erstgericht als bescheinigt gehaltenen Sachverhalt, wonach ein echter Pachtvertrag vorliege; das Rekursgericht habe damit gegen § 405 ZPO verstoßen. Die mangelnde behördliche Genehmigung dieses Pachtvertrages bewirke nicht nur, daß der Beklagte kein Recht erworben habe, sondern darüber hinaus auch die Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 51 Abs. 3,§ 5 Abs. 3 NÖ.Jagdgesetz. Der Kläger sei als behördlich anerkannter Pächter analog § 372 ABGB berechtigt, Eingriffe unberechtigter Dritter abzuwehren. Der Titel des Beklagten sei zumindest der schwächere, von einem gleichermaßen qualifizierten Rechtsbesitz könne entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht die Rede sein. Der spätere Erwerber gehe jedenfalls vor, wenn er im Sinne des § 367 ABGB redlich in den Besitz der Sache gelangt sei. Die rekursgerichtliche Annahme, es liege eine beiderseitige Innehabung vor, sei in dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt nicht gedeckt, denn der Antragsteller habe das vom Antragsgegner ausgewechselte Schloß wiederum ausgewechselt.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Die Frage, ob der Vertrag Beilage ./D als "Pachtvertrag" oder als "Wildabschußvertrag" zu qualifizieren ist, stellt eine Rechtsfrage dar, deren Beurteilung durch das Rekursgericht - das Erstgericht hat keine dieser beiden Qualifikationen ausgeschlossen - somit keinen Verstoß gegen § 405 ZPO wegen Zuspruches eines aliud darstellen kann.
Hinsichtlich des zwischen KR K*** und dem Beklagten am geschlossenen Vertrages Beilage ./D ("Vereinbarung") haben die Vorinstanzen keine bestimmte, vom Inhalt der Urkunde abweichende Parteiabsicht als bescheinigt angenommen. Nach den Punkten 1 und 2 dieses Übereinkommens "überläßt der Verpächter als Eigentümer der Eigenjagd Groß-Theuretzbach dem Pächter für die Jagdjahre 1984 und 1985 den für die Eigenjagd Groß-Theuretzbach zugeteilten Abschuß an jagdbarem Wild". Gemäß Punkt 3 "vergütet der Pächter für diese Abschußüberlassung jährlich S 30.000,- zuzüglich Umsatzsteuer und übernimmt gleichzeitig die Verpflichtung, das Schalenwild im Winter (jeweils bis 31. 3. des darauffolgenden Jahres) ausreichend mit Rauh- und Saftfutter zu versorgen". Der Pächter ist (lt. Punkt 5) berechtigt, Jagdeinrichtungen (Futterstellen, Ansitze, Steige) anzulegen. Laut Punkt 8 wird die Vereinbarung "nur auf 2 Jahre (Jagd-Jahre 1984/85) abgeschlossen und verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht einer der Vertragspartner bis 31. 12. des laufenden Jahres eingeschrieben eine Lösung bekanntgegeben hat". Bei einer derartigen Verlängerung erhöht sich die "Jahresvergütung" gemäß dem Verbraucherpreisindex. Als bescheinigt nahm das Erstgericht weiters an, daß der Beklagte für die Hege und die Schneeräumung sorgte und das Wildbret verwertete. Gemäß § 5 Abs. 1 NÖ.Jagdgesetz 1974 LGBl 6.500-3, hat der zur Eigenjagd Befugte "über die Form der Ausübung seines Jagdrechtes (Selbstverwaltung, Verpachtung usw) die freie Verfügung". Nach Abs. 3 leg.cit. kann die Ausübung des Jagdrechtes in seiner Gesamtheit nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes ua durch Verpachtung übertragen werden. Das Jagdrecht besteht laut der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 1 leg.cit. in der ausschließlichen Befugnis, innerhalb eines bestimmten Jagdgebietes den jagdbaren Tieren nachzustellen, sie zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen; es umfaßt ferner die ausschließliche Befugnis, sich verendetes Wild, Fallwild, Abwurfstangen sowie die Eier des Federwildes anzueignen. Hinsichtlich der Ausübung und Verwaltung des Eigenjagdrechtes ist im § 51 leg.cit. dessen Verpachtung näher geregelt. Der Pachtvertrag ist der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen und von dieser zur Kenntnis zu nehmen, soferne im Sinne der Abs. 2, 3 und 4 leg.cit. keine Bedenken dagegen bestehen. Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat die Verpachtung mindestens auf die Dauer einer Jagdperiode oder für den Rest einer solchen zu erfolgen, Ausnahmen können über begründeten Antrag von der Bezirksverwaltungsbehörde bewilligt werden. Nach der Anordnung des § 11 Abs. 2 leg.cit. umfaßt eine Jagdperiode neun Jahre, laut Abs. 3 leg.cit. läuft das Jagdjahr vom 1. Jänner bis 31. Dezember.
Nach diesen jagdrechtlichen Bestimmungen kann in der Vereinbarung ./D, daß KR K*** dem Beklagten lediglich den zugeteilten Abschuß an jagdbarem Wild und zwar nur auf die Dauer von rund 1 3/4 Jahren mit der Möglichkeit jeweils einjähriger stillschweigender Vertragsverlängerung überläßt, kein nach § 51 NÖ.Jagdgesetz genehmigungspflichtiger Jagd-Pachtvertrag im Sinne einer Übertragung des Eigenjagdrechtes in seiner Gesamtheit (§ 5 Abs. 3 leg.cit.) erblickt werden. Es handelt sich dabei vielmehr um eine in den Rahmen der freien Verfügung des Eigenjagdberechtigten über die Form der Ausübung seines Jagdrechtes (§ 5 Abs. 1 leg.cit.) fallende, zur Selbstverwaltung gehörende Regelung eigener Art. Die ausdrückliche Festsetzung eines "Abschußrechtes" (ohne die sonstigen in § 1 Abs. 1 NÖ.Jagdgesetz genannten Berechtigungen) und einer "Vergütung" hiefür, die ausdrückliche Betonung einer gegenüber dem Gesetz verkürzten Vertragsdauer von "nur 2 Jahren", die fehlende Übernahme einer Haftung des Beklagten für Wildschäden usw. sind mit einer vollen Verpachtung der Eigenjagd zweifellos nicht vereinbar. Nach dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hielt der eigenjagdberechtigte KR K*** in diesem einschränkenden Verständnis sein Vertragsverhältnis zum Beklagten sogar für ein jederzeit widerrufliches. Er verpachtete demgemäß die Eigenjagd am mit Wirkung ab an den Kläger, die Unterlassung der Auflösung des mit dem Beklagten bestehenden Vertragsverhältnisses, die ihm laut Punkt 8 der Vereinbarung ./D ja bis zum , also ohne weiteres noch rechtzeitig möglich gewesen wäre, ist offenbar nur auf einen Irrtum seinerseits zurückzuführen.
Ist die "Vereinbarung" Beilage ./D aber nicht als Pachtung einer Eigenjagd im Sinne des § 51 NÖ.Jagdgesetz zu qualifizieren, so haben diese gesetzlichen Regelungen auf die grundsätzliche Wirksamkeit der Vereinbarung keinen Einfluß.
Der Kläger und Antragsteller stützt seinen gegen den Beklagten und Antragsgegner gerichteten Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Eigenjagdgebietes Groß-Theuretzbach auf die analoge Anwendung der Bestimmungen der §§ 372 bis 374 ABGB. Die hierin geregelte, nach der Gesetzesüberschrift nur auf dinglich berechtigte, inhaltlich aber auf bestimmte qualifizierte Sachbesitzer bezogene Klage aus dem rechtlich vermuteten Eigentum ("actio publiciana") wurde von der Judikatur in analoger Anwendung auch dem Bestandnehmer als bloßem Sachinhaber kraft schuldrechtlichen Anspruches mit der Begründung gewährt, daß er zwar nicht Sachbesitzer, wohl aber - wenngleich nicht dinglich berechtigter - Rechtsbesitzer ist. Unter Rechtsbesitz ist der Zustand der Ausübung eines dinglichen oder obligatorischen Rechtes, zB eines Bestandrechtes, einer Leihe usw, sein Gebrauch im eigenen Namen, zu verstehen (Spielbüchler in Rummel ABGB Rz 3 zu § 311), er wird also z.B. durch die Übergabe des Bestandgegenstandes erlangt (vgl. Apathy, Die publizianische Klage 72). Gegen einen Eingriff in sein Bestandrecht kann sich der Bestandnehmer unter der Voraussetzung dieses seines Rechtsbesitzes am Bestandgegenstand gegen jeden Dritten erfolgreich wehren, der kein besseres oder zumindest gleichwertiges Recht nachweist (Spielbüchler aaO Rz 5 zu § 372; SZ 50/10; MietSlg. 33.033; SZ 23/191; ImmZtG 1990, 88). Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um die Inbestandgabe einer körperlichen und unverbrauchbaren Sache (§ 1090 f ABGB), sondern um die vertragsweise Überlassung des Jagdrechtes als einer unkörperlichen Sache (§ 292 ABGB) durch den Grundeigentümer, dem es im Sinne der zu § 383 ABGB ergangenen Gesetzesregelungen (hier § 4 NÖ.Jagdgesetz 1974) als Ausfluß seines Eigentums zusteht; er kann es gemäß § 1093 ABGB als sein Recht ebenfalls in Bestand geben (vgl. hiezu Würth in Rummel aaO Rz 13 zu §§ 1092 bis 1094). Dies hat der eigenjagdberechtigte KR K*** durch den mit dem Kläger abgeschlossenen Pachtvertrag auch getan, sodaß der Kläger durch die seit Anfang Jänner 1989 erfolgte Ausübung dieses Rechtes zum Rechtsbesitzer geworden ist. Auf Grund der von KR K*** seinerzeit mit dem Beklagten abgeschlossenen Vereinbarung Beilage ./D und der tatsächlichen Ausübung der in diesem Vertrag dem Beklagten zugestandenen, auch im Jagdjahr 1989 jedenfalls noch aufrechten Abschuß- und sonstigen Rechte war im Sinne der zutreffenden rekursgerichtlichen Beurteilung in diesem Umfang aber auch der Beklagte Rechtsbesitzer geworden und seither geblieben. Seine auf diesen schuldrechtlichen Anspruch gestützte Sachinnehabung wurde nämlich auch durch die teilweise Versperrung der Zufahrtswege zum Revier nicht aufgehoben, denn er hat sich gegen diese Absperrung gerichtlich erfolgreich zur Wehr gesetzt. Es sind also beide Streitteile Rechtsbesitzer; ihr Besitz ist gemäß den Anforderungen des § 372 ABGB jeweils durch einen gültigen Titel (§ 316 ABGB), Echtheit (§ 345 ABGB) und Redlichkeit (§ 326 ABGB) ausgezeichnet, es hatte auch keiner von ihnen beim eigenen Besitzerwerb vom Recht und Rechtsbesitz des anderen Kenntnis (vgl. Spielbüchler aaO Rz 2 zu § 372; Rz 2 zu § 373: bei Sachinhabern kraft schuldrechtlichen Anspruches kommt es auf die Unkenntnis fremden Rechtes an). Demgemäß hat der Beklagte keinesfalls, wie in den §§ 372, 373 ABGB für eine gegen ihn gerichtete erfolgreiche Klageführung gefordert, den schwächeren Titel. Der vom gefährdeten Kläger gegen den beklagten Gegner erhobene, auf die analoge Anwendung der §§ 372 ff ABGB gestützte Klageanspruch auf Unterlassung ist daher nicht bescheinigt. Die auf diese mangelnde Anspruchsbescheinigung - zur Frage der Gefährdungsbescheinigung siehe JBl. 1985, 423 - gegründete Abweisung des Antrages durch das Rekursgericht entspricht daher dem Gesetz. Ein Fall des § 367 ABGB liegt entgegen der Behauptung des Rechtsmittelwerbers nicht vor. Dem Revisionsrekurs war somit nicht Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO,§§ 78 und 402 Abs. 2 EO.