OGH vom 06.12.2011, 10ObS141/11z

OGH vom 06.12.2011, 10ObS141/11z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AR Angelika Neuhauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, wegen Pensionshöhe, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Rs 67/10m 18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 35 Cgs 167/09v 14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Das am unterbrochene Revisionsverfahren wird von Amts wegen wieder aufgenommen.

II. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts einschließlich seines bestätigten Teils insgesamt zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger einen weiteren Betrag von 80,64 EUR brutto an Pensionsdifferenz für den Zeitraum vom bis und ab eine Alterspension in der Höhe von 643,54 EUR brutto monatlich mit den seither erfolgten Pensionsanpassungen abzüglich bereits geleisteter Zahlungen zu zahlen, und zwar die bisher fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die in Hinkunft fällig werdenden Beträge monatlich im Nachhinein am Ersten des Folgemonats.

2. Das auf Zahlung einer höheren Pensionsleistung gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger zu Handen des Klagevertreters die mit 1.089,60 EUR (darin enthalten 181,60 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Kläger zu Handen des Klagevertreters die mit 913,48 EUR (darin enthalten 152,25 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am geborene Kläger bezieht von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt eine Alterspension. Die Pensionshöhe betrug im Jahr 2007 605,37 EUR monatlich. Die beklagte Partei erhöhte im Zuge der Pensionsanpassung 2008 die Höhe der Pension ab um 1,7 % auf 615,66 EUR monatlich und ab um 3,4 % auf 636,59 EUR monatlich. Da der Kläger auch von der deutschen Rentenversicherung Bayern Süd eine Rente in Höhe von 217,55 EUR monatlich (Rentenanpassung 2008) bezieht, erhält er keine Ausgleichszulage.

Mit Eingabe vom beantragte der Kläger bei der beklagten Partei die bescheidmäßige Erledigung betreffend die Nachzahlung eines Betrags von 128,52 EUR für die Zeit vom bis und die Zahlung einer monatlichen Bruttopension von 647,67 EUR ab . Die beklagte Partei hat über diesen Antrag des Klägers nicht entschieden.

Mit der am beim Erstgericht eingebrachten Säumnisklage begehrt der Kläger, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm für den Zeitraum vom bis einen Betrag von 128,52 EUR nachzuzahlen und ihm ab eine Pension in Höhe von 647,67 EUR brutto monatlich zu bezahlen. Seine Pension sei im Zuge der Pensionsanpassung 2008 unzulässigerweise nicht um den Fixbetrag von 21 EUR brutto monatlich oder zumindest um 2,81 %, sondern nur um 1,7 % erhöht worden. Die für die Pensionsanpassung 2008 in § 634 Abs 10 ASVG normierte Regelung, wonach höhere Pensionen eine höhere Aufwertung erfahren als solche unter 747 EUR monatlich, sei gemeinschaftsrechtswidrig, weil dadurch die in der Regel niedrigeren Teilpensionen von Wanderarbeitnehmern prozentuell geringer erhöht worden seien als Pensionen von Personen, die ausschließlich in Österreich berufstätig gewesen seien. Es dürfe dabei nämlich keine Rolle spielen, ob sich das Gesamteinkommen eines Pensionisten aus einer ASVG Pension und einer ausländischen Pension oder aus einer ASVG Pension und einer Ausgleichszulage zusammensetze.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, die Pensionsanpassung 2008 sei im Zusammenhang mit der überproportionalen Anhebung der Ausgleichszulagenrichtsätze als „Gesamtpaket“ zu betrachten.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger die Alterspension in der bisher bereits gewährten Höhe von 615,66 EUR monatlich für den Zeitraum vom bis und in der Höhe von 636,59 EUR ab zu zahlen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Klägers wies es ab. In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G 165/08 ua, wonach die Pensionserhöhung 2008 nicht verfassungswidrig sei. Auch eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Pensionsanpassung 2008 liege nicht vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es teilte im Wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichts. Die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 sei als ein Tatbestand für eine bloße Anpassung der Pension iSd Art 51 Abs 1 VO 1408/71 und nicht für eine Neuberechnung der Pension iSd Art 51 Abs 2 VO 1408/71 anzusehen und somit ohne Einbeziehung der deutschen Rente vorzunehmen gewesen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung zur Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität der außerordentlichen Pensionsanpassung 2008 im Hinblick auf den Bezieher einer Teilpension iSd VO 1408/71 vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Ergebnis auch teilweise berechtigt.

Der Kläger wiederholt auch in seinen Revisionsausführungen seine Bedenken gegen die Gemeinschaftsrechtskonformität der außerordentlichen Pensionserhöhung 2008 in Bezug auf ehemalige Wanderarbeitnehmer. Wie Frauen seien auch Wanderarbeitnehmer in der Gruppe der Bezieher von Kleinstpensionen deutlich überproportional vertreten, weshalb die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 nicht nur Frauen, sondern auch ehemalige Wanderarbeitnehmer unzulässig diskriminiere. Durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 seien erstmals die niedrigsten Einkommen auch prozentuell am Geringsten erhöht worden. Hätte der Kläger sein gesamtes Erwerbsleben in Österreich verbracht, hätte er also nur eine österreichische Pension im Umfang der beiden bestehenden österreichischen und deutschen Teilpensionen bezogen, wäre seine österreichische Pension durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 stärker erhöht worden. Um eine unzulässige Benachteiligung von Wanderarbeitnehmern in ihrem Freizügigkeitsrecht zu verhindern, sei es daher erstmals notwendig, auch die ausländische Pension in die Berechnung der Erhöhung der österreichischen Pension einzubeziehen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu ist Folgendes auszuführen:

1. Der erkennende Senat hat in dem im gegenständlichen Verfahren ergangenen Beschluss vom , 10 ObS 188/10k, den Revisionsausführungen des Klägers unter Hinweis auf die maßgebende Rechtslage, Lehre und Rechtsprechung bereits im Wesentlichen entgegengehalten, dass sich die Höhe der Pensionserhöhung im Fall von ehemaligen Wanderarbeitnehmern, die neben einer österreichischen Teilpension auch eine ausländische Rente beziehen, ausschließlich nach der Höhe der österreichischen Pensionsleistung richtet. Dadurch kann es zu einer Benachteiligung von Wanderarbeitnehmern gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern kommen, die ihr gesamtes Erwerbsleben in Österreich verbracht haben und deren höhere Pension infolge einer gestaffelten Pensionserhöhung (hier: für 2008) prozentuell stärker erhöht werden als die geringere unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz liegende österreichische Teilpension des Wanderarbeitnehmers. Eine solche mögliche Benachteiligung ist eine Folge des Fehlens eines gemeinschaftlichen Sozialversicherungssystems bzw der mangelnden Vereinheitlichung der bestehenden nationalen Sozialversicherungssysteme. Die vom Kläger begehrte Einbeziehung seiner deutschen Pensionsleistung bei der außerordentlichen Pensionserhöhung 2008 kommt somit nicht in Betracht.

1.1 Der erkennende Senat hat aber in diesem Beschluss vom , 10 ObS 188/10k, auch darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom in der vergleichbaren, ebenfalls die Pensionsanpassung 2008 betreffenden Sozialrechtssache 10 ObS 178/09p dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung der RL 79/7/EWG zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft Fragen im Zusammenhang mit einer möglichen mittelbaren Diskriminierung weiblicher Kleinstpensionsbezieherinnen mit Pensionen unter dem damaligen Ausgleichszulagenrichtsatz von 747 EUR monatlich durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008. Sollte sich das mit dem Begehren des Klägers im vorliegenden Fall inhaltlich übereinstimmende Begehren dieser weiblichen Kleinstpensionsbezieherinnen nach einer über das gesetzlich vorgesehene Ausmaß hinausgehenden Pensionserhöhung für 2008 nach Vorliegen der Entscheidung des EuGH letztlich als berechtigt erweisen, wird auch bei männlichen Kleinstpensionsbeziehern wie dem Kläger zur allfälligen Vermeidung einer unzulässigen Diskriminierung auf das Ergebnis dieses Vorabentscheidungsverfahrens gegebenenfalls Bedacht zu nehmen sein. Da somit die im erwähnten Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen auch für den hier zu beurteilenden Fall maßgeblich sein können, wurde das gegenständliche Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des EuGH über den im Verfahren 10 ObS 178/09p gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

2. Mit Urteil vom , Rs C 123/10, Brachner, hat der EuGH auf die ihm vom Obersten Gerichtshof im Verfahren 10 ObS 178/09p vorgelegten Fragen zu Recht erkannt:

„1. Art 3 Abs 1 der RL 79/7/EWG des Rates vom zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass ein System der jährlichen Pensionsanpassung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende in den Geltungsbereich dieser Richtlinie und damit unter das Diskriminierungsverbot in Art 4 Abs 1 der Richtlinie fällt.

2. Art 4 Abs 1 der RL 79/7/EWG ist dahin auszulegen, dass das vorlegende Gericht in Anbetracht der ihm unterbreiteten statistischen Daten und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zu der Annahme berechtigt wäre, dass diese Bestimmung einer nationalen Regelung entgegensteht, die dazu führt, dass ein erheblich höherer Prozentsatz weiblicher als männlicher Pensionsbezieher von einer außerordentlichen Pensionserhöhung ausgeschlossen wird.

3. Art 4 Abs 1 der RL 79/7/EWG ist dahin auszulegen, dass falls das vorlegende Gericht im Rahmen der von ihm zur Beantwortung der zweiten Frage vorzunehmenden Prüfung zu dem Ergebnis kommen sollte, dass der Ausschluss der Kleinstpensionen von der außerordentlichen Erhöhung, die die im Ausgangsverfahren fragliche Anpassungsregelung vorsieht, tatsächlich geeignet war, einen erheblich höheren Prozentsatz weiblicher als männlicher Pensionsbezieher zu benachteiligen diese Benachteiligung weder mit dem früheren Pensionsanfallsalter erwerbstätiger Frauen noch mit der bei ihnen längeren Bezugsdauer der Pension oder damit gerechtfertigt werden kann, dass auch der Ausgleichszulagenrichtsatz für das Jahr 2008 überproportional erhöht wurde.“

3. Nach Vorliegen dieses Urteils ist das im gegenständlichen Verfahren unterbrochene Revisionsverfahren von Amts wegen wieder aufzunehmen.

4. Der Oberste Gerichtshof hat im Sinne der bindenden Rechtsansicht des EuGH davon auszugehen, dass ein System der jährlichen Pensionsanpassung wie das im gegenständlichen Verfahren zu beurteilende System der Pensionsanpassung 2008 in den Geltungsbereich der RL 79/7/EWG und damit unter das Diskriminierungsverbot in Art 4 Abs 1 dieser Richtlinie fällt. Weiters kann der Oberste Gerichtshof davon ausgehen, dass das Diskriminierungsverbot der Richtlinie 79/7/EWG der nationalen Regelung des § 634 Abs 10 ASVG entgegensteht, die die Kleinstpensionen (unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz von 747 EUR) geringer erhöht als höhere Pensionen und daher im Ergebnis dazu führt, dass ein erheblich höherer Prozentsatz weiblicher als männlicher Pensionsbezieher von einer außerordentlichen Pensionserhöhung ausgeschlossen wird. Weiters ist aufgrund der vorliegenden statistischen Daten davon auszugehen, dass der Ausschluss der Kleinstpensionen von der außerordentlichen Erhöhung tatsächlich geeignet war, einen erheblich höheren Prozentsatz weiblicher als männlicher Pensionsbezieher zu benachteiligen und diese Benachteiligung weder mit dem früheren Pensionsanfallsalter erwerbstätiger Frauen noch mit der bei ihnen längeren Bezugsdauer der Pension oder damit gerechtfertigt werden kann, dass auch der Ausgleichszulagenrichtsatz für das Jahr 2008 überproportional erhöht wurde. Da auch sonstige sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Kleinstpensionen und höheren Pensionen nicht ersichtlich sind, gelangt der erkennende Senat zu dem Ergebnis, dass die im Rahmen der Pensionsanpassung 2008 vorgesehene, geringere Anhebung der Kleinstpensionen eine wesentliche Benachteiligung weiblicher Personen darstellt, die nicht durch einen objektiven Grund sachlich gerechtfertigt ist.

4.1 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist eine nationale Regelung, die gegen das Verbot der mittelbaren Diskriminierung nach Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG verstößt, mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar. Die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten sind daher gehalten, die betreffende Bestimmung außer Anwendung zu lassen, ohne dass ihre vorherige Aufhebung durch den Gesetzgeber beantragt oder abgewartet werden müsste. Die Wahl der zur Beseitigung der rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht zu treffenden Maßnahmen ist dabei grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten. Daher kann die Ungleichbehandlung sowohl durch Ausdehnung der Vergünstigung auf die bisher ausgeschlossene Personengruppe als auch durch Abschaffung der Vergünstigung insgesamt beseitigt werden. Solange von dem betreffenden Mitgliedstaat keine mit dem Gemeinschaftsrecht übereinstimmende Regelung erlassen worden ist, kann nach Ansicht des EuGH der Gleichheitssatz nur dadurch gewahrt werden, dass die Vergünstigungen, die die Mitglieder der begünstigten Gruppe erhalten, auch auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe erstreckt werden und diese nunmehr in dieses Leistungssystem einbezogen werden. Dabei bleibt die RL 79/7/EWG das einzig gültige Bezugssystem für die Gleichbehandlung. In diesem Sinne ist das nationale Gericht gehalten, die diskriminierende nationale Regelung außer Anwendung zu lassen und auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe jene Regelung anzuwenden, die für die Mitglieder der anderen Gruppe gilt (vgl dazu EuGH Rs 384/85, Borrie Clarke , Slg 1987, 2865; Rs C 184/89, Helga Nimz , Slg 1991, I 00297 uva).

4.2 Die Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG ist, wie bereits dargelegt wurde, insoweit als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar zu erachten, als jene Pensionen, deren Höhe die Grenze von 746,99 EUR nicht überschreitet, von der sozial gestaffelten Anpassung ausgeschlossen werden. Solange der österreichische Gesetzgeber nicht in entsprechender Form tätig wird und die bestehende Ungleichbehandlung durch allgemeine oder besondere Maßnahmen beseitigt, hat die Anwendung des § 634 Abs 10 ASVG durch die nationalen Gerichte daher in dem Umfang zu unterbleiben, in dem weiblichen Kleinstpensionsbeziehern die außerordentliche Anpassung ihrer Pensionsleistung verwehrt wird, und ist auf die betreffende Personengruppe eben jene Regelung anzuwenden, die auch für die Mitglieder der begünstigten Gruppe, das heißt für die Bezieher einer Pension in einer Höhe über 746,99 EUR bis 1.050 EUR gilt. Die Pension dieser Gruppe wurde um einen Fixbetrag von 21 EUR monatlich (entspricht einer prozentuellen Erhöhung von 2,81 % bis 2 %) erhöht. Die Pension der Frauen, die eine Pension unter 747 EUR monatlich erhalten haben, ist daher um 2,81 % (wie eine Pension im Ausmaß von 747 EUR im Sinne einer Umrechnung des Fixbetrags in einen Prozentsatz) zu erhöhen.

4.3 Nichts anderes kann aber nach Ansicht des erkennenden Senats für Männer gelten, die wie der Kläger eine Pension ebenfalls unter 747 EUR monatlich erhalten haben und sich daher in der gleichen Lage wie weibliche Kleinstpensionsbezieherinnen befinden. Auch sie haben aufgrund des Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie Frauen, die sich in der gleichen Lage befinden. Andernfalls käme es zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung von männlichen Kleinstpensionsbeziehern, welche auch zu dem allgemeinen Grundsatz, dass die zuständigen Organe, noch bevor der Gesetzgeber tätig wird, für eine gemeinschaftskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts sorgen müssen, im Widerspruch stünde.

4.4 Es ist daher auch die Pension des Klägers ab um 2,81 % zu erhöhen und beträgt daher ab diesem Zeitpunkt 622,38 EUR brutto monatlich. Es ergibt sich somit ein monatlicher Differenzbetrag zu der dem Kläger von der beklagten Partei bisher zuerkannten Pension von 615,66 EUR brutto monatlich in Höhe von jeweils 6,72 EUR, sodass für den Zeitraum vom bis für zehn Monate und zwei Sonderzahlungen noch ein restlicher Pensionsanspruch des Klägers in Höhe von 80,64 EUR (= 6,72 EUR x 12) besteht. Aufgrund der unstrittigen Pensionserhöhung um 3,4 % (vgl BGBl II 2008/365) ab beträgt der Pensionsanspruch des Klägers ab diesem Zeitpunkt 643,54 EUR brutto monatlich. In diesem Umfang erweist sich das Klagebegehren als berechtigt, während das Mehrbegehren abgewiesen werden musste.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Bei der Festsetzung des Kostenersatzanspruchs des Klägers ist von einem Betrag von 3.600 EUR als Bemessungsgrundlage auszugehen (vgl § 77 Abs 2 ASGG).