VfGH vom 02.10.1999, B1620/97
Sammlungsnummer
15583
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch eine Getränkesteuernachforderung; keine Bedenken gegen die dem Bescheid zugrundeliegenden Getränkesteuerverordnungen; keine Gesetzwidrigkeit trotz verfehlter Wortwahl; Verweis auf gesetzliche Grundlage angesichts des freien Beschlußrechts der Gemeinde aufgrund der Finanzverfassung nicht erforderlich; keine Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung der zweiten Getränkesteuerverordnung aufgrund finanzausgleichsgesetzlicher Deckung der Rückwirkung; kein Verstoß gegen das Erfordernis der Bezeichnung der Angelegenheit als eine des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde aufgrund ausdrücklicher Bestimmung im Finanzausgleich; ausreichende gesetzliche Deckung; materielle Derogation der früheren durch die spätere Verordnung
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Wartberg/Krems, mit welchem dem Beschwerdeführer eine Getränkesteuernachforderung in Höhe von S 50.279,-- für die Jahre 1991 bis 1995 vorgeschrieben wurde, als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung und eines verfassungs- sowie gemeinschaftsrechtswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird.
3. Die Oberösterreichische Landesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof
hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Beschwerdeführer hegt zunächst das Bedenken, daß es für die Vorschreibung und Erhebung der Getränkesteuer durch die Gemeinde Wartberg/Krems an einer tauglichen Rechtsgrundlage gefehlt habe, da sämtliche in Betracht kommenden Verordnungen formell und auch inhaltlich gesetzwidrig seien.
2. Zur Rechtslage:
2.1. § 14 Abs 1 Z 7 FAG 1989, BGBl. 687/1988, nannte die "Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken mit Ausnahme von Milch" im Katalog der ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben. Nach § 14 Abs 2 leg.cit. waren (ua.) die im Abs 1 unter Z 7 genannten Abgaben ausschließliche Gemeindeabgaben. Durch § 15 Abs 3 leg.cit. wurden die Gemeinden "ermächtigt, durch Beschluß der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:
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1. | ... | |||||||||
2. | die gemäß § 14 Abs 1 Z 7 bezeichneten Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken mit Ausnahme von Milch begrenzt mit 10vH des Entgeltes;" |
Nach § 15 Abs 5 leg.cit. konnten Verordnungen der Gemeinden auf Grund dieses Bundesgesetzes bereits nach dessen Kundmachung erlassen werden, durften aber frühestens mit dem Inkrafttreten des Gesetzes in Kraft gesetzt werden. Verordnungen, die erst nach Inkrafttreten des FAG 1989 erlassen wurden, durften rückwirkend mit Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft gesetzt werden.
2.2. Mit BGBl. 693/1991 wurden die die Getränkebesteuerung betreffenden Vorschriften des FAG 1989 folgendermaßen geändert:
§14 Abs 1 Z 7 entfiel mit Wirkung ab . Statt dessen wurde in § 14 als Abs 2 eine Verfassungsbestimmung mit folgendem Wortlaut eingefügt:
"(2) (Verfassungsbestimmung) Ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben sind Abgaben auf die entgeltliche Lieferung von Speiseeis einschließlich darin verarbeiteter oder dazu verabreichter Früchte und von Getränken einschließlich der mitverkauften Umschließung und des mitverkauften Zubehörs, soweit die Lieferung nicht für Zwecke des Wiederverkaufs im Rahmen einer nachhaltigen Tätigkeit erfolgt. Ausgenommen von der Besteuerung sind Lieferungen von Milch und Lieferungen im Sinne des § 10 Abs 2 Z 4 Umsatzsteuergesetz, BGBl. Nr. 223 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 660/1989. § 8 Abs 4 F-VG 1948 ist nicht anzuwenden."
Diese Vorschrift trat gemäß § 2 Abs 1 des ArtII, BGBl. 693/1991, mit in Kraft (Verfassungsbestimmung).
§15 Abs 3 Z 2 FAG 1989 erhielt durch die genannte Novelle folgenden Wortlaut:
"2. die gemäß § 14 Abs 2 bezeichneten Abgaben im Ausmaß von 10 vH des Entgelts bei Speiseeis und alkoholhältigen Getränken und von 5 vH des Entgelts bei alkoholfreien Getränken;"
Als neuer § 15 Abs 5 wurde eingefügt:
"(5) Für die entgeltliche Lieferung gemäß § 14 Abs 2 gilt § 3 Abs 1, 7 und 8 Umsatzsteuergesetz 1972."
Die Änderungen des § 15 FAG 1989 traten, da ausdrückliche Inkrafttretensvorschriften fehlten, mit in Kraft und traten gemäß § 1 des ArtII, BGBl. 693/1991, mit Ablauf des außer Kraft (siehe aber auch 2.3. unten).
2.3. Mit BGBl. 450/1992 wurde das FAG 1989 erneut geändert.
§14 Abs 1 Z 7 erhielt folgende Fassung:
"7. Abgaben auf die entgeltliche Lieferung von Speiseeis einschließlich darin verarbeiteter oder dazu verabreichter Früchte und von Getränken, jeweils einschließlich der mitverkauften Umschließung und des mitverkauften Zubehörs, soweit die Lieferung nicht für Zwecke des Wiederverkaufs im Rahmen einer nachhaltigen Tätigkeit erfolgt. Ausgenommen von der Besteuerung sind Lieferungen im Sinne des § 10 Abs 2 Z 4 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 660/1989, wenn die Verschaffung der Verfügungsmacht am Ort der Produktion erfolgt und wenn keine Beförderung und keine Versendung vorliegt, sowie Lieferungen von Milch;"
Die Verfassungsbestimmung des § 14 Abs 2 FAG 1989 wurde wie folgt umformuliert:
"(2) (Verfassungsbestimmung) § 8 Abs 4 F-VG 1948 ist auf Abgaben auf entgeltliche Lieferungen, für die eine bundesgesetzliche Ermächtigung besteht, nicht anzuwenden."
§15 Abs 3 Z 2 FAG 1989 hingegen erhielt folgenden Wortlaut:
"2. die gemäß § 14 Abs 1 Z 7 bezeichneten Abgaben im Ausmaß von 10 vH des Entgelts bei Speiseeis und alkoholhältigen Getränken und von 5 vH des Entgelts bei alkoholfreien Getränken; ausgenommen sind Lieferungen zur unmittelbaren Konsumation in Verkehrsmitteln an die Fahrgäste oder das Personal, soweit nicht die vom Verkehrsmittel zurückgelegte Strecke überwiegend in derselben Gemeinde liegt. Alkoholfreie Getränke sind Getränke mit einem Alkoholgehalt in Volumenteilen von 0,5 vH Vol. oder weniger;"
§15 Abs 5 FAG 1989 blieb inhaltlich unverändert. Die Änderungen traten mit in Kraft und - abgesehen von
§14 Abs 2 - mit Ablauf des außer Kraft (BGBl. 450/1992 ArtV Z 10 u. Z 11). Nach ArtV Z 12 dieses Gesetzes wurde Artikel II § 1, erster Satz, des Bundesgesetzes BGBl. 693/1991 - die das Inkrafttreten regelnde Vorschrift - derart geändert, daß die die Getränkesteuer betreffenden einfachgesetzlichen Vorschriften der Novelle mit in Kraft traten.
2.4. Das FAG 1993, BGBl. 30/1993, übernahm die die Getränkesteuer betreffende Vorschrift des § 14 Abs 1 Z 7 FAG 1989 unverändert als § 14 Abs 1 Z 8. Die auf die Getränkesteuer bezogenen Absätze des § 15 leg.cit. hatten folgenden Wortlaut:
"D. Gemeindeabgaben auf Grund freien Beschlußrechtes
§15. (1) ...
(2) ...
(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluß der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:
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1. | ... | |||||||||
2. | die gemäß § 14 Abs 1 Z 8 bezeichneten Abgaben im Ausmaß von 10 vH des Entgelts bei Speiseeis und alkoholhältigen Getränken und von 5 vH des Entgelts bei alkoholfreien Getränken; ausgenommen sind Lieferungen zur unmittelbaren Konsumation in Verkehrsmitteln an die Fahrgäste oder das Personal, soweit nicht die vom Verkehrsmittel zurückgelegte Strecke überwiegend in derselben Gemeinde liegt. Alkoholfreie Getränke sind Getränke mit einem Alkoholgehalt in Volumenteilen von 0,5 vH Vol. oder weniger; | |||||||||
3. ... | ||||||||||
. ... | ||||||||||
. ... |
4) Das Entgelt im Sinne des Abs 3 Z 2 ist nach § 4 Abs 1 und Abs 2 des Umsatzsteuergesetzes 1972 zu bemessen. Nicht zum Entgelt gehören die Umsatzsteuer und das Bedienungsgeld.
5) Für die entgeltliche Lieferung gemäß § 14 Abs 1 Z 8 gilt
§3 Abs 1, 7 und 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972.
§15 Abs 6 FAG 1993 betreffend das Inkrafttreten von
Gemeindeverordnungen entsprach wortgleich dem § 15 Abs 5 FAG 1989, der durch die Novelle BGBl. 693/1991 die Absatzbezeichnung 6 erhielt.
2.5. Die finanzausgleichsrechtliche Rechtslage auf dem Gebiet der Getränkebesteuerung kann daher für die streitgegenständlichen Jahre 1991 bis 1995 folgendermaßen zusammengefaßt werden: Für das Jahr 1991 waren die Gemeinden auf Grund des § 14 Abs 1 Z 7 iVm § 15 Abs 3 Z 2 FAG 1989 ermächtigt, Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken mit Ausnahme von Milch begrenzt mit 10 vH des Entgeltes auf Grund des freien Beschlußrechtes auszuschreiben. Im Jahr 1992 waren die Gemeinden ermächtigt, Abgaben auf die entgeltliche Lieferung von Speiseeis und von Getränken (ausgenommen ua. Lieferungen von Milch) im Ausmaß von 10 vH des Entgelts bei Speiseeis und alkoholhältigen Getränken und von 5 vH des Entgelts bei alkoholfreien Getränken zu erheben (§14 Abs 2 iVm § 15 Abs 3 Z 2, BGBl. 693/1991, sowie § 14 Abs 1 Z 7 iVm § 15 Abs 3 Z 2, BGBl. 450/1992). Für die Jahre 1993 bis 1995 ergab sich diese Ermächtigung auf Grund des FAG 1993.
3. Die Einordnung der Getränkesteuer im FAG unter die Gemeindeabgaben kraft freien Beschlußrechtes hat ihre verfassungsgesetzliche Grundlage in § 7 Abs 5 F-G 1948. Zu dieser Vorschrift hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgehalten, daß sie die Gemeinden zur Erlassung selbständigen materiellen Steuerrechts ermächtige, die Gemeinden also befugt seien, die für die Abgabenerhebung erforderlichen materiellrechtlichen Grundlagen selbst im Wege von (selbständigen) Verordnungen zu schaffen (VfSlg. 5359/1966, 5559/1967, 7227/1973, 10738/1985, 14642/1996 ua.). Andererseits hat der Verfassungsgerichtshof ebenfalls wiederholt festgehalten, daß im Hinblick auf die Zuständigkeitsnorm des § 8 Abs 1 F-G 1948 die Landesgesetzgebung nicht gehindert sei, gesetzliche Regelungen auch auf dem Gebiet von solchen ausschließlichen Gemeindeabgaben zu treffen, die der Bundesgesetzgeber gemäß § 7 Abs 5 F-G dem freien Beschlußrecht der Gemeinden anheim gestellt hat, soferne derartige Regelungen die bundesgesetzlich erteilte Ermächtigung lediglich konkretisieren und nicht einschränken (VfSlg. 2170/1951, 8099/1977, 10738/1985, 11273/1987, 11294/1987 ua.). Eine solche landesgesetzliche Regelung tritt somit, soweit sie die bundesgesetzliche Ermächtigung lediglich konkretisiert und unabhängig davon, ob sie zugleich eine Verpflichtung zur Abgabenerhebung ausspricht (§8 Abs 6 F-VG), anstelle einer allenfalls bereits vor ihrer Erlassung vorhandenen Abgabenverordnung der Gemeinde derart, daß ab Inkrafttreten des betreffenden Landesgesetzes die Abgabenerhebung der Gemeinde nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften zu erfolgen hat und die Verordnung der Gemeinde im zeitlichen und sachlichen Geltungsbereich des Landesgesetzes unanwendbar ist. Andererseits enthebt eine solche landesgesetzliche Regelung die Gemeinde der Notwendigkeit, selbst die für die Abgabenerhebung erforderliche materiellrechtliche Regelung durch Gemeindeverordnung zu treffen, so daß sich die Gemeinde in diesem Fall bei Ausübung ihres freien Beschlußrechtes auf das "Ob" der Abgabenerhebung beschränken kann. Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings im Erkenntnis VfSlg. 15107/1998 zum Ausdruck gebracht, daß eine solche Ausübung des freien Beschlußrechtes einer nach außen wirkenden, Rechte und Pflichten der Rechtsunterworfenen begründenden Rechtsvorschrift bedarf, daß somit eine bloß interne, etwa nur Gemeindeorgane bindende Vorschrift - im damaligen Fall eine Haushaltssatzung - keine taugliche Rechtsgrundlage für die Erhebung der Abgabe bildet.
4. Bei dieser Rechtslage hegt der Verfassungsgerichtshof bezüglich der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen keine Bedenken:
4.1. Für das Jahr 1991 beruht die Abgabenvorschreibung der Marktgemeinde Wartberg/Krems offensichtlich auf der Kundmachung vom im Sinne des § 76 Abs 5 der O.ö. Gemeindeordnung 1979, LGBl. 119/1979 idF der Novelle LGBl. 95/1985, betreffend Voranschlag und Gemeindesteuern. Nach dieser Kundmachung hat der Gemeinderat (ua.) die "Festsetzung der Hebesätze ... der Gemeindegetränkesteuer (einschließlich Bier) und Abgaben für Speiseeis mit 10 v.H. des Entgelts" beschlossen. Die Kundmachung wurde am an der Gemeindeamtstafel angeschlagen und am wieder abgenommen.
Nach § 76 der O.ö. Gemeindeordnung 1979 (Abs1 bis 3) hat der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung über den vom Bürgermeister vorgelegten und zur Einsichtnahme aufgelegten Gemeindevoranschlag Beschluß zu fassen. In Abs 4 und 5 leg.cit. heißt es dann:
"(4) Gleichzeitig hat der Gemeinderat die für die Ausschreibung und Einhebung der Gemeindeabgaben erforderlichen Beschlüsse zu fassen ...
(5) Der vom Gemeinderat beschlossene Gemeindevoranschlag und die nach Abs 4 gefaßten Beschlüsse sind durch zwei Wochen im Gemeindeamt während der Amtsstunden zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Auflegung ist vom Bürgermeister fristgerecht kundzumachen."
Nach § 94 der O.ö. Gemeindeordnung 1979 bedürfen Verordnungen der Gemeinde zu ihrer Rechtswirksamkeit der öffentlichen Kundmachung. Gemäß seinem Abs 3 ist die Kundmachung vom Bürgermeister binnen zwei Wochen nach der Beschlußfassung durch Anschlag an der Gemeindeamtstafel durchzuführen. Die Kundmachungsfrist beträgt zwei Wochen. Gemäß § 94 Abs 2 leg.cit. beginnt die Rechtswirksamkeit frühestens mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Tag.
Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß die in § 76 Abs 4 der O.ö. Gemeindeordnung 1979 vorgesehenen Beschlüsse solche sind, die die Gemeinde in Ausübung der ihr durch § 15 FAG erteilten Ermächtigungen fassen darf, daß diese Beschlüsse nicht Teil des - bloß Innenwirkung entfaltenden - Gemeindevoranschlages sind und ihre Rechtswirksamkeit daher nach den für Gemeindeverordnungen allgemein geltenden Vorschriften zu beurteilen ist (vgl. auch Zl. 91/17/0110). Er betrachtet die Kundmachung über die gefaßten Beschlüsse daher als Gemeindeverordnung, die 14 Tage nach Anschlag an der Amtstafel, somit am in Kraft getreten ist.
Der Verfassungsgerichtshof übersieht dabei nicht, daß der Gemeinderat mit der Formulierung "Festsetzung der Hebesätze" eine Wortfolge gewählt hat, die das damals gültige FAG lediglich im Zusammenhang mit der Grundsteuer und Gewerbesteuer verwendete, während es bei den anderen in der Kundmachung genannten Abgaben um die Ausschreibung selbst gegangen ist, wobei die angegebenen Prozentsätze keine Hebesätze, sondern die - zum Teil (so auch bei der Getränkesteuer) vom FAG fix vorgegebenen - Steuersätze darstellen. Ungeachtet der verfehlten Wortwahl ist dem Beschluß aber der eindeutige Wille des Verordnungsgebers zu entnehmen, die Getränkesteuer sowie Abgaben für Speiseeis in der vom FAG vorgesehenen Höhe zu erheben. Eine darüber hinausgehende materiellrechtliche Regelung durch die Gemeinde war im Hinblick auf die in Gestalt des O.ö. Gemeinde-Getränkesteuergesetzes, LGBl. 15/1950 in der jeweils geltenden Fassung (im folgenden: O.ö. Gemeinde-GetränkesteuerG), vorhandene landesgesetzliche Regelung weder erforderlich noch sinnvoll, könnte doch - wie sich aus dem oben Dargelegten ergibt - eine solche Regelung auf Ebene der Gemeinde einer landesgesetzlichen Regelung nicht derogieren. Ebenso ist aber auch ein Verweis auf diese landesgesetzliche Regelung entbehrlich, weil die Beschlußfassung der Gemeinde sich direkt auf § 15 FAG stützen kann, womit - sozusagen automatisch - die landesgesetzliche Regelung auf die Gemeindegetränkesteuer anwendbar wird.
4.2. Am hat der Gemeinderat der Marktgemeinde Wartberg/Krems eine Verordnung betreffend die Getränkesteuer - die Getränkesteuerordnung der Marktgemeinde Wartberg/Krems - mit folgendem Wortlaut beschlossen:
"V e r o r d n u n g
des Gemeinderates der Marktgemeinde Wartberg an der Krems vom betreffend die Getränkesteuer (Getränkesteuerordnung der Marktgemeindegemeinde Wartberg an der Krems)
Aufgrund des Artikel I Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) 1989, BGBl. Nr. 687/1988, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 693/1991, sowie des O.ö. Gemeinde-Getränkesteuergesetzes 1950, LGBl. Nr. 15/1950, i.d.g.F. der O.ö. Gemeinde-Getränkesteuergesetznovelle 1988, LGBl. Nr. 22/1988, wird verordnet:
§1
Die Gemeinde-Getränkesteuer ist eine Verkehrssteuer gemäß Art 1, Ziffer 11 des Finanzausgleichsgesetzes 1989, i.d. Fassung der Novelle 1991, BGBl. Nr. 693/1991.
§2
Der Gemeinde-Getränkesteuer unterliegt die entgeltliche Lieferung von Speiseeis einschließlich darin verarbeiteter oder dazu verabreichter Früchte und von Getränken einschließlich der mitverkauften Umschließung und des mitverkauften Zubehörs, soweit die Lieferung nicht für Zwecke des Wiederverkaufes im Rahmen einer nachhaltigen Tätigkeit erfolgt.
§3
Die Gemeinde-Getränkesteuer beträgt gemäß ArtI, Ziff. 15 des FAG:
1. für Speiseeis und alkoholhältige Getränke ... 10 v.H.
2. für alkoholfreie Getränke .................... 5 v.H.
des Entgeltes.
§4
Die Gemeinde-Getränkesteuer-Verordnung tritt gemäß ArtII, § 1 des FAG mit in Kraft."
Die Verordnung wurde am an der Gemeindeamtstafel angeschlagen und am abgenommen, wäre daher grundsätzlich nach dem im vorliegenden Fall anzuwendenden § 94 O.ö. Gemeindeordnung, LGBl. 91/1990 idF der Novelle LGBl. 5/1992, am 17. März in Kraft getreten. Nach § 4 der Getränkesteuerordnung tritt diese hingegen schon mit in Kraft. Der Verfassungsgerichtshof ist zwar nicht der Auffassung, daß diese Rückwirkung durch die in der Verordnung zitierte Bestimmung des ArtII, § 1 des FAG (gemeint ist offenbar die FAG-Novelle BGBl. 693/1991) gedeckt ist, weil diese hinsichtlich der Getränkesteuer lediglich den Entfall des § 14 Abs 1 Z 7 FAG 1989 anordnet, hält im vorliegenden Fall das rückwirkende Inkraftsetzen aber dennoch für unbedenklich: Bereits auf Grund des § 15 Abs 5 FAG 1989 (der durch BGBl. 693/1991 die Absatzbezeichnung 6 erhielt) dürfen Verordnungen der Gemeinden, die erst nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, rückwirkend mit Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft gesetzt werden. Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf den ersichtlichen Zweck der Vorschrift, Rechtskontinuität zu wahren, keine Bedenken, diese Vorschrift sinngemäß auf Änderungen des FAG 1989 im Bereich des freien Beschlußrechtes anzuwenden, die eine Anpassung von Gemeindeverordnungen erfordern. Da die fragliche Änderung des FAG - die Verfassungsbestimmung des § 14 Abs 2 FAG 1989 idF BGBl. 693/1991 - am in Kraft trat, erscheint es daher zulässig, Gemeindeverordnungen, die auf dieser Bestimmung aufbauen, rückwirkend zum zu erlassen.
Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, die Anpassung des Gemeinde-GetränkesteuerG des Landes Oberösterreich sei erst mit der am kundgemachten Novelle LGBl. 28/1992 erfolgt und es habe daher bis dahin an einer Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gemeindegetränkesteuer gefehlt, so übersieht er, daß die fragliche Novelle - wogegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen - rückwirkend mit in Kraft getreten ist.
5. Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die gemäß Art 118 Abs 2 B-VG erforderliche Bezeichnung der Angelegenheit als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde fehle. Abgesehen davon, daß das O.ö. Gemeinde-GetränkesteuerG in seinem § 11 (eingefügt durch die Novelle LGBl. 19/1970) dieser Bezeichnungspflicht Rechnung trägt, ist dem entgegenzuhalten, daß bereits § 17 FAG 1989 (ebenso auch § 17 FAG 1993) ua. die in § 15 Abs 1 und 3 geregelten Aufgaben als solche des eigenen Wirkungsbereiches bezeichnet, wodurch (auch) die Erhebung der Getränkeabgabe durch die Gemeinde in verfassungsrechtlich einwandfreier Weise als Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde bezeichnet ist. Landesgesetze, die eine solche Ermächtigung konkretisieren, regeln daher lediglich eine Angelegenheit, deren Zugehörigkeit zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde bereits feststeht (VfSlg. 9749/1983).
6. Der Beschwerdeführer rügt ferner, daß die Bestimmungen des O.ö. Gemeinde-GetränkesteuerG keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Erhebung einer Steuer auf Speiseeis bildeten. Dazu genügt der Hinweis, daß die in § 2a Abs 3 leg.cit. idF der Gemeinde-Getränkesteuergesetznovelle 1966, LGBl. 12/1967 (welcher durch die Novelle LGBl. 28/1992 die Absatzbezeichnung 2 erhielt), angeführten Bestimmungen eine ausreichende materiellrechtliche Grundlage bilden, um - in Verbindung mit dem Erhebungsbeschluß der Gemeinde - eine Einhebung der Steuer auf Speiseeis in verfassungsrechtlich einwandfreier Weise zu gewährleisten. Dem Verfassungsgerichtshof ist es insbesondere unerfindlich, warum der Beschwerdeführer angesichts des klaren Wortlautes des § 5 leg.cit., der gemäß § 2a Abs 3 leg.cit. idF der Gemeinde-Getränkesteuergesetznovelle 1966, LGBl. 12/1967, auf die Speiseeisbesteuerung sinngemäß anzuwenden ist, Vorschriften über die Bestimmung des Steuerschuldners vermißt.
7. Die Beschwerde behauptet weiters, die Verordnung des Gemeinderates vom habe weiterhin Bestand, so daß nach Kundmachung der Verordnung vom nunmehr zwei einander inhaltlich und formell widersprechende Regelungen bestehen. Dem ist die materielle Derogation der erstgenannten Verordnung entgegenzuhalten.
8. Soweit die Beschwerde schließlich die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der angewendeten Bestimmungen geltend macht, ist ihr zu entgegnen, daß nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keine Verfassungsverletzung darstellt und daher vom Verfassungsgerichtshof nicht aufzugreifen ist, es sei denn, der Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht ist offenkundig (VfSlg. 14886/1997). Letzteres trifft im vorliegenden Fall nicht zu (s. Beschlüsse des Zl. 97/16/0221 u. Zl. 97/16/0021).
III.1. Die Beschwerde war daher
abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob der Beschwerdeführer in sonstigen Rechten verletzt wurde.
2. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.