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VfGH vom 23.02.2009, B1595/08

VfGH vom 23.02.2009, B1595/08

Sammlungsnummer

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Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.980,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom versagte die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung dem Rechtserwerb der Beschwerdeführer an der sog. "Erlsbacher Alpe" GB St. Jakob in Defereggen gemäß § 4 Abs 1 lita iVm § 6 Abs 1 lita und litb und § 7 Abs 1 lita Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996, LGBl. 61 idF LGBl. 85/2005, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung, u.a. weil die Erwerber das in § 6 Abs 1 litb leg.cit. normierte Erfordernis der entsprechenden Bewirtschaftung der von ihnen zu erwerbenden land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke nicht gewährleisten wollen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

3. Die Landes-Grundverkehrskommission als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G85/08, unter anderem die Bestimmung des § 6 Abs 1 litb des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (TGVG 1996), LGBl. 61 idF LGBl. 85/2005, als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art 140 Abs 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art 140 Abs 7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).

3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren begann am . Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung des § 6 Abs 1 litb TGVG 1996 an. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

III. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VfGG. Der zugesprochene Kostenbetrag enthält einen Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 300,-, Umsatzsteuer in Höhe von € 460,- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in Höhe von € 220,-.

Fundstelle(n):
ZAAAD-85836