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VfGH vom 02.10.2009, B1579/08

VfGH vom 02.10.2009, B1579/08

Sammlungsnummer

18897

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch einen Bescheid der Schlichtungsstelle betreffend Erlassung einer Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeiteinteilung im Betrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft; keine Bedenken gegen die Tribunalqualität der Schlichtungsstelle bzw die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ihrer Mitglieder; keine Willkür bei der zur Schlichtung des Regelungsstreites erforderlichen Interessenabwägung; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter mangels Vorliegens einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung wegen Erlassung einer Arbeitszeitregelung mit mehrwöchigem Durchrechnungszeitraum

Spruch

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den Bescheid der mit Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom zu Jv 3394-07/07 errichteten Schlichtungsstelle am Arbeits- und Sozialgericht Wien vom , berichtigt mit Bescheid vom , weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die zu B1579/08 protokollierte Beschwerde wird abgewiesen.

II. Die von der beschwerdeführenden Partei gegen den Berichtigungsbescheid der mit Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom zu Jv 3394-07/07 errichteten Schlichtungsstelle am Arbeits- und Sozialgericht Wien vom gerichtete, zu B1811/08 protokollierte Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Auf Grund eines Antrages des Betriebsausschusses der

beschwerdeführenden Gesellschaft erließ die mit Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom zu Jv 3394-07/07 errichtete Schlichtungsstelle am Arbeits- und Sozialgericht Wien am gestützt auf § 97 Abs 1 Z 2 des Bundesgesetzes vom betreffend die Arbeitsverfassung (Arbeitsverfassungsgesetz - ArbVG) eine Betriebsvereinbarung für die in den Bereichen Werkstätte, Kundendienstannahme, Spenglerei, Lackiererei, Ersatzteillager oder in der Administration eines dieser Bereiche beschäftigten Arbeitnehmer der beschwerdeführenden Gesellschaft. In der Betriebsvereinbarung werden Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie Dauer und Lage der Ruhepausen für die Arbeitnehmer festgesetzt. Dabei wird bestimmten Gruppen der von der Betriebsvereinbarung betroffenen Arbeitnehmer turnusmäßig jeder dritte Freitag freigestellt.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die beim Verfassungsgerichtshof zu B1579/08 protokollierte, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde.

2. Mit einem weiteren Bescheid dieser Schlichtungsstelle am Arbeits- und Sozialgericht Wien vom wurde der vorzitierte Bescheid vom gemäß § 62 Abs 4 AVG berichtigt.

3. Unter den dargelegten Umständen hat der Verfassungsgerichtshof den Bescheid vom in der berichtigten Fassung vom seiner Überprüfung zugrunde zu legen. Der Berichtigungsbescheid bildet mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit (VfSlg. 7689/1975, 8854/1980, 12.314/1990, 13.856/1994).

Gegenstand der zu B1579/08 erhobenen Beschwerde ist sohin der Bescheid vom in seiner berichtigten Fassung.

4. Die gegen den Berichtigungsbescheid von derselben beschwerdeführenden Gesellschaft erhobene, beim Verfassungsgerichtshof zu B1811/08 protokollierte und auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde richtet sich im Ergebnis nicht gegen die Berichtigung, sondern bringt dieselben Beschwerdegründe wie die erste Beschwerde vor. In der Beschwerde wird nicht behauptet, dass die Berichtigung in Widerspruch zu § 62 Abs 4 AVG vorgenommen worden sei.

Unter diesen Voraussetzungen ist die zu B1811/08 erhobene gesonderte Beschwerde gegen den Berichtigungsbescheid als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 14.955/1997, 16.011/2000).

II. 1. In der zu B1579/08 protokollierten, auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein faires Verfahren, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verfassungswidrigkeit einer näher bezeichneten Bestimmung des Arbeitsverfassungsgesetzes und die Gesetzwidrigkeit einer Bestimmung der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , mit der die Errichtung und Geschäftsführung der Schlichtungsstellen geregelt wird (Schlichtungsstellen-Geschäftsordnung, SchliSt-Geo) behauptet.

1.1. Zum behaupteten Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein faires Verfahren wird im Wesentlichen vorgebracht, dass es der Schlichtungsstelle mangels Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ihrer Mitglieder an der Tribunalqualität fehlen würde. Im Hinblick darauf, dass die Regelung der Arbeitszeiten von Dienstverhältnissen zum Kernbereich der civil rights zu zählen sei, müsse der Schlichtungsstelle jedoch Tribunalqualität zukommen, um den Anforderungen des Art 6 EMRK Genüge zu tun. Zwar sei die gemäß § 144 Abs 3 ArbVG von den Verfahrensparteien abhängige Besetzung der Schlichtungsstelle vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 15.177/1998 für verfassungskonform befunden worden, da beide Parteien gleichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Entscheidungsorgans hätten. Auf Grund mehrerer Sonderaspekte des vorliegenden Einzelfalles könne jedoch jedenfalls nicht mehr davon gesprochen werden, dass die belangte Behörde unabhängig und unparteiisch im Sinne des Art 6 EMRK gewesen sei. So sei an der Unparteilichkeit jener beiden Beisitzer der Schlichtungsstelle zu zweifeln, die vom antragstellenden Betriebsausschuss namhaft gemacht worden sind. Insbesondere durch deren Mitwirkung am Antrag und ihrer direkten Betroffenheit von der Betriebsvereinbarung sei evident, dass sie die Tätigkeit in der Schlichtungsstelle nicht völlig unabhängig und unbefangen ausüben könnten. Diese Befangenheitsgründe würden umso schwerer wiegen als diese beiden Beisitzer lediglich für dieses eine Verfahren bestellt worden seien. Es sei nicht ersichtlich, warum eine Konstellation vorliegen solle, die es erlaube, von den grundsätzlichen Anforderungen des Art 6 EMRK an die Amtsdauer der Behördenmitglieder abzuweichen, wonach eine Bestellung für eine bestimmte Dauer verlangt werde. Erschwerend komme weiters hinzu, dass dem Vorsitzenden der Schlichtungsstelle (welchem als einzigem richterliche Unabhängigkeit zukomme) lediglich ein gegenüber den sonstigen Beisitzern untergeordnetes Stimmgewicht zukomme. Dadurch hätten die Stimmen der Beisitzer ein höheres Gewicht, wodurch sich deren Befangenheit noch stärker auswirke als in normalen Kollegialorganen.

Diese Befangenheit könne unabhängig davon aufgegriffen werden, dass der die Schlichtungsstelle errichtende Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichts Wien in Rechtskraft erwachsen sei. Der Bestellungsbescheid bewirke lediglich die Einrichtung der Schlichtungsstelle, aber keine inhaltliche Entscheidung. Ob ein faires Verfahren geführt wird, könne sich daher nicht schon im Zeitpunkt der Konstituierung der zuständigen Behörde entscheiden. Wie und unter Anwendung welcher gesetzlichen Regelungen es zur Zusammensetzung der belangten Behörde gekommen sei, spiele daher keine Rolle. Entscheidend sei einzig und allein, dass befangene Personen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides mitgewirkt hätten.

An den Regelungen der §§146 Abs 1 und Abs 3 ArbVG sowie an § 7 Abs 1 SchliSt-Geo zeige sich aber insbesondere durch den Ausschluss der Anwendbarkeit des § 7 Abs 1 AVG, dass die Befangenheit von Mitgliedern der Schlichtungsstelle vom Gesetz ganz offenkundig in Kauf genommen werde. Wenngleich der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 14.634/1996 zutreffenderweise festgehalten habe, dass die Regelungen über die Zusammensetzung der Schlichtungsstelle lediglich in einem gegen den Errichtungsbescheid geführten Verfahren, nicht mehr aber in einem gegen den von der Schlichtungsstelle erlassenen Bescheid geführten Verfahren präjudiziell seien, so seien nach Ansicht der beschwerdeführenden Gesellschaft Regelungen über die Relevanz einer Befangenheit von Mitgliedern der Schlichtungsstellen während des gesamten Verfahrens von rechtlicher Bedeutung. § 146 Abs 3 zweiter Satz ArbVG und § 7 Abs 1 SchliSt-Geo bewirkten schon abstrakt gesehen einen Verstoß gegen Art 6 EMRK.

1.2. Die Behauptung eines Verstoßes gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung begründet die beschwerdeführende Gesellschaft damit, dass die belangte Behörde willkürlich gehandelt habe. Die belangte Behörde habe das Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass der Inhalt der Betriebsvereinbarung massive Auswirkungen auf das betriebliche Organisationsgefüge habe, völlig ignoriert, und sie habe sich ohne jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft über die zu erwartenden Nachteile auf den Standpunkt gestellt, dass ein solcher Nachteil für den Betrieb weder bewiesen noch bescheinigt werden habe können.

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides sei zudem ersichtlich, dass die belangte Behörde den amtswegigen Charakter des Verfahrens vor den Schlichtungsstellen grundlegend verkannt habe, indem sie jegliche eigenständige Ermittlungstätigkeit zur Frage der wirtschaftlichen Nachteiligkeit der Betriebsvereinbarung für die beschwerdeführende Gesellschaft unterlassen habe. Die belangte Behörde hätte - auf Basis des diesbezüglich ohnedies sehr ausführlichen Vorbringens der beschwerdeführenden Gesellschaft - von Amts wegen alle Erhebungen vornehmen müssen, um diese zu klären und das Ergebnis auch inhaltlich begründen zu können.

1.3. Gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter habe die belangte Behörde schließlich dadurch verstoßen, dass sie eine Kompetenz in Anspruch genommen habe, die ihr gar nicht zustand. Gemäß § 144 Abs 1 ArbVG könnten Schlichtungsstellen nämlich nur Streitigkeiten über den Abschluss, die Änderung oder die Aufhebung von sog. erzwingbaren Betriebsvereinbarungen entscheiden. Dabei handle es sich um Betriebsvereinbarungen, bei denen das Gesetz - im vorliegenden Fall § 97 Abs 2 ArbVG, der insoweit auf § 97 Abs 1 Z 1 bis 6 und 6a ArbVG verweise - eine Entscheidung durch Schlichtungsstellen vorsehe. Die vorliegende Betriebsvereinbarung könne aber nicht unter eine der in § 97 Abs 1 Z 1 bis 6 und 6a ArbVG - insbesondere nicht unter § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG betreffend Betriebsvereinbarungen über die generelle Festsetzung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit, der Dauer und Lage der Arbeitspausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage - genannten Betriebsvereinbarungen subsumiert werden.

2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle die zu B1579/08 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid in der berichtigten Fassung abweisen.

Sie führt auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes aus:

Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft betreffend die mangelnde Tribunalqualität der belangten Behörde verweist sie auf VfSlg. 15.177/1998 und VfSlg. 15.058/1997. Wie der Verfassungsgerichtshof in diesen Entscheidungen ausgesprochen habe, seien Schlichtungsstellen Organe schiedsgerichtsähnlicher Konstruktion, deren Aufgabe es sei, Betriebsvereinbarungen über bestimmte Angelegenheiten zu substituieren. Sofern ihnen ein Richter angehöre, seien sie unabhängige kollegiale Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag. Auf Grund der schiedsgerichtsähnlichen Konstruktion seien Schlichtungsstellen als Tribunale iSd Art 6 EMRK zu qualifizieren. Aus diesem Grund gehe auch das Argument der beschwerdeführenden Gesellschaft ins Leere, dass mangels Tribunalqualität der Schlichtungsstelle die bloße Anrufbarkeit des Verfassungsgerichtshofes nicht den Anforderungen des Art 6 EMRK entspreche.

Dem Vorwurf der Befangenheit einzelner Mitglieder der belangten Behörde hält diese unter Verweis auf VfSlg. 14.634/1996 entgegen, dass der Bescheid, mit dem die belangte Behörde eingerichtet wurde, von der beschwerdeführenden Gesellschaft unbekämpft geblieben und rechtskräftig sei. Ganz abgesehen davon liege es im Wesen eines "Organes schiedsgerichtsähnlicher Konstruktion", widerstreitende Interessen zu berücksichtigen, weswegen aus Sicht der belangten Behörde nichts dagegen spreche, wenn Vertreter der betroffenen Parteien ihre Sicht der Dinge in die Entscheidungsfindung einbringen und an der Entscheidung mitwirken, da gerade eine fehlende Einigung substituiert werden solle. Im Übrigen habe die beschwerdeführende Gesellschaft ebenfalls die Möglichkeit wahrgenommen, einen ihrer Bediensteten als Mitglied der Schlichtungsstelle zu nominieren.

Die belangte Behörde sei auch nicht willkürlich vorgegangen. Sie habe alle von der beschwerdeführenden Gesellschaft angebotenen Beweise aufgenommen und sich an insgesamt vier Verhandlungstagen mit allen von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgebrachten Argumenten auseinander gesetzt. Es seien die Parteien (für die beschwerdeführende Gesellschaft deren Geschäftsführer) sowie mehrere Zeugen gehört, die Lage bei Konkurrenzunternehmen erhoben und insbesondere der Lagebericht der beschwerdeführenden Gesellschaft für das Jahr 2006 sowie ihre Gewinn- und Verlustrechnung eingesehen und entsprechend gewürdigt worden. Dass die Interessenabwägung sowie die Würdigung der angebotenen Beweise nicht zu Gunsten der beschwerdeführenden Gesellschaft ausgegangen sei, könne für sich noch keinesfalls Willkür indizieren. Die Grundsätze der Amtswegigkeit des Verfahrens und der Erforschung der materiellen Wahrheit könnten nicht dazu führen, dass die Behörde fehlendes Parteivorbringen zu supplieren und das Ermittlungsverfahren auf Umstände auszudehnen habe, die vom Antragsteller nicht releviert worden seien.

Schließlich sei - wie die belangte Behörde bereits im Bescheid begründet habe - die mit dem angefochtenen Bescheid erlassene Betriebsvereinbarung nach Ansicht der belangten Behörde vom Wortlaut und vom Sinn des § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG gedeckt. Sie regle die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und lege Beginn und Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie die Arbeitspausen in einem dreiwöchigen Rhythmus fest.

3. Auch der im verfassungsgerichtlichen Verfahren beteiligte antragstellende Betriebsausschuss erstattete eine Äußerung, in der den Beschwerdeausführungen entgegengetreten und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

III. Zur Rechtslage:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom betreffend die Arbeitsverfassung (Arbeitsverfassungsgesetz - ArbVG), BGBl. 22/1974, zuletzt geändert durch BGBl. I 74/2009, lauten wie folgt:

"DIE BETRIEBSVEREINBARUNG

Begriff

§ 29. Betriebsvereinbarungen sind schriftliche Vereinbarungen, die vom Betriebsinhaber einerseits und dem Betriebsrat (Betriebsausschuß, Zentralbetriebsrat, Konzernvertretung) andererseits in Angelegenheiten abgeschlossen werden, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten ist.

[...]

Betriebsvereinbarungen

§97. (1) Betriebsvereinbarungen im Sinne des § 29 können in folgenden Angelegenheiten abgeschlossen werden:

1. - 1b. [...]

2. generelle Festsetzung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit, der Dauer und Lage der Arbeitspausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;

3. - 26. [...]

(2) Kommt in den in Abs 1 Z 1 bis 6 und 6a bezeichneten Angelegenheiten zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat über den Abschluß, die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Betriebsvereinbarung eine Einigung nicht zustande, so entscheidet - insoweit eine Regelung durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht vorliegt - auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle.

(3) - (4) [...]

[...]

Abschnitt 2

Schlichtungsstelle

Errichtung und Zusammensetzung

§144. (1) Zur Entscheidung von Streitigkeiten über den Abschluß, die Änderung oder die Aufhebung von Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten, in welchen das Gesetz die Entscheidung durch Schlichtungsstellen vorsieht, ist auf Antrag eines der Streitteile eine Schlichtungsstelle zu errichten. Die Schlichtungsstelle ist am Sitz des mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befaßten Gerichtshofes, in dessen Sprengel der Betrieb liegt, zu errichten. Bei Streitigkeiten über den Abschluß, die Änderung oder Aufhebung von Betriebsvereinbarungen, deren Geltungsbereich Betriebe umfaßt, die in zwei oder mehreren Sprengeln liegen, ist der Sitz des Unternehmens, dem die Betriebe angehören, maßgebend. Durch Vereinbarung der Streitteile kann die Schlichtungsstelle am Sitz eines anderen mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befaßten Gerichtshofes errichtet werden. Ein Antrag auf Entscheidung einer Streitigkeit durch die Schlichtungsstelle ist an den Präsidenten des in Betracht kommenden Gerichtshofes zu richten.

(2) Die Schlichtungsstelle besteht aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern. Der Vorsitzende ist vom Präsidenten des Gerichtshofes auf einvernehmlichen Antrag der Streitteile zu bestellen. Kommt eine Einigung der Streitteile auf die Person des Vorsitzenden innerhalb von zwei Wochen ab Antragstellung (Abs1) nicht zustande, so ist er auf Antrag eines der Streitteile vom Präsidenten des Gerichtshofes zu bestellen. Die Bestellung hat aus dem Kreise der Berufsrichter zu erfolgen, die bei dem Gerichtshof mit Arbeits- und Sozialrechtssachen befaßt sind. Sie bedarf der Zustimmung des zu Bestellenden.

(3) Jeder der Streitteile hat zwei Beisitzer namhaft zu machen, davon einen aus einer Beisitzerliste; der zweite Beisitzer soll aus dem Kreise der im Betrieb Beschäftigten namhaft gemacht werden. Hat einer der Streitteile binnen zwei Wochen ab Antragstellung (Abs1) die Nominierung der Beisitzer nicht vorgenommen, so hat der Präsident des in Betracht kommenden Gerichtshofes sie aus der Liste der Beisitzer jener Gruppe (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer), welcher der Säumige angehört, zu bestellen.

(4) [...]

Beisitzerliste

§145. (1) Der Bundesminister für soziale Verwaltung hat auf Grund von Vorschlägen eine Liste der Beisitzer aus dem Kreise der Arbeitgeber und eine Liste der Beisitzer aus dem Kreise der Arbeitnehmer zu erstellen. Bei Erstattung der Vorschläge und Erstellung der Listen ist auf die fachliche Qualifikation der Beisitzer und auf regionale Gesichtspunkte entsprechend Bedacht zu nehmen.

(2) Die Vorschläge für die Liste der Beisitzer aus dem Kreise der Arbeitgeber sind von der Wirtschaftskammer Österreich, jene für die Liste der Beisitzer aus dem Kreise der Arbeitnehmer von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu erstatten, wobei die Bundeskammer auf Vorschläge der Landeskammern und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte auf Vorschläge der Arbeiterkammern Bedacht zu nehmen haben.

(2a) Die Aufnahme von Personen in eine der im Abs 1 genannten Listen erfolgt für eine Amtsdauer von fünf Jahren. Das Amt von Beisitzern, die innerhalb der allgemeinen fünfjährigen Amtsdauer in die Liste aufgenommen werden, endet mit deren Ablauf. Die infolge des Ablaufs der Amtsdauer ausscheidenden Beisitzer haben ihr Amt bis zur Nachbesetzung auszuüben. Eine neuerliche Aufnahme von ausgeschiedenen Beisitzern ist zulässig.

(3) - (4) [...]

(5) Ausfertigungen der Beisitzerlisten sind den mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befaßten Gerichtshöfen (§144 Abs 1), der Wirtschaftskammer Österreich und der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte sowie binnen zwei Wochen ab Stellung eines Antrages auf Entscheidung der Schlichtungsstelle den Streitteilen zu übermitteln; dies gilt sinngemäß auch für Änderungen derselben.

(6) Die in Abs 1 genannten Listen können bei den mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befaßten Gerichtshöfen (§144 Abs 1) während der Amtsstunden von jedermann eingesehen werden.

Verhandlung und Beschlußfassung

§146. (1) Die Schlichtungsstelle ist - soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird - verhandlungs- und beschlußfähig, wenn sowohl der Vorsitzende als auch von jedem der Streitteile zwei Beisitzer anwesend sind. Wurde eine Verhandlung der Schlichtungsstelle bereits einmal vertagt, weil ein Beisitzer ohne rechtmäßigen Hinderungsgrund nicht erschienen ist, und ist in der fortgesetzten Verhandlung abermals derselbe oder ein anderer von der gleichen Partei namhaft gemachter Beisitzer unentschuldigt nicht erschienen, so wird die Verhandlung und Entscheidung nicht gehindert, sofern der Vorsitzende und mindestens ein Beisitzer anwesend sind. Bei der Beschlußfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlußfassung teil. Er gibt seine Stimme als letzter ab. Stimmenthaltung ist unzulässig.

(2) Die Schlichtungsstelle hat die Entscheidung möglichst rasch innerhalb der durch die Anträge der Parteien bestimmten Grenzen und unter Abwägung der Interessen des Betriebes einerseits und der Belegschaft andererseits zu fällen. Sie ist dabei an das übereinstimmende Vorbringen und die übereinstimmenden Anträge der Streitteile gebunden. Die Entscheidung gilt als Betriebsvereinbarung. Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.

(2a) Über Angelegenheiten gemäß § 97 Abs 1 Z 2 in Verbindung mit einer kollektivvertraglichen Ausdehnung des Durchrechnungszeitraumes gemäß § 4 Abs 8 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969, in der jeweils geltenden Fassung, hat die Schlichtungsstelle binnen vier Wochen zu entscheiden.

(3) Auf das Verfahren vor der Schlichtungsstelle sind im übrigen die für das Verfahren vor dem Bundeseinigungsamt geltenden Vorschriften anzuwenden. § 7 Abs 1 AVG ist nur auf die aus einer Beisitzerliste namhaft gemachten Beisitzer anzuwenden. § 40 Abs 1 AVG ist mit der Maßgabe anzuwenden, daß auf einvernehmlichen Antrag der Streitteile die Verhandlungen im Betrieb stattzufinden haben.

(4) [...]"

2. § 7 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , mit der die Errichtung und Geschäftsführung der Schlichtungsstellen geregelt wird (Schlichtungsstellen-Geschäftsordnung - SchliSt-Geo), BGBl. 444/1987, lautet:

"Befangenheit

§7. (1) Der Vorsitzende der Schlichtungsstelle sowie Beisitzer, die von den Streitteilen aus einer Beisitzerliste namhaft gemacht worden sind oder in Ermangelung eines Nominierungsvorschlages vom Präsidenten des Gerichtshofes aus einer Beisitzerliste bestellt worden sind, haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten, wenn Gründe der im § 7 AVG 1950 angeführten Art vorliegen.

(2) Die in Abs 1 angeführten Mitglieder der Schlichtungsstelle haben ihre Befangenheit dem Präsidenten des Gerichtshofes unverzüglich bekanntzugeben; dieser hat sie mit Bescheid ihres Amtes zu entheben. Beisitzer haben außerdem den Vorsitzenden der Schlichtungsstelle von ihrer Befangenheit in Kenntnis zu setzen.

(3) Der Präsident des Gerichtshofes hat im Falle der Amtsenthebung des Vorsitzenden oder eines Beisitzers wegen Befangenheit unverzüglich eine Ersatzbestellung vorzunehmen. Wurde der befangene Beisitzer von einem Streitteil namhaft gemacht, so hat der Präsident des Gerichtshofes zuvor diesen Streitteil aufzufordern, binnen acht Tagen nach Zustellung der Aufforderung eine Ersatznominierung vorzunehmen; § 5 Abs 4 ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Der Präsident des Gerichtshofes hat den Streitteilen sowie dem Vorsitzenden der Schlichtungsstelle die Ersatzbestellung unverzüglich bekanntzugeben."

3. § 4 des Bundesgesetzes vom über die Regelungen der Arbeitszeit (Arbeitszeitgesetz - AZG), BGBl. 461/1969 idF BGBl. I 61/2007 lautet in seinen maßgeblichen Teilen:

"Andere Verteilung der Normalarbeitszeit

§4. (1) Der Kollektivvertrag kann eine tägliche Normalarbeitszeit von bis zu zehn Stunden zulassen, soweit nach diesem Bundesgesetz eine kürzere Normalarbeitszeit vorgesehen ist. Darüber hinaus gehende Verlängerungsmöglichkeiten bleiben unberührt.

(2) - (3) [...]

(4) Die wöchentliche Normalarbeitszeit des Personals von Verkaufsstellen im Sinne des Öffnungszeitengesetzes 2003, BGBl. I Nr. 48/2003, und sonstiger Arbeitnehmer des Handels kann in den einzelnen Wochen eines Durchrechnungszeitraumes von vier Wochen bis auf 44 Stunden ausgedehnt werden, wenn innerhalb dieses Zeitraumes die durchschnittliche wöchentliche Normalarbeitszeit 40 Stunden bzw. die durch Kollektivvertrag festgelegte Normalarbeitszeit nicht überschreitet. Der Kollektivvertrag kann eine Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes zulassen. Die tägliche Normalarbeitszeit darf neun Stunden nicht überschreiten.

(5) [...]

(6) Für Arbeitnehmer, die nicht unter Abs 4 fallen, kann der Kollektivvertrag zulassen, dass in einzelnen Wochen eines Durchrechnungszeitraumes von bis zu einem Jahr die Normalarbeitszeit

1. bei einem Durchrechnungszeitraum von bis zu acht Wochen auf höchstens 50 Stunden,

2. bei einem längeren Durchrechnungszeitraum auf höchstens 48 Stunden,

ausgedehnt wird, wenn sie innerhalb dieses Zeitraumes im Durchschnitt 40 Stunden bzw. die durch Kollektivvertrag festgelegte Normalarbeitszeit nicht überschreitet. Der Kollektivvertrag kann einen längeren Durchrechnungszeitraum unter der Bedingung zulassen, dass der zur Erreichung der durchschnittlichen Normalarbeitszeit erforderliche Zeitausgleich jedenfalls in mehrwöchigen zusammenhängenden Zeiträumen verbraucht wird. Die tägliche Normalarbeitszeit darf neun Stunden nicht überschreiten.

(7) [...]

(8) Die Betriebsvereinbarung kann eine tägliche Normalarbeitszeit von bis zu zehn Stunden zulassen, wenn die gesamte Wochenarbeitszeit regelmäßig auf vier Tage verteilt wird. In Betrieben, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, kann eine solche Arbeitszeitverteilung schriftlich vereinbart werden.

(9) [...]"

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (s. Punkt I.3. sowie VfSlg. 15.177/1998) - Beschwerde erwogen:

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt - in Kenntnis der Entscheidung VfSlg. 15.177/1998 - zunächst vor, dass der angefochtene Bescheid das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 EMRK verletzen würde, weil Sonderaspekte des konkreten Sachverhaltes dies erweisen würden. Der belangten Behörde mangle es an Tribunalqualität, weshalb die nachprüfende Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof nicht ausreiche. Ferner habe es den Beisitzern der Arbeitnehmerseite aus mehreren Gründen an der erforderlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gefehlt, zumal sie lediglich für dieses eine Verfahren bestellt worden seien. Erschwerend komme hinzu, dass dem Vorsitzenden der Schlichtungsstelle lediglich ein gegenüber den sonstigen Beisitzern untergeordnetes Stimmgewicht zukomme. Schließlich ("in eventu") seien die Regelungen des § 146 Abs 3 zweiter Satz ArbVG und des § 7 SchliSt-Geo verfassungswidrig, weil diese eine Befangenheit von Mitgliedern der Schlichtungsstelle "in Kauf" nehmen würden.

Zum Vorwurf, dass die belangte Behörde mangels Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ihrer Mitglieder nicht als Tribunal im Sinne von Art 6 EMRK qualifiziert werden könne, ist auf das Erkenntnis VfSlg. 15.177/1998 zu verweisen. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis mit näherer Begründung dargelegt, dass Schlichtungsstellen nach dem ArbVG im Hinblick darauf, dass sie unabhängige kollegiale Verwaltungsbehörden darstellen und "Organe schiedsgerichtsähnlicher Konstruktion" sind (s. VfSlg. 15.058/1997), als Tribunale im Sinne des Art 6 EMRK zu qualifizieren sind. Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft ins Treffen geführten Sonderaspekte des vorliegenden Falles vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 15.177/1998 weiters unter Verweis auf das Erkenntnis VfSlg. 14.145/1995 festgehalten, dass er unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK in Bezug auf Schlichtungsstellen nach dem ArbVG keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Ernennung von Mitgliedern einer Behörde durch die Parteien bei gleichem Einfluss beider Parteien hegt; es ist nicht zu erkennen, dass die Position der Beisitzer rechtlich oder faktisch ungleichgewichtig wäre, was zu einer Verletzung des Art 6 EMRK führen würde. Der Umstand, dass die Schlichtungsstellen für einen Einzelfall eingerichtet und zur Entscheidung konkreter Streitigkeiten berufen sind, verschlägt dabei nichts, kommt doch dadurch eine Ernennung der Mitglieder für eine bestimmte Zeit von vornherein nicht in Betracht. Insofern geht der Einwand mangelnder Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der vom antragstellenden Betriebsausschuss ernannten Beisitzer ins Leere. Auch das Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass der in § 146 Abs 3 zweiter Satz ArbVG und in § 7 Abs 1 SchliSt-Geo vorgesehene Ausschluss der Anwendbarkeit des § 7 AVG auf jene Beisitzer, die nicht auf Grund der Beisitzerliste nominiert wurden, gegen Art 6 EMRK verstoße, erweist sich vor diesem Hintergrund als nicht stichhaltig. Der Ausschluss der Anwendbarkeit von § 7 AVG für diese Beisitzer stellt gewissermaßen die notwendige Folge ihrer Ernennung durch die Parteien dar.

Die Berufung je eines Beisitzers durch die Parteien ist im Hinblick auf die spezifische Funktion der Schlichtungsstellen gerechtfertigt (vgl. VfSlg. 15.177/1998). Wie der Verfassungsgerichtshof im Beschluss VfSlg. 15.058/1997 dargelegt hat, besteht die Aufgabe der Schlichtungsstellen darin, "Betriebsvereinbarungen über bestimmte Angelegenheiten zu substituieren, wenn zwischen dem Betriebsrat und dem Betriebsinhaber über deren Abschluß, Änderung oder Aufhebung keine Einigung zustande kommt; damit nehmen sie eine Aufgabe wahr, die an sich von der Rechtsordnung der Gestaltung durch die Arbeitsmarktparteien überlassen und nicht der Rechtsetzung durch staatliche Organe übertragen ist". Die Legitimation solcher Entscheidungen wird dadurch verstärkt, dass "Organwalter in die Entscheidungsfindung - mitentscheidend - eingebunden sind, die unter Einschaltung der Repräsentanten der divergierenden Interessen in ihre Funktion berufen werden" (s. VfSlg. 15.177/1998). Im Hinblick darauf ist auch die Regelung, dass der Vorsitzende der Schlichtungsstelle gemäß § 146 Abs 1 ArbVG an der Beschlussfassung erst teilnimmt, wenn eine Stimmenmehrheit oder eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beisitzern nicht zustande kommt, verfassungsrechtlich unbedenklich.

Der Beschwerdevorwurf des Verstoßes gegen Art 6 EMRK trifft sohin nicht zu.

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt darüber hinaus gegen die den Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine Bedenken vor; solche sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass der Beschwerde auch nicht entstanden.

3. Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet ferner einen Verstoß gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbsausübung mit der Begründung, dass die belangte Behörde ihr Vorbringen, wonach der Inhalt der Betriebsvereinbarung massive Auswirkungen auf das betriebliche Organisationsgefüge habe, völlig ignoriert habe. Sie habe sich ohne jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft über die zu erwartenden Nachteile auf den Standpunkt gestellt, dass solche Nachteile für den Betrieb weder bewiesen noch bescheinigt werden konnten. Außerdem habe sie jegliche eigenständige Ermittlungstätigkeit zur Frage der wirtschaftlichen Nachteiligkeit für die beschwerdeführende Gesellschaft unterlassen.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (s. Punkt IV.1., 2.) und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte die beschwerdeführende Gesellschaft im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Ein solches Verhalten ist der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht vorzuwerfen.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 17.472/2005 festgehalten, dass die Grundlage der Entscheidung, mit der eine nicht zustande gekommene Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeiteinteilung ersetzt wird, mangels näherer Regelungen des ArbVG über den Inhalt der Entscheidung jedenfalls die Abwägung der Interessen des Betriebes einerseits und der Belegschaft andererseits, wie sie im konkreten Fall bestehen, sein muss. Es handelt sich bei diesem Verfahren nicht um einen Rechts-, sondern um einen Regelungsstreit (zur Determinierung des behördlichen Handelns in solchen Fällen vgl. VfSlg. 15.177/1998).

Die Aufgabe der Schlichtung eines Regelungsstreits im Sinne des § 146 Abs 2 ArbVG kann die Behörde jedoch nur erfüllen, wenn sie die Interessen beider Teile tatsächlich ermittelt, im Einzelnen darstellt und bewertend gegeneinander abwägt. Gerade das Fehlen genereller normativer Vorgaben verpflichtet die Schlichtungsstelle zur näheren Darlegung ihrer Beweggründe. Dabei muss sie auf das Vorbringen und die Vorschläge der Parteien konkret eingehen. Einwendungen gegen die Zulässigkeit der begehrten Regelung hat sie im Einzelnen zu widerlegen (s. VfSlg. 17.472/2005).

Diesen allgemeinen Anforderungen an die Schlichtung eines Regelungsstreits entspricht der angefochtene Bescheid. Die belangte Behörde setzt sich nach Durchführung mehrerer mündlicher Verhandlungen im angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen beider Parteien auseinander. Die Entscheidung lässt insgesamt klar erkennen, was womit abgewogen wurde und warum die Abwägung zu Gunsten des antragstellenden Betriebsausschusses ausgefallen ist. Insbesondere werden die Gründe dargelegt, aus denen die belangte Behörde die Einwände der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen die Betriebsvereinbarung als nicht zielführend anerkannt hat.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist die belangte Behörde jedenfalls denkmöglich davon ausgegangen, dass die beschwerdeführende Gesellschaft durch die Betriebsvereinbarung keine - im Verhältnis zum Interesse der Belegschaft an der Arbeitszeitregelung - übermäßigen wirtschaftlichen, organisatorischen oder sonstigen bedeutenden Nachteile für ihren Betrieb zu erwarten hätte. Die Einschätzung der belangten Behörde, dass die beschwerdeführende Gesellschaft solche Nachteile nicht ausreichend bescheinigt hätte, erfolgte auf Grund des festgestellten Sachverhaltes und unter Bezugnahme insbesondere auf das Vorbringen einerseits der beschwerdeführenden Gesellschaft und andererseits des antragstellenden Betriebsausschusses sowie auf vorgelegte Geschäftsergebnisse der beschwerdeführenden Gesellschaft und auf die Situation bei Konkurrenzunternehmen und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Vorwurf der beschwerdeführenden Partei, dass die belangte Behörde jegliche eigenständige Ermittlungstätigkeit zur Frage des wirtschaftlichen Nachteils der Betriebsvereinbarung für den Betrieb unterlassen habe, geht daher ins Leere.

Dass die Interessenabwägung nicht zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei ausgegangen ist, indiziert für sich keine Willkür. Ob die Interessenabwägung und die Begründung des Bescheides in jeder Hinsicht dem Gesetz entsprechen, entzieht sich der verfassungsgerichtlichen Kontrolle.

Da der angefochtene Bescheid mithin weder gesetzlos noch auf Grund eines verfassungswidrigen Gesetzes, aber auch nicht in denkunmöglicher Anwendung eines Gesetzes ergangen ist, kommt eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Erwerbsbetätigung ebenfalls nicht in Betracht.

4. Zum behaupteten Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bringt die beschwerdeführende Gesellschaft schließlich vor, dass die belangte Behörde eine Kompetenz in Anspruch genommen habe, die ihr gar nicht zustand, weil die Betriebsvereinbarung keine erzwingbare Betriebsvereinbarung im Sinne des § 97 Abs 2 ArbVG darstellen würde. Von § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG seien nur Regelungen gedeckt, die eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage vorsehen würden, weshalb lediglich eine Umverteilung der Arbeitszeit innerhalb einer Arbeitswoche, jedoch nicht die Erlassung eines dreiwöchigen Durchrechnungszeitraumes möglich seien. Auch die Argumentation der belangten Behörde, dass sich aus § 146 Abs 2a ArbVG die Erzwingbarkeit von Betriebsvereinbarungen gemäß § 4 Abs 8 AZG ergebe, helfe nicht weiter, da die erlassene Betriebsvereinbarung nicht unter § 4 Abs 8 AZG zu subsumieren sei. Schließlich bedürften Modelle einer wochenübergreifenden Durchrechnung der Normalarbeitszeit einer ausdrücklichen Zulassung durch den branchengültigen Kollektivvertrag, welche im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.

Nach § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG können Betriebsvereinbarungen zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat unter anderem zur generellen Festsetzung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit, der Dauer und Lage der Arbeitspausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage abgeschlossen werden. Kommt in den in § 97 Abs 1 Z 1 bis 6 und 6a ArbVG bezeichneten Angelegenheiten eine Einigung über den Abschluss, die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Betriebsvereinbarung nicht zustande, so entscheidet auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle (§97 Abs 2 ArbVG).

Die belangte Behörde begründet ihre Auffassung, dass die Betriebsvereinbarung auf § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG gestützt werden kann, unter Verweis auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, mit der diese Bestimmung in das ArbVG 1974 eingefügt wurde (RV 840 BlgNR 13. GP, 84). Danach soll die Regelung "die Gestaltung aller Arbeitszeitfragen, soweit nicht durch zwingende gesetzliche (vgl. insbesondere AZG, Sonn- und Feiertagsruhegesetz) oder kollektivvertragliche Bestimmungen Grenzen gesetzt sind," ermöglichen. Darüber hinaus verweist die belangte Behörde auf § 146 Abs 2a ArbVG und schließt aus dieser Regelung, dass der Gesetzgeber "von der Bestimmung des § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG explizit auch sämtliche Arbeitszeitregelungen erfasst wissen wollte, bei welchen durch Kollektivvertrag zugelassen werden kann, dass auf betrieblicher Ebene innerhalb eines mehrwöchigen Zeitraumes die Normalarbeitszeit so verteilt wird, dass sie im wöchentlichen Schnitt die gesetzliche oder kollektivvertragliche Normalarbeitszeitgrenze nicht überschreitet". Wie auch die beteiligte Partei in ihrer Äußerung darlegt, betrifft der Verweis in § 146 Abs 2a ArbVG die Regelungen des AZG betreffend die kollektivvertragliche Ausdehnung des Durchrechnungszeitraumes (nunmehr § 4 Abs 6 AZG). Damit hat die belangte Behörde das Vorliegen einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung aber begründet. Der Einwand der beschwerdeführenden Gesellschaft, wonach auf Grund der Tatsache, dass die Regelung von "Wochentagen" spricht, allein eine Umverteilung der Arbeitszeit innerhalb einer Arbeitswoche möglich sei, trifft vor diesem Hintergrund nicht zu. Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft schließlich behauptet, dass es an der ausdrücklichen Zulassung einer wochenübergreifenden Durchrechnung der Normalarbeitszeit in den branchengültigen Kollektivverträgen fehle, ist ihr entgegenzuhalten, dass alle auf die Dienstverhältnisse bei der beschwerdeführenden Gesellschaft anzuwendenden Kollektivverträge entsprechende Ermächtigungen enthalten (s. § 4 Abs 4 Kollektivvertrag für Angestellte der Industrie in der für die Angestellten des Metallbereiches geltenden Fassung, ArtVI Z 19 Kollektivvertrag der Arbeiter für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie, § 4 Abs 5 Kollektivvertrag für Angestellte des Metallgewerbes, ArtVI Z 19 Kollektivvertrag für Arbeiter des Metallgewerbes).

Ein Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt daher nicht vor.

5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat nicht stattgefunden.

Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art 133 Z 4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

6. Dem Antrag des beteiligten antragstellenden Betriebsausschusses auf Ersatz der Verfahrenskosten ist schon deshalb nicht stattzugeben, weil der eingebrachte Schriftsatz, mit dem er von der ihm eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Äußerung Gebrauch gemacht hat, weder abverlangt worden ist (vgl. VfSlg. 16.037/2000, 16.463/2002) noch zur Rechtsfindung beigetragen hat (vgl. VfSlg. 15.916/2000).

7. Diese Entscheidung kann gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.