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OGH vom 07.09.1993, 10ObS137/93

OGH vom 07.09.1993, 10ObS137/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Wolf (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Herbert Hannig (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna L*****, vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr.Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 31 Rs 18/93-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 6 Cgs 99/92-9, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat der Klägerin binnen vierzehn Tagen die einschließlich 301,92 S Umsatzsteuer mit 1.811,52 S bestimmten halben Kosten der Revision zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bezieht von der Beklagten seit eine Alterspension. Diese betrug im Jahre 1992 monatlich brutto 3.091,20 S und beträgt seit 3.214,80 S.

Mit Bescheid vom stellte die Beklagte fest, daß der Klägerin vom an zur Pension eine Ausgleichszulage von monatlich 856,80 S gebührt. Sie nahm an, daß die Klägerin als Mitglied der Gesellschaft vom ***** volle freie Station im Wert von 2.552 S monatlich erhalte.

Das auf eine Ausgleichszulage ohne Berücksichtigung dieses Sachbezuges gerichtete Begehren der Klage stützt sich im wesentlichen darauf, daß die volle Station bei der Feststellung der Ausgleichszulage nicht zu berücksichtigen sei, weil sie eine Gegenleistung für die Überlassung der Pension sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der der Klägerin von ihrem Orden gewährte volle Unterhalt sei als geldeswerte Einkunft iS des § 292 Abs 3 ASVG zu werten.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte, der Klägerin die Ausgleichszulage ab "in jeweils vollem Ausmaß der Differenz zwischen der Höhe der Alterspension und dem jeweiligen gesetzlichen Richtsatz" zu gewähren.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen ist die Klägerin Ordensschwester und lebt in der Ordensgemeinschaft im Wiener *****Institut. Nach Ordensrecht sind die Mitglieder des Ordens verpflichtet, alle Einkünfte aus Arbeit oder Pension dem Orden zu überlassen. Dafür werden den Ordensschwestern zur Deckung ihrer Bedürfnisse Verpflegung und Unterkunft gewährt. Nur jenen Ordensmitgliedern, die über keine Einkünfte verfügen, wird von der Ordensgemeinschaft unentgeltlich freie Station geboten. Die Klägerin liefert ihre Pension zur Gänze beim Orden ab. Die Verwaltung der Einkünfte obliegt der Ordensleitung. Nach der Ordensregel gibt es keine Arbeitspflicht.

In der rechtlichen Beurteilung folgt das Erstgericht dem Rechtsstandpunkt der Klägerin.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es die Beklagte verurteilte, der Klägerin vom 1.3. bis eine Ausgleichszulage von 856,80 S monatlich und vom bis auf weiteres eine solche von 1.131,20 S monatlich zu gewähren, das Mehrbegehren, die Ausgleichszulage ohne Berücksichtigung der freien Station zu gewähren, aber abwies.

Nach Beweiswiederholung stellte das Berufungsgericht folgenden Sachverhalt fest:

Die Klägerin ist seit 1966 Mitglied der Gesellschaft vom *****. Durch die Ablegung der drei einfachen Gelübde von Armut, Gehorsam und Keuschheit ist sie an die Gesellschaft gebunden. Das erstgenannte Gelübde verpflichtet sie, nichts als eigen zu verwalten, der Gesellschaft alles, was sie erhält, wie Gehälter, Pensionen, Honorare und Geschenke, zu überlassen, von der Gesellschaft alles zu erhalten, was sie benötigt und es in Abhängigkeit zu benutzen und zu verwenden (P 57 der Konstitutionen von 1982). Die Klägerin hat als Mitglied der Gesellschaft gegen diese Anspruch auf Unterhalt. Die Gesellschaft darf im Hinblick auf ihre Sendung und den Unterhalt ihrer Mitglieder Güter besitzen und verwalten (P 59 der erwähnten Konstitutionen).

Nach der rechtlichen Beurteilung der zweiten Instanz ist der Anspruch der Klägerin auf volle freie Station als Sachbezug aus einem nicht nach § 294 berücksichtigten Unterhaltsanspruch privater Art und damit als Einkunft der Klägerin bei der Feststellung der Ausgleichszulage zu berücksichtigen, und zwar im Jahre 1992 mit 2.552 S, im Jahre 1993 mit 2.654 S monatlich.

In der mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung begründeten Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil - nach dem Wortlaut nur für das Jahr 1993 und danach - im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Bestätigung "der vorinstanzlichen Urteile", gemeint wohl nur des Berufungsurteils, beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 dieser Gesetzesstelle zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Für Ordenspersonen der Katholischen Kirche, welche nach Kirchenrecht kraft des feierlichen Armutsgelübdes nicht vermögensfähig waren, übernahmen eine Reihe von bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen diese Beschränkungen in das staatliche Recht (zB § 573 ABGB hinsichtlich der Testierfähigkeit; nach dem Hofdekret vom 28.11.1772 waren Ordenspersonen zufolge ihres Gelübdes unfähig, Eigentum zu erwerben). Durch das Reskript des Hl.Stuhles (Kongregation für Ordensleute und Säkularinstitute, Prot.n.SpR 127/71) vom wurden für Österreich alle Personen mit feierlichem Armutsgelübde von dessen vermögensrechtlichen Wirkungen dahin befreit, daß sie in dieser Hinsicht Professen mit einfachem etwaigem Armutsgelübde gleichstehen. Dadurch fielen für diesen Personenkreis die meisten kirchenrechtlichen Beschränkungen der Vermögensfähigkeit (besonders wegen der Unfähigkeit, Eigentum zu erwerben) weg. Damit konnten aber auch die staatlichen Verweisungsnormen, die an die kirchenrechtlich vorhandene Vermögensunfähigkeit anknüpfen, nicht mehr zur Anwendung gelangen. Zum Zweck der authentischen Feststellung der Rechtslage wurde diese Tatsache des Reskriptes und seiner kirchenrechtlichen Rechtswirkungen vom BMJ im BGBl 1976/50 kundgemacht. Mit Reskripten der Religionskongregation vom und vom wurde die Wirkung des (in der ursprünglichen Fassung nur für einen Zeitraum von 10 Jahren ergangenen) Erstreskriptes jeweils um einen Zeitraum von 7 Jahren verlängert. Demnach sind alle Ordenspersonen Österreichs voll eigentumserwerbs- und testierfähig sowie fähig, sich vermögensrechtlich zu verpflichten und zu haften (Pree, Österreichisches Staatskirchenrecht 97 f; Ordensnachrichten 29/1990). Aufgrund der Ordenszugehörigkeit nach Kirchenrecht bestehende Beschränkungen sind daher im staatlichen Bereich nicht mehr wirksam (ähnlich Koziol-Welser, Grundriß9 II 49; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 I §§ 355, 356 Rz 2). Schon aus diesem Grund bestehen keine Bedenken gegen die Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung des vorliegenden Anspruches. Da sie im staatlichen Rechtsbereich keinen Beschränkungen unterliegt, ist es entbehrlich, die Frage zu erörtern, ob anderfalls die Besonderheit der sozialversicherungsrechtliche Ansprüche eine Ausnahme von für das staatliche Recht bestehenden Beschränkungen von Ordensangehörigen gebieten würde.

Die Rechtsfrage, ob Sachbezüge (freie Station), die einer Ordensangehörigen von ihrem Orden gewährt werden, auf das Gesamteinkommen anzurechnen sind, beschäftigte schon die seinerzeitigen Schiedsgerichte der Sozialversicherung und das Oberlandesgericht Wien als bis einzige Rechtsmittelinstanz in Leistungsstreitsachen. Sie wurde in den E des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Oberösterreich in Linz SV-Slg 18.849, SV-Slg 20.541 und SV-Slg 24.717, bestätigt mit E des Oberlandesgerichtes Wien SSV 17/43, und des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Kärnten in Klagenfurt SV-Slg 22.131 ebenso bejaht wie in den E des Oberlandesgerichtes Wien SV-Slg 20.540, SSV 17/43 und SV-Slg 24.719. Auch in der E SSV 25/141 hielt das genannte Berufungsgericht daran fest, daß die einer Ordensschwester vom Orden gewährten Sachleistungen grundsätzlich Einkünfte iS des Ausgleichszulagenrechtes sind. Dies gelte aber nur, wenn diese Sachleistungen (nur) auf Grund der Kongregationszugehörigkeit, nicht aber für die Überlassung etwa einer Pension gewährt werden. (In dem damals entschiedenen Fall gewährte die Kongregation nach ihren Regeln nur jenen Mitgliedern Unterkunft und Verpflegung ohne Gegenleistung, die über kein Einkommen verfügten.)

Während der im Jahre 1917 promulgierte Codex Iuris Canonici Orden, Kongregationen und Gesellschaften des gemeinsamen Lebens, Säkularinstitute und Vereinigungen kannte, unterscheidet der seit dem

1. Adventsonntag 1983 geltende Codex Iuris Canonici (CIC 1983) in seinem Teil III zwischen Instituten des geweihten Lebens (Sektion I) und Gesellschaften des apostolischen Lebens (Sektion II). Zu den Instituten des geweihten Lebens gehören die Ordens(Religiosen)institute (Titel II) und die Säkularinstitute (Titel III). Die Ordensinstitute des neuen Rechtes entsprechen den zB im § 5 Abs 1 Z 7 ASVG ausdrücklich genannten Orden und Kongregationen des CIC 1917 (sa Schwendenwein, Österreichisches Staatskirchenrecht 353; Pree, Österreichisches Staatskirchenrecht, 122).

Unter Beachtung der Eigenart und der eigenen Ziele hat jedes Institut (des geweihten Lebens) in seinen Konstitutionen die Art und Weise festzulegen, wie gemäß seiner Lebensweise die evangelischen Räte der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams zu befolgen sind (Can 598 § 1). Alle Mieglieder müssen jedoch nicht nur die evangelischen Räte getreu und vollständig befolgen, sondern auch ihr Leben nach dem Eigenrecht des Instituts gestalten ... (§ 2 des zit Can). Der

evangelische Rat der Armut ... hat außer einem in Wirklichkeit und im Geiste armen Leben, das nach Kräften in Bescheidenheit und fern von irdischem Reichtum zu führen ist, Abhängigkeit und Beschränkung in Gebrauch und Verfügung über Vermögen nach Maßgabe des Eigenrechts der einzelnen Institute zur Folge (Can 600).

Ordensinstitute sind Vereinigungen, in der die Mitglieder nach dem Eigenrecht öffentliche, etwaige oder zeitliche Gelübde, die jedoch nach Ablauf der Zeit zu erneuern sind, ablegen und ein brüderliches Leben in Gemeinschaft führen (Can 607 § 2). Ein Säkularinstitut ist ein Institut des geweihten Lebens, in welchem in der Welt lebende Gläubige nach Vollkommenheit der Liebe streben und sich bemühen, zur Heiligung der Welt ... beizutragen (Can 710).

Bei der Gesellschaft vom *****, deren Mitglied die Klägerin ist, handelt es sich um ein Ordensinstitut iS des Can 607 § 2.

Institute, Provinzen und Niederlassungen sind als juristische Personen von Rechts wegen fähig, Vermögen zu erwerben, zu besitzen, zu verwalten und zu veräußern, sofern nicht diese Fähigkeit in den Konstitutionen ausgeschlossen oder eingeschränkt ist (Can 634 § 1). Dies ist bei der Gesellschaft vom ***** nicht der Fall.

In der Ordensprofeß nehmen die Mitglieder durch ein öffentliches Gelübde die Befolgung der drei evangelischen Räte auf sich, ... und (werden) dem Institut mit den vom Recht festgesetzten Rechten und Pflichten eingegliedert (Can 654). Die Mitglieder haben vor der ersten Profeß die Verwaltung ihres Vermögens an eine Person ihrer Wahl abzutreten und, soweit die Konstitutionen nichts anderes bestimmen, über dessen Gebrauch und Nießbrauch frei Verfügungen zu treffen. .. (Can 668 § 1). Was ein Ordensangehöriger durch eigenen Einsatz oder im Hinblick auf das Institut erwirbt, erwirbt er für das Institut. Was ihm aufgrund einer Pension, einer Unterstützung oder einer Versicherung irgendwie zukommt, wird für das Institut erworben, sofern im Eigenrecht nichts anderes festgelegt ist (Can 668 § 3). Das Institut muß seinen Mitgliedern alles zur Verfügung stellen, was gemäß den Konstitutionen zur Erreichung des Zieles ihrer Berufung erforderlich ist (Can 670).

Nach den am approbierten Konstitutionen von 1982 der

Gesellschaft vom ***** antworten deren Mitglieder auf den Ruf des

Herrn ... im öffentlichen Bekenntnis zu den Evangelischen Räten durch

die Gelübde ua der Armut (P 42). Diese Bindung durch die Gelübde

vereint alle Mitglieder der Gesellschaft untereinander und läßt sie

in der Liebe zu einem einzigen Leib werden (P 44). Durch das Gelübde

der Armut verpflichtet sich jede Ordensfrau, nichts als eigen zu

verwalten, der Gesellschaft alles, was sie erhält, zu überlassen, wie

Gehälter, Pensionen, Honorare und Geschenke, von der Gesellschaft

alles zu erhalten, was sie benötigt, und es in Abhängigkeit zu

benutzen und zu verwenden. Diese Gütergemeinschaft ... vertieft ihre

Einheit (P 57 unter Berufung auf Can 600 und 668 CIC). In dem Wunsch,

nichts zu besitzen, ..., verzichten die Ordensfrauen vom ***** zum

Zeitpunkt ihrer ewigen Profeß auf ihr Vermögen zugunsten derer, denen

sie es überlassen möchten ... (P 58 unter Berufung auf Can 668 § 4).

Die Gesellschaft darf im Hinblick auf ihre Sendung und den Unterhalt

ihrer Mitglieder Güter besitzen und verwalten ... (P 59). Nach P 173

c des Ergänzungsbuches zu den Konstitutionen leben die Ordensfrauen die Gütergemeinschaft der Provinz. Der Lohn für ihre Arbeit und die Pensionen gehören der Provinzgemeinschaft. Normalerweise und soweit wie möglich sollen diese Einkünfte den Lebensunterhalt der Schwestern der Provinz decken.

Aus den dargestellten Bestimmungen des Codex Iuris Canonici 1983 und der Konstitutionen des Ordensinstitutes, dem die Klägerin angehört, ergibt sich, daß diese gegen ihr Institut Anspruch auf Unterhalt und Versorgung hat. Diese Garantie der sozialen Sicherheit in ihrer Gemeinschaft und das deshalb typischerweise fehlende diesbezügliche Schutzbedürfnis ist auch der Hauptgrund dafür, daß Angehörige der Orden und Kongregationen der Katholischen Kirche, wenn sie nicht in einem Dienstverhältnis zu einer anderen Körperschaft (Person) als ihrer Kirche bzw deren Einrichtungen (Orden, Kongregationen ...) stehen, nach § 5 Abs 1 Z 7 ASVG von der Vollversicherung nach § 4 leg cit ausgenommen sind (sa EB zur RV zum ASVG 599 BlgNR 7. GP, 8, nach denen die Ausklammerung bestimmter kirchlicher Personengruppen aus der Vollversicherung damit begründet wurde, daß sie "der Versorgung nach den für sie geltenden kirchlichen Vorschriften überlassen bleiben"; EB zur RV der 29. ASVGNov 404 BlgNR 13. GP, wörtlich zit in MGA ASVG 46. ErgLfg 137f FN 10a; /0130 VwSlg 11.305 (A); Schwedenwein aaO 346f, 353; Pree aaO 122).

Wie sich aus Can 654 ergibt, ist die Ordensprofeß (Übernahme der evangelischen Räte Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam durch ein öffentliches kirchenamtliches Gelübde) einerseits ein religiöser Akt, durch den der Gelobende "Gott geweiht wird". Sie ist aber auch ein rechtlicher Akt, durch den der Profeß "dem Institut mit den vom Recht festgesetzten Rechten und Pflichten eingegliedert wird". Durch diese zweiseitig verbindliche Eingliederung verpflichtet sich der Gelobende, in dem Institut zu bleiben und diesem seine ganze Kraft zur Verfügung zu stellen, während das Institut ua die Verpflichtung übernimmt, dem Professen Unterhalt zu gewähren (Primetshofer, Ordensrecht auf der Grundlage des CIC 1983 unter Berücksichtigung des staatlichen Rechts der Bundesrepublik Deutschland, Österreichs und der Schweiz3, 128f; Ruf, Das Recht der katholischen Kirche, 168). Auch Pree, Die 29.ASVG-Novelle im Hinblick auf ausgeschiedene Religiosen, VersRdSch 1974, 80f begreift die Profeß als ein zweiaktiges Geschehen, dessen zweiter Akt als Vertrag zwischen Eintretendem und Kirche bzw deren Verband verstanden wird, wobei sich jemand ... der kirchlichen Gemeinschaft unentgeltlich zur Verfügung stellt mit dem Versprechen, ihr seine Person und all seine Tätigkeit zu widmen, wogegen die klösterliche Gemeinschaft ihn als Mitglied aufnimmt und die Verpflichtung eingeht, während der Dauer der Verbandszugehörigkeit auch für sein zeitliches Wohl zu sorgen. Auf Grund zweier sich gegenseitig freiwillig geleisteter und angenommener Verpflichtungserklärungen des schon genannten Inhalts liege auch nach Zivilrecht ein Vertrag vor, der "als im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Privatautonomie abgeschlossen zu betrachten" sei (Pree aaO 82 unter Berufung auf den Kommentar Gampls zur E des ZAS 1973/9). Gampl führt aaO 66 ua aus, daß sich die Ordensgenossenschaft (durch Annahme des Gelübdes ua verpflichte, für den Lebensunterhalt des Professen (Verpflegung, Unterkunft, Bekleidung, diensterforderliches Taschengeld, Kranken-, Invaliditäts- und Altersversorgung usw) aufzukommen. Der einzelne hätte auch die Möglichkeit bloß privater Gelübde, der Profeß ziehe aber den Eintritt in die Risikogemeinschaft Ordensgenossenschaft mit öffentlicher Gelübdeablegung vor, weil ihm das die Führung eines gelübdegemäßen Lebens in viel wirksamerer Form ermögliche, und zwar nicht zuletzt gerade deswegen, weil er der persönlichen und individuellen Sorge um die Beschaffung des erforderlichen Lebensunterhalts enthoben sei. Mit Recht spiegle sich daher die notorisch gesicherte Versorgung "nach Kirchenrecht" in den EB der RV zum ASVG 599 BlgNR 7. GP, 8 wider. Auch Schwedenwein (österreichisches Staatskirchenrecht, 347 FN 333) weist darauf hin, daß im sich aus der Profeß ergebenden Verhältnis zwischen Professen und Orden nach Pree (Die vermögensrechtliche Lage ausgeschiedener Religiosen nach kanonischem und staatlichem Recht unter Berücksichtigung der 29. ASVG-Novelle, öAKR 24 [1973], 318) "ein zivilrechtlich verbindlicher Vertrag vorliege", weil die Profeß eine Unterhaltsvereinbarung enthalte, aus der sich sogar eine zivilrechtliche Klagbarkeit ergeben könne. Am aaO 350 führt Schwedenwein unter Hinweis 112 auf SV-Slg 2436 aus, in Ordensgemeinschaften resultiere aus der Ordensprofeß ein Verhältnis zwischen dem Professen und der Gemeinschaft, "das auf den Unterhalt gerichtete, als vertraglich und so auch als der Rechtssphäre zugehörig zu betrachtende Bindungen gemeinsam mit spirituellen Momenten aufweist".

Nach Primetshofer, Ordensrecht3 144 hat das Ordensinstitut seinen Mitgliedern, unabhängig davon, ob einfache oder feierliche Profeß abgelegt wird, alles zur Verfügung zu stellen, was gemäß den Konstitutionen zur Erreichung des Zieles ihrer Berufung erforderlich ist (Can 670). Die Profeß habe neben ihren geistlichen Zielsetzungen auch die Wirkungen eines Vertrages zwischen dem Professen und dem Institut, kraft dessen dieses die Verpflichtung übernehme, dem Mitglied nicht nur den angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren, sondern auch all das zur Verfügung zu stellen, was zur Erfüllung der Berufung im allgemeinen wie auch bzgl der etwa übernommenen besonderen Aufgaben erforderlich sei. Das Armutsgelübde bedeute Erwerbsgemeinschaft der Professen.

Auch Henseler, Ordensrecht (1987) kommentiert in FN 2 zu Can 670, daß das Institut seinen Mitgliedern alles zur Verfügung stellen muß, was gemäß den Konstitutionen zur Erreichung des Zieles ihrer Berufung erforderlich ist, sei eine unmittelbare Rechtsfolge der Inkorporation. Insofern habe die Profeß vertragsähnlichen Charakter und begründe für Institut und Mitglied wechselseitige Rechte und Pflichten. Can 668 § 3 normiere die Pflichten des Mitgliedes dem Institut gegenüber in armutsrechtlicher Hinsicht, die zugleich Rechte des Instituts darstellten. Can 670 lege umgekehrt die Pflichten des Instituts den Mitgliedern gegenüber fest und statuiere somit ein Grundrecht des Mitglieds.

Aus der dargelegten Ordensrechtslage und ihrer Auslegung durch die Kirchenrechtslehre ergibt sich, daß die Klägerin auf Grund ihrer durch die Profeß begründeten und aufrechten Mitgliedschaft zur Gesellschaft vom ***** gegen dieses Institut, - und zwar gegen die Provinz, der sie angehört, in der die Ordensfrauen in Gütergemeinschaft leben, der der Lohn für ihre Arbeit und die Pensionen gehören, die normalerweise und soweit wie möglich den Lebensunterhalt der Schwestern der Provinz decken sollen (P 173c des Ergänzungsbuches zu den Konstitutionen) -, einen Rechtsanspruch auf vollen Unterhalt hat, der jedenfalls auch die volle freie Station umfaßt.

Dabei handelt es sich um einen Unterhaltsanspruch der Pensionsberechtigten privater Art, der sich nicht gegen eine der im § 294 Abs 1 ASVG abschließend aufgezählten Personen richtet und daher nicht nach dieser Gesetzesstelle berücksichtigt wird.

Daß dieser Unterhaltsanspruch nicht erfüllt wird, wurde von der Klägerin nicht einmal behauptet; im Verfahren ergaben sich auch keine diesbezüglichen Anhaltspunkte.

Die Klägerin bezieht daher seit Pensionsbeginn neben ihrer Alterspension aus ihrem Unterhaltsanspruch gegen ihr Ordensinstitut (bzw dessen Provinz) den vollen Unterhalt. Dieser umfaßt mindestens Sachbezüge, die einer nach § 292 Abs 3 ASVG zu bewertenden und vom Berufungsgericht auch richtig bewerteten freien Station entsprechen. Die Bewertung wird in der Revision auch nicht bekämpft.

Diese Unterhaltsbezüge haben bei Anwendung der Abs 1 bis 3 des § 292 ASVG nicht außer Betracht zu bleiben, weil sie unter keine der im Abs 4 dieser Gesetzesstelle abschließend genannten Ausnahmen fallen:

Daß es sich dabei um keine Bezüge aus Unterhaltsansprüchen privater Art handelt, die nach § 294 ASVG berücksichtigt werden, (§ 292 lit e) wurde bereits erwähnt. Es handelt sich aber auch nicht um Bezüge aus Leistungen der Sozialhilfe und der freien Wohlfahrtspflege (lit f) und - wegen des dargelegten Rechtsanspruches - auch nicht um eine Gnadenpension iS der lit g der genannten Bestimmung.

Das Ausgleichszulagenrecht geht - ähnlich wie die Sozialhilfegesetze der Länder, die ebenfalls nur bestimmte Einkünfte von einer Anrechnung auf die Sozialhilfe ausnehmen (Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht 408), von einem umfassenden Einkommensbegriff aus. Sämtliche Einkünfte des Pensionsberechtigten in Geld oder Geldeswert iS des § 292 Abs 1 bis 3 ASVG, die nicht im Abs 4 leg cit aufgezählt sind, sind bei Feststellung des Anspruches auf Ausgleichszulage zu berücksichtigen.

Es kommt daher - abgesehen von den im letztgenannten Absatz genannten Ausnahmen - nicht darauf an, aus welchem Titel und von wem die Einkünfte dem Pensionsberechtigten zufließen und ob sie dem Empfänger für oder ohne eine Gegenleistung zukommen.

Die im Can 668 § 3 - mangels anderer eigenrechtlicher Festlegung der Konstitution - vorgesehene Überlassung ua einer Pension des Mitgliedes an das Institut stellt - entgegen der in der übrigens einen teilweise abweichenden Sachverhalt betreffenden Rechtsmeinung des Oberlandesgerichtes Wien in SSV 25/141 - keine Gegenleistung für den Rechtsanspruch des Ordensmitgliedes auf Unterhalt gegen sein Institut dar. Dieser Unterhaltsanspruch beruht vielmehr - wie bereits dargelegt - schon auf der Ordensprofeß.

Es ist auch nicht wesentlich, ob die Einkünfte der Steuerpflicht unterliegen. Diesbezüglich betont Binder in ZAS 1981, 92 zutreffend, daß die Nettoeinkommensermittlung des Ausgleichszulagenrechts nicht auf die im § 2 Abs 3 EStG (erschöpfend) aufgezählten Einkunftsarten zu beschränken sei. Allein diese Auffassung entspreche dem Bestreben des Sozialversicherungsgesetzgebers, die Gewährung der Ausgleichszulage auf den Kreis der bedürftigen Pensionisten einzuengen (SSV-NF 6/141).

Aus der in der Revision behaupteten teilweisen Ähnlichkeit des Zusammenlebens von Ordensmitgliedern einerseits und Mitgliedern von Wohngemeinschaften mehrerer oder Lebensgemeinschaften zweier Personen andererseits ist für die Klägerin nichts zu gewinnen. Falls einem in einer dieser Gemeinschaften lebenden Pensionisten aus weiteren Einkünften ein Nettoeinkommen erwächst, dann wäre dieses - abgesehen von den im § 292 Abs 4 ASVG genannten Ausnahmen - bei der Feststellung des Anspruches auf eine Ausgleichszulage zu berücksichtigen. Die Klägerin hat nicht deshalb keinen Anspruch auf eine (höhere) Ausgleichszulage, weil sie Ordensfrau ist, sondern deshalb, weil sie neben ihrer Pension Sachbezüge aus einem Unterhaltsanspruch erhält. Ihre ausgleichszulagenrechtliche Situation entspricht daher im wesentlichen der in einer Wohn- und Lebensgemeinschaft lebender Pensionisten, die Bezüge aus Unterhaltsansprüchen oder sonstigen Einkünfte mit Versorgungscharakter (zB Leibrenten, Ausgedingsrechte) haben. Von einer Diskriminierung der Orden kann daher - entgegen der Meinung der Revision - keine Rede sein. Im übrigen übersieht sie, daß sich ihr Unterhaltsanspruch nicht gegen ihre Mitschwestern richtet, sondern gegen ihre Ordensprovinz. Diese juristische Person deckt den Lebensunterhalt der Schwestern aus dem der Provinz gehörenden Vermögen.

Der nicht berechtigten Revision war daher nicht Folge zu geben.

Wegen der rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens und weil die Klägerin eine Ausgleichszulage bezieht, war ihr nach § 77 Abs 1 Z 2 lit b und Abs 2 ASGG trotz ihres gänzlichen Unterliegens im Revisionsstadium der Ersatz der halben Revisionskosten zuzubilligen.