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OGH vom 02.10.2012, 10ObS137/12p

OGH vom 02.10.2012, 10ObS137/12p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Horst Nurschinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Grohmann, Rechtsanwalt in Krems an der Donau, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, wegen Ruhens der Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Rs 97/12a 18, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass gegen die Verfassungsmäßigkeit der Ruhensbestimmung des § 89 Abs 1 Z 1 ASVG, wonach die Leistungsansprüche unter anderem auch in der Pensionsversicherung ruhen, solange der Anspruchsberechtigte eine Freiheitsstrafe verbüßt, keine Bedenken bestehen, entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (10 ObS 54/07z, SSV NF 21/35 mit zustimmender Besprechung von Birklbauer in zuvo 2008/44, 59; 10 ObS 32/02g, SSV NF 16/59; 10 ObS 207/00i, SSV NF 14/96; 10 ObS 190/95, DRdA 1996/44, 416 [zust Birklbauer ] ua; RIS Justiz RS0085422). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

2. Soweit der Revisionswerber geltend macht, er werde durch die Ruhensbestimmung gehindert, an seinen unterhaltsberechtigten Sohn Leistungen zu erbringen, ist auf die Bestimmung des § 89 Abs 5 ASVG zu verweisen: Wenn ein Pensionist, dessen Leistungsanspruch in der Pensionsversicherung wegen Verbüßung einer Freiheitsstrafe ruht, Angehörige hat, die im Falle des Todes des Versicherten Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen hätten, gebührt diesen Angehörigen gemäß § 89 Abs 5 ASVG in der Reihenfolge: Ehegatte/Ehegattin oder eingetragene PartnerIn, Kinder, Eltern, Geschwister eine Pension in der Höhe der halben ruhenden Pension. Wie der Revisionswerber selbst ausführt, besteht für den Fall, dass dem Unterhaltsschuldner aufgrund einer Anordnung in einem strafgerichtlichen Verfahren länger als einen Monat im Inland die Freiheit entzogen wird und er deshalb seine Unterhaltspflicht nicht erfüllen kann, die Möglichkeit der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 3 UVG. Im Allgemeinen ist der Unterhaltsschuldner auch nicht verpflichtet, die gemäß § 4 Z 3 UVG gewährten Vorschüsse zurückzuzahlen. Eine Rückzahlungspflicht besteht für den Unterhaltsschuldner nach § 29 Abs 1 UVG ausnahmsweise nur insoweit, als dies nach seinen Einkommens und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten und unter Beachtung des Strafvollzugs aus Gründen der Billigkeit geboten erscheint und seine wirtschaftliche Fähigkeit zur Schadensgutmachung nicht beeinträchtigt. Auch eine vom Revisionswerber im Hinblick auf die Ruhensbestimmung weiters geltend gemachte unzulässige Bevorzugung staatlicher Einrichtungen gegenüber privaten Gläubigern ist nicht erkennbar, da die Pensionsleistung nicht ausschließlich über Beiträge erfolgt, sondern zu einem maßgeblichen Teil aus öffentlichen Steuermitteln.

3. Der Gesetzgeber überschreitet daher den ihm eingeräumten Gestaltungsraum nicht, wenn er für eine Zeit, für die für die Versorgung des Pensionisten während seiner Unterbringung in Strafhaft aus öffentlichen Mitteln in anderer Weise vorgesorgt wird, die Pensionsleistung sistiert. Für die Bedürfnisse der Angehörigen wurde, wie aufgezeigt, in entsprechender Weise Vorsorge getroffen. Ein der Verfassung widersprechender Eingriff in das Eigentumsrecht oder eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist bei dieser Sachlage nicht erkennbar. Der erkennende Senat sieht sich daher zu der vom Revisionswerber angeregten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.