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OGH vom 07.06.2006, 9Ob46/06i

OGH vom 07.06.2006, 9Ob46/06i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Christine S*****, geboren am *****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen den Antragsgegner Rudolf S*****, geboren am *****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Karl Claus und Mag. Dieter Berthold, Rechtsanwaltspartnerschaft in Mistelbach, wegen Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und ehelichen Gebrauchsvermögens (§§ 81 f EheG), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom , GZ 20 R 204/05y-44, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Zistersdorf vom , GZ 4 C 44/04m-38, teils aufgehoben, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen den aufhebenden Teil des angefochtenen Beschlusses richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Feststellung, dass das Tischlereiunternehmen, die Geräte und die Einrichtung der Tischlerei in ***** D*****, *****, der Aufteilung nicht unterliegen und als Unternehmen gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG anzusehen sind, wird der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes auch diesbezüglich aufgehoben wird.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil vom (rechtskräftig seit ) geschieden. Die Antragstellerin begehrte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Insbesondere begehrte sie, die im Eigentum des Antragsgegners stehende Liegenschaft EZ ***** D*****, bestehend aus dem Grundstück Nr. ***** samt dem gesamten im Haus befindlichen Inventar in das Alleineigentum der Antragstellerin zu übertragen (AS 39, 58). Sie brachte dazu vor, dass sich in diesem Hause die Ehewohnung befinde, der früher in Teilen dieses Hauses ausgeübte Tischlereibetrieb längst eingestellt sei und die Werkstatt nur für Hobbytätigkeiten des Antragsgegners benützt werde. Dieser habe seine Tischlereitätigkeiten erst im Zuge der Scheidung ausgeweitet, um dadurch den Eindruck zu erwecken, dass in dem Haus ein Unternehmen betrieben werde. Tatsächlich habe aber kein Unternehmen bestanden, sodass auch keine angeblichen Unternehmensbestandteile von der Aufteilung auszunehmen seien.

Der Antragsgegner wendete ein, dass die ihm allein gehörende Liegenschaft EZ ***** D***** mit dem Haus ***** schon deshalb nicht zum ehelichen Gebrauchsvermögen gehöre, weil von ihm darin seit je her eine Tischlerei betrieben worden sei. Allenfalls unterliege die im Obergeschoss liegende Ehewohnung der Aufteilung, doch bestehe diesbezüglich kein dringendes Wohnbedürfnis der Antragstellerin. Das Erstgericht stellte mit Zwischenbeschluss (§ 36 AußStrG) fest, dass das Tischlereiunternehmen und die dazu gehörende Liegenschaft sowie die Geräte und die Einrichtung der Tischlerei in ***** D*****, ***** (betrieben durch den Antragsgegner) der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens unterliegen und nicht gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG als Unternehmen anzusehen sind. Es stellte fest, dass der Antragsgegner die Tischlerei nur als Hobby betrieben habe, um sich dadurch zusätzlich zu seinem Verdienst als Angestellter einen Nebenerwerb zu verschaffen. Der aus der Tischlerei erwirtschaftete Umsatz habe im Jahr 2003 EUR 5.500 und im Jahr 2004 EUR 11.150 betragen. Während aufrechter Ehe habe der Antragsgegner „im Pfusch" gearbeitet. Mangels Unternehmenseigenschaft bestehe kein Rechtsgrund, die Tischlerei und die dazu gehörenden Einrichtungsgegenstände von der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens auszunehmen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge. Es hob den Beschluss des Erstgerichtes, soweit mit diesem ausgesprochen wurde, das die Liegenschaft D*****, *****, der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens unterliege, auf und änderte den Beschluss des Erstgerichtes im Übrigen dahin ab, dass er zu lauten habe: „Es wird festgestellt, dass das Tischlereiunternehmen sowie die Geräte und die Einrichtung der Tischlerei in ***** D*****, ***** (betrieben durch den Antragsgegner) der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht unterliegen und als Unternehmen gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG anzusehen sind". Es sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Revisionsrekurs gegen den aufhebenden Teil des angefochtenen Beschlusses richtet, ist er gemäß § 64 Abs 1 erster Satz AußStrG unzulässig, weil das Rekursgericht diesbezüglich den Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt hat (Fucik/Kloiber AußStrG § 64 Rz 1).

Im Übrigen ist der Revisionsrekurs jedoch im Rahmen seines Aufhebungsantrages zulässig und berechtigt.

Zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 36 Abs 2 AußStrG (neu) auf das vorliegende vor Inkrafttreten des neuen AußStrG eingeleiteten Verfahrens:

Gemäß seinem § 199 trat das (neue) AußStrG mit in Kraft und ist - „soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt" - auch auf Verfahren anzuwenden, die vor dem In-Kraft-Treten anhängig geworden sind. Die sodann aufgezählten Ausnahmeregelungen betreffen nicht die Anwendung des § 36 AußStrG auf anhängige (Aufteilungs)verfahren, sodass von der grundsätzlichen Anwendbarkeit dieser Bestimmung auch im vorliegenden Verfahren auszugehen ist. Gemäß § 36 Abs 2 AußStrG kann das Gericht über den Grund eines Anspruchs durch Zwischenbeschluss und über den Teil der Sache durch Teilbeschluss entscheiden. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (224 BlgNR 22. GP) heißt es hiezu:

„Abs 2 beschreitet gegenüber der bisherigen Judikatur Neuland, indem

er die Möglichkeiten, über den Grund des Anspruchs durch

Zwischenbeschluss und über einen Teil der Sache mit einem

Teilbeschluss zu entscheiden, ausdrücklich festschreibt. Bisher wurde

die Möglichkeit eines Zwischenbeschlusses schlechthin und eines

Teilbeschlusses in manchen Bereichen (insbesondere im Verfahren über

die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen

Ersparnisse sowie in außerstreitigen Miet- und

Wohnungseigentumssachen) abgelehnt ............ . Da die Fällung

eines Zwischen- oder Teilbeschlusses immer eine Frage der

Zweckmäßigkeit ist, soll die Verfahrensgestaltung hier nicht unnötig

beschränkt werden ........... ." Auf dieses vom Gesetzgeber

offensichtlich anerkannte Bedürfnis, auch im Aufteilungsverfahren einen Zwischenfeststellungsbeschluss zu ermöglichen, wurde schon in der Lehre hingewiesen: So lehrt Deixler-Hübner (in Fasching/Konecny2 III § 393 ZPO Rz 14), dass gerade im nachehelichen Aufteilungsverfahren (§ 81 f EheG) über den Bestand des Aufteilungsanspruchs - nämlich ob bestimmte Sachen der Aufteilung unterliegen - abgesprochen werden könnte, wenn es in der Folge nur mehr über die Höhe der Ausgleichszahlung geht.

Nun könnte man bei wörtlicher Interpretation des § 36 Abs 2 AußStrG der Ansicht sein, dass ein Zwischenbeschluss nur dann möglich ist, wenn feststeht, dass der Anspruch so konkret besteht, wie er geltend gemacht wurde. Dies würde aber einer Anwendung des § 36 Abs 2 AußStrG im Aufteilungsverfahren nahezu den Boden entziehen, weil die Anträge der Parteien im Aufteilungsverfahren nur den quantitativen Umfang festlegen, im Übrigen aber als „Aufteilungsvorschläge" das Gericht nicht binden (RIS-Justiz RS0109615; RS0008525). Ausgehend von den vorgenannten Intentionen ist daher der „Grund des Anspruchs" im Aufteilungsverfahren dahin zu verstehen, dass jedenfalls dann ein Zwischenbeschluss möglich ist, wenn zwischen den Parteien strittig ist, ob bestimmte Gebrauchsgegenstände und Ersparnisse auf Grund ihrer Herkunft bzw Verwendung überhaupt in die Aufteilung einzubeziehen sind. Unter diesem Aspekt muss es auch für zulässig erachtet werden - wie im vorliegenden Fall - mittels Zwischenbeschluss festzustellen, ob Gegenstände, für welche der Antragsgegner die Ausnahmeregelung des § 82 Abs 1 Z 3 EheG in Anspruch nimmt, mangels dieser Eigenschaft grundsätzlich sehr wohl der Aufteilung unterliegen.

Im vorliegenden Fall hat aber das Rekursgericht im Rahmen seiner Abänderung einen „negativen" Zwischenbeschluss gefasst, indem es feststellte, dass der Tischlereibetrieb und die dazu gehörenden Einrichtungsgegenstände nicht der Aufteilung unterliegen. Da der Zwischenbeschluss nach § 36 Abs 2 AußStrG ein ähnliches Ziel verfolgt wie § 393 Abs 1 ZPO im streitigen Verfahren, kann die zu letzterer Bestimmung ergangene Rechtsprechung analog herangezogen werden. Danach ist dann, wenn sich herausstellt, das der Anspruch schon dem Grunde nach nicht zu Recht besteht, nicht ein Zwischenurteil zu fällen, sondern sogleich das Klagebegehren abzuweisen (RIS-Justiz RS0036749). Überträgt man diese Erwägungen auf das Aufteilungsverfahren, so wäre ein Antrag, der gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG ausgeschlossene Gegenstände umfasst, diesbezüglich, wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 4 Ob 530/91 (= RIS-Justiz RS0008462) judiziert hat - allenfalls mit Teilbeschluss - abzuweisen, nicht aber wäre darüber mit einem negativen Zwischenbeschluss zu entscheiden (Fucik/Kloiber AußStrG § 36 Rz 3). Daran würde auch der Umstand eines (hier gar nicht behaupteten) möglichen Wertausgleichs für Umschichtungen nach § 91 Abs 2 EheG oder einer Berücksichtigung von gemeinsam verwendeten körperlichen, dem Unternehmen gewidmeten Sachen nach § 91 Abs 3 EheG nichts ändern. In keinem Fall sind es nämlich das Unternehmen und die zu diesem gehörenden Sachen selbst, die der Aufteilung unterliegen (Bernat in Schwimann ABGB I3 § 82 EheG Rz 13 unter Zitat der Rechtsprechung, welche zum Ausgangspunkt für § 91 Abs 2 EheG idF des EheRÄG 1999 wurde).

Eine Entscheidung in der Sache selbst (durch Teilabweisung) kommt hier allerdings - noch - nicht in Frage, weil es an Feststellungen fehlt, die eine abschließende Beurteilung zuließen, ob ein nicht einzubeziehendes Unternehmen vorliegt oder nicht. Dem Rekursgericht ist zunächst dahin beizupflichten, dass es auf die Größe eines Unternehmens nicht ankommt und auch Kleinunternehmen unter den § 82 Abs 1 Z 3 EheG fallen (RIS-Justiz RS0057537 ins [T6]). Ebensowenig entscheidend ist, ob eine Gewerbeberechtigung vorgelegen hat (RIS-Justiz RS0057505). Ausschlaggebend ist hingegen, ob das Unternehmen im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft als solches anzusehen war (RIS-Justiz RS0057537 [T7]). Das Erstgericht hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, wann dieser Zeitpunkt war und ob die Tischlerei des Antragstellers damals eine organisierte (Neben-)Erwerbsgelegenheit war (RIS-Justiz RS0057516). Das Erstgericht wird daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen und neuerlich zu entscheiden haben, wobei es seinem Ermessen überlassen bleibt, ob es wieder mit einer Zwischenerledigung (Zwischen- oder Teilbeschluss) vorgeht oder bis zur Endentscheidung zuwartet.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs 1 2. Satz AußStrG.