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OGH vom 22.04.1999, 15Os167/98

OGH vom 22.04.1999, 15Os167/98

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Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Rouschal, Dr. Schmucker und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vielhaber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard B***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und § 33 Abs 2 lit a und b FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom , GZ 14 Vr 1248/95-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Kneidinger, des Angeklagten Gerhard B*****, und der Verteidigerin Mag. Keintzel zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Gerhard B***** wurde wegen (richtig:) der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (III) und § 33 Abs 2 lit a und lit b FinStrG (I und II) verurteilt.

Danach hat er zu nachangeführten Zeiten in Wels als steuerlich Wahrnehmender der Firma Günther W***** GmbH, Bad Wimsbach-Neydharting,

I. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von

464.188 S, und zwar für April 1987 in der Höhe von 100.000 S, für Juli, Oktober und November 1987 in der Höhe von 146.707 S und für das Jahr 1989 in der Höhe von 217.481 S vorsätzlich dadurch bewirkt, daß er für die genannten Zeiträume zu den jeweiligen Fälligkeitstagen weder Umsatzsteuervoranmeldungen einreichte noch Umsatzsteuervorauszahlungen leistete, wobei er dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat;

II. vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1972 entsprechenden Lohnkonten in den Monaten Mai, Juni, August, September und November 1987 und Februar 1988 eine Verkürzung an Lohnsteuer in der Höhe von insgesamt

28.128 S, an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen in der Höhe von insgesamt 19.002 S und an Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen von insgesamt 1.694 S dadurch bewirkt, daß er für die vorgenannten Zeiträume keine Lohnsteueranmeldungen abgab und die entsprechenden Lohnabgaben nicht fristgerecht abführte, wobei er dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat;

III. vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht in den Jahren 1986 bis 1988 eine Verkürzung an Umsatzsteuer von 1,820.681 S 1986: 132.058 S 1987: 48.995 S 1988: 1,639.628 S), im Jahre 1986 eine Verkürzung an Körperschaftssteuer in der Höhe von 44.682 S, in den Jahren 1986 und 1987 eine Verkürzung an Gewerbesteuer in der Höhe von 53.502 S 1986: 39.270 S und 1987: 14.232 S), in den Jahren 1986 bis 1988 eine Verkürzung an Einkommensteuer in der Höhe von 300.596 S 1986: 59.909 S 1987: 40.569 S und 1988: 200.188 S) und in den Jahren 1986 bis 1988 eine Verkürzung an Kapitalertragsteuer von 101.341 S 1986: 5.932 S 1987: 6.702 S und 1988: 88.707 S) dadurch bewirkt, daß er Umsätze nicht erklärte, Umsatzsteuer trotz Fertigstellung von Bauten nicht abführte, Gutschriften nicht verbuchte, Kosten der privaten Lebensführung als Aufwand verbuchte, ungerechtfertigt Vorsteuern geltend machte und nicht nachgewiesene Provisionsaufwendungen verbuchte.

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Die Beschwerde releviert die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom gestellten Antrages auf "Einsichtnahme und Beurteilung der Bautagebücher betreffend die Baustellen LKH Vöcklabruck und Flughafen Salzburg zum Beweis dafür, daß die Stellung der Schlußrechnung ... fristgerecht erfolgte" (S 123), ist hiezu jedoch nicht legitimiert. Ist nämlich die Hauptverhandlung aus einem der im § 276a StPO genannten Gründe - wie hier - neu durchzuführen, so müssen in der neuerlichen Hauptverhandlung alle Beweisanträge wiederholt werden, um rechtswirksam zu bleiben. Dies ist jedoch unterblieben (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 31).

Zu Recht wurde der vom Angeklagten selbst in der Hauptverhandlung vom gestellte Antrag auf Einholung des Gutachtens eines Buchsachverständigen abgewiesen, wird damit doch bloß, wie das Beweisthema erkennen läßt ("ich beantrage ... einen gerichtlichen Buchprüfer, der seine [gemeint: des Belastungszeugen H*****] Angaben bestätigt oder meine Angaben") die Durchführung eines unzulässigen Erkundungsbeweises begehrt (S 266).

Der - gleichfalls in dieser Hauptverhandlung gestellte (S 279) - (abermalige) Beweisantrag (der Verteidigerin) des Angeklagten "auf Beiziehung eines Buchsachverständigen" ging hingegen schon deshalb ins Leere - und wurde somit zu Recht abgewiesen (S 289 f) - weil das (im übrigen ebenfalls auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinauslaufende) Beweisthema, nämlich die Aufklärung des (behaupteten) "Widerspruchs" zwischen der vom Betriebsprüfer festgestellten Umsatzsteuerschuld für das Gesamtjahr 1987 von 63.465 S einerseits und der unter Punkt I. des Schuldspruchs dem Beschwerdeführer angelasteten "Umsatzsteuerhinterziehung im April 1987" andererseits daran vorbeigeht, daß es sich bei der Summe von 63.465 S, wie aus dem vom Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Körperschaftsteuerakt hervorgeht, um eine sich auf Grund einer Veranlagung ergebende Jahresumsatzsteuerrestschuld handelt (die laut Anzeige ON 9 und in der Folge auch im Schuldspruch auf letztlich inkriminierte 48.995 S reduziert wurde, wovon ersichtlich auch das Erstgericht ausgegangen ist (siehe die Begründung des abweislichen Beschlusses), während die im Punkt I. des Urteils enthaltenen Beträge im wesentlichen aus Schätzungen der Umsatzsteuerverkürzungen herrühren, die zufolge unterbliebener Umsatzsteuervoranmeldungen für die dort bezeichneten Monate des Jahres 1987 von der Finanzbehörde vorgenommen wurden.

Die auf das Urteilsfaktum III. bezogene Mängelrüge (Z 5) kritisiert die fehlende Aufgliederung der für das Jahr 1988 festgestellten Verkürzungssumme von 1,639.628 S mit dem Hinweis, daß in dieser Summe offensichtlich eine Teilschlußrechnung für den Flughafen Salzburg enthalten ist, die mangels auftragsgemäßer Fertigstellung jedoch retourniert worden sei. Im übrigen wendet sich die Beschwerde gegen die Feststellung, daß die Arbeiten des Projektes Salzburg Airport - trotz ihrer Beschreibung in der Bilanz 1988 als (nur) "halb fertig" - fertiggestellt waren, wobei sie selbst beweiswürdigend - und insoweit unzulässig argumentierend - auf die Angaben der Zeugen Mag. P***** (S 185 verso ff) und R***** (S 191 verso ff) sowie die Niederschrift über die Schlußbesprechung der Betriebsprüfung vom und die Stellungnahme des Finanzamtes Wels vom (ON 31) abstellt, die (vom Angeklagten selbst erstellte) Teilschlußrechnung vom hingegen als "tatsächlich zu Unrecht gelegt" bezeichnet.

Der Mangel detaillierter Beweiswürdigungserwägungen in dieser Hinsicht ist schon deshalb unbeachtlich, weil die Umsatzsteuerschuld fallbezogen (nicht erst mit vollständiger Ausführung der Leistungen, sondern) bereits mit der Erstellung der (wenn auch möglicherweise von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehenden) Mehrwertsteuerabschlagszahlungsrechnung entstanden ist (§ 11 Abs 12 UStG 1972).

Insofern geht auch die im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) daran anschließende Kritik am Fehlen von Feststellungen, ob bzw unter welchen Umständen die Projekte (insbesondere das Projekt Salzburger Flughafen) als fertiggestellt zu beurteilen gewesen wären, ebenso ins Leere wie der Beschwerdeeinwand, das Gericht hätte sich nicht damit auseinandergesetzt, wann der Beschwerdeführer zur Legung von Teilschlußrechnungen berechtigt war und welcher Vorgang die Verpflichtung zur Abfuhr von Umsatzsteuer auslöst.

Zur Subsumtionsrüge (Z 10), welche Feststellungen darüber vermißt, ob bzw welche der zu den Urteilsfakten I. und III. jeweils genannten Beträge, die sich auf denselben Steuerzeitraum, nämlich das Jahr 1987, beziehen, verschiedene Verkürzungen der Umsatzsteuer betreffen oder nicht, genügt es, auf die Ausführungen zur Verfahrensrüge betreffend die Umsatzsteuerrestschuld von 63.465 S (letztlich angelastet: 48.995 S) hinzuweisen, wonach eine Konsumtion des Urteilsfaktums I. als "Vortat" durch das Urteilsfaktum III. bzw die von der Beschwerde besorgte Doppelverurteilung hinsichtlich zumindest eines Teilbetrages auszuschließen ist, weil nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß die dem Angeklagten zu III. angelasteten Verkürzungen an Umsatzsteuer 1987 aus einer Unterlassung von (aus I. des Urteils ersichtlichen) Umsatzsteuervorauszahlungen (weit größeren Umfangs) resultiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 33 Abs 5 FinStrG unter Bedachtnahme auf § 22 FinStrG eine Geldstrafe von 2,500.000 S (zwölf Wochen Ersatzfreiheitsstrafe), von welcher es gemäß § 43a Abs 1 StGB iVm § 26 Abs 1 FinStrG einen Teil von 1,250.000 S bedingt nachsah.

Dabei wertete es als erschwerend den langen Tatzeitraum, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit "im Hinblick auf gerichtlich strafbare Handlungen".

Die Berufung des Angeklagten strebt die Herabsetzung der Geldstrafe, allenfalls auch deren gänzlich bedingte Nachsicht, in eventu auch die Verkürzung der Probezeit auf ein Jahr an.

Ihr kommt keine Berechtigung zu.

Vorerst bedürfen die vom Schöffengericht herangezogenen Strafbemessungsgründe einer Korrektur zum Nachteil des Angeklagten:

Einerseits kann nämlich von einem reumütigen Geständnis oder einem wesentlichen Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung keine Rede sein, andrerseits unterblieb die erschwerende Wertung der einschlägigen Abstrafung (ON 2 und 12); entgegen der Berufungsgegenausführung der Privatbeteiligten wurde das Zusammentreffen zweier Finanzvergehen richtig nicht gesondert als erschwerend berücksichtigt.

Die berichtigten Strafbemessungsgründe stehen - auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten - einer Strafreduktion entgegen. Aus zutreffenden Erwägungen wurde zur Effektuierung der pönalen Wirkung keine gänzliche bedingte Strafnachsicht gewährt, die dreijährige Probezeit ist auf Grund des längerdauernden Fehlverhaltens erforderlich.

Der Berufung konnte sohin ebenfalls kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.