OGH vom 25.11.2014, 10ObS136/14v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Rodlauer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Horst Nurschinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch die Sachwalterin S*****, diese wiederum vertreten durch Mag. Dr. Maria Lisa Doll Aidin, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, wegen Witwenpension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 70/14a 29, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die am geborene Klägerin war mit C***** in der Zeit vom bis zu seinem Tod am verheiratet. Ab dem bezog die Klägerin von der beklagten Partei eine Witwenpension samt Ausgleichszulage.
Mit Schreiben vom teilte die Sozialversicherungsanstalt der Republik Türkei der beklagten Partei mit, dass die Klägerin am geheiratet habe und deshalb die Auszahlung ihrer Pension mit eingestellt worden sei. Die beklagte Partei stellte daraufhin die Zahlung der Witwenpension mit vorsorglich ein.
In der Folge begehrte die Klägerin bei mehreren Vorsprachen in der Landesstelle Tirol der beklagten Partei die weitere Auszahlung ihrer Witwenpension im Wesentlichen mit der Begründung, dass sie nach dem Tod ihres Ehegatten im Jahr 1999 nicht wieder geheiratet habe. Am legte die Klägerin selbst ein Urteil des türkischen Familiengerichts Ankara vom vor, aus welchem hervorgeht, dass die Klägerin am geheiratet habe und diese Ehe mit Urteil des Familiengerichts Ankara vom geschieden worden sei.
Mit Bescheid der beklagten Partei vom (Beilage ./E) wurde im Hinblick auf eine am erfolgte Eheschließung der Klägerin das Erlöschen der Witwenpension mit ausgesprochen. Gleichzeitig wurde mit diesem Bescheid der im Zeitraum vom bis entstandene Überbezug in Höhe von 61.948,82 EUR festgestellt. Dieser Überbezug wurde sodann mit der Abfertigung wegen der Wiederverehelichung in Höhe von 10.091,70 EUR aufgerechnet, sodass letztlich ein Überbezug der Klägerin von 51.857,12 EUR verblieb.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage mit dem sinngemäßen Begehren, ihr die Witwenpension auch für den Zeitraum vom bis zu gewähren und von einer Rückforderung eines angeblichen Überbezugs abzusehen. Gleichzeitig beantragte die Klägerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Klage gegen den Bescheid der beklagten Partei vom . Dieser Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin wurde in der Folge rechtskräftig abgewiesen. Eine Entscheidung des Erstgerichts über das Klagebegehren war nach der Aktenlage jedenfalls im Zeitpunkt der im gegenständlichen Verfahren ergangenen und nunmehr angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts vom noch nicht erfolgt.
Am sprach die Klägerin erneut bei der Landesstelle Tirol der beklagten Partei vor und ersuchte um Wiederaufleben der Witwenpension nach ihrem verstorbenen Ehegatten C***** zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid vom (Beilage ./F) lehnte die beklagte Partei diesen Antrag der Klägerin auf Wiederaufleben der Witwenpension nach dem am verstorbenen Versicherten C***** gemäß § 265 Abs 2 ASVG mit der Begründung ab, dass die neue Ehe der Klägerin mit Urteil des Familiengerichts Ankara vom aus ihrem alleinigen Verschulden geschieden worden sei.
Dagegen richtet sich die als rechtzeitig anzusehende Klage der Klägerin mit dem Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin die Witwenpension samt Ausgleichszulage zu gewähren und ihr binnen 14 Tagen die Witwenpension samt Ausgleichszulage insgesamt in Höhe von 24.240 EUR samt Stufenzinsen seit zu bezahlen.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht wies die Klage, soweit damit die Verpflichtung der beklagten Partei zur Gewährung einer Witwenpension bis sowie einer Ausgleichszulage samt Verzugszinsen begehrt wird, zurück und hob in diesem Umfang das dem Ersturteil vorangegangene Verfahren bis einschließlich Klagszustellung als nichtig auf. Es begründete seine Entscheidung unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs damit, dass der mögliche Streitgegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens durch den Antrag des Versicherten, den Bescheid des Versicherungsträgers und das Klagebegehren des Versicherten dreifach eingegrenzt sei. Die Klage dürfe im Vergleich zum vorangegangenen Antrag weder die rechtserzeugenden Tatsachen auswechseln noch auf Feststellungen gerichtet sein, über die der Versicherungsträger im bekämpften Bescheid gar nicht erkannt habe. Der von der Klägerin im gegenständlichen Verfahren bekämpfte Bescheid vom habe ausschließlich den Antrag der Klägerin vom , mit dem sie das Wiederaufleben ihrer Witwenpension nach ihrem (ersten) Ehegatten zum frühestmöglichen Zeitpunkt (das sei gemäß § 265 Abs 3 ASVG der ) erreichen wolle, zum Inhalt. Ansprüche der Klägerin vor dem seien daher weder Gegenstand ihres Antrags noch des hier in Rede stehenden Bescheids vom , weshalb hinsichtlich derartiger Ansprüche der Rechtsweg im gegenständlichen Verfahren unzulässig sei.
Diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der bereits vom Berufungsgericht zitierten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS Justiz RS0107802). Der Vorwurf der Klägerin, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht vom ursprünglichen Klagebegehren auf Weitergewährung der Witwenpension sowie der Ausgleichszulage ab „entfernt“, trifft daher nicht zu. Die Frage des Erlöschens des Witwenpensionsanspruchs der Klägerin im Hinblick auf eine am angeblich erfolgte Eheschließung der Klägerin mit , der Rückforderung eines allfälligen Überbezugs für den Zeitraum vom bis ist ebenso wie die Frage eines Anspruchs der Klägerin auf Weitergewährung der Witwenpension und Ausgleichszulage für den Zeitraum ab Gegenstand des Bescheids der beklagten Partei vom und des dazu eingeleiteten Verfahrens AZ 65 Cgs 71/13x des Erstgerichts, sodass die darauf bezugnehmenden Ausführungen der Klägerin im gegenständlichen Verfahren ohne rechtliche Relevanz sind. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist daher ausschließlich die Frage eines Anspruchs der Klägerin auf ein Wiederaufleben ihrer Witwenpension gemäß § 265 Abs 2 und 3 ASVG ab .
Das Berufungsgericht hat dazu weiters ausgesprochen, dass dieser Anspruch der Klägerin auf Witwenpension ab dem Grunde nach zu Recht bestehe und der beklagten Partei bis zur Erlassung des die Höhe der Witwenpension festsetzenden Bescheids die Erbringung einer vorläufigen Zahlung von 330 EUR ab aufgetragen. Auch wenn der Klägerin darin zu folgen ist, dass sie in ihrer Berufung gegen das Ersturteil auch die vom Erstgericht getroffene Feststellung, sie habe am wieder geheiratet, mit einer gesetzmäßig ausgeführten Beweisrüge bekämpft hat, kann sie sich nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren durch diese Feststellung nicht beschwert erachten, weil sie grundsätzlich die Voraussetzungen für das Wiederaufleben ihres Anspruchs auf Witwenpension, wozu auch der Umstand gehört, dass eine neue Ehe geschieden wurde, unter Beweis zu stellen hat. Den anspruchsvernichtenden Umstand, dass die Klägerin an dieser Scheidung das alleinige oder überwiegende Verschulden trifft, hat hingegen die beklagte Partei zu beweisen. Da der beklagten Partei dieser Beweis nicht gelungen ist, bejahte das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Wiederaufleben ihrer Witwenpension gemäß § 265 Abs 2 und 3 ASVG ab . Auch darin kann keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zu Lasten der Klägerin erblickt werden.
Schließlich steht auch die Abweisung des Zinsenbegehrens aus der der Klägerin seit gebührenden Witwenpension durch das Berufungsgericht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS Justiz RS0031982).
Die außerordentliche Revision der Klägerin war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00136.14V.1125.000