OGH vom 25.02.1988, 7Ob714/87

OGH vom 25.02.1988, 7Ob714/87

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Sentspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Komm.Rat Heinrich S***, Immobilienmakler, Innsbruck, Colingasse 10, als Zwangsverwalter im Exekutionsverfahren des Bezirksgerichtes Schwaz, E 2577/82, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander und Dr. Harald Vill, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Karl E***, Rechtsanwalt, Innsbruck, Meinhardstraße 1, vertreten durch Dr. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 45.604,20 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ 4 R 129/87-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 15 Cg 556/85-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.829,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 257,25 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am schloß Rudolf H*** mit der

A*** A*** in Weer einen Bestandvertrag über

ein Grundstück zwecks Errichtung einer Sportanlage. Rudolf H*** errichtete auf dem Grundstück 6 umzäunte Tennisplätze mit Nebengebäuden. Am verpachtete er die Tennisanlage an Gerold H*** gegen einen jährlichen Pachtschilling von S 50.000. Am wurde dem Hans W*** zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Forderung von S 217.399,20 gegen Rudolf H*** die Exekution durch Zwangsverwaltung des Tennisplatzgewerbes bewilligt und der Kläger zum Zwangsverwalter bestellt. Der Kläger löste den Pachtvertrag mit Gerold H*** zum wegen Nichtbezahlung des Pachtschillings auf. Am wurde über das Vermögen des Rudolf H*** der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Der Beklagte schloß im Einvernehmen mit dem Kläger mit dem Tennisklub Weer zunächst einen Pachtvertrag ab. Ab dem Jahre 1984 wurde die Tennisanlage dem Tennisklub Weer in Form einer Bittleihe überlassen. Die Rechtsgeschäfte wurden vom Konkursgericht genehmigt. Den Pachtschilling des Tennisklubs Weer von S 45.604,29 vereinnahmte der Beklagte. Nach Erfolglosigkeit seiner Bemühungen um den Verkauf des Betriebsvermögens beantragte der Beklagte die Aussonderung des Betriebsvermögens gemäß § 119 Abs. 5 KO und die Aufhebung des Konkurses. Er legte Schlußrechnung mit Einnahmen von S 64.621,29 und Ausgaben von S 37.198,44 (davon ein Kostenvorschuß an den Masseverwalter im Betrag von S 22.000), sohin mit einem Einnahmensaldo von S 27.422,85. Mit Beschluß vom bestimmte das Konkursgericht die Ansprüche des Beklagten auf Entlohnung für Mühewaltung und auf Ersatz seiner Barauslagen mit insgesamt S 49.422,85 und ermächtigte den Beklagten, den Restbetrag unter Bedachtnahme auf § 47 KO der Masse zu entnehmen. Gleichzeitig verfügte das Konkursgericht die Ausscheidung des Betriebsvermögens und dessen Überlassung an den Gemeinschuldner zur freien Verfügung. Der Konkurs wurde mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben und der Beklagte seines Amtes enthoben.

Nachdem die Zwangsverwaltung der Tennisanlage keine weiteren Erträgnisse erbracht hatte und nach Kündigung des Pachtvertrages und Räumung der Liegenschaft auch keine Einnahmen mehr zu erwarten waren, wurde das Exekutionsverfahren gemäß § 129 Abs. 2 EO mit Beschluß des Bezirksgerichtes Schwaz vom eingestellt und der Zwangsverwalter seiner Stellung enthoben. Der Kläger legte Schlußrechnung, die keinerlei Erträgnisse und Ausgaben aufweist. Für seine Verwaltertätigkeit beantragte er ein Honorar von S 6.129,20; eine Entscheidung darüber ist noch nicht ergangen. Mit der am eingebrachten, vom Exekutionsgericht genehmigten Klage, begehrt der Kläger die Herausgabe des vom Beklagten vom Tennisklub Weer vereinnahmten Pachtschillings von S 45.604,29. Nach seinem Standpunkt habe er als Zwangsverwalter Anspruch auf die Erträgnisse der zwangsverwalteten Liegenschaft.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seiner Auffassung sei zugunsten der vollstreckbaren Forderung des Hans W*** ein Absonderungsrecht wirksam begründet worden, das durch die erst mehr als 60 Tage später erfolgte Konkurseröffnung nicht berührt worden sei. Nach § 48 KO gingen die Absonderungsgläubiger, soweit es sich um die Befriedigung aus den ihnen besonders haftenden Bestandteilen der Konkursmasse (Sondermasse) handle, den Konkursgläubigern vor. Absonderungsansprüche seien auch vor den Masseforderungen, zu denen die Belohnung des Masseverwalters gehöre, zu befriedigen. Soweit Erlöse in eine Sondermasse fielen, an denen Absonderungsrechte bestünden, hätte der Beklagte daher diese vorrangig zu befriedigen gehabt. Er habe daher die Pachtzinseinnahmen an den Kläger herauszugeben. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und erklärte die Revision für zulässig. Es führte eine Beweisergänzung durch und traf eingehende Feststellungen über die umfangreichen, letztlich jedoch erfolglosen Bemühungen des Beklagten um Veräußerung der Sondermasse (AS 97 bis 103 in ON 17). Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, daß aus den Nutzungen oder aus dem Erlös einer Sondermasse vor den Absonderungsrechten die die Sondermasse betreffenden Massekosten, das seien die Kosten ihrer Verwaltung, Verwertung und Verteilung, zu befriedigen seien. Zu den besonderen Masseforderungen gehörten ohne Rücksicht auf den der Sondermasse verschafften Nutzen unter anderem auch die Kosten des Masseverwalters für die von ihm durchgeführte Verwertung. Der Beklagte habe als Masseverwalter Leistungen zur Verwertung der Sondermasse erbracht, sodaß er auch Anspruch auf Entlohnung aus der Sondermasse habe. Diese Entlohnung wäre jedoch gemäß § 125 Abs. 4 KO vom Exekutionsgericht festzusetzen gewesen. Der Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem die Entlohnung des Masseverwalters bestimmt worden sei, stehe jedoch dem Anspruch des Zwangsverwalters auf Herausgabe der Verwaltungserträgnisse entgegen. Auch aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes sei das Begehren nicht berechtigt. Dem Beklagten falle zwar eine Sorgfaltsverletzung zur Last. Darüber, daß die Kosten des Masseverwalters dann vom Exekutionsgericht zu bestimmen seien, wenn ein gerichtliches Veräußerungsverfahren über vom Absonderungsrecht betroffene Massebestandteile anhängig gewesen sei, bestehe nämlich eine einheitliche Spruchpraxis und Lehre. Ein Schaden wäre der Zwangsverwaltungsmasse aber nur dann entstanden, wenn das Exekutionsgericht die Kosten des Beklagten niedriger bestimmt hätte, als das Konkursgericht. Aufgrund der festgestellten umfangreichen Tätigkeit des Beklagten hätte aber auch das Exekutionsgericht die Belohnung des Beklagten in gleicher Höhe festsetzen müssen. Auch das Exekutionsgericht hätte nämlich bei Bestimmung der Höhe der Belohnung nicht nur sinngemäß die Bestimmungen der Konkursordnung über das Verfahren bei der Feststellung der Ansprüche des Masseverwalters auf Belohnung anzuwenden gehabt, sondern auch die materiellen Grundsätze, nach denen im Konkursverfahren solche Belohnungsansprüche bestimmt würden. Auch bei rechtmäßigem Verhalten des Beklagten wäre demnach der Zwangsverwaltungsmasse ein Schaden nicht entstanden.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor

(§ 510 Abs. 3 ZPO).

Die aus der SZ 30/45 vom Berufungsgericht übernommene Rechtsansicht, daß der Zwangsverwalter auch nach Einstellung der Zwangsverwaltung berechtigt ist, Erträgnisse, die während der Zwangsverwaltung anfallen oder fällig sind, namens der Zwangsverwaltungsmasse gerichtlich geltend zu machen, wird grundsätzlich auch von Heller-Berger-Stix (Kommentar4 997) geteilt und vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Der Beklagte bestreitet lediglich die materielle Berechtigung des Herausgabeanspruches. Heller-Berger-Stix machen allerdings die Einschränkung, daß diese Berechtigung des Zwangsverwalters nur so lange gilt, bis seine Tätigkeit gänzlich abgeschlossen ist, also in der Regel bis zur Genehmigung der Schlußrechnung. Diese steht im vorliegenden Fall aber noch aus (ON 130 in E 2577/82 des Bezirksgerichtes Schwaz.) Auch die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Rechtsstellung des Zwangsverwalters gegenüber derjenigen des Masseverwalters entsprechen der ständigen Rechtsprechung. Danach obliegt es dem Zwangsverwalter, die Nutzungen und Erträgnisse der verwalteten Liegenschaft einzuziehen und nach den bestehenden Vorschriften zu verwenden. Dagegen kommt dem Masseverwalter vor allem die Verwertung (Versilberung) der Masse zu (EvBl. 170/333; MietSlg. 18.347/25; SZ 12/260). Der bei der Verwertung erzielte Erlös einer mit einem Absonderungsrecht belasteten Sache bildet eine Sondermasse, deren Verteilung bei Sachen, die exekutiv verwertet werden, dem Exekutionsgericht, sonst dem Masseverwalter obliegt. Aus den Nutzungen sowie aus dem Erlös einer zur Sondermasse gehörigen Sachen sind jedoch vor den Absonderungsgläubigern die Kosten der besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Sondermasse zu berichtigen (§ 49 Abs. 1 KO). Zu diesen Spezialmassekosten gehören insbesondere die Kosten des Masseverwalters im Zusammenhang mit der Verwertung der Sondermasse ohne Rücksicht auf einen der Sondermasse verschafften Nutzen (Bartsch-Pollak3 I 561). Richtig ist, daß gemäß § 125 Abs. 4 KO diejenigen Kosten des Masseverwalters, die er anläßlich der gerichtlichen Veräußerung von Sachen und der Verteilung des Erlöses beim Exekutionsgericht zu beanspruchen hat, vom Exekutionsgericht festzusetzen sind, sonst entscheidet über die Ansprüche des Masseverwalters auf Auslagenersatz und Belohnung das Konkursgericht (Wegan, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 18; Bartsch-Heil4 Rz 274). Im vorliegenden Fall hat eine gerichtliche Veräußerung und Verteilung des Erlöses beim Exekutionsgericht nicht stattgefunden. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes waren daher die Sondermassekosten nicht vom Exekutionsgericht, sondern vom Konkursgericht zu bestimmen. Das Konkursgericht, dessen Entscheidung mit der Beschränkung des § 528 Abs. 1 Z 2 ZPO anfechtbar ist, hat zu beurteilen, ob Verrichtungen des Masseverwalters im Zusammenhang mit seinen Bemühungen um Verwertung der Sondermasse notwendig und zweckmäßig waren und in welcher Höhe sie zu entlohnen sind. Da diese Sondermassekosten vor den Absonderungsgläubigern zu berichtigen sind und zu ihrer Berichtigung auch die Nutzungen der Sondermasse heranzuziehen sind, kann vom Masseverwalter nicht die Ausfolgung von Sondermasseerträgnissen begehrt werden, die dieser zur Bestreitung von Sondermassekosten verwendet hat. Dies muß auch für die dem Masseverwalter vom Konkursgericht bereits zuerkannte und vom Masseverwalter vereinnahmte Belohnung gelten, soweit sie die Sondermasse betrifft, was hier der Fall ist, weil sich die gesamte Tätigkeit des Masseverwalters auf die Sondermasse bezog. Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.