OGH vom 12.10.2004, 10Ob45/04x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der am verstorbenen Dipl. Arch. Herta L*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erbin Mag. Ute L*****, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 131/04i, 43 R 179/04y-22, womit die Rekurse der Erbin gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 1 A 85/03a-16, und die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 1 A 85/03a-17, zurückgewiesen wurden, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
In der Verlassenschaftssache nach der am verstorbenen Dipl. Arch. Herta L*****, geboren am , erließ das Erstgericht am den "Mantelbeschluss", mit dem es das Inventar zu Gericht annahm, die erbliche Tochter Mag. Ute L***** abhandlungsbehördlich zu verschiedenen Verfügungen ermächtigte und drei Forderungen abhandlungsbehördlich zur Kenntnis genommen wurden. Weiters wurden die Gebühren des Gerichtskommissärs bestimmt und der erbl. Tochter zur Zahlung aufgetragen. Die Einantwortungsurkunde, wonach der Nachlass der erbl. Tochter Mag. Ute L*****, die sich bedingt zur Erbin erklärt hat, eingeantwortet wurde, wurde erlassen und die Verlassenschaftsabhandlung mit Rechtskraft der Einantwortungsurkunde für beendet erklärt.
Mantelbeschluss und Einantwortungsurkunde wurden der erbl. Tochter Mag. Ute L***** durch Hinterlegung nach einem Zustellversuch am zugestellt. Als Beginn der Abholfrist ist auf dem Rückschein "" (ohne Uhrzeit) vermerkt.
Die erbl. Tochter Mag. Ute L***** überreichte am beim Erstgericht einen Berichtigungsantrag mit der Begründung, dass der "Mantelbeschluss" und die Einantwortungsurkunde offenbare Unrichtigkeiten enthielten. Im Hinblick auf die Rechtsmittelfrist wurde das Erstgericht ersucht, seine Entscheidung über den Berichtigungsantrag bis spätestens zuzustellen. Das Erstgericht fasste den Berichtigungsantrag als Rekurs auf und legte ihn dem Rekursgericht vor. Am überreichte die erbl. Tochter Mag. Ute L***** einen Rekurs gegen den "Mantelbeschluss" und die Einantwortungsurkunde, dies mit dem Hinweis, dass ihr innerhalb der offenen Rekursfrist keine Erledigung ihrer Berichtigungsbegehren zugestellt worden sei. Inhaltlich wandte sich die erbl. Tochter gegen die Aufnahme bzw Nichtaufnahme verschiedener Forderungen in den Mantelbeschluss.
Das Rekursgericht überwies den Berichtigungsantrag gemäß § 44 JN an das Erstgericht und wies den Rekurs als verspätet zurück. Bei einem Beginn der Abholfrist am habe die Frist zur Erhebung des Rekurses am geendet, sodass der am überreichte Rekurs verspätet sei. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es nicht zu, da Rechtsfragen der in § 14 Abs 1 AußStrG genannten Qualifikation nicht vorlägen.
Gegen diese Entscheidung erhob die erbl. Tochter Mag. Ute L***** einen außerordentlichen Revisionsrekurs, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte.
Mit Beschluss vom (ON 29) stellte der Oberste Gerichtshof den Akt dem Rekursgericht zurück und trug ihm auf, den Ausspruch gemäß § 13 Abs 2 AußStrG nachzuholen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteigt oder nicht. Diesem Beschluss lag die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs zugrunde, dass der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist. Mit Beschluss vom (ON 30) hat das Rekursgericht ausgesprochen, dass der Streitwert 20.000 EUR nicht übersteigt, worauf das Erstgericht den Akt erneut dem Obersten Gerichtshof vorgelegt hat (ON 32).
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage (3 Ob 97/00m uva; RIS-Justiz RS0109623). Nach § 14 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Falle des § 14a Abs 3 AußStrG (der nachträglichen Zulassungserklärung) - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann aber eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach Zustellung der (zweitinstanzlichen) Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden - Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag, mit dem zugleich der ordentliche Revisionsrekurs auszuführen ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Im vorliegenden Fall fehlt im außerordentlichen Revisionsrekurs allerdings die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs durch das Rekursgericht gestellt werde, zumal die Revisionsrekurswerberin davon ausging, dass der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur sei. Diesen Standpunkt hat der Oberste Gerichtshof bereits in seinem Beschluss vom (ON 29) abgelehnt.
Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war der außerordentliche Revisionsrekurs jedenfalls (noch) nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht gegeben. Vielmehr hat das Erstgericht das Rechtsmittel gemäß § 14a Abs 2 AußStrG dem Rekursgericht vorzulegen.
Ob das Rechtsmittel einer Verbesserung (durch Nachholung eines Antrags iSd § 14a Abs 1 AußStrG) bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (so schon 2 Ob 209/98v, 3 Ob 237/99w, 3 Ob 97/00m uva).
Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.