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OGH vom 15.12.2015, 10ObS134/15a

OGH vom 15.12.2015, 10ObS134/15a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Harald Kohlruss (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*****, geboren am *****, vertreten durch seine Mutter M*****, beide wohnhaft in *****, diese vertreten durch Dr. Sebastian Mairhofer und Mag. Martha Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Pflegegeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Rs 69/15v 11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Steyr als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 30 Cgs 170/14m 8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Bescheid der beklagten Partei vom wurde der Antrag des Klägers vom auf Zuerkennung von Pflegegeld mit der Begründung abgelehnt, dass der durchschnittliche Pflegebedarf des Klägers 50 Stunden monatlich betrage und daher kein Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 1 bestehe.

Das Erstgericht gab dem dagegen erhobenen Klagebegehren statt und erkannte dem Kläger das Pflegegeld der Stufe 1 in Höhe von 154,20 EUR ab zu. Ein darüber hinausgehendes Mehrbegehren wurde (rechtskräftig) abgewiesen.

Das Erstgericht traf zusammengefasst - folgende Feststellungen:

„Der ***** 2010 geborene Kläger erlitt im September 2013 eine Verbrennung dritten Grades, die 15 % der Körperoberfläche betrifft. Es waren wiederholte operative Eingriffe mit Nekrosenabtragungen und Spalthautabdeckung notwendig. An der Oberkörpervorderseite und am rechten Oberarm finden sich flächige Vernarbungen und teilweise Narbenstrangbildungen. An der rechten Schulter ist der Beweglichkeitsumfang beim Erheben über die Horizontale und beim Rückführen des Armes endlagig beeinträchtigt. Abgesehen von dieser körperlich leichtgradigen Beeinträchtigung infolge Narbenbildungen ist der Kläger altersentsprechend unauffällig körperlich und geistig entwickelt. Um Narbenwucherungen entgegenzuwirken, trägt er für ein bis eineinhalb Jahre 24 Stunden täglich maßangefertigte Kompressionswäsche. Über den Pflegebedarf gleichaltriger Kinder hinaus hat er folgenden Pflegebedarf: Für das An und Ausziehen des Kompressions T Shirts braucht er Hilfe mit einem Zeitaufwand von zusätzlich zehn Minuten täglich. Die Narben müssen regelmäßig eingecremt und die Salbe einmassiert werden. Dafür ist ein Zeitaufwand von drei Mal zehn Minuten täglich, also 15 Stunden monatlich, erforderlich. Das Kleben von Silikonpflastern dauert fünf Minuten täglich. Wie andere gleichaltrige Kinder benötigt der Kläger bei allen Wegen außer Haus Begleitung. Er hat regelmäßige Arzt und Therapiebesuche zu absolvieren. Alle drei Monate muss er zur ambulanten Kontrolle in die Kinderklinik nach Linz gebracht werden, wodurch ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 1,33 Stunden monatlich entsteht. Einmal jährlich ist ein notwendiger Rehabilitationsaufenthalt in Bad Griesbach (Bundesrepublik Deutschland) in der Dauer von 28 Tagen vorgesehen, bei dem die Mutter des Klägers durchgehend anwesend ist. Einmal in der Woche (für zehn Monate im Jahr) besucht der Kläger eine Turnstunde. Der Zeitaufwand dafür beträgt 1,5 Stunden pro Woche bzw durchschnittlich fünf Stunden monatlich. Die Kompressionswäsche muss von der Mutter vier Mal pro Jahr in Bad Griesbach (BRD) besorgt werden. Der Zeitaufwand pro Fahrt beträgt hin und retour vier Stunden, also im Durchschnitt 1,33 Stunden monatlich. Der Zustand besteht seit Antragstellung und wird voraussichtlich 6 Monate andauern. Innerhalb der nächsten zwei Jahre ist mit einer Verringerung des Pflegebedarfs zu rechnen.“

In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht von folgendem monatlichen pflegegeld-relevanten Bedarf an Betreuung und Hilfe aus: An und Auskleiden 5 Stunden, Hautpflege 15 Stunden, Verabreichung notwendiger Medikamente (Kleben von Silikonpflastern) 2,5 Stunden, Mobilitätshilfe im weiteren Sinn (Arzt und Therapiebesuche 1,33 Stunden; Beschaffung der Kompressionswäsche 1,33 Stunden; Begleitung zum Turnen 5 Stunden; durchgehend erforderliche Anwesenheit der Mutter während des 28 tägigen Therapieaufenthalts 56 Stunden (zu berücksichtigen höchstens insgesamt 50 Stunden), somit in Summe 72,5 Stunden. Zur Mobilitätshilfe im weiteren Sinn zähle insbesondere die im Hinblick auf das Alter eines Kindes notwendige Anwesenheit eines Elternteils während einer Behandlung oder Therapie. Da es sich bei dem Kläger um ein Kleinkind handle, müsse bei seinem Aufenthalt in der Rehabilitationseinrichtung die Mutter (durchgehend) anwesend sein, sodass sich der dafür notwendige Gesamtbetreuungsaufwand (24 Stunden an 28 Tagen) aufgeteilt auf 12 Monate im Ausmaß von durchschnittlich 56 Stunden monatlich ergebe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab. Es vertrat soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich die Rechtsansicht, dass bei der Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen sei, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern hinausgehe. Die bloße Anwesenheit der Mutter beim jährlichen Rehabilitationsaufenthalt in der Dauer von 28 Tagen zur Durchführung der alltäglichen Pflege, die bei jedem Kind im Alter des Klägers notwendig sei und auch zu Hause erbracht werden müsse, könne deshalb nicht für die Bemessung des Pflegebedarfs herangezogen werden. Wende man die Rechtsprechung, wonach bei der Ermittlung des zeitlichen Ausmaßes der Mobilitätshilfe im weiteren Sinn auch die mit den Behandlungen und Therapien regelmäßig verbundenen kurzfristigen Wartezeiten sowie die Behandlungs und Therapiezeiten zu berücksichtigen seien, auf den einmal jährlich vorgesehenen Rehabilitations-aufenthalt des Klägers an, so könne im Hinblick auf die üblichen Therapiezeiten von maximal acht Stunden pro Tag für den 28 tägigen Rehabilitationsaufenthalt von maximal 224 Stunden an Mobilitätshilfe im weiteren Sinn für Wartezeiten und Behandlungs bzw Therapiezeiten ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung der Fahrzeit vom Wohnort zur Rehabilitationseinrichtung von etwa vier Stunden ergebe sich aufgrund des Rehabilitationsaufenthalts ein Hilfsbedarf von insgesamt 228 Stunden jährlich bzw aufgeteilt auf 12 Monate von 19 Stunden pro Monat. Unter Bedachtnahme auf den weiteren vom Erstgericht angenommenen Pflege und Hilfsbedarf ergebe sich ein pflegegeldrelevanter Bedarf an Betreuung und Hilfe von insgesamt 49,16 Stunden monatlich. Da ein Zuspruch des Pflegegeldes der Stufe 1 einen durchschnittlichen monatlichen Pflegebedarf von mehr als 60 Stunden voraussetze, sei der Anspruch auf Pflegegeld zu verneinen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig ist, weil zu der Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Begleitung eines Kindes oder Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr zu einem mehrwöchigen Rehabilitationsaufenthalt als Mobilitätshilfe im weiteren Sinn Berücksichtigung finden könne, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn einer Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Der Revisionswerber nimmt in seinem Rechtsmittel weiterhin den Standpunkt ein, während des Rehabilitationsaufenthalts seien 24 (und nicht nur 8) Stunden pro Tag für die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn zu veranschlagen, somit auch jene Zeit des Tages, die eine Pflegeperson dem Pflegebedürftigen außerhalb der Therapieeinheiten in der Therapieeinrichtung zur Verfügung stehe und daran gehindert sei, eigenen Aktivitäten nachzugehen.

Die beklagte Partei stellt in ihrer Revisionsbeantwortung die Ansicht des Berufungsgerichts nicht in Frage, für die 28 Tage des stationären Aufenthalts in der Therapieeinrichtung sei von einem jährlich wiederkehrenden Bedarf an Mobilitätshilfe im weiteren Sinn für die Anreise und die Anwesenheit bei den üblichen Therapiezeiten von maximal 8 Stunden pro Tag auszugehen, dann sei der daraus resultierenden Gesamthilfsbedarf zu ermitteln und dieser auf 12 Monate aufzuteilen. Sie vertritt aber den Standpunkt, die Zeiträume zwischen den Therapieeinheiten (also die übrigen 16 Stunden des Tages) stellten im Hinblick auf das Alter des Kläger keine Zeit der Pflege iSd § 4 Abs 3 BPGG dar.

Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:

1. Mit der Novelle zum Bundespflegegeldgesetz BGBl I 12/2015 wurden die Zugangskriterien für die Pflegegeldstufen 1 und 2 neu dahingehend definiert, dass künftig ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 1 bei einem durchschnittlichen monatlichen Pflegebedarf von mehr als 65 Stunden (und ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 2 bei einem durchschnittlichen monatlichen Pflegebedarf von mehr als 95 Stunden) gebühren soll. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 48f Abs 1 BPGG sind aber allen am noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren auf Zuerkennung (oder Erhöhung) des Pflegegeldes die bis zum jeweils für die Beurteilung des Anspruchs geltenden Bestimmungen des BPGG zugrunde zu legen. Infolge der Antragstellung im Oktober 2014 ist daher im vorliegenden Fall noch die Bedarfsgrenze „von mehr als 60 Stunden monatlich“ für Pflegegeld der Stufe 1 nach der bis zum geltenden Rechtslage maßgebend.

2. Nach § 4 Abs 1 BPGG muss beim Betroffenen ein ständiger Pflegebedarf für voraussichtlich mindestens sechs Monate gegeben sein. Wegen des einheitlichen Begriffs „Pflegebedarf“ genügt es für das Vorliegen eines ständigen Pflegebedarfs, wenn in Summe bei durchschnittlicher Betreuung zwei bis drei Mal pro Woche irgendwelche Pflegemaßnahmen (im Fall des Klägers etwa die täglich erforderliche Betreuung beim An und Ausziehen und bei der Hautpflege) notwendig sind, die zur Betreuung und Hilfe zählen (10 ObS 185/04k, SSV NF 19/13). Ist der Pflegebedarf für gewisse Betreuungsverrichtungen (für die keine fixen Zeitwerte, sondern Richt und Mindestwerte bestehen) wiederkehrend nur für einen bestimmten Zeitraum innerhalb eines Jahres gegeben, so ist der dafür notwendige Gesamtbetreuungsbedarf für ein Jahr zu ermitteln und auf 12 Monate aufzuteilen (10 ObS 185/04k, SSV NF 19/13).

2.1 Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien im Revisionsverfahren die Frage, ob die notwendige Begleitung eines Kleinkindes durch einen Elternteil im Rahmen eines nur einmal jährlich stattfindenden Rehabilitationsaufenthalts einen „relevanten“ Pflegebedarf des Klägers darstellt, nicht mehr strittig. Strittig ist allein die Frage, welcher Zeitwert an Mobilitätshilfe im weiteren Sinn für diese notwendige Begleitung zu veranschlagen ist.

3. Nach § 4 Abs 3 BPGG ist bei der Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht. Somit ist bei der Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen ein Vergleich zwischen behinderten Minderjährigen mit gleichaltrigen nicht behinderten Kindern bzw Jugendlichen anzustellen. Nur der bei behinderten Minderjährigen auftretende (pflegebedingte) Mehraufwand ist durch die Gewährung von Pflegegeld auszugleichen, während der altersbedingte Pflegeaufwand bei der Beurteilung des Pflegegeldanspruchs auszuscheiden ist (10 ObS 142/04m, SSV NF 18/97; RIS Justiz RS0120279). Die in § 1 EinstV für Betreuungsleistungen vorgesehenen zeitlichen Richt oder Mindestwerte sowie die in § 2 EinstV für Hilfsverrichtungen festgelegten verbindlichen Pauschalwerte haben für die Einstufung von behinderten Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr keine Geltung, weil nach § 4 Abs 3 BPGG ausschließlich auf den konkret zu ermittelnden behinderungsbedingten Mehraufwand abzustellen ist.

4.1 Bei der Mobilitätshilfe „im weiteren Sinn“ iSd § 2 Abs 1 EinstV, die zur Sicherung der Existenz erforderlich ist, handelt es sich um die Begleitung der pflegebedürftigen Person bei unbedingt erforderlichen Verrichtungen außer Haus, insbesondere die Begleitung zum Arzt oder zur Therapie (RIS Justiz RS0058305; Greifeneder/ Liebhart , Handbuch Pflegegeld 3 Rz 295 mwN). Entscheidend ist, dass ein krankes Kind krankheits oder therapiebedingt viel häufiger zu Untersuchungen, Behandlungen, Therapien, ärztlicher Kontrollen etc gebracht werden muss als ein gesundes Kind und daher insoweit ein pflegebedingter Mehraufwand besteht (10 ObS 142/04m, SSV NF 18/97).

4.2 Seit der mit in Kraft getretenen Novelle der Einstufungsverordnung (EinstV BGBl II 2008/469) kann bei pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr ein Zeitwert für Mobilitätshilfe im weiteren Sinn im Ausmaß von bis zu 50 Stunden monatlich berücksichtigt werden (§ 2 Abs 4 EinstV).

4.3 Nach ständiger Rechtsprechung zählen zur Mobilitätshilfe im weiteren Sinn nicht nur die Wegzeiten, sondern auch die mit den Behandlungen und Therapien regelmäßig verbundenen Wartezeiten und die Behandlungs- und Therapiezeiten selbst, soweit alters oder behinderungsbedingt die Anwesenheit einer Pflegeperson hiebei erforderlich ist. Dies findet seinen Grund darin, dass es mit dem Zweck des Pflegegeldes, dem Pflegebedürftigen die Führung eines selbstbestimmten bedürfnisorientierten Lebens zu ermöglichen, keinesfalls vereinbar wäre, ein behindertes Kleinkind oder ein geistig schwer behindertes Kind, das behinderungsbedingt Arzt und Therapiebesuche wahrzunehmen hat, nach Übergabe in der Ordination bzw Therapieeinrichtung seinem Schicksal zu überlassen (10 ObS 149/07w; 10 ObS 10/08f, SSV NF 22/10). Ist ein Kind aufgrund seines Alters für sämtliche Ortswechsel innerhalb der Arztpraxen und Therapieanstalten auf die Hilfe einer Pflegeperson angewiesen, sind auch die aus diesen Anlässen resultierenden kurzfristigen Wartezeiten sowie die Behandlungs- und Therapiezeiten außer Haus in die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn einzubeziehen (10 ObS 10/08f, SSV NF 22/10; 10 ObS 149/07w; Greifeneder , In welchem zeitlichen Ausmaß ist bei behinderten Kindern die Begleitung zu Arzt und Therapien bei der Pflegegeldeinstufung zu berücksichtigen? ÖZPR 2010/18).

5. Der Zeitaufwand für die Beaufsichtigung eines Pflegebedürftigen ist bei der Prüfung des Anspruchs auf Pflegegeld grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (RIS Justiz RS0109571). Das Erfordernis der dauernden Beaufsichtigung wäre nur dann entscheidend, wenn der Pflegebedarf schon ohne diese Beaufsichtigung durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich beträgt (§ 4 Abs 2 Stufe 6 BPGG; RIS Justiz RS0109571).

6. Mit diesen Grundsätzen der Rechtsprechung steht die Entscheidung des Berufungsgerichts in Einklang:

Der zu Pkt 4.3 dargelegten Rechtsprechung zur Mobilitätshilfe im weiteren Sinn lagen zwar jeweils Arztbesuche bzw ambulante Therapien zugrunde, während im vorliegenden Fall ein stationärer Aufenthalt in einer Therapieeinrichtung zu beurteilen ist. Wenngleich Feststellungen zum konkreten Tagesablauf des Klägers fehlen, ist davon auszugehen, dass im Rahmen eines stationären Aufenthalts neben den Therapien (für die vom Berufungsgericht acht Stunden täglich für Mobilitätshilfe im weiteren Sinn veranschlagt wurden) Phasen für die Essenseinnahme, für Erholung und Freizeit, die Körperpflege sowie die Nachtruhe gewährt werden und in diesen Zeiträumen auch ein gesundes 5 jähriges Kind der Betreuung und der Beaufsichtigung durch eine Pflegeperson bedarf. Insofern besteht unter Bedachtnahme auf die typische Lebenssituation eines gleichaltrigen Kindes kein Unterschied zu einem „normalen“ Tag im Leben eines gesunden Kindes in der häuslichen Umgebung. Es ist daher im vorliegenden Fall jedenfalls vertretbar, die neben den Therapieeinheiten verbleibenden 16 Stunden des Tages nicht als „Wartezeit zwischen den Therapien“ der Mobilitätshilfe im weiteren Sinn, sondern der im Vordergrund stehenden - bloßen Beaufsichtigung (vorbehaltlich der Zeiten für die für den Kläger täglich zu erbringenden Betreuungsleistungen beim An und Auskleiden und der Hautpflege) zuzuordnen. Zeiten der bloßen Beaufsichtigung sind bei der Ermittlung des Betreuungs und Hilfsaufwands des Klägers aber nicht zu veranschlagen (RIS Justiz RS0109571).

Daraus folgt, dass der vom Berufungsgericht für den einmal jährlich notwendigen 28 tägigen Rehabilitationsaufenthalt des Klägers an Mobilitätshilfe im weiteren Sinn angenommene Pflegebedarf von insgesamt 228 Stunden jährlich (= durchschnittlich 19 Stunden monatlich) aus der Sicht des Klägers jedenfalls nicht zu beanstanden ist. Der monatliche Pflegebedarf des Klägers erreicht daher nach der insoweit nicht korrekturbedürftigen Beurteilung des Berufungsgerichts jedenfalls nicht das für eine Gewährung von Pflegegeld der Stufe 1 erforderliche zeitliche Ausmaß von mehr als 60 Stunden monatlich (vgl § 4 Abs 2 BPGG idF BGBl I 2010/111).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:010OBS00134.15A.1215.000