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OGH vom 28.01.2009, 9Ob40/08k

OGH vom 28.01.2009, 9Ob40/08k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin und gefährdeten Partei Tschechische Republik, vertreten durch Mag. Michael Hudec, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner und Gegner der gefährdeten Partei, Gerhard S*****, Antiquitätenhändler, *****, vertreten durch Schöppl & Waha, Rechtsanwälte in Salzburg, sowie der Partei Republik Österreich, vertreten durch das Bundesdenkmalamt, Hofburg, Säulenstiege, 1010 Wien, wegen Rückgabe von unrechtmäßig verbrachten Kulturgütern und Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners und Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 40/08b-11, womit infolge Rekurses der Antragstellerin und gefährdeten Partei der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 3 Nc 2/08d-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin und gefährdete Partei sowie der Antragsgegner und Gegner der gefährdeten Partei haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin und gefährdete Partei (im Folgenden kurz Antragstellerin) begehrt vom Antragsgegner und Gegner der gefährdeten Partei (im Folgenden kurz Antragsgegner), gestützt auf das Bundesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie (RL) 93/7/EWG über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft verbrachten Kulturgütern (KulturgüterrückgabeG), BGBl I 1998/67, die Verpflichtung des Antragsgegners zur Rückgabe von vier im Antrag näher bezeichneten geschnitzten Heiligenstatuen und einem Paar geschnitzter Altaraufsätze/Reliquienschränke. Diese Holzplastiken, bei denen es sich um Kulturdenkmäler der Antragstellerin handle, seien von unbekannten Tätern aus Kirchen in der Tschechischen Republik entwendet worden. Im Zuge einer Hausdurchsuchung seien diese Plastiken in den Geschäftsräumlichkeiten des Antragsgegners aufgefunden worden. Das Bundesdenkmalamt als Zentrale Stelle iSd KulturgüterrückgabeG habe die Antragstellerin mit Schreiben vom informiert, dass der Antragsgegner der aktuelle Besitzer der gegenständlichen Skulpturen sei. Gemäß § 12 Abs 1 KulturgüterrückgabeG habe das Gericht die Rückgabe des Kulturguts ohne Rücksicht auf einen allfälligen Eigentumserwerb anzuordnen, wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben seien. Dies sei hier der Fall. Der Antragsgegner, bei dem es sich nach eigenen Angaben um einen Altwaren- bzw Antiquitätenhändler handle, stimme der Herausgabe nur gegen Zahlung einer überhöhten Entschädigung zu, die ihm jedoch mangels der erforderlichen Sorgfalt beim Erwerb der Kulturgüter nicht zustehe. Er habe die gegenständlichen Objekte zum Weiterverkauf bezogen. Es bestehe daher die objektive und konkrete Gefahr, dass sie unter Umständen auch ins Ausland weiterverkauft und damit der Rückstellung entzogen werden. Damit drohe der Antragstellerin, die ein Interesse an der Rückstellung der Objekte in natura habe, ein unwiederbringlicher Schaden. Das Bundesdenkmalamt habe als Zentrale Stelle in Österreich - trotz Ersuchens der Antragstellerin - bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde keine Sicherungsmaßnahme beantragt. Es werde daher im vorliegenden Verfahren die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts begehrt, dass zur Sicherung der Rückgabe der im Antrag genannten Kulturgüter deren gerichtliche Hinterlegung/Verwahrung angeordnet und dem Antragsgegner deren Veräußerung und Verpfändung verboten werde.

Der Antragsgegner bestreitet das Vorbringen und beantragt die Abweisung des Herausgabeantrags, hilfsweise die Verpflichtung der Antragstellerin zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in der Höhe von 24.788,02 EUR. Die beantragte einstweilige Verfügung sei wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen. § 8 KulturgüterrückgabeG sehe als lex specialis lediglich ein Sicherungsverfahren der Bezirksverwaltungsbehörde vor und verdränge damit die Bestimmungen der Exekutionsordnung (EO). Damit sei allfälligen Sicherungsmaßnahmen der Rechtsweg entzogen; diese seien ausschließlich im Verwaltungsverfahren geltend zu machen. Im Übrigen mangle es der Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch an der Behauptung und Bescheinigung einer konkreten Gefährdung. Von der Antragstellerin seien auch nicht alle nach dem KulturgüterrückgabeG gebotenen Urkunden vorgelegt worden.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es hätte nicht der Spezialbestimmung des § 8 KulturgüterrückgabeG bedurft, wenn der Antragsteller im Außerstreitverfahren ohnehin eine Sicherungsmaßnahme erwirken könne. Diese Bestimmung überantworte die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen vielmehr der Zentralen Stelle, über deren Antrag die Bezirksverwaltungsbehörde die erforderlichen vorläufigen Sicherungsmaßnahmen zu setzen habe. Zufolge Derogation der lex generalis durch die lex specialis kämen hier die Bestimmungen für einstweilige Verfügungen nach der EO nicht zum Tragen. Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Antragstellerin den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verwarf und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über den Sicherungsantrag auftrug. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteige; der ordentliche Revisionsrekurs sei jedoch zulässig. Das Rekursgericht qualifizierte die abweisende Entscheidung des Erstgerichts als Zurückweisung des Sicherungsantrags mangels Zulässigkeit des Rechtswegs. Der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts könne aufgrund einer Gesamtschau der Grundsätze der RL 93/7/EWG und des in Umsetzung dieser RL erlassenen KulturgüterrückgabeG nicht gefolgt werden. Nach Art 4 Nr 3 RL 93/7/EWG seien dessen Nr 4 und 5 nicht anwendbar, wenn die in Nr 3 behandelte Überprüfung nicht innerhalb der mit zwei Monaten festgelegten Frist durchgeführt werde. Art 4 Nr 5 RL 93/7/EWG habe von der Zentralen Stelle zu veranlassende vorläufige Sicherungsmaßnahmen zum Gegenstand. § 4 Abs 2 Z 2 bis 4 KulturgüterrückgabeG diene der Umsetzung des Art 4 Nr 2 und 3 RL 93/7/EWG sowie gemeinsam mit § 8 KulturgüterrückgabeG der Umsetzung des Art 4 Nr 5 RL 93/7/EWG. Eine Antragslegitimation des ersuchenden Mitgliedstaats bei der Bezirksverwaltungsbehörde auf Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen sei nicht vorgesehen. Eine Verpflichtung der Zentralen Stelle zu einer entsprechenden Antragstellung bestehe nach Ablauf von zwei Monaten nach der Mitteilung der Auffindung eines Kulturguts nicht mehr. Somit stehe § 8 KulturgüterrückgabeG einem Sicherungsantrag des ersuchenden Mitgliedstaats nach den Bestimmungen der EO im Rahmen des gerichtlichen Rückgabeverfahrens nicht entgegen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zu der über die Bedeutung des Einzelfalls hinausgehenden Frage, ob § 8 KulturgüterrückgabeG Provisorialmaßnahmen im gerichtlichen Verfahren entgegenstehe, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege. Gegen die Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinn der Abweisung, hilfsweise der Zurückweisung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Republik Österreich, der gemäß § 10 Abs 4 KulturgüterrückgabeG in allen Verfahren auf Rückgabe eines Kulturguts Parteistellung zukommt, wurden vom Erstgericht über Aufforderung des Obersten Gerichtshofs vom 9. 7. und sämtliche Schriftsätze und Entscheidungen zugestellt. Sie beteiligte sich allerdings am Revisionsrekursverfahren nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist zulässig. Der Zulässigkeit des Rechtsmittels steht auch nicht entgegen, dass die Zulässigkeit des Rechtswegs vom Rekursgericht bereits ausdrücklich bejaht wurde (vgl 10 Ob 25/06h; RIS-Justiz RS0121265 ua). Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurswerber beanstandet nicht die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Entscheidung des Erstgerichts als Zurückweisung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zu qualifizieren sei. Er hält jedoch unter Hinweis auf seine diesbezügliche in erster Instanz erhobene Einrede daran fest, dass der Rechtsweg für die beantragte einstweilige Verfügung - entgegen der Beurteilung des Rekursgerichts - gemäß der Spezialregelung des § 8 KulturgüterrückgabeG nicht zulässig sei. Der Revisionsrekurswerber vermengt in seiner weiteren Argumentation die Zulässigkeit des Rechtswegs für die begehrte einstweilige Verfügung mit der Zulässigkeit des Rückgabeantrags gemäß § 9 Abs 2 KulturgüterrückgabeG, wonach diesem Antrag bei sonstiger Unzulässigkeit bestimmte Unterlagen angeschlossen werden müssen. Über diesen Aspekt wurde von den Vorinstanzen allerdings noch gar nicht entschieden. Bevor hierauf näher eingegangen wird, ist zunächst die zugrundeliegende Rechtslage überblicksweise darzustellen. Mit der RL 93/7/EWG des Rates vom über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern wurden Bestimmungen geschaffen, die es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ermöglichen, Kulturgüter, die aufgrund der jeweiligen nationalen Gesetze widerrechtlich in einen anderen Mitgliedstaat verbracht wurden und die der geschädigte Staat vor oder nach der Verbringung als „nationales Kulturgut von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert" eingestuft hat, von jedem Mitgliedstaat, in den die Kulturgüter verbracht wurden, zurückzufordern („ersuchender Mitgliedstaat" bzw „ersuchter Mitgliedstaat"). Es kommt nur solches nationales Kulturgut in Frage, das unter eine der im Anhang der RL aufgezählten umfassenden Kategorien subsumiert werden kann (RV 690 BlgNR 20. GP 7). Nach Art 2 RL 93/7/EWG sind die unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgüter nach den in der RL vorgesehenen Verfahren und Bedingungen zurückzugeben. Nach Art 3 RL 93/7/EWG hat jeder Mitgliedstaat eine oder mehrere Zentrale Stellen zu benennen, die die in dieser RL vorgesehenen Aufgaben wahrnehmen. Nach Art 4 RL 93/7/EWG haben die Zentralen Stellen der Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und die Abstimmung zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu fördern. Die Zentralen Stellen erfüllen dabei verschiedene Aufgaben wie Nachforschungen nach einem bestimmten Kulturgut, das unrechtmäßig aus seinem Hoheitsgebiet verbracht wurde, auf Antrag des ersuchenden Mitgliedstaats (Nr 1), Unterrichtung der betroffenen Mitgliedstaaten im Fall des Auffindens eines Kulturguts, wenn begründeter Anlass für die Vermutung besteht, dass das Kulturgut unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats verbracht wurde (Nr 2), oder die Wahrnehmung der Rolle eines Vermittlers zwischen dem Eigentümer und/oder Besitzer und dem ersuchenden Mitgliedstaat in der Frage der Rückgabe (Nr 6). Weiters kommt den Zentralen Stellen die Aufgabe zu, die Überprüfung durch die zuständigen Behörden des ersuchenden Mitgliedstaats, ob der betreffende Gegenstand ein Kulturgut darstelle, zu erleichtern, sofern die Überprüfung innerhalb von zwei Monaten nach der Unterrichtung erfolgt (Nr 3). Wird diese Überprüfung nicht innerhalb der festgelegten Frist durchgeführt, so ist Art 4 Nr 4 und 5 RL 93/7/EWG nicht mehr anwendbar. Wird die Überprüfung hingegen rechtzeitig durchgeführt, kommt den Zentralen Stellen die Aufgabe zu, in Zusammenarbeit mit dem betroffenen Mitgliedstaat erforderlichenfalls die notwendigen Maßnahmen für die physische Erhaltung des Kulturguts zu erlassen (Nr 4). Weiters sind die erforderlichen vorläufigen Maßnahmen zu erlassen, um zu verhindern, dass das Kulturgut dem Rückgabeverfahren entzogen wird (Nr 5). Nach Art 5 RL 93/7/EWG kann der ersuchende Mitgliedstaat gegen den Eigentümer und ersatzweise gegen den Besitzer bei dem zuständigen Gericht des ersuchten Mitgliedstaats Klage auf Rückgabe eines Kulturguts erheben, das sein Hoheitsgebiet unrechtmäßig verlassen hat. Diese Klage ist nur dann zulässig, wenn der Klageschrift ein Dokument mit der Beschreibung des Guts, das Gegenstand der Klage ist, und der Erklärung, dass es sich dabei um ein Kulturgut handelt, und eine Erklärung der zuständigen Stellen des ersuchenden Mitgliedstaats, wonach das Kulturgut unrechtmäßig aus seinem Hoheitsgebiet verbracht wurde, beigefügt sind. Nach Art 7 Abs 1 RL 93/7/EWG haben die Mitgliedstaaten in ihren Rechtsvorschriften vorzusehen, dass der Rückgabeanspruch gemäß dieser RL ein Jahr nach dem Zeitpunkt erlischt, zu dem der ersuchende Mitgliedstaat von dem Ort der Belegenheit des Kulturguts und der Identität seines Eigentümers oder Besitzers Kenntnis erhält. Nach Art 15 RL 93/7/EWG steht diese RL schließlich zivil- oder strafrechtlichen Maßnahmen nicht entgegen, die dem ersuchenden Mitgliedstaat und/oder dem Eigentümer eines entwendeten Kulturguts aufgrund der nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. Österreich setzte die RL 93/7/EWG mit dem KulturgüterrückgabeG, BGBl I 1998/67, um. Dieses Gesetz hält sich streng an den Text der RL und übernimmt ihn zum Teil sogar wörtlich (Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Denkmalschutzrecht 26). Dabei ergaben sich vor allem auf zivilrechtlichem Gebiet Probleme, insbesondere bezüglich des Verhältnisses der neuen Bestimmungen zum redlichen Erwerb nach § 367 ABGB (vgl RV 690 BlgNR 20. GP 14). In § 1 KulturgüterrückgabeG wird der Geltungsbereich dieses Gesetzes normiert. Danach regelt es gemäß der RL 93/7/EWG die Möglichkeit der Rückforderung von Kulturgütern, die unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft in das Hoheitsgebiet der Republik Österreich oder aus dem Hoheitsgebiet der Republik Österreich in das eines anderen Mitgliedstaats direkt oder indirekt verbracht wurden. Das KulturgüterrückgabeG ist in vier Abschnitte gegliedert, und zwar den Abschnitt I („Allgemeines" - §§ 2 bis 8), den Abschnitt II („Geltendmachung von Rückgabeansprüchen, bei denen die Republik Österreich ersuchter Mitgliedstaat ist" - §§ 9 bis 15), den Abschnitt III („Geltendmachung von Rückgabeansprüchen durch die Republik Österreich als ersuchender Mitgliedstaat" - §§ 16 bis 19) und den Abschnitt IV („Schlußbestimmungen" - §§ 20 bis 23). Die §§ 4, 8 bis 10 KulturgüterrückgabeG lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 4 (Zentrale Stellen)

(1) Zentrale Stellen sind in Österreich


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1.
das Bundesdenkmalamt,
2.
in Fällen, die Archivalien betreffen, das Archivamt (§ 5).

(2) Die Zentralen Stellen haben

1. auf schriftliches Ersuchen eines Mitgliedstaates Nachforschungen nach einem unrechtmäßig aus seinem Hoheitsgebiet verbrachten Kulturgut sowie seinem Besitzer und Inhaber vorzunehmen, wenn dem Ersuchen die erforderlichen Angaben zur Durchführung der Nachforschungen, insbesondere Angaben über den Ort, an dem sich das Kulturgut befinden soll, beigefügt sind;

2. einem Mitgliedstaat die Auffindung eines Kulturgutes im Hoheitsgebiet der Republik Österreich mitzuteilen, wenn begründeter Anlaß zur Vermutung besteht, daß das Kulturgut unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates verbracht wurde;

3. den zuständigen Behörden des ersuchenden Mitgliedstaates nach den vorhandenen Möglichkeiten die Überprüfung zu erleichtern, ob der aufgefundene Gegenstand ein Kulturgut darstellt, sofern die Überprüfung innerhalb von zwei Monaten nach der Mitteilung gemäß Z 2 erfolgt;

4. zur Sicherung von Kulturgut nach Maßgabe des § 8 beizutragen, wenn die Überprüfung nach Z 3 innerhalb der dort festgelegten Frist erfolgt;

5. die Rolle eines Vermittlers zur Erzielung einer gütlichen Einigung zwischen dem Eigentümer, Besitzer oder Inhaber und dem ersuchenden Mitgliedstaat in der Frage der Rückgabe wahrzunehmen;

6. Meldungen an die Zentralen Stellen der Mitgliedstaaten (§ 10 Abs. 3) vorzunehmen;

…"

„§ 8 (Sicherungsmaßnahmen)

(1) Besteht die begründete Gefahr, daß Kulturgut, von dem angenommen wird, daß es unrechtmäßig aus einem Mitgliedstaat verbracht wurde, dem Rückgabeverfahren entzogen wird, so hat die Zentrale Stelle analog den Bestimmungen des § 10 Abs. 1 AusfVKG bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde den Antrag zu stellen, erforderliche vorläufige Sicherungsmaßnahmen anzuordnen.

(2) Als Partei in diesem Verfahren ist neben der Zentralen Stelle nur jene Person anzusehen, die offenbar Eigentümerin des Kulturgutes ist oder es zu sein behauptet; ist diese Person oder deren Aufenthalt nicht ohne weitere Nachforschungen bekannt, so tritt an ihre Stelle diejenige Person, in deren Gewahrsame sich das Kulturgut befindet. …" „§ 9 (Anträge)

(1) Der ersuchende Mitgliedstaat kann bei Gericht einen Antrag auf Rückgabe eines in Österreich befindlichen Kulturgutes, das nach dem aus dem Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates unrechtmäßig verbracht wurde, einbringen. Der Antrag ist gegen denjenigen zu richten, der in Österreich die tatsächliche Sachherrschaft für sich selbst ausübt oder ersatzweise gegen jenen, der die tatsächliche Sachherrschaft über das Kulturgut für andere ausübt.

(2) Dem Antrag auf Rückgabe müssen bei dessen sonstiger Unzulässigkeit folgende Unterlagen angeschlossen werden:

1. ein Dokument mit der Beschreibung der Sache, die zurückgegeben werden soll,

2. eine Erklärung des ersuchenden Mitgliedstaates, daß und in welcher Weise es sich bei dieser um ein Kulturgut im Sinne dieses Bundesgesetzes (§ 2 Abs. 1) handelt,

3. eine Erklärung der zuständigen Stellen des ersuchenden Mitgliedstaates, daß das Kulturgut aus dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Mitgliedstaates unrechtmäßig verbracht wurde und worin die Unrechtmäßigkeit besteht.

(3) Das Fehlen einer Unterlage nach Abs. 2 ist ein verbesserungsfähiger Mangel."

„§ 10 (Gerichtliche Zuständigkeit und Verfahren)

(1) Der Antrag auf Rückgabe eines Kulturgutes ist bei dem für bürgerliche Rechtssachen zuständigen Landesgericht einzubringen, in dessen Sprengel der Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Das Landesgericht entscheidet im Verfahren außer Streitsachen. Eine Verweisung auf den Rechtsweg ist nicht zulässig. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Protokolle und die Beweise (sowie über den Vergleich) sind anzuwenden.

(2) Das Gericht hat die Zentrale Stelle von der Einbringung eines Antrages auf Rückgabe unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(3) …

(4) Der Republik Österreich kommt in allen Verfahren auf Rückgabe eines Kulturgutes Parteistellung zu."

Wie schon im Titel des KulturgüterrückgabeG („Bundesgesetz zur Umsetzung …") zum Ausdruck kommt, dient dieses Gesetz der Umsetzung der RL 93/7/EWG. Charakteristisch ist das schon durch die RL vorgegebene Nebeneinander von Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren (vgl Wieshaider, Denkmalschutzrecht 113 f, 115 ff). Die RL 93/7/EWG will die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern fördern, indem es zunächst einen Rahmen und Regeln für die verstärkte Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten auf Verwaltungsebene normiert (s auch die Präambel der RL 93/7/EWG). Sowohl die Republik Österreich (BGBl 1995/45) als auch die Tschechische Republik (BGBl III 2004/20) sind Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie haben daher einander bei den der RL 93/7/EWG unterliegenden Fällen zu unterstützen. Dabei kommt den „Zentralen Stellen" der Mitgliedstaaten eine wesentliche Rolle zu. In Österreich wird diese Aufgabe vor allem vom Bundesdenkmalamt wahrgenommen (§ 4 Abs 1 Z 1 KulturgüterrückgabeG). Führt die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf Verwaltungsebene zu keinem Erfolg (im Sinn einer Vermittlung bzw Rückgabe der Kulturgüter), dann kann der ersuchende Staat im ersuchten Staat nach der RL 93/7/EWG gegen den jeweiligen Eigentümer bzw Besitzer des Kulturguts eine Klage auf Rückgabe erheben (vgl Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Denkmalschutzrecht 26). Obgleich in der RL von einer „Klage" die Rede ist, kann dieser Begriff auch etwas weiter verstanden werden (zust Blauensteiner, Denkmalschutzrecht im Überblick 115). Unter Zugrundelegung eines solchen weiten Verständnisses verwies Österreich das Rückgabeverfahren gegen denjenigen, der die tatsächliche Sachherrschaft über das beanspruchte Kulturgut für sich oder für andere ausübt (im Folgenden kurz Eigentümer), in das Außerstreitverfahren. Dieses Verfahren erschien dem Gesetzgeber insbesondere im Hinblick auf die dem Eigentümer zustehende Entschädigung, die allfällige Beteiligung Dritter und den Kostenersatz als adäquat. Die Verweisung in das Außerstreitverfahren musste jedoch durch ergänzende Bestimmungen näher ausgeführt werden. Die Gesetzesmaterialien halten dazu noch fest, dass es sich zweifellos um einen Fall des „streitigen" Außerstreitverfahrens handle, das sich in seinem Ablauf vom Zivilprozess ohnehin kaum unterscheide (RV 690 BlgNR 20. GP 18 f).

Gemäß § 10 Abs 1 KulturgüterrückgabeG ist somit über den Antrag eines Mitgliedstaats auf Rückgabe von diesem Gesetz unterliegenden Kulturgütern im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Das Verfahren richtet sich dabei, soweit im KulturgüterrückgabeG nichts anderes bestimmt ist, nach den allgemeinen Bestimmungen des AußStrG (10 Ob 20/08a). Die §§ 10 bis 15 KulturgüterrückgabeG enthalten die in den Gesetzesmaterialien genannten ergänzenden Bestimmungen, die aufgrund der Zuweisung des Rückgabeanspruchs in das „streitige" Außerstreitverfahren für notwendig erachtet wurden. Darin finden sich ua Regeln zur gerichtlichen Zuständigkeit und zum Verfahren (§ 10 KulturgüterrückgabeG), zum Erlöschen des Anspruchs (§ 11 KulturgüterrückgabeG), zur Anordnung der Rückgabe und Beweislast (§ 12 KulturgüterrückgabeG), zur Entschädigung (§ 13 KulturgüterrückgabeG), zum Kostenersatz (§ 14 KulturgüterrückgabeG) und Zusammentreffen von Ansprüchen (§ 15 KulturgüterrückgabeG). Das KulturgüterrückgabeG enthält hingegen keine besonderen Regeln über einstweilige Verfügungen im gerichtlichen Rückgabeverfahren. Dies war in Anbetracht des Umstands, dass die allgemeinen Bestimmungen des AußStrG in § 80 ohnehin vorsehen, dass Entscheidungen nach der EO zu vollstrecken sind, soweit nichts anderes vorgesehen ist, auch nicht notwendig. Es war schon vor dem „neuen" AußStrG, BGBl I 2003/111, herrschende Meinung, dass außerstreitige Ansprüche auch Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein können; daran hat sich sohin nichts geändert (Mayr/Fucik, Das neue Verfahren außer Streitsachen³ Rz 333; Klicka in Rechberger, AußStrG § 80 Rz 3 ua; siehe auch § 378a EO). Insoweit ergab sich auch keine Besonderheit aus der Zuweisung des Rückgabeanspruchs in das „streitige" Außerstreitverfahren. Da für das gerichtliche Rückgabeverfahren nach dem KulturgüterrückgabeG nichts anderes vorgesehen ist, ist daher die Erlassung einstweiliger Verfügungen nach der EO grundsätzlich möglich.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners verdrängen die für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf Verwaltungsebene erlassenen Vorschriften nicht die für die zivilrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem ersuchenden Mitgliedstaat und dem jeweiligen Eigentümer des Kulturguts geltenden Verfahrensvorschriften. Das Verwaltungsverfahren tritt hier vor allem im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung ergänzend hinzu. Der Schwerpunkt des Verwaltungsverfahrens liegt in der Kooperation der Zentralen Stellen der beteiligten Mitgliedstaaten. Daher normiert Art 15 RL 93/7/EWG, wie schon erwähnt, dass die RL zivil- oder strafrechtlichen Maßnahmen nicht entgegensteht, die dem ersuchenden Mitgliedstaat und/oder dem Eigentümer eines entwendeten Kulturguts aufgrund der nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. Das davon abweichende Verständnis des Antragsgegners, das die Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen nach der EO verneint, hätte nicht die von der RL und dem Umsetzungsgesetz beabsichtigte Förderung, sondern die Erschwerung der Durchsetzung des Rückgabeanspruchs eines Mitgliedstaats zur Folge.

Wie schon das Rekursgericht zutreffend betonte, hat die Zentrale Stelle des ersuchten Mitgliedstaats den ersuchenden Mitgliedstaat bei der Überprüfung des aufgefundenen Kulturguts zu unterstützen und kann daher auch zur Sicherung von Kulturgut bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vorläufige Sicherungsmaßnahmen beantragen (§ 8 Abs 1 KulturgüterrückgabeG). Diese Möglichkeiten sind jedoch zeitlich beschränkt (§ 4 Abs 2 Z 3 und 4 KulturgüterrückgabeG) und auch dem unmittelbaren Einfluss des ersuchenden Staats entzogen. Zu jenem Zeitpunkt, in dem derartige Maßnahmen möglich sind, muss noch nicht einmal der künftige Gegner im gerichtlichen Rückgabeverfahren feststehen (vgl dazu § 8 Abs 2 KulturgüterrückgabeG). Aus dieser Bestimmung folgt auch, dass dem ersuchenden Staat im verwaltungsbehördlichen Sicherungsverfahren keine Parteistellung zukommt.

§ 8 KulturgüterrückgabeG, der Grundlage für eine vom ersuchten Mitgliedstaat veranlasste vorläufige Maßnahme sein kann, steht einem Antrag des ersuchenden Mitgliedstaats auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im gerichtlichen Rückgabeverfahren nicht entgegen. Das Rekursgericht hat daher die Zulässigkeit des Rechtswegs für die beantragte einstweilige Verfügung nach der EO zu Recht bejaht. Die dagegen eingewendeten Bedenken des Revisionsrekurswerbers sind weder in der RL 93/7/EWG noch im KulturgüterrückgabeG begründet. Dass die zuständige Zentrale Stelle in Österreich die erforderlichen vorläufigen Maßnahmen (im beschränkten Rahmen des § 4 Abs 2 Z 3 und 4 KulturgüterrückgabeG) gemäß § 8 Abs 1 KulturgüterrückgabeG zu beantragen „hat", ist für die Frage, ob der die Rückgabe beantragende Mitgliedstaat seinerseits im gerichtlichen Verfahren Maßnahmen nach der EO beantragen „kann", unerheblich. Davon, dass sich gemäß § 8 KulturgüterrückgabeG eine einstweilige Verfügung im gerichtlichen Verfahren nach der EO „erübrigt", kann hier entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers nicht ausgegangen werden. Inwieweit aus dem befristeten Antragsrecht des ersuchten Mitgliedstaats im Verwaltungsverfahren auf eine Beschränkung der Rechte des ersuchenden Mitgliedstaats im gerichtlichen Verfahren gegen den Eigentümer geschlossen werden kann, ist nicht nachvollziehbar. Durch die Bejahung der Zulässigkeit des Rechtswegs für eine einstweilige Verfügung im gerichtlichen Rückgabeverfahren wird auch nicht die Trennung von Gerichtsbarkeit und Verwaltung verletzt; hier liegt kein „unlösbarer Kompetenzkonflikt" vor. Die Auffassung des Revisionsrekurswerbers, dass dem Gesetzgeber kein Nebeneinander zweier Sicherungsverfahren unterstellt werden könne, trifft nicht zu. Das „Nebeneinander" von Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren bei der Kulturgüterrückgabe entspricht vielmehr, wie vorstehend dargestellt, dem Regelungsplan der RL 93/7/EWG und des Umsetzungsgesetzes.

Das Rekursgericht trug dem Erstgericht zu Recht die Fortsetzung des Verfahrens über den Sicherungsantrag (unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund der Unzulässigkeit des Rechtswegs) auf. Auf andere Zurückweisungsgründe, die der Revisionsrekurswerber im - gemäß § 9 Abs 3 KulturgüterrückgabeG verbesserungsfähigen - Fehlen von mit dem Rückgabeantrag gemäß § 9 Abs 2 KulturgüterrückgabeG vorzulegenden Urkunden erblickt, ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch nicht einzugehen. Zu diesem Thema liegt von den Vorinstanzen noch keine Entscheidung vor, weil das Erstgericht den Sicherungsantrag bereits wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen hat. Dem unbegründeten Revisionsrekurs des Antragsgegners muss deshalb ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Abs 1 KulturgüterrückgabeG iVm § 393 Abs 1 Satz 3 EO. Ob der Antragsgegner beim Erwerb des Kulturguts mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Die mit der unbegründeten Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verbundenen Kosten dienen nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung und sind daher von vornherein nicht ersatzfähig. Der Antragsgegner hat deshalb die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jedenfalls selbst zu tragen. Aus § 14 KulturgüterrückgabeG folgt, dass auch die Antragstellerin die Kosten selbst zu tragen hat; dem ersuchenden Mitgliedstaat steht nämlich im Rückgabeverfahren kein Kostenersatzanspruch zu (RV 690 BlgNR 20. GP 22).