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OGH vom 17.08.2006, 10ObS132/05t

OGH vom 17.08.2006, 10ObS132/05t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Albert Ullmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerda S*****, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Witwenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 135/05g-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 6 Cgs 284/04d-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Ehemann der Klägerin, Walter S*****, ist am verstorben. Am brachte die Klägerin bei der beklagten Pensionsversicherungsanstalt einen Antrag auf Witwenpension ein.

Mit Bescheid vom hat die Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension ab anerkannt und ausgesprochen, dass sich bei einem Vergleich der Berechnungsgrundlagen des Verstorbenen und der Witwe ein Hundertsatz von Null ergebe. Aufgrund des Eigeneinkommens der Witwe liege die Voraussetzung für die Gewährung eines Erhöhungsbetrages nicht vor.

In ihrer Klage begehrt die Klägerin, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr eine Witwenpension zu leisten. Sie räumt ein, dass die Berechnung der Witwenpension nach den maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen keinen Auszahlungsbetrag ergibt, sieht jedoch einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Heranziehung des Einkommens des verstorbenen und des überlebenden Ehepartners (nur) in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Tod für die Feststellung der Berechnungsgrundlage nicht eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung widerspiegle. So habe im konkreten Fall der Ehemann der Klägerin aufgrund des Konkurses seines Arbeitgebers und die fehlende Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt immense Einkommensverluste hinnehmen müssen; außerdem beeinflusse nunmehr die Erwerbstätigkeit der Witwe die Witwenpension. Dies entspreche nicht dem Ziel der Witwenpension und sei unsachlich.

Das Erstgericht stellte übereinstimmend mit dem angefochtenen Bescheid fest, dass der Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Witwenpension ab dem Grunde nach zu Recht bestehe und dass das Ausmaß der Witwenpension ab EUR 0,-- betrage.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und führte zu den verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin zusammengefasst Folgendes aus: Die mit der 51. ASVG-Novelle mit Wirkung ab eingeführte Berechnung der Hinterbliebenenpension (zwischen 40 und 60 % der Pension des Verstorbenen) sei mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz 2000 mit Wirkung ab auf einen Prozentsatz zwischen Null und 60 % geändert worden, um eine stärkere Bedarfsorientierung der Hinterbliebenenpension zu verwirklichen. Laut dem Erkenntnis des habe die Witwen(Witwer)pension die Aufgabe, den Lebensunterhalt der Witwe bzw des Witwers dahingehend zu gewährleisten, dass ihr/ihm auch nach dem Ableben des Ehepartners eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahekommende Versorgung gesichert sei. Ausgehend davon könne gegebenenfalls die Verminderung, unter Umständen sogar die Nichtgewährung der Witwen(Witwer)pension sachlich gerechtfertigt sein, falls dem hinterbliebenen Ehegatten trotzdem - wegen seines vergleichsweise hohen eigenen (Pensions-)Einkommens - eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahekommende Versorgung gesichert sei.

Durch die Neuregelung, die auf nach dem eingetretene Versicherungsfälle des Todes anzuwenden sei (BGBl I 2004/78), werde nunmehr - anstelle der vom VfGH als unsachliche Berechnungsbasis angesehenen Bemessungsgrundlage - das Einkommen in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Zeitpunkt des Todes herangezogen, wodurch die Versorgungslage zum Todeszeitpunkt besser wiedergegeben werde. Den in der Berufung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Neuregelung sei entgegenzuhalten, dass es Zweck der Hinterbliebenenpension sei, die ausbleibenden Unterhaltsleistungen des verstorbenen Versicherten zu ersetzen, also den Unterhaltsausfall auszugleichen, der in einer partnerschaftlichen Ehe durch den Tod eines Ehepartners entstehe. Der Versicherte solle davon entlastet werden, für diesen Fall Privatvorsorge treffen zu müssen. Je höher der Anteil des Verstorbenen am gemeinsamen Haushaltseinkommen gewesen sei, desto höher sei auch der durch seinen Tod bewirkte Unterhaltsausfall. Es liege daher nahe und entspreche dem Zweck der Hinterbliebenenpension, den Beitrag des Versicherten zum Haushaltseinkommen heranzuziehen, der unmittelbar vor dem Tod des Versicherten erbracht worden sei, weil durch den Tod des Versicherten gerade der Unterhalt für das Haushaltseinkommen ausfalle, der vom Versicherten zuletzt erbracht werden haben können. Der weiteren Aufgabe der Hinterbliebenenpension, nämlich den Lebensunterhalt des überlebenden Ehegatten dahingehend zu gewährleisten, dass ihm auch nach dem Ableben des Ehepartners eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahekommende Versorgung gesichert sei, werde die Neureglung hinreichend dadurch gerecht, dass nicht punktuell auf den Zeitpunkt des Todes des Versicherten abgestellt werde, sondern als Berechnungsgrundlage das Einkommen des Versicherten und der Hinterbliebenen in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Zeitpunkt des Todes herangezogen werde, wodurch die Auswirkungen ganz kurzfristiger, oft zufälliger Veränderungen im Einkommen des Versicherten gemindert würden. Es sei hingegen nicht Aufgabe der Hinterbliebenenpension, weiter und unter Umständen Jahrzehnte zurückliegende, zufällige und schicksalhafte Veränderungen in der Einkommenssituation des Versicherten oder des/der (späteren) Hinterbliebenen auszugleichen, und dadurch etwa länger zurückliegende Verschlechterungen in der Einkommenssituation des Versicherten zugunsten des nunmehrigen Hinterbliebenen aufzufangen.

Eine Unsachlichkeit oder Gleichheitswidrigkeit der Regelungen des § 264 Abs 3 und 4 ASVG idgF könne daher nicht erblickt werden. Allein der Umstand, dass eine Partei Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes vorbringe, berechtige und verpflichte das Gericht für sich allein nicht zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Verfassungsgemäßheit der Bestimmungen des § 264 Abs 3 und 4 ASVG idgF bisher nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, „der OGH wolle der Revision wegen verfassungsrechtlicher Bedenken stattgeben". Erkennbar will die Klägerin eine Abänderung dahingehend erreichen, dass ihre eine monatliche Witwenpension ausbezahlt wird.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Witwen(Witwer)pension soll den Unterhaltsausfall ausgleichen, der in einer partnerschaftlichen Ehe durch den Tod eines Ehepartners entsteht (vgl VfSlg 8871; 10 ObS 382/02b = SSV-NF 17/34). Ansatzpunkt für die Berechnung der Höhe der Witwen/Witwerpension war ab das zu Lebzeiten des Versicherten erzielte Haushaltseinkommen und dessen Verteilung auf die beiden Ehepartner. Ausgehend von dem Gedanken, dass der Anteil des Verstorbenen am gemeinsamen Haushaltseinkommen die Höhe des durch den Tod bedingten Unterhaltsausfalls bedingte (Tomandl, Grundriss des österreichischen Sozialrechts5 Rz 275). wurde als maßgebend für die Höhe der Witwen(Witwer)pension die Relation der Pensionsbemessungsgrundlage des Verstorbenen und des überlebenden Ehepartners angesehen. Die Witwen(Witwer)pension betrug mindestens 40 %, höchstens 60 % der Pension des Verstorbenen, wobei die Berechnung der exakten Höhe einen komplizierten Rechenvorgang erforderte. Durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 (SRÄG 2000 - BGBl I Nr 92/2000) wurde die Formel zur Ermittlung der Höhe der Witwen(Witwer)pension neu geregelt: Um sowohl Aktiv- als auch Pensionseinkommen berücksichtigen zu können, wurde für jeden der beiden Ehepartner eine sogenannte Berechnungsgrundlage ermittelt (dabei handelt es sich entweder um die Bemessungsgrundlage einer schon gebührenden Sozialversicherungs- bzw Beamtenpension oder bei noch bestehender Erwerbstätigkeit um eine aus dem Aktiveinkommen errechnete fiktive Bemessungsgrundlage). Waren beide Berechnungsgrundlagen gleich hoch, betrug die Witwen(Witwer)pension 40 % (§ 264 Abs 2 ASVG idF SRÄG 2000). War die Berechnungsgrundlage des hinterbliebenen Ehegatten jedoch kleiner, dann erhöhte sich der Pensionsanspruch pro 1 % Unterschied um 0,3 % bis zum Maximum von 60 % (das war dann der Fall, wenn die Berechnungsgrundlage des Verstorbenen mindestens dreimal so hoch war). War hingegen die Berechnungsgrundlage des hinterbliebenen Ehegatten größer, dann verminderte sich die Pensionshöhe pro 1 % Unterschied um 0,3 % bis auf 0 % (das war zB dann der Fall, wenn die Berechnungsgrundlage des Verstorbenen 1.000 EUR und jene des hinterbliebenen Ehegatten mehr als 2.300 EUR betrug). Die Witwen(Witwer)pension wurde jedoch auf 60 % aufgestockt, wenn die Summe aus eigenem Einkommen und Witwen(Witwer)pension den sogenannten „Schutzbetrag" von ATS 20.000.-- (2000; veränderlicher Wert) monatlich nicht erreichte (§ 264 Abs 6 ASVG idF SRÄG 2000). Andererseits kam es zu einer Kürzung der Witwen(Witwer)pension bis auf Null, wenn diese zusammen mit eigenem Einkommen die doppelte Höchstbeitragsgrundlage überschritt (Tomandl aaO). Durch das SRÄG 2000 wurde daher mit Wirkung ab eine Spreizung zwischen 0 % und 60 % der Pension des verstorbenen Ehegatten bei gleichzeitiger Änderung der Berechnungsformel eingeführt (§ 264 Abs 2 ASVG idF SRÄG 2000). Nach den Gesetzesmaterialien (RV 181 BlgNR XXI. GP 33) sollte diese Änderung das im Koalitionsabkommen genannte Ziel einer stärkeren Bedarfsorientierung der Hinterbliebenenpension verwirklichen und auch an die mit dem Gedanken der Bedarfsorientierung zusammenhängende ursprüngliche Unterhaltsersatzfunktion der Hinterbliebenenpensionen anknüpfen. Sei das Einkommen der hinterbliebenen Person wesentlich höher als jenes des verstorbenen Ehegatten, dann bestehe kein konkreter Unterhaltsbedarf. Die vorgeschlagene 0/60 %-Regelung mit einer Obergrenze von (damals) ATS 86.400,-- erscheine damit zweckmäßig und sozialpolitisch gerechtfertigt. Sie sei zudem sozial ausgewogen: Die Erhöhung des „Schutzbetrages" stelle sicher, dass innerhalb dieser Einkommensgrenze auch dann eine Hinterbliebenenpension im Ausmaß von 60 % gebühre, wenn die Berechnungsgrundlage der Witwe (des Witwers) gleich oder höher sei als jene des Verstorbenen. Schließlich bleibe insbesondere bei Frauen, deren Berechnungsgrundlage wegen Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege älterer Menschen niedriger sei als die durchschnittliche Berechnungsgrundlage der Versicherten, die 60 %-Marke fast immer gewahrt (RV aaO).

Aufgrund eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten auf Aufhebung der Pensionsreform 2000 hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 300/02 ua (VfSlg 16.923), § 264 Abs 2 bis 5 ASVG idF BGBl I 2001/67 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt.. Diese Entscheidung wurde mit Unsachlichkeit der antragsgegenständlichen Bestimmungen begründet, weil dem für die Spreizung maßgeblichen Vergleich die in § 264 Abs 3 und 4 ASVG geregelten Berechnungsgrundlagen zugrunde gelegt würden, die nicht die tatsächliche „Pensionshöhe" widerspiegelten:

„Die Witwen(Witwer)pension hat die Aufgabe, den Lebensunterhalt der Witwe bzw. des Witwers zu gewährleisten, und zwar dahingehend, dass ihr/ihm auch nach dem Ableben des Ehepartners 'eine [dem] zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung' gesichert ist (VfSlg. 5241/1966, S 172). Ausgehend davon kann gegebenenfalls die Verminderung, unter Umständen sogar die Nichtgewährung der Witwen(Witwer)pension sachlich gerechtfertigt sein; dann nämlich, wenn der/dem Hinterbliebenen - wegen ihres/seines vergleichsweise hohen eigenen (Pensions-)Einkommens - eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung auch im Falle einer verminderten Witwen(Witwer)pension bzw. des gänzlichen Entfalles der Hinterbliebenenpension gesichert ist. Gemäß § 264 Abs 2 bis 5 ASVG ist für die dabei anzustellende Vergleichsberechnung aber allein auf die jeweils maßgebliche Bemessungsgrundlage, vor allem iSd § 238 ASVG, abzustellen. Diese spiegelt jedoch - was von den Vertretern der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof auch eingeräumt wurde - in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl von Fällen nicht die Versorgungslage der/des Hinterbliebenen wider. Dies insbesondere dann, wenn im Einzelfall ungeachtet des Vorliegens einer solchen Bemessungsgrundlage ein Pensionsanspruch nicht besteht und auch nicht erwartet werden kann, das Abstellen auf die Bemessungsgrundlage aber zu einer Verminderung oder gar zu einem gänzlichen Entfall der Hinterbliebenenpension führt. Insoferne sind die Bestimmungen des § 264 Abs 2 bis 5 ASVG nicht geeignet, das wesensbestimmende Ziel der (Regelungen über die) Witwen(Witwer)pension, nämlich eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung zu sichern, zu erreichen. Diese Bestimmungen sind somit unsachlich. Diese Unsachlichkeit wird zwar durch die Regelung des § 264 Abs 6 ASVG über den so genannten Schutzbetrag im Effekt gemildert, nicht aber beseitigt. Das diesbezügliche Vorbringen der Bundesregierung ist somit nicht geeignet, die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen des § 264 Abs 2 bis 5 ASVG zu zerstreuen."

Der Nationalrat hat am mit dem 2. SVÄG 2004 (kundgemacht in BGBl I 2004/78) als Reaktion auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eine Novellierung der Abs 2 - 6 des § 264 ASVG beschlossen, die auf Versicherungsfälle des Todes anzuwenden ist, die nach dem eingetreten sind (§ 614 ASVG). Nach den Gesetzesmaterialien (469 BlgNR 22. GP 2) solle eine Variante realisiert werden,

„welche die durch das einschlägige Erkenntnis des VfGH notwendig gewordene Neuregelung unter Beibehaltung der bisherigen Grundsätze für die Ermittlung der Witwen(r)pension umsetzt. Maßgebend für die Höhe der Witwen(r)pension soll in Hinkunft die Relation der Einkommen des verstorbenen und des überlebenden Ehepartners in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Zeitpunkt des Todes des (der) Versicherten sein. Dabei bleibt insbesondere auch die Pensionsberechnungsformel nach § 264 Abs 2 ASVG und den Parallelbestimmungen, die seit gilt, unverändert. Die Bandbreite der Pensionshöhe soll somit weiterhin zwischen 0 und 60 % der (fiktiven) Pension des (der) Verstorbenen betragen, wobei es auch weiterhin für Hinterbliebene mit geringem Einkommen eine untere Schutzgrenze (im Kalenderjahr 2004: 1.503,50 Euro monatlich) sowie eine Leistungsobergrenze bei hohem Einkommen (im Kalenderjahr 2004: 6.900 Euro monatlich) geben soll. Bei gleich hoher Berechnungsgrundlage soll so wie bisher die Witwen(r)pension 40 % betragen. Bei unterschiedlicher Berechnungsgrundlage erhöht oder vermindert sich der Hundertsatz von 40 für jeden Prozentpunkt um 0,3. Die Obergrenze an Witwen(r)pension beträgt 60 % der Pension des (der) Verstorbenen. Durch die Heranziehung des Einkommens der letzten zwei Kalenderjahre vor dem Todeszeitpunkt soll - in Entsprechung der Judikatur des VfGH - die Versorgungslage zum Todeszeitpunkt besser wiedergegeben werden als dies nach bisherigem Recht, nämlich bei Abstellen auf die Bemessungsgrundlage, der Fall war. Insbesondere wird durch die Berücksichtigung auch des dem Todeszeitpunkt zweitvorangegangenen Kalenderjahres dem Umstand Rechnung getragen, dass im letzten Kalenderjahr vor dem Todeszeitpunkt das Einkommen des/der Verstorbenen vielfach durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit sinkt, sodass das alleinige Abstellen auf dieses letzte Kalenderjahr eine gewisse Verzerrung des Lebensstandards mit sich brächte. Im Hinblick auf die der Harmonisierung der Hinterbliebenenversorgung zugrunde liegenden Berechnungsgrundlagen im Sozialversicherungsbereich und im öffentlichen Dienst soll auch am Begriff 'Berechnungsgrundlage' im § 264 Abs 2 ASVG samt Parallelbestimmungen festgehalten werden; Berechnungsgrundlage ist künftig das Einkommen der letzten zwei Kalenderjahre vor dem Todestag. Mit der vorgeschlagenen Neuregelung wird dem oben zitierten Erkenntnis des VfGH Rechnung getragen, wobei jedoch festgehalten werden muss, dass eine weitergehende Neugestaltung dieses Rechtsbereiches im Rahmen der Harmonisierung der Pensionssysteme ('Eigenständige Alterssicherung für Frauen') angestrebt wird."

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass in dem am versandten „Ministerialentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 - 2. SVÄG 2004)", 138/ME (22. GP), in § 264 Abs 3 und 4 ASVG vorgesehen war, dass die Berechnungsgrundlage vom Einkommen im letzten Kalenderjahr vor dem Tod des Versicherten gebildet wird. Dies wurde im Begutachtungsstadium zum Teil mit den dann in die Regierungsvorlage aufgenommenen Argumenten (Krankheit, Arbeitslosigkeit) als zu kurz kritisiert. Andererseits wurde eingebracht, dass ein zu langer Zeitraum die Gefahr in sich berge, dass nicht mehr „eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung" gesichert werde.

In der Revision wird weiterhin nicht in Frage gestellt, dass die Berechnung der Witwenpension nach § 264 Abs 2 - 6 ASVG idF des 2. SVÄG 2004 keinen Auszahlungsbetrag ergibt. Es wird allein der Zweijahreszeitraum für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage (§ 264 Abs 3 und 4 ASVG) als unsachlich kritisiert, weil dadurch „in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl von Fällen der bisherigen Versorgungslage des/der Hinterbliebenen nicht mehr entsprochen werden" könne.

Nun zeigt gerade der vorliegende Fall, dass in bestimmten Konstellationen auch ein zweijähriger Beobachtungszeitraum zu Härtefällen bei der Berechnung der Höhe der Witwen-/Witwerpension führen kann, was den Gesetzgeber offenbar zu der mit dem SVÄG 2006, BGBl I 2006/130, erfolgten Novellierung des § 264 Abs 4 ASVG bewogen hat (vgl die RV 1314 BlgNR 13. GP 3: „In der Praxis der Pensionsversicherungsträger hat sich gezeigt, dass ein Zeitraum von zwei Jahren für die Beobachtung der Einkommensverhältnisse zur Berechnung der Witwen/Witwerpension mitunter zu kurz ist, um etwa den Einkommenseinbußen bei dramatisch verlaufenden Krankheitsentwicklungen Rechnung zu tragen."). Andererseits birgt eine Ausdehnung des Zeitraums - neben dem damit verbundenen höheren Erhebungsaufwand - die Gefahr, dass durch die Hinterbliebenenpension nicht der zuletzt erworbene Lebensstandard gesichert wird, sondern ein Durchschnittslebensstandard aus einem längeren Zeitraum.

Unter Bedachtnahme auf den mit der Witwen-/Witwerpension angestrebten Zweck erscheint die Wahl eines zweijährigen Zeitraums, in der die Einkommen des verstorbenen und des überlebenden Ehepartners gegenübergestellt werden (§ 264 Abs 2 und 3 ASVG), aber nicht unsachlich, dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass Härtefälle - wenn auch nicht durchgehend - durch den in § 264 Abs 6 ASVG vorgesehenen Schutzbetrag abgefedert werden.

Es ist zu betonen, dass es dem einfachen Gesetzgeber aufgrund des demokratischen Prinzips nicht verwehrt ist, seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (10 ObS 205/02y = SZ 2002/151 mwN). Innerhalb des ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes ist der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz (nur) insoweit an inhaltliche Schranken gebunden, als sachlich nicht begründbare gesetzliche Regelungen verfassungsrechtlich verboten sind (VfSlg 14.868; zuletzt etwa VfGH G 29/05). Dabei ist unter der „Sachlichkeit" einer Regelung nicht ihre „Zweckmäßigkeit" oder „Gerechtigkeit" zu verstehen (VfSlg 13.743); die Zweckmäßigkeit einer Regelung unterliegt in der Regel nicht der verfassungsrechtlichen Überprüfung (vgl VfSlg 11.664). Nicht einmal der Umstand, dass durch eine gesetzliche Regelung - so wie hier - Härtefälle entstehen können, macht das Gesetz per se gleichheitswidrig (RIS-Justiz RS0053509 [T6] und [T7]).

Hegt das Gericht - wie hier - keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung, besteht kein Anlass zur Antragstellung gemäß Art 140 B-VG (10 ObS 148/03t = SSV-NF 17/68).

Die Bundesregierung hat am im Nationalrat eine Regierungsvorlage für ein "Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 - SVÄG 2006) eingebracht (RV 1314 BlgNR 22. GP). Der Nationalrat hat den Gesetzesvorschlag - mit einer Änderung entsprechend einem Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales (AB 1360 BlgNR 22. GP) - in seiner 145. Sitzung am angenommen. Nach dem vom Bundesrat in seiner 735. Sitzung am beschlossenen Einspruch (1561 BlgNR 22. GP) hat der Nationalrat den Gesetzesbeschluss in seiner 158. Sitzung am wiederholt. Das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 - SVÄG 2006 wurde am im BGBl I 2006/130 kundgemacht.

Aufgrund des SVÄG 2006 lautet § 264 ASVG nunmehr (auszugsweise) folgendermaßen:

„§ 264. (1) Das Ausmaß der Witwen(Witwer)pension ergibt sich aus einem Hundertsatz der Pension des (der) Versicherten. ...

(2) Zur Ermittlung des Hundertsatzes wird vorerst der Anteil der Berechnungsgrundlage der Witwe (des Witwers) in Prozent an der Berechnungsgrundlage des (der) Verstorbenen errechnet. Bei einem Anteil von 100 % beträgt der Hundertsatz 40. Er erhöht oder vermindert sich für jeden Prozentpunkt des Anteiles, der 100 unterschreitet oder übersteigt, um 0,3. Er ist jedoch nach unten hin mit Null und nach oben hin mit 60 begrenzt. Teile von Prozentpunkten des Anteiles sind verhältnismäßig zu berücksichtigen.

(3) Berechnungsgrundlage der Witwe (des Witwers) im Sinne des Abs 2 ist das Einkommen nach Abs 5 in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Zeitpunkt des Todes des (der) Versicherten, geteilt durch 24.

(4) Berechnungsgrundlage des (der) Verstorbenen im Sinne des Abs 2 ist das Einkommen nach Abs 5 in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Zeitpunkt des Todes, geteilt durch 24. Abweichend davon ist die Berechnungsgrundlage das Einkommen nach Abs 5 der letzten vier Kalenderjahre vor dem Zeitpunkt des Todes, geteilt durch 48, wenn die Verminderung des Einkommens in den letzten beiden Kalenderjahren vor dem Tod des (der) Versicherten auf Krankheit oder Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist oder in dieser Zeit die selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit wegen Krankheit, Gebrechen oder Schwäche eingeschränkt wurde und dies für die Witwe (den Witwer) günstiger ist.

(5) Als Einkommen im Sinne der Abs 3 und 4 gelten: ...

(5a) Ist die Summe der Beitragsgrundlagen einer Selbst- oder Weiterversicherung in der Pensionsversicherung, die zum Zeitpunkt des Todes bereits seit mindestens einem Jahr bestanden hat, höher als das gleichzeitig bezogene Einkommen des (der) verstorbenen Versicherten nach Abs 5 innerhalb der letzten zwei (vier) Kalenderjahre vor dem Zeitpunkt seines (ihres) Todes, so tritt für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage nach Abs 4 der im genannten Zeitraum als Summe der Beitragsgrundlagen ausgewiesene Betrag an die Stelle des gleichzeitig bezogenen Einkommens nach Abs 5.

(5b) Ist die Summe der Beitragsgrundlagen nach § 44 Abs 1 Z 10 höher als das gleichzeitig von der Witwe (dem Witwer) oder dem (der) verstorbenen Versicherten innerhalb der letzten zwei (vier) Kalenderjahre vor dem Zeitpunkt des Todes des (der) Versicherten bezogene Einkommen nach Abs 5, so tritt für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage nach Abs 3 oder nach Abs 4 der im genannten Zeitraum als Summe der Beitragsgrundlagen ausgewiesene Betrag an die Stelle des gleichzeitig bezogenen Einkommens nach Abs 5.

(6) Erreicht die Summe aus dem eigenen Einkommen der Witwe (des Witwers) nach Abs 5 und der Witwen(Witwer)pension, ausgenommen ein besonderer Steigerungsbetrag (§ 248), nicht den Betrag von 1.564,20 Euro monatlich, so ist, solange diese Voraussetzung zutrifft, der Hundertsatz der Witwen(Witwer)pension soweit zu erhöhen, dass die Summe aus eigenem Einkommen und Witwen(Witwer)pension den genannten Betrag erreicht. Der so ermittelte Hundertsatz darf 60 nicht überschreiten. In den Fällen, in denen eine mit dem Hundertsatz von 60 bemessene Witwen(Witwer)pension, ausgenommen ein besonderer Steigerungsbetrag (§ 248), den Betrag von 1.564,20 Euro überschreitet, tritt diese an die Stelle des Betrages von 1.564,20 Euro. An die Stelle des Betrages von 1.564,20 Euro tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs 6 mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor (§ 108 f) vervielfachte Betrag.

(6a) Überschreitet in einem Kalendermonat die Summe aus

1. eigenem Einkommen der Witwe (des Witwers) nach Abs 5 und

2. der Witwen-(Witwer-)Pension mit Ausnahme des besonderen Steigerungsbetrages (§ 248)

das 60fache der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45), so ist - solange diese Voraussetzung zutrifft - der Hundertsatz der Witwen-(Witwer-)Pension so weit zu vermindern, dass die Summe aus eigenem Einkommen und Witwen-(Witwer-) Pension das 60fache der Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreitet. Der so ermittelte Hundertsatz ist nach unten hin mit Null begrenzt.

(7) ..."

Gemäß § 627 Abs 1 Z 2 ASVG tritt § 264 Abs 3 - 5b ASVG idF des SVÄG 2006, BGBl I 2006/130, rückwirkend mit in Kraft. Nach § 627 Abs 2 ASVG ist § 264 Abs 3 - 5b idF BGBl I 2006/130 „auf Versicherungsfälle des Todes anzuwenden, die nach dem eingetreten sind. Auf Antrag der Witwe (des Witwers) bis längstens zum Ablauf des sind die zitierten Bestimmungen auch auf Versicherungsfälle des Todes anzuwenden, die nach dem und vor dem eingetreten sind; die Rechtskraft bereits ergangener Entscheidungen steht dem nicht entgegen."

Nach der ständigen Rechtsprechung hat das Rechtsmittelgericht auf eine Änderung der Rechtslage Bedacht zu nehmen, sofern die neuen Bestimmungen nach ihrem Inhalt auf das umstrittene Rechtsverhältnis anzuwenden sind (RIS-Justiz RS0031419; Kodek in Rechberger2 § 482 ZPO Rz 11 mwN). Insbesondere sind Änderungen des zwingenden Rechts, sofern nicht Übergangsrecht etwas anderes bestimmt, vom Rechtsmittelgericht ohne weiteres von Amts wegen seiner Entscheidung zugrunde zu legen, auch wenn der zu beurteilende Sachverhalt bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht wurde (1 Ob 2362/96a = SZ 69/238; 1 Ob 73/98m = SZ 71/89 ua; RIS-Justiz RS0106868; Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1927).

Im vorliegenden Fall bestimmt die Übergangsbestimmung des § 627 Abs 2 ASVG ausdrücklich, dass auf Antrag der Witwe (des Witwers), der bis längstens zum zu stellen ist, die Abs 3 - 5 des § 264 ASVG idF des SVÄG 2006, BGBl I 2006/130, auch auf Versicherungsfälle des Todes anzuwenden sind, die nach dem und vor dem eingetreten sind. Da ein Antrag der Klägerin nicht vorliegt, kann die geänderte Rechtslage auf die Klägerin nicht angewendet werden. Ungeachtet dieser Entscheidung bleibt der Klägerin aber die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 627 Abs 2 Satz 2 ASVG idF SVÄG 2006 offen, weil dieser Vorgangsweise die Rechtskraft einer bereits ergangenen Entscheidung nicht entgegensteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.