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OGH 29.07.2015, 9Ob39/15y

OGH 29.07.2015, 9Ob39/15y

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder A***** T*****, geboren am ***** 2003, und A***** T*****, geboren am ***** 2005, wegen Unterhalts, infolge des Rekurses der Mutter G***** T*****, vertreten durch Mag. Kurt Kadavy, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 461/14h-58, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidung um den Ausspruch nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG zu ergänzen.

Text

Begründung:

Die Rechtsmittelwerberin wurde als Mutter der mj A***** und des mj A***** verpflichtet, ab für die mj A***** monatlich statt bisher 60 EUR künftig 120 EUR und für den mj A***** monatlich statt bisher 50 EUR künftig 100 EUR als Geldunterhalt zu zahlen.

Das Rekursgericht gab dem dagegen für den Zeitraum 1. 2. 2012 bis erhobenen Rekurs der Mutter Folge und hob den Beschluss für den Zeitraum von 1. 12. 2012 bis zur Verfahrensergänzung auf (ON 38).

Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag der Mutter (ON 57), das offenkundige Schreibversehen auf den Zeitraum ab 1. 2. 2012 zu korrigieren, gab das Rekursgericht nicht statt.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorlage des dagegen gerichteten Rechtsmittels der Mutter mit dem Antrag, die begehrte Berichtigung doch vorzunehmen, ist verfrüht:

§ 62 AußStrG erfasst nicht nur Rechtsmittel gegen Sachentscheidungen des Rekursgerichts, sondern regelt schlechthin die Anfechtbarkeit jeden Beschlusses des Rekursgerichts (RIS-Justiz RS0120565). Da auch ein Berichtigungsbeschluss des Rekursgerichts „im Rahmen des Rekursverfahrens“ ergeht, unterliegt auch er den Regeln des § 62 AußStrG und ist nur unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung anfechtbar. Der Entscheidung des Rekursgerichts mangelt es demnach an dem gemäß § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG erforderlichen Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses, den das Rekursgericht zu ergänzen haben wird (s 7 Ob 262/06i = RIS-Justiz RS0121524; Rechberger in Rechberger, AußStrG2, § 41 Rz 3).

Die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 3 Ob 125/14z steht dem nicht entgegen, weil dort über einen die Berichtigung ablehnenden Beschluss des Rekursgerichts im Anwendungsbereich der EO/ZPO abzusprechen war, in dem aber die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO - anders als die des § 62 AußStrG - nicht für Beschlüsse gelten, die das Rekursgericht funktionell als erste Instanz gefasst hat (RIS-Justiz RS0115511).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder A***** M***** T***** 2003, und A***** T***** 2005, wegen Unterhalts, infolge des Rekurses der Mutter G***** T*****, vertreten durch Mag. Kurt Kadavy, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 461/14h-58, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass sein Spruch zu lauten hat:

„Der Beschluss des Rekursgerichts vom , GZ 43 R 461/14h-38, wird dahin berichtigt, dass der in seinem Spruch angeführte Zeitraum anstelle von '1. 12. 2012 bis ' richtig '1. 2. 2012 bis ' zu lauten hat.

Das Erstgericht wird um die Durchführung der Berichtigung ersucht.“

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichts vom (ON 30) wurde die Mutter der mj A***** M***** und des mj A***** verpflichtet, beginnend ab 1. 2. 2012 für die beiden Kinder monatlich erhöhte Unterhaltsbeträge zu zahlen.

Die Mutter erhob dagegen Rekurs (ON 34). Sie focht den Beschluss zufolge ihrer Anfechtungserklärung insofern an, als ihr für den Zeitraum 1. 2. 2012 bis einschließlich Juli 2014 die Nachzahlung der Unterhaltserhöhungen aufgetragen wurde, und beantragte, den teilangefochtenen Beschluss im Anfechtungsumfang ersatzlos aufzuheben, in eventu ihn aufzuheben und das Antragsbegehren für den Zeitraum „1. 2. 32012“ bis einschließlich Juli 2014 abzuweisen.

Mit Beschluss vom (ON 38) gab das Rekursgericht dem Rekurs Folge und hob den angefochtenen Beschluss, „der im Übrigen als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt“, für den Zeitraum von 1. 12. 2012 bis für beide Kinder zur Verfahrensergänzung auf.

Über Ersuchen des Erstgerichts um Überprüfung des Zeitraums und allfälliger Berichtigung stellte das Rekursgericht den Akt dem Erstgericht ohne Berichtigung zurück, weil keine einer Berichtigung zugängliche offenbare Unrichtigkeit vorliege. Die Rekursentscheidung sei inhaltlich in Ansehung des Anfechtungsumfangs dem eindeutig formulierten Rekursantrag, nicht jedoch der Anfechtungserklärung gefolgt.

Mit Beschluss vom (ON 51) verpflichtete das Erstgericht die Mutter beginnend ab 1. 12. 2012 zur Zahlung erhöhter Unterhaltsbeträge für die minderjährigen Kinder. Die Unterhaltserhöhungsanträge für die Zeit vom 1. 2. 2012 bis wies es jeweils zurück, weil darüber bereits rechtskräftig entschieden worden sei.

In ihrem dagegen erhobenen Rekurs (ON 54) richtete sich die Mutter - „unbesehen bedenklicher Beschwer“  - ua gegen die Zurückweisung der Unterhaltserhöhungsanträge für den Zeitraum bis und beantragte die Abweisung des Antragsbegehrens für den Zeitraum bis einschließlich Juli 2014; hilfsweise stellte sie auch einen Aufhebungsantrag. Über diesen Rekurs liegt noch keine rekursgerichtliche Entscheidung vor.

In der Folge beantragte die Mutter beim Rekursgericht, im Spruch des Aufhebungsbeschlusses ON 38 das offenkundige Schreibversehen dahin zu berichtigen, dass der Aufhebungszeitraum auf den Zeitraum ab 1. 2. 2012 korrigiert werde (ON 57).

Mit dem nun angefochtenen Beschluss des Rekursgerichts (ON 58) wies das Rekursgericht den Beschlussberichtigungsantrag ab. Nicht nur im Spruch, sondern auch einleitend in seiner Begründung werde von einem Anfechtungsumfang des Rekurses bezogen auf den Zeitraum bis ausgegangen, wodurch der gerichtliche Entscheidungswille eindeutig dokumentiert sei. Eine Entscheidungsberichtigung sei danach nicht möglich. Einen Beschlussergänzungsantrag habe die Mutter nicht gestellt, er wäre auch verfristet.

In ihrem dagegen erhobenen, nun verfahrensgegenständlichen Rekurs (43 R 461/14h, ON 7) begehrte die Mutter die Abänderung dieses Beschlusses im Sinne der begehrten Berichtigung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Mit Beschluss vom ergänzte das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss ON 58 um den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Zulässigkeit des Rekurses

1. § 62 AußStrG erfasst nicht nur Rechtsmittel gegen Sachentscheidungen des Rekursgerichts, sondern regelt schlechthin die Anfechtbarkeit für jeden Beschluss (RIS-Justiz RS0120565). Auch ein Beschluss des Rekursgerichts über einen Berichtigungsantrag - den es insoweit funktional als Erstgericht getroffen hat - ergeht im Rahmen des Rekursverfahrens (7 Ob 262/06i) und ist damit nicht von vornherein den Regeln des § 62 AußStrG entzogen.

2. Gemäß § 41 AußStrG sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Ergänzung und Berichtigung von Entscheidungen sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 430 iVm § 419 Abs 1 ZPO kann das Gericht, das einen Beschluss gefasst hat, jederzeit Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten in diesem Beschluss oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen und die Angaben, die entgegen der Vorschrift des § 417 Abs 3 ZPO übergangen wurden, einfügen.

Gemäß § 430 iVm § 419 Abs 2 S 2 ZPO findet gegen den Beschluss, womit der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, ein abgesondertes Rechtsmittel nicht statt.

§ 419 Abs 2 S 2 ZPO ist dahin zu verstehen, dass Beschlüsse, mit denen Anträge auf Urteils- oder Beschlussberichtigung abgewiesen (nach der gesetzlichen Terminologie: „zurückgewiesen“) werden, mit einem abgesonderten Rechtsmittel nicht anfechtbar sind, sofern noch eine weitere anfechtbare Entscheidung ergehen kann (s RIS-Justiz RS0121303; M. Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPG III2 § 419 ZPO Rz 14 mwN). Auch ein vom Gericht zweiter Instanz gefällter nicht abgesondert anfechtbarer Beschluss kann erst gemeinsam mit der nächsten abgesondert anfechtbaren Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz im Rechtsmittelweg bekämpft werden (RIS-Justiz RS0043724). Ein nach dem Gesetz bis zur nächstfolgenden anfechtbaren Entscheidung aufgeschobener Rekurs kann aber selbständig überreicht werden, wenn infolge Abschlusses der Hauptsache eine weitere anfechtbare Entscheidung nicht mehr erfließen kann (RIS-Justiz RS0035518). So ist auch der Beschluss, womit ein Berichtigungsantrag erst in zweiter Instanz „zurück“gewiesen wird, insbesondere dann abgesondert anfechtbar, wenn eine weiter anfechtbare Entscheidung im Verfahren nicht mehr ergehen kann (RIS-Justiz RS0043974). Das ist hier der Fall. § 419 Abs 2 S 2 ZPO steht damit einer Behandlung des gegen die Abweisung des Berichtigungsbeschlusses gerichteten Rekurses nicht entgegen.

II. Zur Berechtigung des Rekurses

Die Urteilsberichtigung findet ihre theoretische Grundlage in der Tatsache, dass der materielle Gehalt der Entscheidung durch den Entscheidungswillen des Gerichts bestimmt wird. Die offenbare Unrichtigkeit, die einer Berichtigung im Sinne des § 419 Abs 1 ZPO zugänglich ist, darf daher nur die Wiedergabe des zur Zeit der Entscheidung bestehenden Entscheidungswillens des erkennenden Gerichts nach außen betreffen, es muss sich also um eine Diskrepanz zwischen Gewolltem und Erklärtem handeln (RIS-Justiz RS0041489; zum AußStrG s auch Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 41 Rz 5). Die Urteilsberichtigung nach § 419 ZPO ist zulässig, wenn das, was ausgesprochen wurde, offensichtlich nicht dem Willen des Gerichts zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat und sich dies aus dem ganzen Zusammenhang und insbesondere aus den Entscheidungsgründen ergibt (RIS-Justiz RS0041418; s auch RS0041362).

Im vorliegenden Fall hat die Mutter den Anfechtungsumfang im Rekurs ON 33 ausdrücklich auf den Zeitraum bis Juli 2014 bezogen. Ungeachtet des Tippfehlers ist auch der Rekursantrag für den Zeitraum „1. 2. 32012 bis einschließlich Juli 2014“ nicht anders zu verstehen. Das Rekursgericht gab im Spruch seines Aufhebungsbeschlusses ON 38 zweifelsfrei zu erkennen, dass nur der nicht in Beschwerde gezogene Teil des Beschlusses ON 30 von seiner Entscheidung unberührt bleiben und im Übrigen der Rekurs vollständig erledigt werden sollte. Auch der Begründung des Aufhebungsbeschlusses sind keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Entscheidungswille des Rekursgerichts im Entscheidungszeitpunkt lediglich auf den Zeitraum 1. 12. 2012 bis gerichtet gewesen wäre. Nach dem ganzen Zusammenhang kann der Anführung des Datums 1. 12. 2012 anstelle des korrekten Datums 1. 2. 2012 danach kein anderer Wert als der eines bloßen Schreibfehlers beigemessen werden. Dieser ist iSd § 41 AußStrG iVm den §§ 419 Abs 1, 430 ZPO zu berichtigen.

Da sich der Rekurs der Mutter insofern als zutreffend erweist, war ihm wie aus dem Spruch ersichtlich Folge zu geben.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00039.15Y.0729.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAD-84297