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VfGH vom 28.06.1990, B1472/89

VfGH vom 28.06.1990, B1472/89

Sammlungsnummer

12408

Leitsatz

Keine Bundeskompetenz für versteigerungspolizeiliche Maßnahmen;

Weitergeltung diesbezüglicher übergeleiteter Rechtsvorschriften der Feilbietungsordnung daher als Landesgesetz; Zuständigkeit der Landesverwaltung zur Beurteilung ihrer Fortgeltung;

Verfassungsmäßigkeit des Wr. Rechtsbereinigungsgesetzes;

Notwendigkeit kompetenzrechtlicher Überlegungen durch eine Aufhebung der als Landesgesetz fortgeltenden älteren Vorschrift; kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme auf Bundesrecht durch die Auflassung der Bewilligungs- und Überwachungspflicht freiwilliger Versteigerungen durch den Landesgesetzgeber; keine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung eines Antrags auf Bewilligung einer außergerichtlichen Versteigerung sowie auf Absehen von der Entsendung eines Lizitationskommissärs mangels gesetzlicher Grundlage

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. In der Ordnung für die öffentlichen Versteigerungen vom 15. Juli 1786, JGS 565 (kurz: Feilbietungsordnung) heißt es (ohne die dortigen Hervorhebungen):

"§1. Ohne obrigkeitliche Bewilligung kann nichts öffentlich versteigert werden. Bey gerichtlichen Versteigerungen ist die Obrigkeit die Gerichtsbehörde; bey den übrigen ist es die politische Behörde.

§ 2. Bey gerichtlichen Versteigerungen, welche durch Streitsachen oder Concurse veranlaßt werden, ist sich auf das Genaueste nach der Gerichts= und Concurs=Ordnung zu halten.

Die Versteigerung muß vorläufig durch die Zeitung oder die Kundschaftsblätter, oder wie sonst die Kundmachung üblich ist, bekannt gemacht, und die feilzubiethenden Gegenstände und ihre Gattungen, auch Ort, Tag und Stunde der Versteigerung dem Publicum angezeigt werden."

Die §§3 bis 5 enthalten weitere Regelungen über die Vorbereitung der Versteigerung. Sodann ist bestimmt:

"§6. Jeder Versteigerung muß, wenn keine besondere Erlaubniß der Polizey=Behörde davon loszählt, ein obrigkeitlicher Commissär beywohnen.

§ 7. Die Pflicht des Commissärs ist auf alles aufmerksam zu seyn, was bey der Versteigerung vorgeht. Daher wird er zu sorgen haben, daß den Käufern anständig begegnet, den Anwesenden auf Verlangen die zu versteigernde Waare mit der gehörigen Behuhtsamkeit vorgezeigt, und die nöthige Auskunft willig ertheilt werde.

Daß zwischen Ausrufer und Käufer kein geheimes Einverständniß, noch eine Parteylichkeit unterlaufe.

Daß, besonders Stücke von höherem Werthe, nicht zur Unzeit feilgebothen, sondern sich, in so weit es ohne Abbruch der Ordnung in den Nummern geschehen kann, nach der Anzahl der Kauflustigen gerichtet, und alles um den möglichst höchsten Preis veräußert werde. Auch wird er dem Ausrufer nicht gestatten, entweder mit den Käufern willkührlich abzuschließen, oder dieselben zu übereilen; auch hat er alle Streitigkeiten zwischen den Käufern zu verhindern.

Endlich soll er überhaupt darauf sehen, daß Ordnung gehalten, und alles, was hier vorgeschrieben ist, genau beobachtet werde."

Die §§8 bis 10 befassen sich mit dem vom Kommissär entweder selbst zu führenden oder doch unter seinen Augen führen zu lassenden Versteigerungsprotokoll, die §§11 bis 13 mit den Eigenschaften und der Rechtstellung des befugten Ausrufers und die §§14 bis 22 mit der Durchführung der Versteigerung.

In den vorliegenden Verfahren geht es darum, ob und wieweit diese Feilbietungsordnung von den Behörden in Wien noch anzuwenden ist.

II. Die beschwerdeführende Gesellschaft m.b.H. besitzt seit 1987 die Konzession für das Gewerbe der Versteigerung beweglicher Sachen im Sinne des § 295 GewerbeO mit allen Teilberechtigungen nach § 296 Abs 1. Anfang Feber 1989 noch hatte sie Bescheide des Magistratischen Bezirksamtes (für den 3. Bezirk) erwirkt, mit denen "gemäß § 1 der Allgemeinen Lizitationsordnung vom 15. Juli 1786" (d.i. die genannte Feilbietungsordnung) "in Verbindung mit § 300 GewO 1973 die Bewilligung zur Abhaltung einer Versteigerung beweglicher Sachen" (die in einem angeschlossenen Katalog verzeichnet waren) für den 23. Feber 1989 erteilt (und eine Verwaltungsabgabe von 85.855 S eingehoben) sowie nach § 11 dieser Ordnung einer näher bezeichneten Person die Befugnis erteilt wurde, als Ausrufer tätig zu sein. Wie die Zustellverfügung im Bescheid über die Bewilligung der Versteigerung zeigt, war auch ein "Lizitationskommissär" bestellt worden.

In der Folge änderte die Behörde jedoch ihre Praxis:

1. Am richtete die beschwerdeführende Gesellschaft abermals einen Antrag an das Magistratische Bezirksamt (für den 1. Bezirk), eine am geplante Versteigerung (dreier Kunstwerke) zu bewilligen und von der Entsendung eines Lizitationskommissärs abzusehen. Mit Bescheid vom wies der Magistrat Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk) nunmehr das Ansuchen mit der Begründung zurück, die Feilbietungsordnung 1786 sei als eine als einfaches Gesetz des Landes Wien in Geltung stehende Rechtsvorschrift, die vor dem in Kraft getreten ist, durch das am 1. Feber 1985 in Kraft getretene Wiener Rechtsbereinigungsgesetz (LGBl. 5/1985) aufgehoben worden, sodaß beiden Begehren die gesetzliche Grundlage fehle.

Die Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde von der Wiener Landesregierung am abgewiesen. (Der angefochtene Berufungsbescheid trägt die Überschrift "Amt der Wiener Landesregierung im selbständigen Wirkungsbereich des Landes" und ist im Original auch "für die Landesregierung" gezeichnet; daß die der beschwerdeführenden Gesellschaft zugestellte Ausfertigung, bei deren Herstellung offenbar ein Teil der letzten Seite verdeckt worden war, die Fertigungsklausel "für den Landeshauptmann" aufweist, hat schon die Beschwerde als Fehler erkannt; auch sie rechnet den Bescheid der Wiener Landesregierung zu).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Anwendung verfassungswidriger Gesetze ("nämlich der §§1 und 3 des Wiener Rechtsbereinigungsgesetzes und des § 1 der Feilbietungsordnung") rügt und die Beschwer daraus ableitet, daß nicht genehmigte Versteigerungen nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (GlUNF 4573, SZ 6/228) keinen gutgläubigen Eigentumserwerb nach § 367 ABGB nach sich zögen und die Nichtigkeit der abgeschlossenen Kaufverträge bewirkten. Die Versteigerung beweglicher Sachen sei eine Querschnittsmaterie, zu deren Regelung weder der Bund noch die Länder ausschließlich zuständig seien. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Rechtsverkehrs sei die Versteigerung durch Privatpersonen vom Bund als Zivilrechtsgesetzgeber zu regeln. Daneben könne sie dem Gewerberecht unterliegen und gegebenenfalls unter sicherheitspolizeilichen Gesichtspunkten Landessache sein. Insbesondere der erste Satz der Feilbietungsordnung habe (arg. "kann") unmittelbar zivilrechtlichen Inhalt. Die Versteigerungsbewilligung könne wie der gerichtliche Versteigerungsbeschluß nur unter den Kompetenztatbestand Zivilrechtswesen fallen. Andernfalls wären die Länder in der Lage, für das Rechtsgeschäft "Erwerb durch öffentliche Versteigerung" unterschiedliche Form- und Inhaltsvorschriften zu erlassen. Die Feilbietungsordnung sei also kein Landesgesetz. Über den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft hätte daher im Rahmen der Bundesverwaltung und über die Berufung vom Landeshauptmann - und zwar in der Sache selbst - entschieden werden müssen.

Allenfalls sei § 1 Feilbietungsordnung zu unbestimmt, weil sein materieller Gehalt kaum feststellbar sei. Und § 1 des Wiener Rechtsbereinigungsgesetzes überlasse es dem Normunterworfenen festzustellen, welche vor dem in Kraft getretene Rechtsvorschriften als Landesgesetze gelten. Dazu bedürfe es mehr als archivarischen Fleißes (im Sinne von VfSlg. 3130/1956). Da nach § 3 Wiener Rechtsbereinigungsgesetz jene Rechtsvorschriften nicht aufgehoben worden seien, deren Anwendung "durch in Kraft stehende Rechtsvorschriften angeordnet wird" (Z2), und unter Rechtsvorschriften (e contr. § 1) auch solche zu verstehen seien, die nicht solche des Landes Wien seien - wie das Außerstreitgesetz und das Übergangsgesetz 1920, welche die Weitergeltung der Feilbietungsordnung anordneten -, sei auch der Gehalt dieser Vorschrift nicht feststellbar und sie wegen Verstoßes gegen Art 18 B-VG verfassungswidrig.

2. Die Gegenschrift der belangten Behörde wiederholt im wesentlichen die Begründung des angefochtenen Bescheides. Nach ihrer Auffassung hindert der Entfall der Bewilligungspflicht der einzelnen Versteigerungen die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbes nach § 367 ABGB nicht.

Im Hinblick auf die von der Rechtssache aufgeworfenen kompetenzrechtlichen Fragen hat der Verfassungsgerichtshof auch den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes gehört. Dieser teilt in seiner Stellungnahme die Auffassung der belangten Behörde. Die Grenze des Zivilrechtswesens werden durch § 269 Außerstreitgesetz gezogen, der für die dort nicht genannten Fälle auf die politische Behörde und die für sie bestehenden besonderen Vorschriften verweise. Auch § 300 Gewerbeordnung, wonach Vorschriften über das Erfordernis einer besonderen behördlichen Bewilligung für die Veranstaltung jeder einzelnen öffentlichen Versteigerung und über die Teilnahme eines behördlichen Versteigerungskommissärs durch dieses Bundesgesetz nicht berührt werden (was auf § 9 jener Verordnung BGBl. 1/1922 zurückgehe, die das Gewerbe der Versteigerung erstmals an eine Konzession gebunden habe) könne mangels näherer Anhaltspunkte als Verweis auf die Regelungen eines anderen Kompetenzbereiches - etwa des Veranstaltungsrechtes - verstanden werden. Falle die freiwillige Versteigerung aber in keine Bundeskompetenz (oder andere besondere Kompetenztatbestände), sei nach Art 15 Abs 1 B-VG der Landesgesetzgeber zuständig. Die Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 11 Abs 2 B-VG komme nicht in Betracht, denn die Normierung der Bewilligungspflicht obliege jedenfalls dem Materiengesetzgeber.

III. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Die beschwerdeführende Gesellschaft beabsichtigt die Abhaltung einer Versteigerung, deren zivilrechtliche Wirkungen möglicherweise von der Einhaltung bestimmter Förmlichkeiten und dem Vorliegen einer behördlichen Bewilligung abhängen. Eine ungerechtfertigte Zurückweisung ihres Antrages könnte sie daher beschweren.

Unter dem Blickwinkel des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ist mithin zu prüfen, ob die richtige Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft abgewiesen hat und ob die Sachentscheidung zu Recht verweigert wurde. Für die Beantwortung beider Fragen ist entscheidend, in wessen Kompetenz eine Regelung nach Art der §§1 und 6 Feilbietungsordnung fällt:

Wäre der Bundesgesetzgeber zuständig, hätte der Magistrat in einer Sache der mittelbaren Bundesverwaltung entschieden und hätte über die Berufung der Landeshauptmann zu befinden und das Wiener Rechtsbereinigungsgesetz nicht anzuwenden gehabt, ist aber der Landesgesetzgeber zuständig, so ist die Entscheidung im Bereich der Landesverwaltung gefallen und die Landesregierung hat zu Recht über die Berufung entschieden und (im Falle der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des Wiener Rechtsbereinigungsgesetzes) die Zurückweisung des Antrages auch zu Recht bestätigt.

1. Die Feilbietungsordnung von 1786 verweist für gerichtliche Versteigerungen ("welche durch Streitsachen oder Concurse veranlaßt werden") bloß auf die hiefür geltenden Vorschriften der "Gerichts= und Concurs=Ordnung". Sie selbst enthält daher Vorschriften nur für außergerichtliche Versteigerungen. Da die gerichtliche Anordnung ein Begriffsmerkmal gerichtlicher Versteigerungen ist, erschöpft sich der normative Inhalt des ersten Satzes des § 1 Feilbietungsordnung darin, auch andere Versteigerungen an eine Bewilligung, nämlich die Bewilligung der politischen Behörde zu binden. Folglich kann § 1 Feilbietungsordnung im ersten Satz den Grundsatz aufstellen, daß "ohne obrigkeitliche Bewilligung ... nichts öffentlich versteigert werden" kann. Mit diesem Satz beansprucht die Feilbietungsordnung aber nicht auch die Geltung für gerichtliche Versteigerungen. Ob eine Versteigerung (mit behördlicher Bewilligung) außergerichtlich zulässig ist oder nur gerichtlich stattfinden darf und wie das gerichtliche Versteigerungsverfahren aussieht, ist eine durch zivilrechtliche Vorschriften zu regelnde Frage. So regelt das Außerstreitgesetz aus 1854 in § 269 die freiwillige Versteigerung ("Feilbietung") von unbeweglichen Gütern und von Forderungen sowie von Sachen aus einer ruhenden Verlassenschaft oder aus dem Vermögen eines Minderjährigen oder Pflegebefohlenen (wobei allerdings nach § 272 kraft Verweises wieder die Vorschriften der Feilbietungsordnung zu beachten sind).

Sowohl die in § 1 ausgesprochene Bewilligungspflicht wie auch die in § 6 vorgesehene Entsendung eines "obrigkeitlichen Commissärs" zu außergerichtlichen Versteigerungen sind Maßnahmen der Verwaltungspolizei (vgl. "Erlaubniß der Polizey=Behörde"), die den ordnungsgemäßen Ablauf der Versteigerung als einer öffentlichen Veranstaltung besonderer Art gewährleisten sollen. Ob die Vorschriften der Feilbietungsordnung über die Vorbereitung und Durchführung der Versteigerung über die Bewilligungspflicht und die Aufgaben des Versteigerungskommissärs hinaus sämtlich nur verwaltungspolizeilicher Natur sind oder ob sie in dem auf das Verhalten der Beteiligten selbst bezogenen Teil nicht vielmehr den Begriff der öffentlichen Versteigerung, wie ihn zB § 367 ABGB verwendet, näher umschreiben und damit die sachlichen Voraussetzungen festlegen, unter denen die zivilrechtlichen Folgen einer öffentlichen Versteigerung eintreten, und daher insoweit zivilrechtlichen Charakter haben (vgl. VfSlg. 8596/1979, S. 507), ist aus Anlaß des vorliegenden Verfahrens nicht zu prüfen. Wesentlich ist nur, daß die in den §§1 und 6 (und anderen Vorschriften) angeordnete behördliche Überwachung verwaltungspolizeilicher Natur und als solche nicht dem Kompetenztatbestand Zivilrechtswesen zuzuordnen ist. Daß der Bestand einer solchen Bewilligungspflicht vielleicht ein Motiv für die Regelung des Gutglaubenserwerbs in einer öffentlichen Versteigerung nach § 367 erster Fall ABGB war, ändert daran ebensowenig wie der Zusammenhang des Erwerbes vom dazu befugten Gewerbsmann (§367 zweiter Fall ABGB) mit Maßnahmen der Gewerbepolizei an der gewerberechtlichen Einordnung dieser Maßnahmen. Selbst der allfällige Umstand, daß das Zivilrecht an den Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften die Sanktion der Nichtigkeit knüpft, würde nicht diese Erfordernisse selbst zu Maßnahmen des Zivilrechts machen: zivilrechtlicher Natur sind vielmehr nur die an deren Nichterfüllung anknüpfenden Folgen selbst (vgl. VfSlg. 9580/1982). Umgekehrt würden auch zivilrechtliche Vorschriften nicht deshalb zu gewerberechtlichen, weil etwa auch die Gewerbebehörde deren Verletzung unter Umständen mit gewerberechtlichen Maßnahmen zu begegnen hätte.

Gegen dieses Ergebnis ist auch aus dem die versteigerungspolizeilichen Vorschriften ausdrücklich unberührt lassenden § 300 Gewerbeordnung (oben II 2) nichts zu gewinnen: Es liegt nahe anzunehmen, der Gewerbegesetzgeber habe damit klarstellen wollen, daß er die Kompetenz zur Regelung der Überwachung der einzelnen Versteigerung unter dem Gesichtspunkt der Versteigerungspolizei nicht beansprucht. Es ist daher auch nicht zu prüfen, in welcher Weise die gewerbsmäßige Durchführung von Versteigerungen auch gewerbepolizeilich überwacht werden könnte (vgl. VwGH VwSlg. 9473A/1978).

Eine Bundeskompetenz für versteigerungspolizeiliche Maßnahmen ist nicht auffindbar. Da solche Maßnahmen auch unter keinen anderen Kompetenztatbestand fallen, sind die Länder nach Art 15 Abs 1 B-VG zu ihrer Regelung zuständig. Übergeleitete Rechtsvorschriften darüber galten daher als Landesgesetz weiter. Die §§1 und 6 der Feilbietungsordnung waren daher Rechtsvorschriften auf der Stufe eines (einfachen) Landesgesetzes. Zur Beurteilung ihrer Fortgeltung ist die Landesverwaltung zuständig.

2. Es kann aber auch nicht zweifelhaft sein, daß die §§1 und 6 Feilbietungsordnung als Vorschriften auf der Stufe eines einfachen Gesetzes des Landes Wien, die vor dem in Kraft getreten sind, durch das Wiener Rechtsbereinigungsgesetz 1985 aufgehoben wurden. Entgegen der Auffassung der Beschwerde wird der Begriff "Rechtsvorschrift" in diesem Gesetz insgesamt und daher auch in § 3 auf solche Vorschriften bezogen, die auf der Stufe eines einfachen Gesetzes des Landes Wien stehen. Für den Fall der Z 2 des § 2 ("Rechtsvorschriften, die die Organisation der Verwaltung in den Ländern regeln") ist das - weil vielleicht zweifelhaft - noch ausdrücklich wiederholt. Unter diesen Umständen ist weder den aus der gegenteiligen Auffassung abgeleiteten Bedenken der Beschwerde noch der Frage nachzugehen, wieweit die Anwendung der §§1 und 6 Feilbietungsordnung durch die von der Beschwerde genannten (überleitenden) Vorschriften des Bundesrechts überhaupt im Sinne des § 3 Z 2 Rechtsbereinigungsgesetz "angeordnet" wird.

Schließlich teilt der Gerichtshof auch die Bedenken der Beschwerde gegen die Verfassungsmäßigkeit des Wiener Rechtsbereinigungsgesetzes nicht. Es ist wohl richtig, daß § 1 dieses Gesetzes es dem Normunterworfenen überläßt, selbst festzustellen, welche vor dem in Kraft getretenen Rechtsvorschriften als Landesgesetze galten. Zu dieser Prüfung ist der Rechtsunterworfene allerdings nicht erst durch das Wiener Rechtsbereinigungsgesetz gehalten. Dazu zwingen ihn vielmehr schon die einschlägigen Bestimmungen der im Verfassungsrang stehenden Übergangsvorschriften (insbesondere § 4 Abs 2 ÜbergangsG 1920). Daß es im praktischen Leben meist gleichgültig ist, ob eine Norm als Bundes- oder Landesgesetz beachtet werden muß, ändert nichts daran, daß diese Frage jedermann selbst zu lösen hat, sobald sie bedeutsam wird. Die durch eine Aufhebung der als Landesgesetz fortgeltenden älteren Vorschriften ausgelöste Notwendigkeit kompetenzrechtlicher Überlegungen ist daher nicht dem Wiener Rechtsbereinigungsgesetz zur Last zu legen.

Auch das Gebot der Rücksichtnahme auf Bundesrecht hat den Landesgesetzgeber nicht gehindert, die Bewilligungs- und Überwachungspflicht freiwilliger Versteigerungen aufzulassen. Ihr Wegfall läßt die Rechtswirkungen der öffentlichen Versteigerung und die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach dem ersten Fall des § 367 ABGB unberührt. Ordnungsgemäß durchgeführte öffentliche Versteigerungen verschaffen also in Wien auch ohne behördliche Bewilligung und Überwachung dem gutgläubigen Ersteher Eigentum.

Im Hinblick auf die - verfassungsrechtlich unbedenkliche - Aufhebung der §§1 und 6 der Feilbietungsordnung aus 1786 erübrigt es sich auch, auf die gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1 dieser Vorschrift geäußerten Bedenken einzugehen. Da die dort geregelte Angelegenheit im Land Wien keine behördliche Aufgabe mehr darstellt (vgl. ) und es notwendigerweise an einer Bezeichnung der Angelegenheit als solcher des eigenen Wirkungsbereiches im Sinne des zweiten Satzes des Art 118 Abs 2 B-VG mangelt, kann es auch auf sich beruhen, ob die Angelegenheit nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fiele (was nach Art 48 a der Wiener Stadtverfassung die Zuständigkeit des Berufungssenates zur Folge hätte): die Zurückweisung des vom Magistrat wegen Fehlens gesetzlicher Vorschriften nicht in der Sache selbst zu erledigenden Antrages durfte auch die Landesregierung ohne Rechtsverletzung bestätigen.

Die Behörden haben den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft in Anwendung des aus der Sicht des Beschwerdefalles verfassungsrechtlich unbedenklichen Wiener Rechtsbereinigungsgesetzes mangels gesetzlicher Grundlage zurecht zurückgewiesen. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde daher nicht im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt und kann folglich auch in keinem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sein.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs 4 VerfGG).