OGH vom 21.07.2020, 14Ns26/20i

OGH vom 21.07.2020, 14Ns26/20i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. SetzHummel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Weinhandl über den Antrag des ***** N***** auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in die Akten in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Eingaben vom 15. Juni und beantragte der Strafgefangene ***** N***** die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Einbringung eines Antrags auf Erneuerung des Verfahrens nach § 363a StPO einer Grundrechtsbeschwerde sowie „eines Antrags auf Einleitung einer vorläufigen Maßnahme gem Art 34 EMRK“, weil er durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien als Vollzugssenat (§ 16a StVG) vom , AZ 32 Bs 15/20w, in seinen Grundrechten auf ein faires Verfahren nach Art 6 MRK und auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit nach Art 11 MRK verletzt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

In ständiger Rechtsprechung gewährt der Oberste Gerichtshof Grundrechtsschutz in Anwendung des § 363a StPO auch ohne vorangegangenes Erkenntnis des EGMR, wenn ein Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens eine Verletzung der MRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines (untergeordneten) Strafgerichts behauptet (RIS-Justiz RS0122228).

Der vorliegende Antrag betrifft eine ursprünglich von der Vollzugsbehörde (§ 11 Abs 1 StVG) entschiedene Sache. Gerichtlicher Rechtsschutz wird in solchen Angelegenheiten seit Inkrafttreten des Vewaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes-Justiz (BGBl I 2013/190) zunächst vom Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Sprengel die Freiheitsstrafe vollzogen wird (§ 16 Abs 3 StVG), und in letzter Instanz – auch in Betreff behaupteter Grundrechtsverletzungen (vgl Art 13 MRK) – für das gesamte Bundesgebiet vom Oberlandesgericht Wien (§ 16a StVG) gewährt. Nach dem in den Materialien unmissverständlich zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers sollte damit – als Ausnahme von der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Art 130 Abs 1 iVm Art 94 Abs 2 B-VG) – ein Rechtszug von der Vollzugsbehörde an ordentliche Gerichte geschaffen und das Oberlandesgericht Wien als bundeseinheitliches Höchstgericht (ohne Möglichkeit eines weiteren innerstaatlichen Instanzenzugs) eingerichtet werden (EBRV 2357 BlgNR 24. GP, 19 ff; vgl VfGH B 181/2014; VwGH Ro 2014/03/0045). Lückenschließung im Sinn der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung durch Anwendung des § 363a StPO kommt daher bei derartigen Strafvollzugssachen nicht in Betracht (14 Ns 32/17t = RIS-Justiz RS0122228 [T6]; vgl auch 14 Os 122/19a, 123/19y, EvBl 2020/49, 325).

Gemäß § 1 Abs 2 GRBG steht eine Grundrechtsbeschwerde iSd § 1 Abs 1 GRBG, somit wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung, nicht für die Verhängung und den Vollzug von Freiheitsstrafen und vorbeugenden Maßnahmen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen zu.

Demgemäß kommt auch eine der Sache nach angesprochene Hemmung der Wirkung der kritisierten Entscheidung nicht in Betracht (s im Übrigen RIS-Justiz RS0125705).

Da Verfahrenshilfe für unzulässige oder von vornherein (somit offenkundig) aussichtslose Anträge nicht zu gewähren ist (RIS-Justiz RS0127077), war der gegenständliche Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshelfers abzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0140NS00026.20I.0721.000

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