OGH vom 08.11.1984, 7Ob667/84

OGH vom 08.11.1984, 7Ob667/84

Norm

ABGB § 294;

EO § 144;

EO § 156 Abs 2;

EO § 252;

Kopf

SZ 57/166

Spruch

Der Ersteher einer Liegenschaft erwirbt an deren Zubehör kein Eigentum, wenn dieses weder im Schätzungsprotokoll noch in den Versteigerungsbedingungen und im Versteigerungsedikt angeführt wurde

(OLG Linz 1 R 115/84; LG Salzburg 10 Cg 88/83)

Text

Im Zwangsversteigerungsverfahren des Bezirksgerichtes Schwanenstadt, E 4/82, gegen den Sohn der Beklagten Albert E wurde der klagenden Partei am die Liegenschaft EZ 441 KG N mit dem Haus Nr. 107 um das Meistbot von 1 700 000 S zugeschlagen. Nach dem Schätzungsprotokoll vom und dem Versteigerungsedikt vom gehört zur Liegenschaft kein Zubehör. In den Versteigerungsbedingungen erscheint ein Zubehör der Liegenschaft nicht auf. Mit einer beim Exekutionsgericht am eingebrachten Exszindierungsklage begehrten die Beklagten unter Berufung auf ihr Eigentum die Unzulässigerklärung der Exekution hinsichtlich einer Einbauküche, eines Einbauschrankes im Wohnzimmer und zweier Hochschränke. Mit der Klage war ein Antrag auf Aufschiebung der Exekution verbunden. Dieser Antrag wurde bei der Versteigerungstagsatzung am mit der Begründung abgewiesen, daß die erhobenen Einwendungen die Realexekution nicht unzulässig machten und die genannten Fahrnisse - ausgenommen eine Holzdecke, die nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist - kein Zubehör darstellen. Die Exszindierungsklage wurde von der Beklagten unter Hinweis auf diese Entscheidung in der Folge zurückgezogen; die obgenannten Sachen wurden von ihnen aus dem Hause weggebracht.

Die klagende Partei, die das Eigentum der Beklagten bestreitet, begehrt unter Berufung auf ihren Eigentumserwerb durch Zuschlag die Herausgabe dieser Sachen. Die Möbelstücke seien im Schätzungsgutachten als Liegenschaftsbestandteile mitberücksichtigt und mitgeschätzt worden.

Die Beklagten vertreten den Standpunkt, daß die Möbel mangels Eigentümeridentität nicht Zubehör der Liegenschaft und auch nicht Gegenstand des Versteigerungsverfahrens gewesen seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen stand den Beklagten aus dem Verkauf eines Hauses ein Betrag von 500 000 S zur Verfügung. Hievon verwendeten sie einen Teilbetrag von 250 000 S zur Anschaffung der Einbaumöbel. Dabei wurde zwischen ihnen und ihrem Sohn vereinbart, daß ihnen dieser den für die Einbaumöbel aufgewendeten Betrag zurückbezahlt und daß die Einbaumöbel bis zur Bezahlung dieses Betrages Eigentum der Beklagten bleiben. Bisher wurden von Albert E keine Rückzahlungen geleistet. Bei den Einbaumöbeln handelt es sich nicht um Maßanfertigungen, sondern um aus verschiedenen vorgefertigten Einzelteilen zusammengesetzte Möbelstücke. Ihre Entfernung ist mit keiner wirtschaftlichen Beeinträchtigung verbunden. Nach der Baubeschreibung des Schätzungsgutachtens sind "eine aufwendige Einbauküche sowie zahlreiche Einbaumöbel vorhanden". Ob diese bei der Ermittlung des Schätzwertes berücksichtigt wurden, ist dem Schätzungsgutachten nicht zu entnehmen.

Das Erstgericht vertrat die Auffassung, daß die Einbaumöbel nicht unselbständige Bestandteile und mangels Eigentümeridentität auch nicht Zubehör des Hauses seien. Aber auch unabhängig von der Frage, wer Eigentümer der Möbel sei, habe die klagende Partei durch den Zuschlag kein Eigentum an den Möbeln erworben, weil diese nicht Gegenstand des Versteigerungsverfahrens gewesen seien. In den Versteigerungsbedingungen sei ein Zubehör nicht angegeben. Das Versteigerungsedikt enthalte den ausdrücklichen Vermerk, daß zur Liegenschaft kein Zubehör gehöre. Aus der Erwähnung der Einbaumöbel im Schätzungsgutachten könne nicht gefolgert werden, daß die Möbel als Zubehör der Liegenschaft mitversteigert wurden. Das Exekutionsgericht habe auch durch seinen Beschluß vom , mit dem der Aufschiebungsantrag der Beklagten abgewiesen worden sei, deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die Einbaumöbel kein Zubehör der Liegenschaft seien. Der klagenden Partei käme auch keine Gutgläubigkeit beim Erwerb zu, weil sie aus der Aufforderung zur Vorlage der Versteigerungsbedingungen und dem Versteigerungsedikt entnehmen habe können, daß die Einbaumöbel nicht Zubehör seien.

Das Berufungsgericht ließ die Frage des Eigentums der Beklagten an den Einbaumöbeln offen. Es teilte im übrigen die Rechtsmeinung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300 000 S übersteigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Als Bestandteile bezeichnet man die Teile einer zusammengesetzten Sache. Ist die Verbindung mit der Hauptsache so eng, daß sie von dieser tatsächlich nicht oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnten, spricht man von unselbständigen Bestandteilen, die sonderrechtsunfähig sind und notwendig das sachrechtliche Schicksal der Hauptsache teilen (Koziol-Welser[6] II 10; SZ 45/29; SZ 42/35; 1 Ob 21/82 ua.). Der Versuch der Revision, die Einbaumöbel als unselbständige Bestandteile zu qualifizieren, scheitert an den Feststellungen der Vorinstanzen über die Beschaffenheit der Möbel und deren Entfernbarkeit, ohne daß damit irgendeine wirtschaftliche Beeinträchtigung verbunden wäre. Die Möbel können demnach nur selbständige Bestandteile oder Zubehör sein, wobei ihre Zuordnung zu der einen oder anderen Kategorie ohne rechtliche Bedeutung ist (Klang[2] II 16).

Ob Möbel und Einrichtungsgegenstände überhaupt als Zubehör einer Liegenschaft anzusehen sind, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (Heller-Berger-Stix 1131; Klang aaO 19). Die Eigentümeridentität als Erfordernis der Zubehöreigenschaft ist in jüngster Zeit im Schrifttum in Zweifel gezogen worden (Koziol-Welser aaO). Beide Fragen können hier auf sich beruhen. Für den Umfang des Eigentumserwerbes des Erstehers durch Zuschlag sind grundsätzlich die im Exekutionsverfahren erfolgte Beschreibung und Schätzung des Exekutionsobjektes, die Versteigerungsbedingungen und das Versteigerungsedikt maßgebend (5 Ob 626/78). Der Gegenstand der Versteigerung wird durch den Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsediktes festgelegt (SZ 52/13; SZ 51/117; 3 Ob 85/83). Im vorliegenden Fall enthält schon das Schätzungsprotokoll vom den Vermerk "kein Zubehör". In den Versteigerungsbedingungen scheint ein Zubehör nicht auf. Das Versteigerungsedikt enthält den ausdrücklichen Hinweis, daß zur Liegenschaft kein Zubehör gehört. Damit ist aber hinreichend klargestellt, daß ein Zubehör der Liegenschaft nicht Gegenstand der Versteigerung war. Natürlicher Zuwachs oder die Vermehrung solchen Zubehörs, wie sie die normale Führung einer Land- und Forstwirtschaft mit sich bringt, gebührt allerdings dem Ersteher auch dann, wenn es nicht beschrieben oder geschätzt wurde (Heller-Berger-Stix 1245; SZ 20/6; SZ 16/44; 5 Ob 626/78). Ebenso soll der Ersteher auch Zubehörstücke verlangen können, deren Vorhandensein bei der Schätzung nicht bekannt war oder von denen angenommen wurde, daß sie nicht Zubehör sind, wenn deren Vorhandensein nicht von wesentlichem Einfluß auf den Gesamtschätzwert der Liegenschaft ist (Heller-Berger-Stix aaO). Die Einbaumöbel, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites sind, können weder der erstgenannten Kategorie noch - ihre Zubehöreigenschaft überhaupt vorausgesetzt - der zweitgenannten Kategorie zugerechnet werden. Zu Unrecht beruft sich die klagende Partei auf die Erwähnung der Einbaumöbel im Sachverständigengutachten, weil diesem keine selbständige Bedeutung zukommt. Die Beschreibung der Liegenschaft und des Zubehörs hat im Schätzungsprotokoll zu erfolgen, dessen Errichtung dem Beauftragten des Gerichtes obliegt. Auch die Feststellung des Schätzwertes erfolgt durch das Gericht. Dem Sachverständigen kommt hiebei nur ein beratender aufklärender Wirkungskreis zu. Es obliegt ihm lediglich, dem Gericht die erforderlichen Grundlagen zu liefern (Heller-Berger-Stix 1147 f., insbesondere 1152). Daraus ergibt sich aber, daß die klagende Partei durch den Zuschlag Eigentum an den Einbaumöbeln nicht erwerben konnte. Auf einen anderen Rechtsgrund hat sie sich nicht berufen. Zur Frage ihrer Gutgläubigkeit ist nach der dargestellten Sach- und Rechtslage nicht mehr Stellung zu nehmen.