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OGH vom 14.03.2016, 15Os155/15f

OGH vom 14.03.2016, 15Os155/15f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef B***** und Mag. Hermine B***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom , GZ 15 Hv 47/13h 120, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Mag. Hermine B***** und in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Josef B***** wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem die Angeklagten jeweils betreffenden Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht St. Pölten verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Josef B***** im Übrigen wird zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung werden die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Die Entscheidung über die Berufung des Josef B***** wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

Dem Angeklagten Josef B***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Josef B***** der Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (A./III./) und des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (B./I./3./ und 4./ und B./II./) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Unter einem wurde gemäß § 20 Abs 1 StGB idF BGBl I 2002/134 auf Abschöpfung der Bereicherung in der Höhe von 460.359,10 Euro erkannt.

Mag. Hermine B***** wurde von der wider sie erhobenen Anklage wegen eines als Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB beurteilten Verhaltens (A./) rechtskräftig freigesprochen, jedoch nach § 20 Abs 4 StGB idF BGBl I 2002/134 zur Bezahlung eines Betrags von 67.317,64 Euro verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Josef B***** in W*****

A./ als geschäftsführender Gesellschafter der B***** GmbH einen Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger geschmälert, wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte, und zwar

III./ im Zeitraum von Mitte 2006 bis Ende 2008 durch

Gewährung und Entnahme von Provisionen und Gehältern in unangemessener Höhe trotz Kenntnis der wirtschaftlichen Krise der B***** GmbH im Gesamtbetrag von 527.676,80 Euro,

B./ mit dem Vorsatz, die B***** GmbH durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Vortäuschen der Zahlungsfähigkeit (und Zahlungswilligkeit; US 56) folgende Vertragspartner zu Handlungen oder Unterlassungen verleitet, welche diese in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

I./ Diesellieferanten durch die mit seiner Kenntnis veranlasste Bestellung von Treibstoff, obwohl er wusste, dass die Lieferung mangels Zahlungsfähigkeit der B***** GmbH nicht gezahlt werden könnte, zur Lieferung von Treibstoff unter Kreditierung des Kaufpreises, nämlich

3./ im Februar 2008 Verfügungsberechtigte der Brüder J***** KG im Wert von 35.308,99 Euro;

4./ am 24. April, 7. Mai und Verfügungsberechtigte der K***** GmbH im Gesamtwert von 45.352,99 Euro;

II./ am , 10. Jänner und den Angestellten der R***** eG Armin G***** durch die telefonische Erteilung von Deckungszusagen, obwohl er wusste, dass die angekündigten Zahlungen Dritter auf ein anderes Konto eingehen würden, dazu verleitet, eine Überziehung des Kreditrahmens zu veranlassen bzw das Konto nicht für weitere Belastungen zu sperren, wodurch insgesamt Überziehungen in Höhe von 76.066,38 Euro erfolgten und die R***** eG in dieser Höhe am Vermögen geschädigt wurde.

Dagegen richtet sich die auf Z 5, 9 lit a und lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Josef B*****. Mag. Hermine B***** bekämpft den Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung mit einer auf Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Josef B*****:

Zum Schuldspruch A./III./:

Voranzustellen ist der Beantwortung der Mängelrüge (Z 5), dass geltend gemachte Nichtigkeitsgründe nach den Regelungen der Strafprozessordnung deutlich und bestimmt zu bezeichnen sind, insbesondere ist der Tatumstand, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll, (zumindest) durch deutlichen Hinweis anzuführen (§ 285a Z 2 StPO). Dem Referieren einer Urteilspassage bloß undifferenzierte Rechtsbehauptungen wie „Diesen Umstand macht der Beschwerdeführer als Rechtsfehler mangels Feststellungen und als fehlende, undeutliche und offenbar unzureichende sowie aktenwidrige Begründung des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen geltend“ folgen zu lassen, genügt diesen Anforderungen nicht.

Die Konstatierungen zur Vermögensverringerung bei der B***** GmbH (US 31, 35 f, 40 f) blieben dem Einwand (Z 5 vierter Fall) zuwider nicht unbegründet, sondern wurden im Wesentlichen auf das für beweiskräftig erachtete Sachverständigengutachten (ON 67; insbesondere TZ 929 ff) gegründet (US 35 ff). Dass diese Erwägungen dem Beschwerdeführer nicht überzeugend erscheinen, stellt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht dar (RIS Justiz RS0098362).

Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS Justiz RS0099547). Dass der auf den datierte Umlaufbeschluss (§ 34 GmbHG) über die Geschäftsführervergütungen (ON 27 S 593) vom Erstgericht anders interpretiert wird als vom Beschwerdeführer, vermag keine Nichtigkeit zu begründen. Die in diesem Zusammenhang geübte Kritik bekämpft bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld.

Die Annahmen zum Vorsatz des Angeklagten, das Vermögen der Gesellschaft zu verringern, wurden logisch und empirisch mängelfrei (Z 5 vierter Fall) hinsichtlich der Provision des Angeklagten auf sein Wissen als Geschäftsführer um die finanzielle Lage der Gesellschaft, die Aussage des Zeugen Gl***** sowie auf den erwähnten Umlaufbeschluss gestützt (US 45 f), hinsichtlich des Gehalts seiner Tochter, Mag. Hermine B*****, auf seine Kenntnis vom Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und den danach eingegangenen, „wirtschaftlich äußerst ungünstigen“ und einem Fremdvergleich nicht standhaltenden Arbeitsvertrag gegründet (US 46 f).

Die vermissten Konstatierungen zum Zusammenhang zwischen Vermögensverringerung und Befriedigungsschmälerung (Z 9 lit a) befinden sich auf US 18, 41 iVm US 11. Entgegen der Kritik des Rechtsmittels sind sie weder undeutlich (Z 5 erster Fall) noch unbegründet geblieben (Z 5 vierter Fall); sie wurden vielmehr auf die diesbezüglichen Ausführungen des Buchsachverständigen gestützt.

Die Aussage des Zeugen Mag. Gr*****, die Ra*****, die Hausbank des Unternehmens, habe der B***** GmbH bis zum Konkurs liquide Mittel zur Verfügung gestellt (ON 100 S 102 und 105), war entgegen dem Einwand der Rüge (Z 5 zweiter Fall) nicht gesondert erörterungsbedürftig, steht sie doch den Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten auf Schmälerung der Befriedigung der Gläubiger (US 43 f) nicht entgegen. Die Erwägungen des Beschwerdeführers hiezu erweisen sich neuerlich bloß als Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung.

Den Vorsatz auf Schädigung der Gläubiger in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag (§ 156 Abs 2 StGB) leiteten die Tatrichter zulässigerweise und mängelfrei aus dem gezeigten Verhalten des Angeklagten und seinem Wissen über die wirtschaftliche Entwicklung und die Krise der B***** GmbH ab (US 43 f; RIS Justiz RS0098671, RS0116882).

Weshalb trotz der den Bezugspunkt materiell rechtlicher Anfechtung bildenden (vgl RIS Justiz RS0099810) tatsächlichen Urteilsannahmen zu einem vollendeten Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (US 2, 18) ein Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB; durch Einbringung von 100.000 Euro in die B***** GmbH) möglich sein sollte, erklärt die Rechtsrüge (Z 9 lit b) nicht. Soweit sie zwei gesonderte Taten (Entnahme von Provisionen sowie Auszahlung von Gehalt) postuliert, hält sie gleichfalls nicht an den erstgerichtlichen Feststellungen fest, die von einer tatbestandlichen Handlungseinheit (vgl zum Begriff 13 Os 1/07g; Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28 31 Rz 89) ausgehen (US 2, 43 f).

Zum Schuldspruch B./I./:

Die von der Beschwerde vermissten Feststellungen dazu, dass der Angeklagte durch aktives Tun über die Zahlungsfähigkeit (und Zahlungswilligkeit) des Unternehmens getäuscht habe (Z 9 lit a), lassen sich US 55 f entnehmen. Danach veranlasste der Angeklagte die inkriminierten Bestellungen, indem er (im Wissen um die nicht vorhandene Zahlungsfähigkeit und -willigkeit) dem Fuhrparkleiter Br***** den Auftrag erteilte, „beim günstigen Dieselanbieter Diesel zu bestellen“ und diesen Auftrag auch im Tatzeitraum aufrechterhielt. Indem die Rüge die Aussagen des Zeugen Br*****, die von den Tatrichtern nicht übergangen wurde (US 58; Z 5 zweiter Fall), und jene bereits erwähnte des Mag. Ga***** eigenständig bewertet, zeigt sie keine Nichtigkeit der Urteilsbegründung auf, sondern kritisiert neuerlich in unzulässiger Form die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Der exakte Zeitpunkt der Dieselbestellungen (zu B./I./4c) betrifft bei hier hinlänglich individualisierten Tathandlungen keine entscheidende Tatsache ( Lendl , WK StPO § 260 Rz 14), sodass die von der Beschwerde relevierten Ungenauigkeiten der Urteilsgründe (Z 9 lit a) keine Nichtigkeit herstellen.

Dass der Angeklagte „zum Zeitpunkt seines Verhaltens“ den Vorsatz hatte, über die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft zu täuschen, wurde dem Einwand (Z 9 lit a) zuwider von den Tatrichtern festgestellt (US 57; „... hat ab seiner subjektiven Kenntnis der objektiv bereits vorliegenden Zahlungsunfähigkeit [] mit dem Vorsatz, die B***** GmbH durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Vortäuschung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens...“). Die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens war nach den Urteilsannahmen für den Angeklagten erkennbar und ihm „auch klar bewusst“ (US 10, 28, 47, 57). Im Übrigen gingen die Tatrichter davon aus, dass der Angeklagte nicht nur über die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft, sondern auch über deren Zahlungswilligkeit täuschte (US 56).

Entgegen dem Einwand eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen konstatierten die Tatrichter die subjektive Tatseite (auch) in Bezug auf die Vermögensschädigung der Lieferanten, indem sie annahmen, der (Eventual )Vorsatz des Angeklagten habe sich auf sämtliche „äußeren Tatbestandsmerkmale und nicht nur auf die unrechtmäßige Bereicherung“ bezogen (Z 9 lit a; US 56 f).

Zum Schuldspruch B./II./:

Soweit der Beschwerdeführer Konstatierungen zum Vorsatz des Angeklagten, einen Vermögensschaden auch in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag zu bewirken, vermisst (Z 9 lit a und 10), übergeht er jene Annahmen auf US 67, wonach es dem Angeklagten geradezu darauf ankam, „den Eintritt eines Vermögensschadens bei der R***** eG in ursächlichem Zusammenhang zu bewirken“, wobei er auch hier die „äußeren Tatbestandsmerkmale“ verwirklichen wollte.

Gegründet wurden diese Konstatierungen ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze (Z 5 vierter Fall) auf den Ablauf der Geschehnisse, insbesondere die Telefonate des Angeklagten mit Angestellten der Bank, sowie auf die Aussagen der Zeugen H***** und G*****, durch die die Tatrichter die Verantwortung des Angeklagten als widerlegt ansahen (US 69 f und 72 f). Soweit die Beschwerde aus Depositionen des letztgenannten Zeugen bloß günstigere Schlussfolgerungen zu ziehen trachtet als die Tatrichter, zeigt sie keine Unvollständigkeit der Begründung auf (Z 5 zweiter Fall; RIS Justiz RS0098400 ).

Weshalb es für die Verwirklichung des Strafaufhebungsgrundes der tätigen Reue entgegen dem unmissverständlichen Gesetzeswortlaut (§ 167 Abs 2 Z 1 StGB) nicht auf den objektiv eingetretenen Schaden, sondern auf einen vom Angeklagten behaupteten „Vorsatz auf die Höhe eines Vermögensschadens von höchstens 74.000 Euro“ ankommen sollte, leitet das Rechtsmittel (Z 9 lit b) nicht aus der in Anspruch genommenen Norm ab. Die vom Angeklagten geleisteten Zahlungen wurden im Übrigen ohnehin bei der Strafbemessung als mildernd gewertet (US 77; § 34 Abs 1 Z 13 StGB). Das weitere dazu erstattete Vorbringen, das das dem Schuldspruch zugrunde liegende Tatgeschehen in drei selbständige Taten (durch drei Telefonate) zerteilt, nimmt prozessordnungswidrig nicht Maß an der Gesamtheit der Urteilsannahmen, wonach der Angeklagte mit einheitlichem Täuschungs-, Schädigungs und Bereicherungsvorsatz (einheitlicher Motivationslage) den Angestellten der R***** eG durch wahrheitswidrige telefonische Deckungszusagen dazu verleitete, eine Überziehung des Kreditrahmens zuzulassen, wodurch „weitere Überziehungen eben im Schadensbetrag erfolgten“ (US 67 f; zum Begriff der tatbestandlichen Handlungseinheit vgl neuerlich 13 Os 1/07g; Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28 31 Rz 89).

Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) kritisiert zu A./III./ die Nichtannahme des Milderungsgrundes des Versuchs (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), übergeht dabei aber die eindeutigen in Bezug auf die Unterscheidung von Versuch und Vollendung rechtsfehlerfreien (vgl RIS Justiz RS0122137; Ratz , WK StPO § 281 Rz 712) tatrichterlichen Konstatierungen zu einem vollendeten Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB.

Entgegen der einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot behauptenden Kritik hat das Erstgericht (zu B./) nicht die Täuschung der Vertragspartner (zusätzlich) als erschwerend gewertet, sondern zum einen den Umstand, dass der Angeklagte „schon monatelang über die objektiv eingetretene Zahlungsunfähigkeit Bescheid wusste“, zum anderen die „Kaltblütigkeit“, die er beim Betrug zu Lasten der R***** eG gezeigt habe (US 77 f).

Zutreffend zeigt die Sanktionsrüge aber auf, dass der Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung nach § 20 Abs 1 StGB idF BGBl I 2002/134 mit Nichtigkeit behaftet ist (Z 11 erster Fall).

Vorauszuschicken ist, dass sich die Anwendbarkeit der Bestimmungen über vermögensrechtliche Anordnungen nach dem Zeitpunkt richtet, zu dem die Straftat, auf die sich die vermögensrechtliche Maßnahme bezieht, begangen wurde. Mit Blick auf den vor dem , demnach vor dem Inkrafttreten des strafrechtlichen Kompetenzpakets (BGBl I 2010/108) gelegenen Tatzeitraum zu A./III./ (Mitte 2006 bis Ende 2008) ist nach § 61 StGB ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen. Bei diesem ist streng fallbezogen in einer konkreten Gesamtschau der Unrechtsfolgen zu prüfen, welches Gesetz in seinen Gesamtauswirkungen für den Täter (bzw den Haftungsbeteiligten) vorteilhafter ist (RIS Justiz RS0119545, insbesondere 11 Os 83/11g).

Nach der Gesetzeslage vor dem strafrechtlichen Kompetenzpaket (sKp) standen als vermögensrechtliche Maßnahmen die Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 StGB) und der Verfall (§ 20b StGB) zur Verfügung. Nach § 20 Abs 1 StGB idF BGBl I 2002/134 war das Ausmaß der Bereicherung grundsätzlich nach dem „Nettoprinzip“ zu ermitteln, das heißt von den dem Täter zugeflossenen Vermögenswerten wurde sein dafür gemachter Aufwand abgezogen und somit nur sein Gewinn erfasst (12 Os 35/04, EvBl 2004/195, 851; Fuchs/Tipold in WK² StGB (2007) § 20 Rz 19 f, 24 ff). Nach § 20 Abs 1 StGB in der geltenden Fassung hingegen hat der Verfall primär gegenstandsbezogen und nach dem Bruttoprinzip zu erfolgen, wird aber nach Abs 2 leg cit auch auf Nutzungen und Ersatzwerte ausgedehnt.

Die Rechtslage vor dem sKp sah zudem (auch) eine Härteklausel vor: Nach § 20a Abs 2 StGB idF BGBl I 2002/134 war nicht nur im Fall eines unverhältnismäßigen Verfahrensaufwands (Z 2) von der Abschöpfung abzusehen, sondern auch soweit die Zahlung des Geldbetrags das Fortkommen des Bereicherten unverhältnismäßig erschweren oder ihn unbillig hart treffen würde, insbesondere weil die Bereicherung im Zeitpunkt der Anordnung nicht mehr vorhanden ist; aus einer Verurteilung erwachsende andere nachteilige Folgen waren ebenfalls zu berücksichtigen (Z 3). Im Übrigen war die Abschöpfung der Bereicherung ausgeschlossen, wenn der Bereicherte zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt oder sich dazu in vollstreckbarer Form vertraglich verpflichtet hat, er dazu verurteilt worden war oder zugleich verurteilt wurde oder die Bereicherung anderweitig beseitigt wurde (§ 20a Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2010/108).

Das Erstgericht hat zutreffend die schon zufolge des „Nettoprinzips“ für den Angeklagten günstigere (§ 61 StGB) Rechtslage im Tatzeitpunkt zur Anwendung gebracht.

Bei Berechnung der Höhe des abzuschöpfenden Betrags gingen die Tatrichter allerdings davon aus, dass dem Angeklagten als Geschäftsführer der B***** GmbH im Tatzeitraum Mitte 2006 bis Ende 2008 (A./III./) kein Entgelt zugestanden wäre, weil er unabhängig von dieser Tätigkeit über Einkünfte von 3.200 Euro monatlich netto (2.000 Euro als Bürgermeister und 1.200 Euro als Vorsitzender nicht näher bezeichneter Organisationen) verfügt hätte (US 16, 36 f). Er hätte also die ihm im Tatzeitraum anstelle eines Geschäftsführergehalts gezahlten bzw der Jo***** GmbH von der B***** GmbH ersetzten „Provisionen“ in voller Höhe unrechtmäßig bezogen (US 76 f: „... hat der Erstangeklagte nicht nur das Verbrechen der betrügerischen Krida … begangen, sondern dadurch Vermögensvorteile in exakt dieser Höhe erlangt“). Diese Ansicht ist unrichtig.

Denn auch dem hier über eine Muttergesellschaft, nämlich die Jo***** GmbH an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer einer GmbH steht für diese Tätigkeit in einer Zeit, in der sich das Unternehmen wirtschaftlich in der Krise befindet, ein angemessenes Entgelt zu. Selbst wenn das schuldnerische Unternehmen nämlich keinen Ertrag abwirft oder mit Verlust arbeitet, ist der Geschäftsführer wenn auch nicht übermäßig für die erbrachte Arbeitsleistung zu entlohnen. Erst durch den darüber hinausgehenden Betrag tritt eine unrechtmäßige Bereicherung ein (vgl zum übermäßigen Aufwand des § 159 StGB RIS Justiz RS0118310; 14 Os 28/02; Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 159 Rz 50).

Der Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung war daher aufzuheben und insofern ein zweiter Rechtsgang anzuordnen. In diesem wird zu beurteilen sein, welche angemessene, an Arbeitszeit und Arbeitsleistung sowie der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens orientierte Entlohnung dem Angeklagten als Geschäftsführer der B***** GmbH zustand.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Mag. Hermine B*****:

Zutreffend macht die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) Nichtigkeit des Abschöpfungserkenntnisses geltend.

Vorauszuschicken ist auch hier, dass sich die Anwendbarkeit der Bestimmungen über vermögensrechtliche Anordnungen nach dem Zeitpunkt richtet, zu dem die Straftat, auf die sich die vermögensrechtliche Maßnahme bezieht, begangen wurde, und daher nach § 61 StGB ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen ist. Auf die Ausführungen hiezu im Rahmen der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Josef B***** ist grundsätzlich zu verweisen.

In Ansehung der vermögensrechtlichen Maßnahmen gegenüber einem Dritten nach § 20 StGB aF und der geltenden Rechtslage ist überdies zu differenzieren:

Nach § 20 Abs 4 StGB idF BGBl I 2002/134 war derjenige zur Zahlung eines Geldbetrags zu verurteilen, der durch die mit Strafe bedrohte Handlung eines anderen oder durch einen für deren Begehung zugewendeten Vermögensvorteil unmittelbar und unrechtmäßig bereichert worden ist. Die Haftung für diesen Anspruch des Staates hing nicht davon ab, dass der Dritte bösgläubig war oder zur Begehung der strafbaren Handlung zumindest durch auffallende Sorglosigkeit beigetragen hat, wie dies die §§ 20, 20a StGB idF vor dem StrÄG 1996 in Ansehung von Unternehmen vorsahen. Als Ausgleich für den seinerzeitigen Verzicht auf ein solches Zurechnungskriterium verlangte das Gesetz aber die Unmittelbarkeit des Eintritts der Bereicherung beim Dritten.

Zudem war gemäß der Härteklausel des § 20a Abs 2 Z 3 StGB idF BGBl I 2002/134 von der Abschöpfung abzusehen, soweit die Zahlung des Geldbetrags das Fortkommen des Bereicherten unverhältnismäßig erschweren oder ihn unbillig hart treffen würde, insbesondere weil die Bereicherung im Zeitpunkt der Anordnung nicht mehr vorhanden ist; aus einer Verurteilung erwachsende andere nachteilige Folgen waren ebenfalls zu berücksichtigen.

Nach § 20 Abs 2 StGB idgF wird der Verfall auch auf Nutzungen und Ersatzwerte ausgedehnt. Wenn die Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt wurden, ist ein Geldbetrag zu bestimmen (Wertersatzverfall), der den nach § 20 Abs 1 und Abs 2 StGB erlangten Vermögenswerten entspricht (§ 20 Abs 3 StGB). Nach § 20a Abs 1 StGB ist der Verfall nach § 20 Abs 2 und Abs 3 StGB gegenüber einem Dritten ausgeschlossen, soweit dieser die Vermögenswerte in Unkenntnis der mit Strafe bedrohten Handlung erworben hat. Unter dieser Voraussetzung ist der Verfall gegenüber einem Dritten, der die Vermögenswerte entgeltlich erworben hat, ganz ausgeschlossen (§ 20a Abs 2 Z 1 StGB). Unkenntnis ist solange gegeben, als der Dritte kein Wissen von der Tat hat (vgl Fuchs/Tipold in WK² StGB § 20a Rz 7 ff).

§ 20a Abs 2 Z 2 und Z 3 StGB idgF ordnen (nur) die Berücksichtigung einer bereits erfolgten Schadensgutmachung, einer Sicherheitsleistung dafür bzw sonstiger rechtlicher Maßnahmen, die die gleiche Wirkung haben, an. Die Verhältnismäßigkeit des Verfahrensaufwands als Kriterium nach § 20a Abs 3 StGB entspricht im Wesentlichen dem früheren Recht.

Für die wie hier nicht an der Tat beteiligte und wie festgestellt keine Kenntnis von der dolosen Herkunft der Vermögenswerte habende Dritte (US 41 ff, insbesondere US 43) wäre das geltende Recht dann günstiger, wenn die für den Verfall in Betracht kommenden Vermögenswerte nicht sichergestellt wurden. Der in einem solchen Fall grundsätzlich nach § 20 Abs 3 StGB auszusprechende Wertersatz verfall hätte nämlich nach § 20a Abs 1 StGB bei Unkenntnis der mit Strafe bedrohten Handlung zu unterbleiben. Für den Fall der Sicherstellung der vom Verfall bedrohten Vermögenswerte und der damit gegebenen Möglichkeit eines Verfalls nach § 20 Abs 1 StGB idgF wäre im Hinblick auf das „Nettoprinzip“ und die Härteklausel (§ 20a Abs 2 Z 3 StGB aF) aber das frühere Recht über die Abschöpfung der Bereicherung günstiger.

Da im vorliegenden Fall das frühere Recht zur Anwendung gebracht wurde, ohne dass Feststellungen zur Sicherstellung von Vermögenswerten, die der Angeklagten Mag. B***** aus der vom Angeklagten Josef B***** begangenen betrügerischen Krida zugeflossen sind, getroffen wurden, erfolgte der Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung nach § 20 Abs 4 StGB idF BGBl 2002/134 rechtsfehlerhaft (Z 11 erster Fall); er war daher aufzuheben. Zur Klärung der hier materiell rechtlich bedeutsamen Frage allfälliger Sicherstellung der der (nunmehrigen) Haftungsbeteiligten Mag. B***** zugeflossenen Vermögenswerte ist ein zweiter Rechtsgang unvermeidlich.

Das angefochtene Urteil war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden in dem die Angeklagten betreffenden Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung aufzuheben und insoweit Verfahrenserneuerung anzuordnen. Im neuen Verfahren steht die Entscheidung dem Vorsitzenden des Schöffengerichts als Einzelrichter zu (§ 445 Abs 2 StPO; vgl RIS Justiz RS0117920).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Josef B***** war in dem darüber hinausgehenden Umfang zurückzuweisen.

Mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung waren die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Josef B***** wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche wird dem Oberlandesgericht zukommen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung (zu Josef B*****) gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00155.15F.0314.000