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VfGH vom 13.12.2011, B1456/10

VfGH vom 13.12.2011, B1456/10

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Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Justiz) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerde und amtswegiges Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer nahm am in die Urkundensammlung des Grundbuchs beim Bezirksgericht Innsbruck Einsicht und fertigte mit seiner Digitalkamera 20 JPEG-Dateien von ebenso vielen Seiten aus der Urkundensammlung an. Über Aufforderung der Kostenbeamtin entrichtete er hiefür 10 € an Gebühren nach Anmerkung 6 zu Tarifpost 15 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG).

1.2. Mit Rückzahlungsantrag vom

forderte der Beschwerdeführer die entrichteten Gebühren gemäß § 30 Abs 3 GGG wegen fehlender gesetzlicher Grundlage zurück. Mit Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Innsbruck vom wurde dem Rückzahlungsantrag keine Folge gegeben.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die

vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Gleichheit vor dem Gesetz behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2. Aus Anlass dieser (bzw. einer weiteren) Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof

I. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit

a) der Anmerkung 6 zu Tarifpost 15 des Bundesgesetzes vom über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichtsgebührengesetz - GGG), BGBl. Nr. 501 idF BGBl. I Nr. 52/2009 sowie idF Artikel I Z 17 litb der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Neufestsetzung von Gerichtsgebühren und Bemessungsgrundlagen, BGBl. II Nr. 188/2009,

b) des § 29a des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 idF BGBl. I Nr. 100/2008,

sowie

II. Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit

a) des Artikels I Z 17 litb der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Neufestsetzung von Gerichtsgebühren und Bemessungsgrundlagen, BGBl. II Nr. 188/2009,

b) des § 2 der Verordnung der Bundesministerin für

Justiz über die Höhe der Gebühren für die Herstellung von Kopien durch die Staatsanwaltschaft oder die Kriminalpolizei im Rahmen der Akteneinsicht, BGBl. II Nr. 390/2007,

c) der drei letzten Absätze des Erlasses der Bundesministerin für Justiz vom , Zl. BMJ-L390.002/0003-II 3/2009, betreffend Änderung des Gerichtsgebührengesetzes,

d) der Z 3 lita, c und d (samt Fußnoten) des Erlasses der Bundesministerin für Justiz vom , Zl. BMJ-B18.000/0006-I 7/2010, über einzelne Aspekte zur Bestimmung der Rechtsmittelgebühren nach Tarifpost 12a GGG in Exekutionsverfahren sowie der Gebühren für Aktenabschriften, -ablichtungen und sonstige Kopien nach Tarifpost 15 Anmerkung 6 GGG,

entstanden.

Der Verfassungsgerichtshof leitete daher mit

Beschluss vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG sowie gemäß Art 139 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren hinsichtlich der genannten Bestimmungen ein. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G85,86/11, V77-81/11, hob der Verfassungsgerichtshof die oben unter Pkt. I.b sowie II.b bis d angeführten Bestimmungen als verfassungs- bzw. gesetzwidrig auf bzw. sprach er aus, dass die unter Pkt. I.a und II.a genannten Bestimmungen verfassungs- bzw. gesetzwidrig waren.

II. Erwägungen

1. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung sowie eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den

angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung sowie einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.404/1985, 10.515/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 400,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 220,-- enthalten.

3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.