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VfGH vom 18.06.2010, B1427/08 ua

VfGH vom 18.06.2010, B1427/08 ua

19110

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung eines Antrags auf Anrechnung von Vordienstzeiten und Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages; Willkür durch denkunmögliche Anwendung der Rechtslage; Anrechenbarkeit aller in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft verbrachten Vordienstzeiten sowohl im Bereich der Hoheitsverwaltung als auch der Privatwirtschaftsverwaltung und ausgegliederter Einrichtungen; keine Bedenken gegen die gesetzliche Differenzierung in der Wiener Dienstordnung 1994 zwischen bei einer Gebietskörperschaft verbrachten und sonstigen Vordienstzeiten

Spruch

Die Beschwerdeführerinnen sind durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Das Land Wien ist schuldig, den Beschwerdeführerinnen zuhanden ihrer Rechtsvertreter die insgesamt mit € 4.760,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die Beschwerdeführerinnen sind Bedienstete der Stadt

Wien. Mit je zwei Anträgen begehrten sie, dass ihnen diverse Zeiten, die sie in Polen (zB als Referentin in der Sozialversicherungsanstalt in Krakau oder in der Gesundheitsbetreuung in Mielec) gearbeitet haben, als Vordienstzeiten nach § 14 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien, Dienstordnung 1994, LGBl. 56 idF LGBl. 42/2006 (im Folgenden: Wr. DO 1994), zur Gänze angerechnet werden und somit letztlich der Vorrückungsstichtag neu festgesetzt wird.

1.2. Mit Bescheiden des Dienstrechtssenates der Stadt Wien jeweils vom wurden die Berufungen gegen die erstinstanzlichen Bescheide, mit denen die Anträge auf Anrechnung weiterer Zeiten für die Vorrückung abgewiesen worden waren, ebenfalls abgewiesen. Der Berufung der Erstbeschwerdeführerin wurde außerdem hinsichtlich des Zeitraumes vom bis stattgegeben.

Begründend wird in den Bescheiden im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Der Dienstrechtssenat war mit der Frage der inhaltlichen Reichweite der Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 bisher noch nie befasst. Es ist - soweit überblickbar - auch keine diesbezügliche Rechtsprechung der Höchstgerichte aus den Jahren vor 2000 bekannt. Allerdings findet sich in dem Kurzkommentar Blaha/Hutterer, Dienst- und Besoldungsrecht der Wiener Gemeindebediensteten, 2. Auflage 2007, der Hinweis (Anm. 6 zu § 14 DO 1994), dass diese Bestimmung im Zusammenhang mit Abs 2 immer dann zu einem nach Ansicht der Autoren unsachlichen Ergebnis führt, wenn für Personen, die an sich vor ihrer Aufnahme in den Dienst der Gemeinde Wien der Art nach dieselben Tätigkeiten ausgeübt haben, nur deshalb unterschiedliche Anrechnungsbestimmungen anzuwenden sind, weil das frühere Dienstverhältnis in einem Fall zu einer Gebietskörperschaft, im anderen Fall zu einem privaten (allenfalls ausgegliederten) Rechtsträger bestanden hat. Ein aus dem Blickwinkel des Sachlichkeitsgebotes vertretbares Ergebnis (Grundsatz der verfassungskonformen Interpretation) ließe sich nur durch eine einschränkende Auslegung dahingehend herbeiführen, dass sich die Vollanrechnung nur auf Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung bezieht.

§ 14 Abs 2 DO 1994 in der für den vorliegenden Fall maßgebenden Fassung vor der Novelle LGBl. für Wien Nr. 22/2001 besagt, dass die dem Tag der Anstellung vorangegangenen Zeiten, die nicht nach Abs 1 anzurechnen sind, dem Beamten für die Vorrückung zur Hälfte anzurechnen sind. Allerdings können Zeiten gemäß § 14 Abs 2 DO 1994, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt hat, im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze für die Vorrückung angerechnet werden, als die Tätigkeit für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist (vgl. § 14 Abs 3 DO 1994 in der Fassung sowohl vor als auch noch der Novelle LGBl. für Wien Nr. 22/2001, mit der auch die für die Berufungswerberin szt. noch maßgebliche 'Hälfteanrechnung' auf eine Anrechnung von höchstens 1 1/2 Jahren reduziert wurde). Eine Gesamtbetrachtung dieser Bestimmungen führt zu dem Ergebnis, dass - bezogen auf ein vorangegangenes Beschäftigungsverhältnis - der einschlägigen fachlichen Tätigkeit nach dem Willen des Gesetzgebers ein besonderes Gewicht zukommen soll, was im Lichte des Gleichheitssatzes (Art7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG) aus Sicht des erkennenden Senates jedenfalls unbedenklich erscheint.

Dies trifft auf die Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 erster Fall DO 1994, der Zeiten in einem Dienstverhältnis zu einer (inländischen) Gebietskörperschaft generell der Vollanrechnung zu unterwerfen scheint und somit ausschließlich an die Dienstgebereigenschaft anknüpft, nicht zu. Es ist prima vista nicht nachvollziehbar, warum Gleiches (zB die Tätigkeit als Krankenschwester, Portier, Arzt, Tischler, Jurist usw.) nur deshalb im Bereich der Anrechnung von Zeiten für die Vorrückung unterschiedlich behandelt wird, weil einmal das Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft, ein andermal ein solches zu einem privaten, wenn auch allenfalls im 100%-igen Eigentum einer Gebietskörperschaft stehenden Arbeitgeber bestanden hat. Damit hängt das Ausmaß der Anrechnung von Zeiten für die Vorrückung jedoch ausschließlich von der Rechtsqualität des früheren Arbeitgebers und somit von einer Zufälligkeit ab, die als alleiniger Entscheidungsmaßstab sachlich nicht gerechtfertigt erscheint (vgl. in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des , in welchem zum Ausdruck kommt, dass Rechtsnormen, die (ausschließlich) sachlich nicht zu rechtfertigende Zufälligkeiten als Tatbestandsmerkmale enthalten, dem Gebot des Art 7 Abs 1 B-VG widersprechen). Es ist daher eine nähere Beleuchtung der Rechtslage erforderlich, wobei dem erkennenden Senat vor allem zwei Fragen von entscheidungswesentlicher Relevanz erscheinen:

1. Gibt es eine Verfassungsnorm, welche eine Norm wie jene des § 14 Abs 1 Z 1 erster Fall DO 1994 stützt oder sogar gebietet?

2. Wie ist die Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 erster Fall DO 1994 bei Verneinung der Frage 1 verfassungskonform zu verstehen?

Für die Beantwortung dieser Fragen maßgebend ist aus Sicht des erkennenden Senates die Bestimmung des Art 21 B-VG, wobei aus historischer Sicht Folgendes anzumerken ist:

Das B-VG 1920, BGBl. Nr. 1, enthielt zunächst in seinem Art 21 Abs 1 die Bestimmung, dass das Dienstrecht einschließlich des

Besoldungssystems .... für jene Angestellten des Bundes und der

Länder, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, nach einheitlichen Grundsätzen durch Bundesgesetz geregelt wird, wobei bezüglich der Gesetzgebung hinsichtlich der Bundesangestellten eine ausschließliche Bundeskompetenz, hinsichtlich der Landesangestellten eine Grundsatzkompetenz des Bundes vorgesehen gewesen ist, wovon jedoch tatsächlich nicht Gebrauch genommen wurde. Weiters wurde in Abs 4 den Bundes-, Landes- und Gemeindeangestellten die Möglichkeit des Wechsels zwischen den Diensten bei diesen Gebietskörperschaften verfassungsrechtlich jederzeit gewahrt. In Fröhlich/Merkl/Kelsen (Hrsg.), Die Bundesverfassung vom , wird zur Bestimmung des Art 21 B-VG ua. ausgeführt (Gesetzesmaterialien), dass mit Rücksicht auf die besondere Wichtigkeit jener Organe, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, und insbesondere auch mit Rücksicht darauf, dass behördliche Funktionen des Bundes auch von Landesorganen auszuüben sind (Art102, Abs 1), dass ferner im Interesse der Beamtenschaft Freizügigkeit der Beamten zwischen Bund und Ländern (Art21, Abs 4) gegenseitig gewährleistet ist, das Dienstrecht, insbesondere aber das Besoldungssystem und das Disziplinarrecht dieser Angestellten einheitlich geregelt sein müsse. 'Behördliche Aufgaben besorgen' bedeutet soviel, wie rechtsverbindliche - auch individuelle - Normen setzen, wie zB Verordnungen, Urteile, Entscheidungen, Verfügungen, wobei die Bindung des Adressaten einseitig durch die Willensäußerung des behördlichen Organs erfolgt, ohne dass ersterer an der Setzung solcher Normen beteiligt ist. Im Gegensatz zu den behördlichen Organen stehen insbesondere die Organe der Wirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder, bei welcher Tätigkeit diese juristischen Personen auch als private Rechtssubjekte auftreten. An dieser Rechtslage hat sich bis zur B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, nichts geändert. Durch diese Novelle erhielt Art 21 Abs 1 B-VG folgenden für die vorliegende Beurteilung maßgebenden Inhalt:

...

Die Garantie des Dienstgeberwechsels (siehe oben) wurde unverändert beibehalten.

Durch Art 21 Abs 1 und 4 B-VG idF der B-VG-Novelle 1974 wurde somit eine gewisse Übereinstimmung zwischen Bundes- und Landesdienstrecht vorgeschrieben, was gemeiniglich als das verfassungsgesetzlich normierte 'Homogenitätsgebot' im Dienstrecht bezeichnet wird. Um ein Auseinanderdriften zwischen Bundes- und Landesdienstrecht im Interesse der Mobilität von Beamten zu verhindern, wurde somit als Ersatz für die mit dieser Novelle beseitigte Grundsatzkompetenz des Bundes das sog. Homogenitätsgebot geschaffen (Kucsko-Stadlmayer in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Bd II/1, Rz. 1 zu Art 21 B-VG). Art 21 Abs 4 erster Satz B-VG kommt dabei die Bedeutung der Sicherung der Freizügigkeit zwischen den Diensten bei den Gebietskörperschaften der Republik Österreich zu. Da diese Bestimmung bereits in der Stammfassung des Bundes-Verfassungsgesetzes enthalten war (siehe oben) ist der Frage nach zu gehen, welche Bedeutung dieser Bestimmung zukommt. Zunächst ist mit Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, S 92, davon auszugehen, dass durch Art 21 Abs 4 erster Satz B-VG ein subjektives - verfassungsgesetzlich gewährleistetes - Recht auf Dienstwechsel begründet wird. Zu beachten ist auch, dass der Dienstwechsel 'den öffentlich Bediensteten' schlechthin, also nicht nur den Beamten, sondern auch den Vertragsbediensteten gewährleistet ist. Es ist nun in Lehre und Judikatur unbestritten, dass die Grundrechte den einfachen Gesetzgeber nicht nur bei der Regelung des 'öffentlichen Rechts' - also der hoheitlichen Vollziehung - sondern auch hinsichtlich der Zivilrechtsgesetzgebung binden. Obwohl es sich beim Dienstvertragsrecht kompetenzrechtlich gesehen nicht um 'Zivilrecht' iSd Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG handelt, gilt diese Überlegung auch für das Dienstvertragsrecht, insbesondere - wie aus dem unmittelbaren Regelungszusammenhang folgt - für das in Art 21 Abs 4 B-VG normierte Grundrecht auf Dienstwechsel. Adressat dieses Grundrechts ist daher jedenfalls der einfache Gesetzgeber, und zwar sowohl hinsichtlich der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen wie des privatrechtlichen Dienstverhältnisses.

Auf Grund dieser dem österreichischen Verfassungsrecht inne wohnenden Bindung des einfachen Dienstrechtsgesetzgebers - der dem Geltungsbereich des B-VG entsprechend immer nur ein innerösterreichischer Gesetzgeber sein kann - sind diesem ganz bestimmte Ausgestaltungen des Dienstrechtes verboten. Unzulässig sind daher alle gesetzlichen Regelungen, die eine Aufnahme (ehemals) öffentlich Bediensteter in ein neues öffentliches Dienstverhältnis ausschließen, sowie eine aus diesem Grund erfolgende Benachteiligung bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst durch die - auch privatwirtschaftliche - Vollziehung. Art 21 Abs 4 erster Satz B-VG statuiert somit - setzt man ihn in Beziehung zu Art 3 StGG und den allgemeinen Gleichheitssatz - ein Diskriminierungsverbot zugunsten öffentlich Bediensteter: Es ist unzulässig, einem Menschen allein aus dem Grund seiner bisherigen Tätigkeit im öffentlichen Dienst die Anstellung in einem neuen öffentlichen Dienstverhältnis zu verweigern. Dieses Abwehrrecht verbietet aber darüber hinaus auch Behinderungen des Ausscheidens aus einem öffentlichen Dienstverhältnis, bindet also nicht nur den prospektiven neuen, sondern auch den bisherigen Dienstgeber. Dass aus einem Grundrecht auch eine Pflicht des Gesetzgebers zur Schaffung einer bestimmten gesetzlichen Rechtslage abgeleitet werden kann, ist an sich nichts Ungewöhnliches (Thienel, aaO, S 97).

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die durch Art 21 Abs 4 erster Satz B-VG garantierte Freizügigkeit ua. dann beeinträchtigt ist, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen den Dienstwechsel für den Bediensteten wirtschaftlich unattraktiv machen. Daraus ergibt sich, dass den Dienstrechtsgesetzgeber die Pflicht zur Schaffung einer dienstrechtlichen Rechtslage, die die Anrechnung von Vordienstzeiten bei der Bemessung der Bezüge und der (Beamten )Pensionen vorsieht, trifft. Der neu aufgenommene Bedienstete ist so zu behandeln, als wäre er stets schon bei seinem neuen Dienstgeber beschäftigt gewesen, dh er ist dienstrechtlich so zu stellen, als hätte er die im früheren öffentlichen Dienstverhältnis zugebrachten Zeiten in einem entsprechenden Dienstverhältnis zum neuen Dienstgeber erworben. Der Dienstrechtsgesetzgeber ist daher nicht nur verpflichtet, Behinderungen des Dienstwechsels zu unterlassen, sondern er muss darüber hinaus den Dienstwechsel derart erleichtern, dass er eine Anrechnung von Vordienstzeiten ermöglicht (Thienel, aaO, S 99). Dies ergibt sich darüber hinaus auch aus jener Bestimmung des Art 21 Abs 1 B-VG idF der B-VG-Novelle 1974, die das Verbot der 'wesentlichen Abweichungen' ausspricht. Zielsetzung des Art 21 Abs 1 zweiter Satz B-VG idF der B-VG-Novelle 1974 ist nämlich ebenfalls die Sicherung der Freizügigkeit der öffentlich Bediensteten insbesondere auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Dies ergibt sich daraus, dass der ganze Art 21 B-VG - nicht nur der Abs 4 - im Jahr 1920 im Hinblick auf dieses Ziel geschaffen wurde. An dieser grundlegenden Zielsetzung hat sich auch durch die Novelle 1974 nichts geändert, was im Abs 1 insbesondere dadurch zum Ausdruck kommt, dass die - nunmehr umfänglich beschränkte - Homogenität ausdrücklich auf die Ermöglichung des Dienstwechsels bezogen wird (Thienel, aaO, S 108).

Die gegenseitige (volle) Anrechnung von Vordienstzeiten findet daher auch in Art 21 Abs 1 zweiter Satz B-VG idF der B-VG-Novelle 1974 seine Grundlage. Während somit das B-VG 1920 den 'verbürgten' Dienstwechsel zwischen den Gebietskörperschaften dadurch absicherte, dass es hinsichtlich des Dienstrechts der Landesangestellten eine Bundesgrundsatzkompetenz normierte und gleichzeitig bestimmte, dass der Bundesgesetzgeber das Bundes- und Landesdienstrecht 'nach einheitlichen Grundsätzen' zu regeln hatte, wurde dies durch die B-VG-Novelle 1974 durch Art 21 Abs 1 zweiter Satz B-VG bewirkt.

Mit der B-VG-Novelle des Jahres 1999, BGBl. I Nr. 8, erfuhr die Bestimmung des Art 21 Abs 1 B-VG insofern eine wesentliche Änderung, als das 1974 als Folge der Aufgabe der dominanten Dienstrechtskompetenz des Bundes geschaffene 'Homogenitätsgebot' seinerseits aufgegeben wurde und unter Beibehaltung der Wahrung der Möglichkeit des jederzeitigen Dienstgeberwechsels zwischen dem Dienst beim Bund, bei den Ländern, bei den Gemeinden und bei den Gemeindeverbänden durch folgende Bestimmung des Art 21 Abs 4 B-VG, welche bis dato in Geltung steht, ersetzt worden ist:

...

Aus dieser Historie ist Folgendes abzuleiten:

Bis zur B-VG-Novelle 1999 war die Vollanrechnung von Vordienstzeiten bei anderen inländischen Gebietskörperschaften verfassungsrechtlich geboten und damit jedenfalls verfassungskonform.

So besagte § 12 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 Z 1 des Gehaltsgesetzes 1956,

BGBl. Nr. 54 idF BGBl. I Nr. 9/1999, dass die Zeit, die .... in einem

Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurde, zur Gänze für die Vorrückung anzurechnen ist. Das verfassungsgesetzliche 'Homogenitätsgebot' verlangte diesbezüglich eine idente Norm auf Landes- bzw. Gemeindeebene.

Ursprünglich zielte die Bestimmung des Art 21 Abs 1 B-VG im Kern auf eine Pflicht zur gegenseitigen Anrechnung von Vordienstzeiten, die die Mobilität innerhalb des Verwaltungsapparates aufrechterhalten sollte, ab. Demgegenüber wollte der Verfassungsgesetzgeber - worauf Kucsko/Stadlmayer, aaO, Rz 37 zu Art 21 B-VG hinweist - 'mit der B-VG-Novelle BGBl. I. 1999/8, die allgemeine Pflicht zur Anrechnung von Vordienstzeiten abschaffen. Dies ergibt sich aus einer Änderung des Verfassungstextes, die der Verfassungsausschuss gegenüber dem Initiativantrag zu dieser Novelle veranlasste (vgl. AB 1562 BlgNR, 20. GP, 3). Ausdrücklich ist nur noch die Unzulässigkeit solcher Regelungen vorgesehen, die bei der Anrechnung von Vordienstzeiten danach differenzieren, ob diese beim Bund, bei einem Land, bei einer Gemeinde oder bei einem Gemeindeverband zurückgelegt worden sind (Art21 Abs 4 zweiter Satz). Danach wäre es etwa unzulässig, die in einem Dienstverhältnis zum Land zurückgelegten Zeiten in einem geringeren Ausmaß anzurechnen als die beim Bund zurückgelegten Zeiten. Im Übrigen ist nur noch eine Informationspflicht hinsichtlich legislativer Vorhaben von Bund und Ländern normiert. Eine Pflicht zur Anrechnung von Vordienstzeiten sollte nicht mehr bestehen. In Verbindung mit der Aufhebung des wechselseitigen 'Homogenitätsgebots' auf dem Gebiet des Dienstrechts in Art 21 Abs 1 ist auch der bisherige Gehalt des Art 21 Abs 4 erster Satz als Maßstab für die Angleichung von Bundes- und Landesdienstrecht verloren gegangen. Danach ist der Landesgesetzgeber nun auch nicht mehr verpflichtet, die Bedingungen für die dienstliche Laufbahn (Verwendung, Aufstiegschancen, Besoldung) an jenen im Bundesdienst zu orientieren, um den Dienstwechsel zu erleichtern. Das in Art 21 Abs 2 B-VG normierte Recht auf Dienstwechsel wird somit im Wesentlichen nur noch explizite Aufnahmebeschränkungen zwischen Bundes- und Landesdienst ausschließen; damit ist freilich kaum mehr als ein spezifisches Diskriminierungsverbot normiert, das sich auch schon aus Art 3 StGG und dem allgemeinen Gleichheitssatz ergibt.'

Unter diesen Gesichtspunkten erscheint jedoch die bloß an die Dienstgebereigenschaft anknüpfende Norm des § 14 Abs 1 Z 1 erster Fall DO 1994 tatsächlich - wie bereits oben unter Hinweis auf Blaha/Hutterer, Dienst- und Besoldungsrecht der Wiener Gemeindebediensteten, 2. Auflage 2007, angesprochen - mit dem Gleichheitsgebot, welches im Gegenstande die Gleichbehandlung aller in den Dienst der Gemeinde Wien aufgenommenen Personen bezweckt, in Widerspruch zu stehen, sofern nicht ein weiteres, die Sachlichkeit dieser Norm stützendes Element, welches eine verfassungskonforme Interpretation dieser Bestimmung ermöglicht, gefunden werden kann. Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum eine zB im Evangelischen Krankenhaus oder bei den Barmherzigen Brüdern beschäftigte Person des Krankenpflege- oder ärztlichen Dienstes bei einem Dienstwechsel zur Gemeinde Wien schlechter gestellt werden soll als eine Person, die einen solchen Dienst zB in einem Gemeindespital absolviert hat.

Ein solches weiteres, die Sachlichkeit der Bestimmung tragendes Element kann jedoch dann angenommen werden, wenn man die Norm des § 14 Abs 1 Z 1 erster Fall DO 1994 auf eine frühere Beschäftigung in der Hoheitsverwaltung reduziert, zumal dann der bisher ausgeübten Tätigkeit die entscheidende Bedeutung zukommt. Und hinsichtlich dieser in Vollziehung der Gesetze ausgeübten Tätigkeiten ist anzumerken, dass nach ArtII Abs 2 EGVG die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern, die Organe der Städte mit eigenem Statut, die Organe der Gemeindeverbände und die Organe der Gemeinden (soweit es sich nicht bereits um Städte mit eigenen Statut handelt) in diesem Vollzugsbereich das AVG und - mit nicht relevanten Einschränkungen hinsichtlich der Gemeinden und Gemeindeverbände - auch das VStG anzuwenden haben. Diese Aufgaben setzen somit im Wesentlichen gleiche Kenntnisse hinsichtlich der bei der Abwicklung der Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften voraus, die im vollen Umfang zusätzlich mit der bei der Abwicklung der Verfahren gewonnenen Erfahrungen auch bei einer anderen Gebietskörperschaft voll genutzt werden können. Dies entspricht auch der der Dienstordnung 1994 im Wesentlichen inne wohnenden Absicht, die Anrechnung von Vordienstzeiten nach der früheren Tätigkeit vorzunehmen, wie insbesondere aus § 14 Abs 3 DO 1994 hervorleuchtet.

Der erkennende Senat kommt daher zu dem Schluss, dass bei Anwendung des § 14 Abs 1 Z 1 erster Fall DO 1994 bei einem österreichischen Staatsbürger aus den oben dargelegten verfassungsrechtlichen Überlegungen eine Vollanrechnung nur soweit Platz greifen kann, als dieser Staatsbürger im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig gewesen ist. Da die Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 11 DO 1994 den Inhalt der Z 1 leg. cit. mit Ausnahme des Erfordernisses der inländischen Gebietskörperschaft nicht erweitert, ist dieses Auslegungsergebnis auch auf andere Staatsangehörige im Sinn des § 3 Abs 1 Z 2 DO 1994 anzuwenden. Darin kann kein Verstoß gegen das europarechtliche Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit erblickt werden."

2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide begehrt wird. Die Erstbeschwerdeführerin ficht den Bescheid ausschließlich hinsichtlich seines abweisendes Teiles an, die Zweitbeschwerdeführerin zur Gänze.

Begründend bringen die Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen Folgendes vor:

"Rechtsgrundlage für die Anrechnung von Vordienstzeiten ist die Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994. Danach sind die seit dem Tag der Anstellung vorangegangenen Zeiten, die entweder in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder im Lehrberuf an einer inländischen öffentlichen Schule oder an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule zurückgelegt wurden, dem Beamten für die Vorrückung zur Gänze anzurechnen. Nach dem Wortlaut der Regelung kommt es somit lediglich auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zu einer inländischen Gebietskörperschaft an.

Das von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Verständnis, wonach von § 14 Abs 1 Z 1 DO lediglich Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfasst wären, widerspricht bereits dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung, die keinen Raum für ein davon abweichendes Verständnis zulässt. Die belangte Behörde führt dabei auch nicht aus, mit welchen methodischen Mitteln sie dieses Auslegungsergebnis zu erreichen vermeint, da eine einschränkende Auslegung bzw teleologische Reduktion im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommen. Die Anwendung einer verfassungskonformen Interpretation - wie von der belangten Behörde offensichtlich angenommen - scheitert bereits daran, dass sich eine Interpretation nie über den Wortlaut der (im gegenständlichen Fall eindeutigen) Bestimmung hinwegsetzen kann. Hiezu ist generell festzuhalten, dass diese Auslegung der belangten Behörde nicht nur mit dem Wortlaut der Regelung unvereinbar ist, sondern auch mit der Praxis des Magistrates der Stadt Wien in Widerspruch steht, da regelmäßig die Vordienstzeiten unter der Voraussetzung, dass diese bei einer inländischen Gebietskörperschaft erworben wurden, zur Gänze angerechnet werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 DO ausdrücklich die Anrechnung der an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule vorsieht, deren Tätigkeit unstrittig mit keinerlei hoheitlichen Aufgaben verbunden ist. Im Übrigen wurden der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall ihre im privatrechtlichen Dienstverhältnis (!)

zu der Stadt Wien ... erworbenen Vordienstzeiten zur Gänze

angerechnet, weshalb das nunmehrige Auslegungsverständnis der belangten Behörde in keinster Weise nachvollziehbar erscheint.

Darüber hinaus ergibt sich aus der Bestimmung des Art 21 Abs 4 B-VG, dass aufgrund des föderalistischen Prinzips, das dem B-VG zugrunde liegt, der einzelne Dienstnehmer bei einem Dienstgeberwechsel zwischen Bund und Land nicht schlechter gestellt, sondern ihm durch die Anrechnungsbestimmungen ein solcher Wechsel ermöglicht werden soll. Zu diesem Zweck stellt § 14 Abs 1 DO 1994 ausschließlich auf die rechtliche Qualität des Dienstgebers ab: Eine Anrechnung von Vordienstzeiten erfolgt dann, wenn diese im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei einer Gebietskörperschaft erworben wurden, und zwar unabhängig davon, ob das Dienstverhältnis auf einer hoheitlichen oder privatrechtlichen Tätigkeit beruht.

... Im vorliegenden Fall liegt die Vermutung nahe, dass die

belangte Behörde die volle Anrechnung der von der Beschwerdeführerin in der Republik Polen erworbenen Vordienstzeiten aus dem Grund verweigert, weil es sich hierbei um im Ausland erworbene Vordienstzeiten handelt. Eine derartige Vorgangsweise stellt eine Diskriminierung der Beschwerdeführerin dar, die sich nicht aus den Bestimmungen des nationalen Rechts, sondern aus dem Gemeinschaftsrecht ergibt, und zwar aus den Regelungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die ein Ausfluss des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit sind.

... Art 39 Abs 2 EGV, der eine unmittelbar anwendbare

Bestimmung des europäischen Primärrechts darstellt, bestimmt ausdrücklich, dass die Freizügigkeit die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen umfasst. Weiters sieht Art 7 der Verordnung (EWG) Nr 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft in dessen Absatz 1 vor, dass ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist, aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden darf, als die inländischen Arbeitnehmer. Art 7 Abs 4 der genannten Verordnung enthält dazu weiters die ausdrückliche Regelung, dass alle Bestimmungen in Tarif- oder Einzelarbeitsverträgen oder sonstigen Kollektivvereinbarungen betreffend Zugang zur Beschäftigung, die Beschäftigung selbst, Entlohnung und alle übrigen Arbeits- und Kündigungsbedingungen von Rechts wegen nichtig sind, soweit sie für Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, diskriminierende Bedingungen vorsehen oder zulassen.

...

... Im vorliegenden Fall gibt es keinerlei Anhaltspunkte,

die auf eine hoheitliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin deuten würden, weshalb auch die Ausnahmebestimmung des Art 39 Abs 4 EGV nicht anwendbar ist. Es lässt sich aber auch aus dem innerstaatlichen Recht nicht ableiten, dass die Anrechnungsbestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 DO lediglich in Fällen der Hoheitsverwaltung Anwendung finden würde, weshalb davon auszugehen ist, dass es ausschließlich darauf ankommt, ob die Klägerin im Rahmen des Dienstverhältnisses bei einer Gebietskörperschaft bzw bei einer solchen Einrichtung, die einer Gebietskörperschaft vergleichbar ist, tätig war.

Dabei bezweckt die Beschwerdeführerin auch nicht eine generelle, von der Qualität des Dienstgebers unabhängige Anrechnung von Vordienstzeiten, sondern lediglich die Anrechnung aufgrund des Vorliegens eines Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft. Es ist somit davon auszugehen, dass die Anrechnungsbestimmungen des § 14 Abs 1 Z 1 DO zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben widersprechen und daher im gegenständlichen Fall nur mit der Maßgabe angewendet werden dürfen, dass eine Anrechnung von Vordienstzeiten bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft zu erfolgen hat, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Europäischen Union der Erwerb dieser Zeiten erfolgt ist.

Einzige Voraussetzung für die Anrechnung ist somit ein Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft bzw einer Einrichtung, die mit einer inländischen Gebietskörperschaft vergleichbar ist. Die 'Auslegung' des § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 durch die belangte Behörde, wonach von dieser Bestimmung lediglich Tätigkeiten erfasst wären, die im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfolgten, ist in keinster Weise nachvollziehbar, da hiefür weder das Gesetz noch die Praxis der belangten Behörde selbst eine Rechtfertigung bieten.

Aus diesem Grund unterstellt die Behörde der Bestimmung des § 14 Abs 1 DO 1994 fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt. Der angefochtene Bescheid verletzt daher das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Beschwerdeführerin auf Gleichheit vor dem Gesetz.

... Weiters hat die belangte Behörde bei der Erlassung des

angefochtenen Bescheides Willkür geübt. Dies wird wie folgt begründet:

... Subjektive Willkür:

...

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde in einer unverständlichen und nicht nachvollziehbaren Weise die Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 entgegen des eindeutigen Wortlautes dahingehend ausgelegt, dass von dieser lediglich Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfasst wären. Dabei vermag der Hinweis auf die Ausführungen in Blaha/Hutterer, Dienst- und Besoldungsrecht der Wiener Gemeindebediensteten2, § 14 DO 1994, Rz 6, nicht zu überzeugen, da es sich hierbei um eine von Senatspräsidenten Mag. Hutterer vertretene Sondermeinung handelt, die - wie schon ausgeführt - nicht nur mit dem eindeutigen Wortlaut der genannten Regelung, sondern auch mit der eigenen Praxis der belangten Behörde gegenüber der Anrechnung der inländischen Vordienstzeiten in Widerspruch steht. Für eine derartige Auffassung bestehen auch keinerlei verfassungsrechtliche Vorgaben, weshalb die im gegenständlichen Fall erfolgte Auslegung sowohl aus subjektiven, in der Person der Beschwerdeführerin liegenden Gründen erfolgte als auch auf einer Gleichgültigkeit gegenüber dem Gesetz beruht und der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund aufzuheben sein wird.

Die belangte Behörde hat die Beschwerdeführerin aus unsachlichen Gründen benachteiligt und den angefochtenen Bescheid mit Willkür erlassen. Der angefochtene Bescheid verletzt daher das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Beschwerdeführerin auf Gleichheit vor dem Gesetz.

... Mangelhaftes Verfahren, gehäuftes Verkennen der

Rechtslage:

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, dass in die Verfassungssphäre eingreift, liegt neben gehäuften Verkennens der Rechtslage auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl etwa VfSlg 8808/1980, 10.338/1985, 11.213/1987).

... Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass die belangte

Behörde - ausgehend von der gleichheitswidrigen Auslegung der Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 - jegliche Ermittlungstätigkeit zu der Eigenschaft der Dienstgeber im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin in der Republik Polen erworbenen Vordienstzeiten, unterlassen hat. In diesem Zusammenhang ist zwar davon auszugehen, dass die angeführten Einrichtungen für sich genommen grundsätzlich keine Gebietskörperschaften darstellen, da unter Gebietskörperschaften lediglich Bund, Länder und Gemeinden zu verstehen sind; es kommt somit darauf an, dass die Vordienstzeiten in einer Einrichtung erworben wurden, deren Rechtsträger eine Gebietskörperschaft ist.

... Zum Begriff der Gebietskörperschaft ist auszuführen,

dass es sich hierbei um eine besondere Art der Körperschaft handelt. Unter Körperschaft versteht man herkömmlich juristische Personen des öffentlichen Rechts. Als solche haben sie üblicherweise Anteil an der staatlichen Hoheitsgewalt; kraft gesetzlicher Ermächtigung nehmen sie Verwaltungsaufgaben wahr. Für eine Körperschaft kennzeichnend ist ein personales Element; sie setzt sich aus einer Mehrzahl von Personen (Mitgliedern) zusammen. Mitglieder gehören einer Körperschaft regelmäßig nicht aufgrund freien Entschlusses, sondern aufgrund gesetzlicher Regelung an ('Pflichtmitgliedschaft'). Darin kommt das Besondere einer 'Gebiets'-Körperschaft zum Ausdruck, die als 'Personengemeinschaft eines bestimmten Gebietes' charakterisiert werden kann. Zum Wesen einer Gebietskörperschaft gehört ferner die Gebietshoheit, also eine rechtliche Anordnungsbefugnis, die sich auf alle Menschen bezieht, die auf einem bestimmten Gebiet dauerhaft ansässig sind. Zusätzlich zur Gebietshoheit ist als weiteres Kriterium erforderlich eine 'relative Allgemeinheit des Zwecks', also eine umfassende Zuständigkeit hinsichtlich der die örtliche Gemeinschaft betreffenden Angelegenheiten ('sachliche Allzuständigkeit'). Zusammenfassend können als Wesensmerkmale einer Gebietskörperschaft festgehalten werden: Rechtspersönlichkeit (grundgelegt im öffentlichen Recht), räumlich festgelegtes Gebiet, Gebietshoheit, Pflichtmitgliedschaft der auf dem Gebiet dauerhaft ansässigen Personen und relative Allgemeinheit des Zwecks (siehe Stolzlechner in Rill/Schäffer (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Art 116 Abs 1 B-VG Rz 16).

... Die belangte Behörde hat sich - unter Zugrundelegung

ihrer nicht nachvollziehbaren Rechtsansicht - in keinster Weise mit der Frage der Eigenschaft der ehemaligen Dienstgeber der Beschwerdeführerin in der Republik Polen auseinandergesetzt. Dabei ist die belangte Behörde - insbesondere aufgrund der sie treffenden, aus dem Dienstverhältnis entspringenden Fürsorgepflicht - von Amts wegen verpflichtet, im Hinblick auf die erworbenen Vordienstzeiten entsprechende Ermittlungen vorzunehmen, was die belangte Behörde jedoch unterlassen hat. Die Beschwerdeführerin ist ihrer Mitwirkungspflicht am Verfahren entsprechend nachgekommen, indem sie Urkunden zu der Eigenschaft ihrer Dienstgeber in der Republik Polen als staatliche Einrichtungen vorgelegt hat, die von der belangten Behörde jedoch nicht weiter verfolgt wurden.

Die belangte Behörde hat sich mit diesen Urkunden in keinster Weise auseinandergesetzt und wurde über den Antrag der Beschwerdeführerin, im Wege des Bundesministeriums für Europäische und Internationale Angelegenheiten bei der Republik Polen eine Auskunft über die staatliche Organisation in den Jahren 1968 bis 1976 einzuholen, weder durch die Erstbehörde noch die belangte Behörde entschieden. Darin liegt ebenfalls eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften, da ein entsprechend erhobenes Parteivorbringen ohne jegliche Begründung ignoriert wurde, zumal die Entscheidung der Erstbehörde offensichtlich auf einem Aktenvermerk beruht, aus dem sich ergebe, dass die gesamte staatliche Organisation in Polen während des kommunistischen Regimes nicht mit dem Aufbau und der Organisation der Republik Österreich verglichen werden könnte. Im Übrigen ist dieser Aktenvermerk der Beschwerdeführerin niemals zugegangen und konnte sich diese hiezu auch nicht äußern, weshalb ihr das Recht auf Parteiengehör verweigert wurde.

... Allerdings ist die Frage, ob die staatliche Organisation

der Republik Polen mit jener in Österreich vergleichbar ist, für das gegenständliche Verfahren ohne Bedeutung, da jedes staatliche System anders organisiert ist. Im vorliegenden Zusammenhang ist ausschließlich relevant, inwieweit die Beschwerdeführerin Vordienstzeiten bei einer Gebietskörperschaft erworben hat. Die Forderung nach einer einheitlichen staatlichen Struktur würde dazu führen, dass es in keinem Fall einer im Ausland erworbenen Vordienstzeit zu einer entsprechenden Anrechnung käme, weshalb es in gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung des § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 jedenfalls ausreichend ist, wenn die Vordienstzeiten bei einer Einrichtung erworben wurden, die mit einer Gebietskörperschaft vergleichbar sind.

Zu der Frage des Vorliegens einer derartigen Einrichtung enthält der angefochtene Bescheid jedoch keinerlei Feststellungen. In diesem entscheidenden Punkt hat die belangte Behörde aber jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen. Hätte die belangte Behörde entsprechende Nachforschungen betrieben, wäre sie zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei den ehemaligen Dienstgebern der Beschwerdeführerin in der Republik Polen um Gebietskörperschaften handelt, weshalb eine vollständige Anrechnung der von der Beschwerdeführerin erworbenen Vordienstzeiten hätte erfolgen müssen.

Indem die belangte Behörde jegliche Ermittlungstätigkeit zu der Eigenschaft der ehemaligen Dienstgeber der Beschwerdeführerin in der Republik Polen unterlassen hat, hat die belangte Behörde Willkür geübt, weshalb der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund aufzuheben sein wird.

... Denkunmögliche Gesetzesanwendung:

Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung indiziert Willkür (siehe etwa VfSlg 9191, 9238, 9534, 9561).

In diesem Zusammenhang ist erneut festzuhalten, dass die Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 keinerlei Differenzierung im Hinblick auf die Anrechnung der Vordienstzeiten zwischen hoheitlicher und privatrechtlicher Tätigkeit vorsieht. Nach deren ausdrücklichem Wortlaut ist allein die Frage maßgeblich, ob das Dienstverhältnis bei einer Gebietskörperschaft ausgeübt wurde, weshalb auch die weiteren Ausführungen der belangten Behörde ohne Relevanz für das gegenständliche Verfahren sind. Die belangte Behörde hat § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 denkunmöglich angewendet, indem sie der Bestimmung eine Bedeutung unterstellt hat, die sich weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck der genannten Regelung vereinbaren lässt.

Dabei ist § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 kraft Anwendungsvorranges der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen des Art 39 Abs 2 EGV sowie Art 7 der Verordnung (EWG) Nr 1612/68, dahingehend zu verstehen ..., dass die Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft bzw einer Einrichtung, die einer inländischen Gebietskörperschaft vergleichbar ist, zurückgelegt wurden, zur Gänze anzurechnen sind, und zwar unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Europäischen Union diese erworben wurden. Ansonsten würde eine sachlich nicht zu rechtfertigende Diskriminierung der Beschwerdeführerin gegenüber sonstigen österreichischen Staatsbürgern entstehen, da es bei diesen nach den gleichen Regelungen zu einer Anrechnung sämtlicher im Inland erworbenen Vordienstzeiten kommt. Dies führt auch nicht zu einer unsachlichen Begünstigung von Wanderarbeitnehmern bzw einer Inländerdiskriminierung, sondern zu der Verwirklichung des durch den EGV verliehenen Rechts auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Ausfluss der Niederlassungsfreiheit ist. Ein etwaiger durch die Ausübung der Freizügigkeit erlittene Rechtsverlust würde somit zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen widersprechen, weshalb die Vordienstzeiten, die die Beschwerdeführerin in der Republik Polen erworben hat, nach § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 jedenfalls zur Gänze anzurechnen sind.

Infolge denkunmöglicher Anwendung der angesprochenen Bestimmungen, die den Bescheid in Richtung Gesetzlosigkeit rücken, hat die belangte Behörde auch aus diesem Grund bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt. Der angefochtene Bescheid verletzt daher das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Beschwerdeführerin auf Gleichheit vor dem Gesetz und wird daher zu beheben sein."

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerden beantragt und im Wesentlichen ausführt, dass die Beschäftigungszeiten der Beschwerdeführerinnen zur Hälfte für die Vorrückung angerechnet worden seien; es bisher keine Rechtsprechung des Dienstrechtssenates zu dieser Frage gegeben habe, sodass die Behauptung, dass der Bescheid in Widerspruch mit der Praxis der belangten Behörde stehe, nicht stimme und das Auslegungsergebnis nun auch für inländische Gebietskörperschaften gelte; es sich bei den angerechneten Zeiten der Beschwerdeführerinnen aus dem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien nicht um Vordienstzeiten iSd § 14 Abs 1 Z 1 Wr. DO 1994 handle, sondern diese Zeiten gemäß § 15 Abs 4 leg.cit. zu berücksichtigen gewesen seien; Art 21 Abs 4 B-VG keine Vollanrechnung mehr garantiere; eine verfassungskonforme Norm durch Änderung der Rechtslage invalidieren könne, sodass § 14 Abs 1 Z 1 Wr. DO 1994 die geforderte Sachgerechtigkeit gemessen an heutigen Rechtsmaßstäben vermissen lasse; die Ungleichbehandlung bei der Anrechnung besonders bei Ausgliederungen zu Tage trete (die Anrechnung von Vordienstzeiten bei einem in einer Gebietskörperschaft inkorporierten Unternehmen [zB Wiener Stadtwerke bis 1999] würde anders erfolgen als bei einem ausgegliederten [zB Wiener Stadtwerke seit 1999]) und die belangte Behörde bestrebt gewesen sei, zu einer dem geltenden Verfassungsrecht entsprechenden rechtskonformen Entscheidung zu gelangen, sodass der Frage der Dienstgebereigenschaft nicht weiter nachgegangen werden habe müssen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - zulässigen - Beschwerden erwogen:

1. Die für den vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1.1. Art 21 B-VG lautete idF vor der B-VG-Novelle BGBl. I 8/1999 - auszugsweise - wie folgt:

"Artikel 21

(1) Den Ländern obliegt die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, soweit für alle diese Angelegenheiten im Absatz 2 und Artikel 14 Absatz 2 und Absatz 3 litd nicht anderes bestimmt ist. Die in den Angelegenheiten des Dienstrechtes erlassenen Gesetze und Verordnungen der Länder dürfen von den das Dienstrecht regelnden Gesetzen und Verordnungen des Bundes nicht in einem Ausmaß abweichen, daß der gemäß Absatz 4 vorgesehene Wechsel des Dienstes wesentlich behindert wird.

(2) - (3) ...

(4) Die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst beim Bund, den Ländern, den Gemeinden und Gemeindeverbänden bleibt den öffentlichen Bediensteten jederzeit gewahrt. Der Dienstwechsel wird im Einvernehmen der zur Ausübung der Diensthoheit berufenen Stellen vollzogen. Durch Bundesgesetz können besondere Einrichtungen zur Erleichterung des Dienstwechsels geschaffen werden."

Mit der Novelle BGBl. I 8/1999 wurde Art 21 B-VG wie folgt neu gefasst:

"Artikel 21

(1) Den Ländern obliegt die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes einschließlich des Dienstvertragsrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, soweit für alle diese Angelegenheiten im Abs 2 und im Art 14 Abs 2 und Abs 3 litd nicht anderes bestimmt ist. Über Streitigkeiten aus vertraglichen Dienstverhältnissen entscheiden die Gerichte.

(2) - (3) ...

(4) Die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst beim Bund, bei den Ländern, bei den Gemeinden und bei den Gemeindeverbänden bleibt den öffentlich Bediensteten jederzeit gewahrt. Gesetzliche Bestimmungen, wonach die Anrechnung von Dienstzeiten davon abhängig unterschiedlich erfolgt, ob sie beim Bund, bei einem Land, bei einer Gemeinde oder bei einem Gemeindeverband zurückgelegt worden sind, sind unzulässig. Um eine gleichwertige Entwicklung des Dienstrechtes, des Personalvertretungsrechtes und des Arbeitnehmerschutzes bei Bund, Ländern und Gemeinden zu ermöglichen, haben Bund und Länder einander über Vorhaben in diesen Angelegenheiten zu informieren."

1.2. Der für den vorliegenden Fall maßgebliche § 14 Wr. DO 1994 lautet wie folgt:

"§14. (1) Folgende, dem Tag der Anstellung vorangegangene Zeiten sind dem Beamten für die Vorrückung zur Gänze anzurechnen:

1. die Zeit, die entweder in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder im Lehrberuf an einer inländischen öffentlichen Schule oder an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule zurückgelegt wurde;

2. die Zeit des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes nach dem Wehrgesetz 2001, BGBl. I Nr. 146, oder des Zivildienstes nach dem Zivildienstgesetz 1986, BGBl. Nr. 679, sowie die Zeit der Tätigkeit als Fachkraft der Entwicklungshilfe im Sinn des Entwicklungshelfergesetzes, BGBl. Nr. 574/ 1983;

3. die Zeit, in der der Beamte auf Grund des Heeresversorgungsgesetzes, BGBl. Nr. 27/1964, Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 90 % gehabt hat;

4. die Zeit des Unterrichtspraktikums nach dem Unterrichtspraktikumsgesetz, BGBl. Nr. 145/1988, oder der Einführung in das praktische Lehramt, der Gerichtspraxis (Rechtspraktikantenzeit), der nach dem Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, zur ärztlichen Berufsausübung vorgeschriebenen praktischen Tätigkeit und der nach der Verordnung BGBl. Nr. 215/1949 für die Zulassung zur tierärztlichen Physikatsprüfung vorgeschriebenen tierärztlichen Praxis oder sonstigen tierärztlichen Tätigkeit;

5. die Zeit der Ausbildung, die für den Beamten Anstellungserfordernis gewesen ist, bis zu dem in der Anlage festgesetzten Höchstausmaß;

6. bei einem Beamten, der in die Verwendungsgruppe A, B,

K 1, K 2, L 1, LK oder eine der Verwendungsgruppen L 2a oder L 2b aufgenommen worden ist, die Zeit des abgeschlossenen Studiums an einer höheren Schule bis zum Zeitpunkt, an dem der Beamte den Abschluß dieser Ausbildung auf Grund der schulrechtlichen Vorschriften frühestens hätte erreichen können; mögliche schulrechtliche Ausnahmegenehmigungen sind nicht zu berücksichtigen;

als Zeitpunkt des Studienabschlusses gilt bei Studien, die mit dem Schuljahr enden, der 30. Juni und bei Studien, die mit dem Kalenderjahr enden, der 31. Dezember;

7. die Zeit des abgeschlossenen Studiums an einer Akademie oder den Akademien verwandten Lehranstalt, das für den Beamten Anstellungserfordernis gewesen ist, bis zum Höchstausmaß von zwei Jahren, sofern jedoch das Studium lehrplanmäßig länger dauert, bis zum Höchstausmaß des lehrplanmäßig vorgesehenen Studiums, längstens jedoch bis zum Ausmaß von drei Jahren;

8. bei einem Beamten der Verwendungsgruppe A oder L 1 die Zeit eines abgeschlossenen Studiums an einer inländischen Universität oder Kunsthochschule bis zu dem in der Anlage festgesetzten Höchstausmaß; als Laufzeit des Sommersemesters gilt die Zeit vom 1. Jänner bis 30. Juni, als Laufzeit des Wintersemesters die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember;

9. die Zeit einer Tätigkeit oder Ausbildung bei einer inländischen Gebietskörperschaft, soweit auf sie die arbeitsmarktpolitischen Förderungsmaßnahmen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, anzuwenden waren;

10. die Zeit der Eignungsausbildung nach §§2b bis 2d des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. Nr. 86;

11. die Zeit eines Dienstverhältnisses, eines Dienstes, eines Praktikums oder einer abgeschlossenen Ausbildung, die den in Z 1 bis 10 genannten Dienstverhältnissen, Diensten, Praktika oder Ausbildungen entsprechen und von einem Staatsangehörigen eines in § 3 Abs 1 Z 2 genannten Landes in einem anderen solchen Land absolviert worden sind; die Obergrenzen der Z 5 bis 8 sind zu beachten.

[§3 Abs 1 Z 2 leg.cit. lautet: 'die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines anderen Landes, dessen Staatsangehörigen Österreich auf Grund eines Staatsvertrages im Rahmen der europäischen Integration dieselben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie österreichischen Staatsbürgern']

(2) Die dem Tag der Anstellung vorangegangenen Zeiten, die nicht nach Abs 1 anzurechnen sind, sind dem Beamten für die Vorrückung bis zu einem höchstens zu berücksichtigenden Ausmaß von drei Jahren zur Hälfte anzurechnen.

(3) Zeiten gemäß Abs 2, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können im öffentlichen Interesse bis zum Ausmaß von fünf Jahren insoweit zur Gänze für die Vorrückung angerechnet werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Eine über das Ausmaß von fünf Jahren hinausgehende Anrechnung ist mit Zustimmung der gemeinderätlichen Personalkommission möglich.

(4) Von der Anrechnung nach Abs 1 bis 3 sind ausgeschlossen:

1. die Zeit vor Vollendung des 18. Lebensjahres;

2. die Zeit, die gemäß Abs 1 Z 1 zu berücksichtigen wäre, wenn der Beamte auf Grund einer solchen Beschäftigung einen Anspruch auf Pensionsversorgung erworben und diesen nicht der Stadt Wien abgetreten hat;

3. die Dienstzeit in einem öffentlichen Dienstverhältnis, soweit sie nach den Vorschriften, die für dieses Dienstverhältnis gegolten haben, für die Vorrückung in höhere Bezüge nicht wirksam gewesen ist; diese Bestimmung ist auf Zeiten, die nur deshalb nicht voll für die Vorrückung in höhere Bezüge wirksam waren, weil sie in einem Beschäftigungsausmaß zurückgelegt wurden, das unter der Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Beschäftigungsausmaßes lag, und auf Karenzen nach §§15 bis 15d, 15m und 15q des Mutterschutzgesetzes 1979 - MSchG, BGBl. Nr. 221/1979, nach §§2 bis 6, 8e und 9 des Väter-Karenzgesetzes - VKG, BGBl. Nr. 651/1989 oder nach anderen gleichartigen Rechtsvorschriften einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nicht und auf andere Karenzurlaube mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zeit des Karenzurlaubes zur Hälfte für die Vorrückung anzurechnen ist, soweit für diese Zeiten kein anderer Ausschlussgrund nach diesem Absatz vorliegt.

(5) Aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann Nachsicht von Abs 4 Z 3 gewährt werden.

(6) Ist ein kalendermäßiger Zeitraum nach mehreren Bestimmungen des Abs 1 anrechenbar, so ist nur die günstigere Anrechnung zulässig. Nicht anzurechnen sind die in Abs 1 Z 2 und 3 angeführten Zeiten, soweit sie in den in Abs 1 Z 7 und 8 angeführten Zeitraum fallen."

2. Eine - von den Beschwerdeführerinnen gerügte - Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

3. Ein solcher in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Dienstrechtssenat der Stadt Wien unterlaufen:

3.1. Mit der B-VG-Novelle BGBl. I 8/1999 wurde zwar das den Landesgesetzgeber bindende so genannte Homogenitätsgebot beseitigt, die garantierte Möglichkeit des Dienstwechsels jedoch beibehalten. Art 21 Abs 4 zweiter Satz B-VG wurde insoweit geändert, als der zuständige Gesetzgeber nun nicht mehr verpflichtet ist, eine Anrechnung von Dienstzeiten vorzusehen. Wenn aber der Gesetzgeber eine Anrechnung dieser Zeiten vorsieht, ist es unzulässig, bei der Anrechnung danach zu differenzieren, ob diese beim Bund, bei einem Land, bei einer Gemeinde oder bei einem Gemeindeverband zurückgelegt worden sind. Durch diese Bestimmung soll - der Intention des Gesetzgebers zufolge - die Mobilität der Bediensteten zwischen den einzelnen Körperschaften erhöht werden (vgl. , sowie AB 1562 BlgNR 20. GP, 2 f.).

Art 21 Abs 4 zweiter Satz B-VG in der derzeit geltenden Fassung spricht nunmehr allgemein von der "Anrechnung von Dienstzeiten" und gebietet damit, dass, sollte der Gesetzgeber eine Anrechnung von Dienstzeiten vorsehen, eine Gleichbehandlung bei der Anrechnung unter den in dieser Verfassungsbestimmung angeführten Körperschaften zu erfolgen hat (vgl. abermals ). Die Möglichkeit der gänzlichen Anrechnung steht dem Gesetzgeber damit noch immer offen; es hat sich durch die B-VG-Novelle BGBl. I 8/1999 in dieser Hinsicht auch nichts an der Zulässigkeit der unterschiedlichen Anrechnung von Zeiten aus einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft einerseits und Zeiten aus einem Dienstverhältnis zu einem Privatrechtsträger andererseits geändert.

3.2. Entgegen der Annahme der belangten Behörde, dass eine gesetzliche Regelung wie § 14 Abs 1 Z 1 Wr. DO 1994, die alle Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sind, anders als Zeiten zu einem Privatrechtsträger zur Gänze anrechnet, gleichheitswidrig sei und deshalb der Anwendungsbereich verfassungskonform - auf eine Tätigkeit in der Hoheitsverwaltung - eingeschränkt werden müsse, hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen eine solche Bestimmung: Dem Gesetzgeber ist im Hinblick auf Art 21 Abs 4 erster und zweiter Satz B-VG und aus der Sicht des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes - unter Berücksichtigung des ihm hierdurch bei der Regelung des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechtes der Beamten eingeräumten, verhältnismäßig weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes (vgl. etwa VfSlg. 16.176/2001 mwN) - nicht entgegenzutreten, wenn er bei der Anrechnung von dem Tag der Anstellung vorangegangenen Zeiten für die Vorrückung zwischen Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurden, einerseits und sonstigen Zeiten andererseits unterscheidet.

Es rechtfertigt auch schon die wesensmäßige Verschiedenheit eines Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft einerseits und Zeiten aus einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber andererseits eine unterschiedliche gesetzliche Regelung auch der Anrechnung von Vordienstzeiten vor allem im Hinblick auf das im Art 21 Abs 4 Satz 1 B-VG zum Ausdruck kommende Ziel, dass die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst beim Bund, bei den Ländern, bei den Gemeinden und bei den Gemeindeverbänden jederzeit gewahrt bleibt.

3.3. Vor diesem Hintergrund erweist sich aber die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung als denkunmöglich: Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs 1 Z 1 Wr. DO 1994 sind Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder im Lehrberuf an einer inländischen öffentlichen Schule oder an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule zurückgelegt wurden, zur Gänze für die Vorrückung anzurechnen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob es sich um Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung oder um Tätigkeiten im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung handelt. Gemäß § 14 Abs 1 Z 11 leg.cit. ist die Zeit eines entsprechenden Dienstverhältnisses, das von einem Staatsangehörigen einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum absolviert wurde, ebenfalls zur Gänze anzurechnen. Eine inländische Gebietskörperschaft iSd § 14 Abs 1 Z 1 Wr. DO 1994 ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die alle Personen erfasst, die in einer örtlichen Beziehung (zB Wohnsitz, Aufenthalt) zu einem bestimmten Gebiet stehen. In Österreich bestehende Gebietskörperschaften sind Bund, Länder und Gemeinden. Es kommt ferner nicht darauf an, wo die betreffende Beschäftigung erfolgte, sondern darauf, ob ein Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft vorliegt; auch öffentlich Bedienstete einer Gebietskörperschaft, die etwa einer ausgegliederten Einrichtung zur Dienstleistung zugewiesen sind, sind daher - wenn und solange sie im Dienstverhältnis zu der Gebietskörperschaft stehen - von dieser Bestimmung erfasst (vgl. ).

Indem die belangte Behörde vorangegangene Zeiten, die - wie die Beschwerdeführerinnen behaupten - in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft zurückgelegt worden waren, schon allein aus dem Grund nicht anrechnete, weil es sich um keine Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung gehandelt hatte, hat sie die Rechtslage denkunmöglich angewandt und somit willkürlich gehandelt. Die Beschwerdeführerinnen sind somit durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

4. Die angefochtenen Bescheide waren daher - weil letztlich die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages begehrt wurde - zur Gänze aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 720,-- sowie zwei Eingabengebühren gemäß § 17a VfGG in der Höhe von je € 220,-- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.