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OGH vom 24.08.1993, 10ObS128/93

OGH vom 24.08.1993, 10ObS128/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Josef Fellner und Mag.Kurt Resch (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann S*****, Landwirt, ***** vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Ghegastraße 1, vertreten durch Dr.Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kostenzuschusses, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 24/93-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom , GZ 26 Cgs 16/92-20, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Akt 26 Cgs 16/92 des Kreis- nunmehr Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes und der Akt 12 Rs 24/93 des Oberlandesgerichtes Linz werden dem Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen zur amtswegigen Berichtigung seines Beschlusses vom , GZ 12 Rs 24/93-24, durch Beisetzen des Ausspruches, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteigt oder nicht, zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, für den auf Grund des Ereignisses vom erforderlich gewordenen Zahnersatz einen Kostenzuschuß im gesetzes- und satzungs- bzw. richtliniengemäßen Umfang binnen 14 Tagen zu leisten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Beklagten, der eine Wiederherstellung des abweisenden Ersturteils anstrebt.

Der Kläger beantragte, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Einer Erledigung des Rechtsmittels stehen vorerst folgende Erwägungen entgegen:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 519 Abs 2 ZPO darf das Berufungsgericht die Zulässigkeit eines Rekurses gegen einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für gegeben erachtet, unter denen nach § 502 ZPO die Revision zulässig ist. Im Fall eines solchen Ausspruchs ist das Verfahren in erster Instanz erst nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen. In arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren ist die Zulässigkeit eines Rekurses nach den § 519 Abs 1 Z 2 ZPO im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG auszusprechen; dies ergibt sich aus der Verweisungsbestimmung des § 46 Abs 2 ASGG (991 BlgNR 17.GP 74). Ein Rekurs gegen einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes ist daher auch in Sozialrechtssachen nur zulässig, wenn das Berufungsgericht ihn für zulässig erklärt hat; dies darf es aber nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 Z 1 oder 2 ASGG, wenn also entweder die Entscheidung von der Lösung einer "erhebliche Rechtsfrage" abhängt oder der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert insgesamt 50.000 S übersteigt. Nur in Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen ist ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig (§ 45 Abs 4 ASGG; Fasching in Tomandl, SV-System 6.ErgLfg 768 und in ZPR2 Rz 2282). Besteht der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, hat das Berufungsgericht, wenn es den Rekurs gegen seinen Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß zuläßt, auch auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteigt.

Aus den Bestimmungen des § 82 ASGG geht hervor, daß in Sozialrechtssachen die Klage ein unter Bedachtnahme auf die Art des erhobenen Anspruches hinreichend bestimmtes Begehren zu enthalten hat. Das von einem Versicherten erhobene Klagebegehren ist aber auch dann hinreichend bestimmt, wenn es auf Leistungen "im gesetzlichen Ausmaß" gerichtet ist. Insbesondere ist nicht erforderlich, daß das von einem Versicherten erhobene Klagebegehren, wenn es auf Leistung gerichtet ist, einen bestimmten Geldbetrag anführt. Ein Begehren "im gesetzlichen Ausmaß" ist so zu verstehen, daß es auf das für den Versicherten Günstigste gerichtet ist. Unter diesen Gesichtspunkten ist daher das vorliegende, auf Kostenzuschuß "im gesetzes- und satzungs- bzw. richtlinienmäßigen Umfang" gerichtete Leistungsbegehren nicht zu beanstanden. Das Erstgericht wies dieses - dem Grunde und der Höhe nach strittige - Begehren ab, ohne dessen ziffernmäßige Höhe erörtert zu haben. Daraus folgt, daß der Entscheidungsgegenstand (bisher) nicht in einem Geldbetrag besteht. Die Sonderbestimmungen über den Entfall von Bewertungsaussprüchen in Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen sind hier nicht anzuwenden, weil der begehrte Kostenzuschuß (§ 95 Abs 3 BSVG) nicht zu den wiederkehrenden Leistungen im Sinne der §§ 45 Abs 4, 46 Abs 3 und 47 Abs 2 ASGG gehört (vgl SSV-NF 3/153, 5/21).

Das Berufungsgericht hat aber den Entscheidungsgegenstand nicht bewertet und auch in den Entscheidungsgründen nicht zum Ausdruck gebracht, ob er 50.000 S übersteige. Es hat diese Bewertungsfrage vielmehr ausdrücklich offengelassen und den Rekurs gegen seinen Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß unabhängig von der noch offenen Frage, ob der Entscheidungsgegenstand 50.000 S übersteige oder nicht, zugelassen, weil der Oberste Gerichtshof "zu der entscheidenden Rechtsfrage noch nicht Stellung genommen habe". Grundsätzlich schließt der Ausspruch über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht in sich (4 Ob 46/91 ua). Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes ist aber im vorliegenden Fall wesentlich, weil der Oberste Gerichtshof bei Überprüfung des Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschlusses des Berufungsgerichtes im Falle eines 50.000 S übersteigenden Wertes des Entscheidungsgegenstandes ebenso wie im Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen nicht an die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 Z 1 ASGG gebunden ist, also den Rekurs auch dann sachlich zu erledigen hat, wenn keine "erhebliche Rechtsfrage" zur Lösung ansteht.

Die Unterlassung der Bewertung des Entscheidungsgegenstandes stellt eine offenbare Unrichtigkeit dar, die nach § 419 ZPO berichtigt werden kann und muß. Dem Berufungsgericht war daher eine Berichtigung seiner Entscheidung aufzutragen.