OGH vom 21.04.2005, 15Os150/04
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer in der Strafsache gegen Brigitte F***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde und über die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom , GZ 7 Hv 139/04k-10, sowie über die implizierte Beschwerde gegen den zugleich mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten und ihres Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem zu Punkt 3 ergangenen Schuldspruch der Brigitte F***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB und im Strafausspruch sowie demgemäß auch der Widerrufsbeschluss aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Brigitte F***** wird von der Anklage, sie habe am mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte der D***** durch die Vorspiegelung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zu einer Handlung verleitet, die das Unternehmen am Vermögen schädigte, nämlich zum Abschluss eines Rechtsschutzversicherungsvertrages, wobei Prämienzahlungen in der Höhe von 2.368,63 Euro aushaften, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Im übrigen Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Ried im Innkreis verwiesen. Mit ihrer Berufung und der (implizierten) Beschwerde wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Brigitte F***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie in Enzenkirchen und anderen Orten zu nachangeführten Zeiten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte nachgenannter Firmen durch die Vorspiegelung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die nachgenannte Firmen an deren Vermögen um einen insgesamt 2.000 Euro übersteigenden Betrag schädigten, und zwar
1) im Zeitraum vom bis sowie am und am die Fa. V***** GmbH zur Lieferung von Büroartikeln im Gesamtwert von 2.933,31 Euro,
2) im Juli und August 2002 die B***** AG zur Lieferung von Waren im Gesamtwert von 2.350,25 Euro,
3) am die D***** zum Abschluss eines Rechtsschutzversicherungsvertrages, wobei Prämienzahlungen in Höhe von 2.368,63 Euro aushaften,
4) im August 2003 die N***** GmbH zur Lieferung von Bekleidung im Gesamtwert von 655,43 Euro,
5) im Juli oder August 2003 in A***** die A***** AG, Zweigstelle A*****, zur Gewährung einer Kontoüberziehung in Höhe von 831,61 Euro und
6) Mitte 2003 die Fa. C***** zur Lieferung von Werbematerial im Gesamtwert von 1.762,32 Euro.
Die dagegen gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 15 Os 150/04-6, in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen, wobei ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO zu Gunsten der Angeklagten hinsichtlich des Schuldspruches Punkt 3 und die Entscheidung über die Berufung und die (implizierte) Beschwerde der Angeklagten einem Gerichtstag vorbehalten wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass der Beschwerde war nämlich gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO zu Gunsten der Angeklagten eine dem Urteil im Schuldspruch zu Punkt 3 anhaftende Nichtigkeit (Z 9 lit a) von Amts wegen aufzugreifen.
Weil die täuschungsbedingte Übernahme eines Versicherungsrisikos keinen Vermögensschaden darstellt, ein solcher vielmehr erst dann tatsächlich eintritt, wenn die Versicherung auf Grund des Vertrages Leistungen erbringen muss, wurde durch Herbeiführung bloßen Versicherthaltens kein Betrug begangen (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 106; jüngst 13 Os 151/04). Der Schuldspruch laut Punkt 3 war daher als nichtig im Sinn des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO aufzuheben und die Angeklagte vom betreffenden Vorwurf freizusprechen. Der Strafneubemessung durch den Obersten Gerichtshof und der neuerlichen Entscheidung über den Widerruf der bedingten Entlassung stand die Abwesenheit der Angeklagten am Gerichtstag entgegen. Insoweit war die Sache daher an das Erstgericht zu verweisen. Dieses wird gemäß §§ 31 und 40 StGB bei der Strafneubemessung auf den rechtskräftigen Strafbefehl (§§ 407 ff dStPO) des Amtsgerichtes Passau vom , 10 Cs 106 Js 12436/04, Bedacht zu nehmen haben (Ratz in WK² § 31 Rz 3, 12; Fabrizy StGB8 § 31 Rz 11), mit dem über Brigitte F***** eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 20 Euro verhängt wurde, weil sie am einen Diebstahl gemäß § 242 Abs 1 dStGB verübte. Gemäß § 43 dStGB tritt an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe eine Freiheitsstrafe, wobei einem Tagessatz ein Tag Freiheitsstrafe entspricht.
Mit ihrer Berufung und der implizierten (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) Beschwerde war die Angeklagte auf die teilweise Aufhebung des Urteils und die Aufhebung des Beschlusses auf Widerruf der bedingten Entlassung sowie die Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht in diesem Umfang zu verweisen. Im Umfang des Vorgehens aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) trifft die Angeklagte keine Kostenersatzpflicht (Lendl in WK-StPO § 390a Rz 12).
Fundstelle(n):
QAAAD-83548