OGH vom 02.03.2017, 12Os148/16f

OGH vom 02.03.2017, 12Os148/16f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jürgen F***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung des Privatbeteiligten Dr. Michael H***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom , GZ 9 Hv 36/16t-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen (im Hinblick auf die angenommene gleichartige Verbrechensmenge nur pauschal individualisierter Taten [RIS-Justiz RS0117436] verfehlten) Freispruch von weiteren Betrugsvorwürfen enthält, wurde Jürgen F***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von Anfang 2007 bis Ende 2013 in E***** und an anderen Orten gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Dr. Michael H***** in zahlreichen Angriffen durch die wahrheitswidrige Vorgabe, er würde ihm Aktien aus einem Aktiendepot, über das er zu einem späteren Zeitpunkt frei verfügen dürfe, zu einem günstigen Preis verkaufen und für ihn bis zu ihrer Freigabe verwalten, wobei er ihm falsche Depotauszüge sowie ein falsches E-Mail zeigte, somit durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Urkunden, zu Handlungen, nämlich zur Überweisung von Geldbeträgen im Gesamtausmaß von 100.000 Euro verleitet, die diesen im genannten, 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und „9“ des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Die Tatrichter gelangten auf Basis vernetzter Betrachtung der Beweisergebnisse zur Schlussfolgerung, dass der Privatbeteiligte Dr. Michael H***** dem Angeklagten in der Zeit von bis in zumindest 118 Transaktionen insgesamt 851.181 Euro überwies (US 4). In Bezug auf einen Teilbetrag von 100.000 Euro lastete der Schöffensenat dem Angeklagten betrügerisches Vorgehen an (US 5), wobei dafür die Zweckwidmungen anlässlich der Überweisungen („Aktien“) sowie ein in einem Zivilverfahren geschlossener Vergleich als maßgeblich erachtet wurden (US 8). Hinsichtlich des Restbetrags von 751.181 Euro ging das Gericht von Geldgeschenken an den Angeklagten aus (US 5).

Soweit die Mängelrüge (Z 5) diesen Urteilsannahmen nur eigenständige Beweiserwägungen zum Zustandekommen und zur Bedeutung der Zweckwidmungen bei den Überweisungsvorgängen und zur Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen Dr. Michael H***** entgegensetzt, bekämpft sie bloß die Schlussfolgerungen des Schöffensenats nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Der Einwand, das Erstgericht hätte Widersprüche in den Angaben des genannten Zeugen nicht berücksichtigt, trifft nicht zu (US 7).

Der weiteren Beschwerde zuwider ist es unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden, dass die Tatrichter ihre Überlegungen zum Schadensausmaß (unter anderem) auf einen zwischen dem Angeklagten und Dr. Michael H***** geschlossenen– bedingten und später vom Angeklagten widerrufenen – Vergleich in einem Zivilverfahren stützten (vgl RISJustiz RS0098471). Gleiches gilt, soweit das Gericht die subjektive Tatseite und die auf gewerbsmäßige Begehung gerichtete Absicht aus dem objektiven Geschehen ableitete (RISJustiz RS0116882; Ratz, WKStPO § 281 Rz 452).

Soweit das (nominell auf Z 5 und „9“, der Sache nach jedoch auf Z 10 gestützte) Rechtsmittel Feststellungsdefizite in Bezug auf die gewerbsmäßige Tatbegehung behauptet und dabei die Kriterien des § 70 Abs 1 Z 1 bis 3 StGB in den Blick nimmt, geht sie prozessordnungswidrig an den Konstatierungen vorbei, wonach der Angeklagte dem Zeugen Dr. Michael H***** über eine längere Zeit gefälschte Depotauszüge und EMails übermittelte und es zu sechs Geldüberweisungen mit der Zweckwidmung „Aktien“ kam (US 4). Solcherart erklärt die Beschwerde aber nicht, weshalb die Voraussetzungen des § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB („zwei solche Taten“) nicht gegeben sein sollen.

Aus welchem Grund eine angeblich fehlende „zeitliche Einordnung“ der Übermittlung von Falsifikaten (Depotauszüge, E-Mails) den „Tatbestand des 146, § 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 sowie § 148 2. Deliktsfall“ nicht zu „tragen vermöge“, gibt das Rechtsmittel nicht bekannt (zum angenommenen Tatzeitraum siehe im Übrigen US 1, 4).

Der Sanktionsrüge (Z 11) zuwider hindert der Zuspruch an den Privatbeteiligten die gleichzeitige Anordnung des Verfalls (anders als nach § 20a Abs 1 StGB in der Fassung vor BGBl I 2010/108 die Abschöpfung der Bereicherung) nicht. Der Ausschluss des Verfalls wird durch § 20a Abs 2 Z 2 StGB idgF auf Fälle beschränkt, in denen der Betroffene zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt oder für sie Sicherheit geleistet hat (RISJustiz RS0129916

).

Bleibt anzumerken, dass es zur Hintanhaltung (unerwünschter) mehrfacher Abnahme der durch die Tat erlangten Vermögenswerte oder von Ersatzwerten dem Angeklagten an sich freigestanden wäre, rechtzeitig freiwillig Entschädigungszahlungen an den Geschädigten zu leisten oder einen allenfalls noch vorhandenen Betrag (oder mündelsichere Wertpapiere) bei Gericht zu hinterlegen und so den Ausschluss der Anordnung des Verfalls nach § 20a Abs 2 Z 2 StGB zu bewirken. Zudem verpflichtet § 31a Abs 3 StGB das Gericht, die Entscheidung über den Verfall (auch) für den Fall nachträglicher Zahlungen an Geschädigte entsprechend zu ändern, während diese gemäß § 373b StPO verlangen können, ihre rechtskräftig zuerkannte Entschädigung aus dem vom Bund vereinnahmten Vermögenswert zu befriedigen (14 Os 110/14d).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00148.16F.0302.000
Schlagworte:
Strafrecht

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