OGH vom 16.02.2021, 11Ns7/21z

OGH vom 16.02.2021, 11Ns7/21z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen P***** N***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach § 146, 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall, Abs 3, 148 erster Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 11 Hv 127/20k des Landesgerichts Leoben, über Vorlage gemäß § 215 Abs 4 StPO durch das Oberlandesgericht Graz, AZ 1 Bs 167/20y, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGHGeo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Sache wird dem Oberlandesgericht Wien zur Zuweisung an das zuständige Gericht übermittelt.

Text

Gründe:

[1] Mit Anklageschrift vom (ON 31) legt die Staatsanwaltschaft Leoben – soweit hier von Bedeutung – P***** N***** als Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall, Abs 3, 148 erster Fall, 15 StGB beurteiltes Verhalten zur Last, das dieser – unter anderem – mit einem Schadensbetrag von mehr als 50.000 Euro zwischen Mai 2017 und Februar 2019 in W***** (I./4./ bis 6./ der Anklageschrift), im Übrigen ebendort und in L***** mit jeweils darunter liegenden Schadensbeträgen gesetzt haben soll.

[2] Die Annahme der örtlichen Zuständigkeit des Landesgerichts Leoben wurde von der Staatsanwaltschaft nicht begründet.

[3] Mit Beschluss vom , AZ 1 Bs 167/20y (ON 62) legte das Oberlandesgericht Graz aufgrund Einspruchs gegen die Anklageschrift (ON 52a) – nach Verneinen des Bestehens eines der in § 212 Z 1 bis 5 und Z 7 StPO genannten Gründe und nach Entscheidung über die Untersuchungshaft (vgl auch ON 61) – die Akten gemäß § 213 Abs 6 letzter Satz, 215 Abs 4 zweiter Satz StPO dem Obersten Gerichtshof vor, weil es für möglich hielt, dass ein im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts liegendes Gericht zuständig sei.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gemäß § 31 Abs 3 Z 6a StPO kommt dem Landesgericht als Schöffengericht das Hauptverfahren (unter anderem) wegen des Vergehens des schweren Betruges (§ 147 Abs 2 StGB) bei einem 50.000 Euro übersteigenden Schaden zu.

[5] Die örtliche Zuständigkeit ist auch bei Subsumtionseinheiten hinsichtlich jeder der zusammenzufassenden Straftaten nach den Kriterien des § 36 StPO zu ermitteln. Möglicher Anknüpfungspunkt für die nach § 37 Abs 2 zweiter und dritter Satz StPO vorzunehmende Beurteilung, welches Gericht für das wegen aller Straftaten gemeinsam zu führende Hauptverfahren örtlich zuständig ist, ist dabei jeder einzelne der Tatorte (weil an jedem eine Ausführungshandlung gesetzt wurde [§ 36 Abs 3 StPO]), es sei denn, eine Qualifikation, welche die sachliche Zuständigkeit eines höherrangigen Gerichts (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO) nach sich zieht, wäre nach der Verdachtslage – wie hier – durch eine einzige dieser Straftaten verwirklicht worden (RIS-Justiz RS0131445; Oshidari, WK-StPO § 37 Rz 5/1 mwN; Nordmeyer, WK-StPO § 26 Rz 8/1).

[6] Bezugspunkt für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ist der von der Anklage vorgegebene Prozessgegenstand. Bei der Beurteilung, wo die Straftat begangen wurde, orientiert sich das Gericht – ohne Bindung an die Ortsangaben in der Anklageschrift – an der Aktenlage (vgl RIS-Justiz RS0131309).

[7] Die Anklageschrift inkriminiert zu I./4./, 5./ und zu 6./ jeweils für sich betrachtet einen 50.000 Euro übersteigenden Betrugsschaden.

[8] Wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – und das Oberlandesgericht Graz bereits richtig ausführte – begründen bei je isolierter Betrachtung diese Anklagevorwürfe die schöffengerichtliche Zuständigkeit, woraus die örtliche Kompetenz eines im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien liegenden Gerichts resultiert (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO).

[9] Gemäß § 213 Abs 6 letzter Satz, 215 Abs 4 erster Satz StPO wird daher das Oberlandesgericht Wien die Sache dem zuständigen Landesgericht zuzuweisen haben (RIS-Justiz RS0124585 [insbesondere T 2]).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0110NS00007.21Z.0216.000

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