OGH vom 04.11.2008, 10ObS128/08h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dir. Dr. Hans Lahner und Dr. Reinhard Drössler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann B*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Christoph Lassmann-Wichtl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien, wegen Kostenersatz, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 47/08b-24, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Durch einen Oberschenkelhalsbruch des Klägers im Sommer 2005 veränderte sich sein rechtes Bein so, dass ein zuvor notwendiger Beinverkürzungsausgleich im Schuhwerk nicht mehr erforderlich war. Daraufhin gewährte die beklagte Sozialversicherungsanstalt der Bauern am für fünf Paar Schuhe und am für weitere acht Paar Schuhe Kostenersatz für die Demontage des Beinlängenverkürzungsausgleichs. Bei diesen dreizehn Paar Schuhen handelt es sich um Sommer- und Winterschuhe.
Am verordnete Dr. Axel N***** für weitere acht Paar Schuhe die Entfernung des Beinlängenverkürzungsausgleichs jeweils im linken Schuh. Bei diesen Schuhen handelt es sich nicht um neue oder neuwertige Schuhe; die seinerzeitige Verordnung der Zurichtung des Beinlängenverkürzungsausgleichs erfolgte bei diesen Schuhen vor dem Jahr 2000.
Das Erstgericht wies das Begehren auf Ersatz der Kosten für die Demontage des Beinlängenverkürzungsausgleichs an acht Schuhen ab. Nach § 96 Abs 1 BSVG sei die beklagte Partei zur Gewährung eines Zuschusses für die Herstellung eines Hilfsmittels (Zurichtung der Konfektionsschuhe) und dessen Instandsetzung verpflichtet. Die Demontage des Beinlängenverkürzungsausgleichs sei eine derartige (ärztlich verordnete) Instandsetzungsmaßnahme. Ein Zuschuss für die Demontage sei aber nicht zu gewähren: Die beklagte Partei sei ihrer Verpflichtung zur Instandhaltung der Hilfsmittel bereits umfangreich - bei insgesamt 13 Paar Schuhen, sowohl Sommer- als auch Winterschuhen - nachgekommen. Weiters seien die Schuhe, an denen nach Ansicht des Klägers ebenfalls eine Demontage vorzunehmen sei, nicht mehr neu oder neuwertig. Schließlich sei überhaupt zweifelhaft, ob die beklagte Partei dazu verpflichtet gewesen sei, eine finanzielle Unterstützung für die Demontage zu gewähren, weil es dem Kläger nun möglich sei, wieder normale Schuhe zu tragen. Nach den vorgenommenen dreizehn Demontagen sei es dem Kläger zumutbar, wie ein gesunder Versicherter neue Schuhe zu kaufen, wenn er mehr als dreizehn Paar benötige. Würde der Kläger noch einen Beinlängenverkürzungsausgleich benötigen, stünde ihm überhaupt nur ein Zuschuss für die Zurichtung von einem neuen Schuh pro Jahr zu.
Das Berufungsgericht gab der Revision des Klägers nicht Folge und ließ die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu. Der von der beklagten Partei finanzierte Beinlängenverkürzungsausgleich stelle keinen Heilbehelf im Sinne des § 87 Abs 1 BSVG, sondern ein Hilfsmittel nach § 96 Abs 1 BSVG dar. Seit dem Wegfall der Beinverkürzung benötige der Kläger keine orthopädischen Schuhe mehr, sondern könne wie jeder andere normale Konfektionsschuhe tragen. Da er damit ein körperliches Gebrechen als Voraussetzung für die Gewährung eines Hilfsmittels (oder eines Zuschusses) nicht mehr aufweise, bestehe auch kein Anspruch auf Kostenersatz. Selbst wenn bei Wegfall der Beeinträchtigung die Demontage des Verkürzungsausgleichs zur Sicherung des Heilerfolgs notwendig wäre, bestehe - so wie umgekehrt beim Auftreten des Gebrechens - nur Anspruch auf Zurichtung von zwei Paar Schuhen in den ersten beiden Jahren und für je ein Paar in den Folgejahren.
In seiner außerordentlichen Revision macht der Kläger als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass ein Verkürzungsausgleich als „orthopädische Schuheinlage" nach § 87 Abs 1 BSVG anzusehen und daher als Heilbehelf und nicht als Hilfsmittel zu qualifizieren sei.
Rechtliche Beurteilung
Dazu wurde erwogen:
Die Rechtsprechung legt § 137 Abs 1 ASVG und § 87 Abs 1 BSVG dahin aus, dass unter „Heilbehelfen" nur solche Behelfe zu verstehen sind, die der Heilung, Linderung oder Verhütung von Verschlimmerungen der Krankheit dienen, während „Hilfsmittel" (§ 154 Abs 1 ASVG,§ 96 Abs 1 BSVG) erst nach Abschluss des Heilungsprozesses zum Einsatz gelangen (RIS-Justiz RS0109536, RS0109537). Selbst wenn man nun mit dem Kläger davon ausgeht, dass es sich bei einem Verkürzungsausgleich um einen Heilbehelf handelt, so hat der Versicherungsträger nach § 87 Abs 7 BSVG „auch die Kosten der Instandsetzung notwendiger Heilbehelfe zu übernehmen, wenn eine Instandsetzung zweckentsprechend ist". Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann nur einzelfallbezogen beurteilt werden (10 ObS 2365/96h = SSV-NF 10/111; 10 ObS 106/06w; RIS-Justiz RS0106547). In der Ansicht, dass nach der Demontage des Beinlängenverkürzungsausgleichs an 13 Paar Schuhen mit einer Demontage an weiteren Schuhen das in § 87 Abs 7 BSVG normierte Maß überschritten würde, liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Auf die Frage des Einflusses einer sozialen Schutzbedürftigkeit des Klägers auf die Entscheidung kommt es dann nicht mehr an.
Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.