OGH vom 25.06.2014, 9Ob34/14m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der in der Pflegschaftssache der am ***** 2006 geborenen mj L***** B*****, wegen Aufhebung einer Adoption, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller 1. Dr. G***** B***** und 2. Dr. N***** H*****, beide vertreten durch Dr. Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 147/14g 6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 80 P 16/14p 2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Die Antragsteller mit Wohnsitz in den USA begehren die Aufhebung der in Nepal am bewilligten Adoption der am ***** 2006 geborenen L***** B*****. Trotz zahlreicher Interventionen in Nepal sei es aufgrund faktischer Umstände in Nepal bisher nicht möglich gewesen, mit ihrer Adoptivtochter seit wie auch der Erstantragsteller österreichische/r Staatsbürger/in von Nepal in die USA auszureisen. Insbesondere der Direktor des Waisenhauses, in dem ihre Adoptivtochter lebe, verweigere dazu seine Zustimmung. Die weitere Aufrechterhaltung des Adoptivverhältnisses, das bisher nicht gelebt werden konnte und aller Voraussicht nach auch in Zukunft nicht gelebt werden könne, laufe dem Kindeswohl zuwider.
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab. Der bloße Umstand, dass bisher zwischen den Wahleltern und dem Wahlkind noch keine dem Eltern Kind Verhältnis entsprechende Beziehung entstanden sei, rechtfertige die Aufhebung der Wahlkindschaft wegen Gefährdung des Kindeswohls gemäß § 201 Abs 1 Z 2 ABGB nicht. Die Antragsteller hätten gar nicht behauptet, dass die Persönlichkeitsentwicklung des Wahlkindes gefährdet wäre. Vielmehr erscheine die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft schon unter Bedachtnahme darauf, dass das Wahlkind gegenüber seinen Wahleltern unterhalts und erbberechtigt sei und aufgrund seiner österreichischen Staatsbürgerschaft auch in Österreich seinen Aufenthalt nehmen könne, im Interesse des Wahlkindes gelegen.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob eine Wahlkindschaft aufgehoben werden könne, weil noch keine Eltern Kind Beziehung zustande gekommen sei.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem Ausspruch ist der Revisionsrekurs der Antragsteller mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
Ob im Einzelfall das Kindeswohl gefährdet und damit die Aufhebung einer Wahlkindschaft dem Wohl des Kindes dient, hat das Gericht ebenso wie schon die Frage, ob die Bewilligung der Adoption dem Kindeswohl dient - (RIS Justiz RS0086536 [T2]; RS0087003) nach freiem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (vgl 7 Ob 325/99s; RIS Justiz RS0007101). Eine Einzelfallentscheidung ist für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit eine grobe Fehlbeurteilung korrigiert werden müsste.
Die Revisionsrekurswerber vermögen jedoch keine derartige Fehlbeurteilung, noch sonst eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.
§ 201 Abs 1 ABGB legt taxativ (§ 203 ABGB) die Gründe fest, bei deren Vorliegen die Wahlkindschaft vom Gericht aufzuheben ist ( Deixler Hübner in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.02 §§ 200 203 Rz 10; Hopf in KBB 4 § 200 ABGB Rz 1 und §§ 201 203 ABGB Rz 2; vgl RIS Justiz RS0108189). Durch die strenge Einschränkung der Auflösungsgründe bezweckt das Gesetz, das neue Wahlkindverhältnis zu schützen (7 Ob 536/84; RV 107 BlgNR 9. GP 24, 28).
Von Amts wegen ist die Adoption aufzuheben, wenn diese das Wohl des Kindes ernstlich gefährden würde (§ 201 Abs 1 Z 2 ABGB). Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, der von den Antragstellern geltend gemachte Grund für eine Aufhebung der Wahlkindschaft liege nicht schon dann vor, wenn sich zwischen Wahlkind und Wahleltern aufgrund der von den Antragstellern behaupteten faktischen Umstände, die sie bisher daran hindern, das Wahlkind an den von ihnen bestimmten Ort zu bringen, kein Eltern-Kind-Verhältnis einstelle, ist vertretbar ( Höllwerth in Schwimann/Kodek ABGB 4 Ia § 201 Rz 8, 13 mwN; Deixler Hübner in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.02 §§ 200 203 Rz 14 unter Bezugnahme auf EFSlg XV/13; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ [2008] § 184a ABGB Rz 7 mwN). Auf den vom Rekursgericht betonten Verlust von Unterhalts und Erbrechtsansprüchen im Fall der Aufhebung der Wahlkindschaft muss hier nicht weiter eingegangen werden weil die Antragsteller keine Gründe nennen, die die konkrete Situation des Wahlkindes bei Aufhebung der Wahlkindschaft verbessern würden (vgl SZ 34/56) bzw weshalb sonst eine Gesamtwürdigung der konkreten Umstände ergeben sollte, dass der Fortbestand des Wahlkindverhältnisses das Wohl des Wahlkindes ernstlich gefährdet.
Mangels einer Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0090OB00034.14M.0625.000