VfGH vom 02.07.2009, B1397/08
Sammlungsnummer
18835
Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Vorschreibung von Schenkungssteuer an die Bekenntnisgemeinschaft Zeugen Jehovas; objektive Willkür mangels Anwendung der Steuerbefreiungsbestimmung für gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften angesichts der vom EGMR festgestellten Konventionswidrigkeit der 10-Jahres-Frist im Anerkennungsverfahren der beschwerdeführenden Partei
Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die beschwerdeführende Partei war bis Mai 2009 eine in
Österreich staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft; mit Verordnung der Bundesministerin für Unterricht, und Kunst und Kultur, BGBl. II 139/2009, wurde sie als Religionsgesellschaft iSd § 2 des Gesetzes vom 20. Mai 1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften (in der Folge: AnerkennungsG) sowie § 11 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (in der Folge: BekGG) anerkannt. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid wurde ihr für eine im Dezember 2005 angezeigte Schenkung eines Geldbetrages in der Höhe von € 40.000,-- Schenkungssteuer in bestimmter Höhe vorgeschrieben, wobei seitens der belangten Behörde die Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 15 Abs 1 Z 14 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (in der Folge: ErbStG) versagt wurde, da die beschwerdeführende Partei (zum Zeitpunkt der Schenkung) weder eine inländische Institution einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft gewesen sei (litb leg.cit.) noch eine inländische juristische Person, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgte (lita leg.cit.).
2. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, die die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Religionsfreiheit, die Verletzung in ihren aus Art 14 iVm Art 9 EMRK erfließenden Rechten sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen, konkret des § 38 Abs 1 der Bundesabgabenordnung (in der Folge: BAO) und der §§1 und 15 ErbStG, behauptet.
In der Beschwerde führt die beschwerdeführende Partei zur Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten näher aus, dass religiöse Bekenntnisgemeinschaften trotz gleicher tatsächlicher Voraussetzungen gegenüber anerkannten Religionsgesellschaften und politischen Parteien unsachlich benachteiligt würden und nicht alle Religionsgemeinschaften den gleichen Zugang zum Anerkennungsstatus hätten.
In Ermangelung der Möglichkeit, eine Anerkennung als Religionsgesellschaft in einem fairen, objektiven, nicht benachteiligenden Verfahren durchzusetzen (die beschwerdeführende Partei verweist hiezu auf EGMR , Fall Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98), werden nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei die an die Unterscheidung zwischen gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften und anderen Religionsgemeinschaften anknüpfenden Normen, hier konkret § 38 Abs 1 BAO und §§1 und 15 ErbStG, mit Verfassungswidrigkeit belastet.
3. Die belangte Behörde legte fristgerecht die Verwaltungsakten vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
4. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst gab auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes eine Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit der im angefochtenen Bescheid angewendeten Rechtsgrundlagen ab.
Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst geht in seiner Stellungnahme davon aus, dass der Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit in § 11 BekGG liege und gegen § 38 BAO keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. Der EGMR habe sich in seinem Urteil vom , Fall Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, ausschließlich mit der Beschwerde über die (anfängliche) Verwehrung der Verleihung der Rechtspersönlichkeit und der Frage der Konventionskonformität des § 11 BekGG zu befassen gehabt und Bestimmungen, die den Religionsgesellschaften in Österreich Privilegien einräumen, nicht in Frage gestellt. Er habe auch drauf hingewiesen, dass Art 34 EMRK nicht zu einer actio popularis ermächtige.
Es verweist weiters auf die Aufhebung der Grundtatbestände des § 1 Abs 1 Z 1 und 2 ErbStG durch den Verfassungsgerichtshof und auf die beabsichtigte Anerkennung der Zeugen Jehovas als Religionsgesellschaft in Österreich. [Diese ist inzwischen mit BGBl. II 139/2009 erfolgt.]
Die Unterscheidung zwischen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie anderen Religionsgemeinschaften sei in Art 15 StGG verfassungsrechtlich vorgegeben und werde in EGMR , Fall Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, auch nicht in Zweifel gezogen. Eine konventionskonforme Auslegung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG im Wege einer Anrechnung von Zeiten als Verein auf die nach dieser Bestimmung geforderte Mindestbestandszeit schließt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst explizit nicht aus.
Das zitierte Urteil des EGMR beziehe sich ausdrücklich nur auf die Frage der 10-Jahres-Frist, wobei der EGMR festhalte, dass ein Beobachtungszeitraum durchaus erforderlich sein könne. Die Kooperation zwischen Staat und Kirchen bzw. Religionsgesellschaften in Österreich setze gewisse Rahmenbedingungen in der Religionsgesellschaft voraus. Die in § 11 BekGG vorgesehenen Kriterien dienten u.a. dem Zweck, die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Religionsgesellschaft zu garantieren, um nicht finanzielle Aufwendungen aus Mitteln der Steuerzahler für Gemeinschaften aufzubringen, die den Unterstützungszweck mangels mittelfristiger Existenzfähigkeit nicht erreichen könnten.
Ein Vergleich mit politischen Parteien wird seitens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst abgelehnt. Es verweist im Übrigen darauf, dass auch Zuwendungen an politische Parteien unter bestimmten Voraussetzungen einer besonderen Abgabe unterlägen.
5. Folgende Rechtslage ist im Beschwerdefall maßgeblich:
5.1. Die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften wird im AnerkennungsG, RGBl. 68/1874, (auszugsweise) wie folgt geregelt:
"§. 1.
Den Anhängern eines bisher gesetzlich nicht anerkannten Religionsbekenntnisses wird die Anerkennung als Religionsgesellschaft unter nachfolgenden Voraussetzungen ertheilt:
1. Daß ihre Religionslehre, ihr Gottesdienst, ihre Verfassung, sowie die gewählte Benennung nichts Gesetzwidriges oder sittlich Anstößiges enthält;
2. daß die Errichtung und der Bestand wenigstens Einer nach den Anforderungen dieses Gesetzes eingerichteten Cultusgemeinde gesichert ist.
§. 2.
Ist den Voraussetzungen des §. 1 genügt, so wird die Anerkennung von dem Cultusminister ausgesprochen.
Durch diese Anerkennung wird die Religionsgesellschaft aller jener Rechte theilhaftig, welche nach den Staatsgesetzen den gesetzlich anerkannten Kirchen- und Religionsgesellschaften zukommen."
5.2. Das BekGG, BGBl. I 19/1998, enthält in § 11 eine lex fugitiva zum AnerkennungsG und fügt für eine Anerkennung folgende (zusätzliche) Voraussetzungen hinzu:
"Zusätzliche Voraussetzungen für eine Anerkennung nach dem
Anerkennungsgesetz
§11. (1) Zusätzliche Voraussetzungen zu den im Gesetz betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. Nr. 68/1874, umschriebenen Voraussetzungen sind:
1. Bestand als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes,
2. Anzahl der Angehörigen in der Höhe von mindestens 2 vT der Bevölkerung Österreichs nach der letzten Volkszählung,
3. Verwendung der Einnahmen und des Vermögens für religiöse Zwecke (wozu auch in der religiösen Zielsetzung begründete gemeinnützige und mildtätige Zwecke zählen),
4. positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat,
5. keine gesetzwidrige Störung des Verhältnisses zu den bestehenden gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie sonstigen Religionsgemeinschaften.
(2) Dieses Bundesgesetz findet auf laufende Verwaltungsverfahren auf Grund des Gesetzes betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften Anwendung. Anträge auf Anerkennung als Religionsgesellschaft sind als Anträge gemäß § 3 zu werten, wobei der Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes als Tag der Einbringung gilt."
5.3. Das ErbStG normiert idF BGBl. 141/1955 Folgendes:
"§1. (1) Der Steuer nach diesem Bundesgesetz unterliegen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | der Erwerb von Todes wegen, | |||||||||
2. | Schenkungen unter Lebenden, | |||||||||
3. | Zweckzuwendungen. |
(2) ..."
Gemäß § 15 Abs 1 Z 14 ErbStG, BGBl. 141/1955 idF BGBl. 797/1996, bleiben steuerfrei:
"Zuwendungen unter Lebenden von körperlichen beweglichen Sachen und Geldforderungen an
a) inländische juristische Personen, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen,
b) inländische Institutionen gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften,
c) politische Parteien im Sinne des § 1 Parteiengesetz, BGBl. Nr. 404/1975 in der jeweils geltenden Fassung,
d) ausländische Vereinigungen und Institutionen der in lita und b genannten Art, soweit Gegenseitigkeit besteht;"
5.4. Ob die Befreiungsmerkmale "gemeinnützig", "mildtätig" oder "kirchlich" vorliegen, ist anhand der Bestimmungen der §§34 ff. BAO zu beurteilen (vgl. § 34 Abs 1 BAO;). Diese lauten in der Fassung BGBl. I 9/1998 - auszugsweise - wie folgt:
"§34. (1) Die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, sind an die Voraussetzungen geknüpft, daß die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient. Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die im Inland weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung (§27) haben, nachzuweisen, daß sie die Voraussetzungen des ersten Satzes erfüllen.
(2) ...
...
§38. (1) Kirchlich sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften gefördert werden.
(2) Zu den kirchlichen Zwecken gehören insbesondere die Errichtung, Erhaltung und Ausschmückung von Gottes(Bet)häusern und kirchlichen Gemeinde(Pfarr)häusern, die Abhaltung des Gottesdienstes, von kirchlichen Andachten und sonstigen religiösen oder seelsorglichen Veranstaltungen, die Ausbildung von Geistlichen und Ordenspersonen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und Pflege des Andenkens der Toten in religiöser Hinsicht, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen und der kirchlichen Dienstnehmer, die Alters- und Invalidenversorgung dieser Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen einschließlich der Schaffung und Führung besonderer Einrichtungen (Heime) für diesen Personenkreis."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird das Gleichheitsrecht (Art7 B-VG) unter anderem dadurch verletzt, dass die Behörde bei der Erlassung des Bescheides Willkür übt. Ein willkürliches Verhalten liegt unter anderem dann vor, wenn die Behörde den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).
Ein solcher Fall ist hier aus folgenden Gründen gegeben:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung, beginnend mit VfSlg. 9185/1981, die Auffassung vertreten, dass gegen die Differenzierung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Religionsgemeinschaften grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, diese vielmehr durch Art 15 StGG verfassungsgesetzlich vorgegeben ist (u.a. VfSlg. 17.021/2003).
Rechtsvorschriften, die an diese Unterscheidung verschiedene Rechtsfolgen knüpfen, sind allerdings nur dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die unterschiedliche Behandlung sachlich begründbar ist, wenn ferner die Anerkennung nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt und - bei Vorliegen der im Gesetz umschriebenen Voraussetzungen - auch durchsetzbar ist (vgl. insbesondere VfSlg. 11.931/1988).
2. Der Verfassungsgerichtshof beurteilte in VfSlg. 16.102/2001 und 16.131/2001 die in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG normierte Voraussetzung für die Anerkennung als Religionsgesellschaft nach dem AnerkennungsG, wonach eine Religionsgemeinschaft vor ihrer Anerkennung mindestens zwanzig Jahre, davon mindestens zehn Jahre als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit im Sinne des BekGG, Bestand haben muss, als verfassungskonform: Die Einführung einer zehnjährigen Beobachtungsphase, innerhalb derer eine rechtlich existente Bekenntnisgemeinschaft von der Kultusbehörde im Hinblick auf die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln, die ihrerseits unstrittig im öffentlichen Interesse liegen, einer Rechtsaufsicht unterliege, sei insbesondere vor dem Hintergrund der unbestrittenen Tatsache der Existenz von religiösen Gemeinschaften, bei denen Zweifel daran bestehen könnten, ob sie den Anforderungen des § 5 Abs 1 Z 1 BekGG auch tatsächlich entsprechen, unbedenklich.
Als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtete der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 16.102/2001 auch die Übergangsbestimmung des Abs 2 des § 11 BekGG im Hinblick darauf, dass die mit der Einführung des § 11 BekGG verbundene potentielle Verschlechterung der Rechtsposition gesetzlich nicht anerkannter religiöser Gemeinschaften, die sich schon seit längerer Zeit um die Anerkennung bemühen, diese nur abgeschwächt treffe, da ihnen der Erwerb der Rechtspersönlichkeit ermöglicht werde und der zweite Satz des Abs 2 dieser Bestimmung bewirke, dass sie die Rechtspersönlichkeit nach dem BekGG ohne neuerliche Antragstellung erreichen können, wenn sie zuvor eine Anerkennung als Kirche oder Religionsgesellschaft begehrt haben.
3. Der EGMR hat sich in seinem Urteil vom , Fall Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, mit dem Verfahren zur Anerkennung der nunmehr beschwerdeführenden Partei als Religionsgesellschaft nach dem AnerkennungsG und § 11 BekGG beschäftigt. Er beschränkt sich dabei ausdrücklich auf die Prüfung der in § 11 Abs 1 BekGG verankerten Wartefrist von zehn Jahren für die Anerkennung als Religionsgesellschaft (vgl. Rz 93).
Der EGMR gelangt in seinem Urteil u.a. zu dem Ergebnis, dass die im österreichischen Recht vorgesehene privilegierte Behandlung von Religionsgesellschaften gegenüber Bekenntnisgemeinschaften nach dem BekGG es jenen ermögliche, ihre religiösen Ziele leichter zu erreichen; als Beispiel werden in diesem Zusammenhang ausdrücklich steuerliche Begünstigungen genannt (Rz 92). Der EGMR räumt ein, dass eine gesetzlich vorgesehene Wartefrist unter außergewöhnlichen Umständen (insbesondere bei neu gegründeten und daher unbekannten religiösen Gruppen) erforderlich sein könne, dass diese jedoch nicht für religiöse Gruppierungen gerechtfertigt sei, die - wie die Zeugen Jehovas - sowohl international als auch in Österreich schon lange bestünden und daher den zuständigen Behörden bekannt seien. In solchen Fällen sollten die Behörden in beträchtlich kürzerer Zeit prüfen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen von einer religiösen Gruppierung erfüllt werden. Außerdem zeigten andere (österreichische) Beispiele, dass der Staat die gleichförmige Anwendung einer solchen Wartefrist nicht als wesentliches Instrument seiner Politik ansieht (Rz 98). Die (damals vor dem EGMR und nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof) beschwerdeführende Partei sei daher in ihrem gemäß Art 14 iVm Art 9 EMRK gewährleisteten Recht verletzt (vgl. dazu auch die Folgejudikatur des EGMR vom , Fall Löffelmann, Appl. 42.967/98, und Fall Gütl, Appl. 49.686/99).
4. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner mit VfSlg. 9185/1981 begonnenen ständigen Rechtsprechung, dass gegen die Differenzierung zwischen (gesetzlich) anerkannten und nicht anerkannten Religionsgemeinschaften grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Er hat jedoch im Hinblick auf das erwähnte Urteil des EGMR vom , Fall Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, davon auszugehen, dass die Anwendung der 10-Jahres-Frist im Anerkennungsverfahren der nunmehr beschwerdeführenden Partei der EMRK widersprach.
5. Die hier in Rede stehende steuerliche Befreiungsbestimmung des § 15 Abs 1 Z 14 ErbStG (iVm § 38 Abs 1 BAO) ist gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften vorbehalten. Aus dem erwähnten Urteil des EGMR vom folgt nunmehr, dass diese Einschränkung in Bezug auf die beschwerdeführende Partei konventionswidrig ist und dass diese in ihren Rechten aus Art 14 iVm Art 9 EMRK (auch) dadurch verletzt ist, dass ihr für eine Schenkung, die ihr zu einem Zeitpunkt gemacht wurde, in dem sie in Verletzung der aus der EMRK erfließenden Rechte noch nicht als Religionsgesellschaft anerkannt war, die Steuerbefreiung des § 15 Abs 1 Z 14 ErbStG vorenthalten wird. Um diese Konventionswidrigkeit zu vermeiden, ist die beschwerdeführende Partei für Zwecke der Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 15 Abs 1 Z 14 lita ErbStG (iVm § 38 Abs 1 BAO) auf die hier in Rede stehende Schenkung einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft gleichzuhalten. Es ist daher im Hinblick auf die Entscheidung des EGMR vom , Fall Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, davon auszugehen, dass die Bekenntnisgemeinschaft Zeugen Jehovas bereits im Zeitpunkt dieser Schenkung "kirchliche Zwecke" im Sinne der genannten Bestimmungen verfolgte, so dass einer Anwendung des § 15 Abs 1 Z 14 ErbStG nichts im Wege steht.
Da die belangte Behörde - was ihr freilich subjektiv nicht vorzuwerfen ist - somit die Rechtslage insgesamt grundlegend verkannt, ihren Bescheid daher mit Willkür behaftet und die beschwerdeführende Partei damit in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt hat, war der angefochtene Bescheid aufzuheben.
III. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer sowie der Ersatz der gemäß § 17a VfGG entrichteten Eingabengebühr im verzeichneten Ausmaß enthalten.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.