OGH vom 31.01.1996, 13Os187/95
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Archan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Maria Getraud F***** wegen des Finanzvergehens der teilweise nur versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 2 lit a und 13 Abs 1 FinStrG über die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Schöffengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom , GZ 5 Vr 3239/94-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Zehetner, des Vertreters des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde I.Instanz, Mag.Josef Weber, der Angeklagten Maria Gertraud F***** und des Verteidigers Dr.Haas zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu 2. (Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs [richtig] 2 lit a FinstrG) sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Maria Getraud F***** ist schuldig, 1993 in Graz vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten die Bewirkung einer Umsatzsteuerverkürzung für 1993 von 242.521 S versucht zu haben.
Sie hat hiedurch das Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 13 Abs 1, 33 Abs 1 FinStrG begangen.
Sie wird hiefür sowie für die ihr nach dem aufrecht gebliebenen Teil des erstgerichtlichen Schuldspruches weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlung des Finanzvergehens der teilweise nur versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 Abs 1 FinStrG nach § 33 Abs 5 FinStrG zu einer Geldstrafe von 500.000 S (fünfhunderttausend Schilling), für den Fall der Uneinbringlichkeit zu zwei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.
Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Maria Gertraud F***** gegen das bezeichnete Urteil, mit dem sie wegen der Finanzvergehen der (teilweise nur versuchten) Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und § 13 Abs 1 und (richtig) Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt worden war, weil sie von 1990 bis 1992 Steuerverkürzungen (Umsatz-, Einkommens- und Gewerbesteuer) im Ausmaß von insgesamt 955.841 S bewirkte und dies bei einem Gewerbesteuerbetrag von 152.401 S versuchte, sowie durch Unterlassung von Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 1993 wissentlich eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen in der Höhe von 242.521 S bewirkt hat, hat der Oberste Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß vom , GZ 13 Os 187/95-9, zurückgewiesen, wobei er sich gemäß § 285 Abs 2 StPO die Ausübung der ihm nach § 290 Abs 1 StPO zustehenden Befugnis vorbehielt.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich nämlich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Urteil zum Nachteil der Angeklagten mit dem von ihr nicht gerügten und von Amts wegen wahrzunehmenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO behaftet ist.
Die Beschwerdeführerin wurde zu 2. des Schuldspruchs des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 (richtig:) Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil sie im Jahr 1993 durch Unterlassung von Umsatzsteuervoranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Jänner bis Dezember 1993 von 242.521 S bewirkt und dies nicht nur für möglich sondern für gewiß gehalten hat. Dazu wurde festgestellt, daß die Angeklagte ihre Einnahmen, Gewinne und Umsätze gegenüber den Finanzbehörden vorsätzlich nicht offenlegte und dadurch die ihr angelasteten Steuerverkürzungen (hier 242.521 S Umsatzsteuer für 1993) bewirkte. Im Jahr 1993 kam sie ihrer Verpflichtung zur Abgabe der dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldung im Wissen, dadurch Verkürzungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer zu verursachen, nicht nach. Dadurch - so meinte das Erstgericht - sei bereits eine Verkürzung dieser Umsatzsteuer für 1993 bewirkt worden(US 5 und 6).
Gemäß § 33 Abs 3 lit a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung (Abs 1 und 2 leg cit) jedoch erst bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches nicht innerhalb eines Jahres ab dem Ende der gesetzlichen Erklärungsfrist festgesetzt wurden.
Auf Grund einer vorangegangenen Betriebsprüfung wurde mit Bescheid vom die von der Angeklagten für 1993 zu bezahlende Umsatzsteuer in richtiger Höhe innerhalb der im § 33 Abs 3 lit a FinStrG vorgesehenen Frist festgesetzt. Die Unterlassung der (Jahres-)Umsatzsteuererklärungen 1993 konnte daher keine Abgabenverkürzung mehr bewirken. Das Finanzdelikt nach § 33 Abs 1 FinStrG wurde somit für das Jahr 1993 zwar versucht aber nicht vollendet.
Die von dem im Urteil festgestellten Vorsatz auf Steuerhinterziehung getragene Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung für 1993 und damit die Verletzung der Offenbarungspflicht stellt eine einem positiven Tun gleichwertige Unterlassung und somit eine Ausführungshandlung nach § 33 Abs 1 FinStrG dar (Dorazil-Harbich, FinStrG, § 33 E 21 a). Damit hat die Angeklagte aber hinsichtlich der Umsatzsteuer für 1993 (im übrigen ebenso wie zutreffend im Urteil hinsichtlich der Gewerbesteuer für diesen Zeitraum) das Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 13 Abs 1, 33 Abs 1 FinStrG begangen.
Wurde aber das Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG zumindest versucht, wird - entgegen der Meinung der Finanzstrafbehörde - das den gleichen Betrag und denselben Steuerzeitraum betreffende Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG von jenem nach Abs 1 konsumiert (Dorazil-Harbich, aaO, E 28 c und 32).
Das angefochtene Urteil ist daher in seinem Schuldspruch 2. mit dem materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO behaftet, der sich (wegen angenommener Deliktsvollendung statt Versuch bei zusätzlich angenommener Deliktshäufung statt -wiederholung) zum Nachteil der Angeklagten auswirkt und daher gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen war.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten (§ 290 Abs 1 StPO) war das Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Schuldspruch zu 2., in der entsprechenden rechtlichen Unterstellung betreffenden Tat (§ 33 Abs 2 lit a FinStrG) und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und in der Sache selbst zu erkennen.
Bei der infolge Aufhebung des Strafausspruches nunmehr vorzunehmenden Strafneubemessung war erschwerend (infolge der darin manifesten repetitiven Kriminalität auch ohne Berücksichtigung des Einflusses auf den strafbestimmenden Wertbetrag, vgl Dorazil-Harbich, aaO, § 33 E 11 c) die Deliktswiederholung durch längere Zeit und die Verkürzung mehrer Abgaben, mildernd hingegen das reumütige Geständnis, die Bezahlung der hinterzogenen Abgaben und der Tatversuch. Die wiederholte finanzbehördliche Vorbelastung schließt die Annahme eines bisher ordentlichen Lebenswandels ebenso aus wie die Anwendung der bedingten Strafnachsicht nach § 26 Abs 1 FinStrG. Die verhängte Geldstrafe entspricht ausgehend von dem durch § 33 Abs 5 FinStrG zu ermittelnden Strafrahmen der Tatschuld ebenso wie den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Angeklagten (§ 23 Abs 2 und 3 FinStrG).