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OGH vom 22.12.2008, 10ObS125/08t

OGH vom 22.12.2008, 10ObS125/08t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Maschl LL.M. (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AR Angelika Neuhauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Barbara T*****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Josef Pongratz-Platz 1, 8010 Graz, vertreten durch Destaller Mader Niederbichler, Rechtsanwälte in Graz, wegen Wochengeld, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 63/08a-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 49 Cgs 269/07h-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Klägerin hat ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe :

Die am geborene Klägerin ist Mutter der am geborenen Antonia, der am geborenen Franziska, der am geborenen Mathilde und des am geborenen Leopold. Anlässlich der Geburt von Franziska bezog die Klägerin vom bis Wochengeld und danach in der Zeit vom bis Kinderbetreuungsgeld. Während dieses Bezugs trat neuerlich der Versicherungsfall der Mutterschaft aus der Geburt von Mathilde ein, wobei die Klägerin Wochengeld in der Zeit vom bis und danach wiederum Kinderbetreuungsgeld in der Zeit vom bis bezog. Der Beginn der achten Woche vor dem durch den Gynäkologen angegebenen voraussichtlichen Geburtstermin des vierten Kindes fällt auf den , der Beginn der 32. Woche vor Eintritt dieses Versicherungsfalls auf den .

Im November 2006 vereinbarte die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber, ab wieder als Teilzeitkraft im Ausmaß von 15 Wochenstunden zu arbeiten zu beginnen. Nach Bekanntwerden der Schwangerschaft zum vierten Kind nahm die Klägerin im März 2007 sofort Kontakt mit ihrem Arbeitgeber auf. Sie vereinbarte mit ihm ein Übergleiten von der Karenzzeit aus der Geburt des dritten Kindes in jene des vierten Kindes. Nach Ende der Pflichtversicherung mit (Ende des Kinderbetreuungsgeldbezugs) sollte die Klägerin - auf ihre Initiative - in eine „freiwillige Karenz" mit Entfall der Bezüge treten. Das Arbeitsverhältnis blieb bei Ruhen der Hauptleistungspflichten aufrecht. Die Klägerin nahm dementsprechend die Arbeit nach dem nicht wieder auf.

Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls der Mutterschaft anlässlich der Geburt des vierten Kindes () bestand daher für die Klägerin keine aufrechte Pflichtversicherung gemäß § 122 Abs 1 ASVG.

Am stellte die Klägerin bei der beklagten Gebietskrankenkasse den Antrag auf Gewährung von Wochengeld ab .

Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei den Antrag ab. Der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls liege bei der Klägerin am und falle somit in die Zeit einer aufrechten Pflichtversicherung. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin ihre Beschäftigung nach dem Ende des Kinderbetreuungsgeldbezugs nicht wieder aufgenommen habe, zumal sie mit ihrem Arbeitgeber einen nicht auf § 15 MSchG beruhenden Karenzurlaub bei Entfall der Bezüge vereinbart habe, liege aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses vor, dies ungeachtet des Umstands, dass arbeitsrechtlich noch immer von einem aufrechten Arbeitsverhältnis bei ruhenden Hauptleistungspflichten auszugehen sei. § 122 Abs 3 ASVG beschränke den Anspruch auf Wochengeld aus der erweiterten Schutzfrist auf jene Frauen, deren Pflichtversicherung ohne ihr Verschulden geendet habe. Die einvernehmliche Vereinbarung eines Karenzurlaubs und die gewollte Nichtwiederaufnahme der Beschäftigung schließe die Klägerin vom Schutzzweck der Norm aus, weshalb ein Anspruch auf Wochengeld nicht gegeben sei.

Das Erstgericht wies die auf Gewährung von Wochengeld ab gerichtete Klage ab. Schutzzweck der Bestimmung des § 122 Abs 3 ASVG sei nach der Absicht des Gesetzgebers, jene Arbeitnehmerinnen vom Leistungsanspruch auszunehmen, die ihr Arbeitsverhältnis von sich aus beenden oder nach einem Karenzurlaub nicht wieder aufnehmen. Bei der Klägerin liege zwar der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft im Zeitraum des Bestands einer aufrechten Pflichtversicherung, jedoch stelle der auf Initiative der Klägerin vereinbarte und nicht auf § 15 MSchG beruhende Karenzurlaub gegen Entfall der Bezüge einen Ausnahmetatbestand dar, der im Wege der Gesetzesanalogie jenem der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses gleichzuhalten sei. Ein Anspruch auf Wochengeld sei demnach nicht gegeben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Bei der Klägerin sei der Versicherungsfall unstrittig nach dem Ende der Pflichtversicherung eingetreten und es sei auch der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls in der Zeit des Bestands der beendeten Pflichtversicherung gelegen. Damit seien grundsätzlich die durch das Karenzurlaubserweiterungsgesetz (BGBl 1990/408) in den Gesetzeswortlaut eingeflossenen Voraussetzungen erfüllt und Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft zu gewähren (RIS-Justiz RS0121331). Strittig bleibe, ob sich die Klägerin im Hinblick auf den mit ihrem Arbeitgeber vereinbarten freiwilligen Karenzurlaub ihres Anspruchs auf Wochengeld im Sinne des § 122 Abs 3 ASVG begeben habe. Dies sei nach Auffassung des Berufungsgerichts zu verneinen. Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Intentionen des Gesetzgebers verlangten, dass das Arbeitsverhältnis entweder aus den im Gesetz ausdrücklich angeführten Gründen geendet habe oder aus einem dieser Gründe unmittelbar im Anschluss an einen Zeitraum des Bezugs von Karenzgeld nicht wieder aufgenommen worden sei. Es komme also nicht mehr ausschließlich darauf an, ob die Initiative zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer ausgegangen sei, sondern vielmehr auch darauf, ob für eine allfällige einseitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitnehmerin ein rechtlich anerkannter Grund vorgelegen sei. Weiters solle der Anspruch auf Wochengeld auch dann nicht gegeben sein, wenn ein kurzfristiges Arbeitsverhältnis von der Arbeitnehmerin einfach gelöst werde, sobald sie die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Wochengeld erfüllt habe.

Der Fall einer Vereinbarung eines freiwilligen Karenzurlaubs gegen Entfall der Bezüge sei im Gesetz nicht geregelt. Da einerseits im Fall einer Karenzierung das Arbeitsverhältnis dem Grunde nach aufrecht bestehen bleibe und andererseits das Gesetz nur ganz bestimmte von der Mutter betriebene oder von ihr jedenfalls verschuldete Auflösungsarten pönalisieren wolle, lasse sich eine Rechtfertigung für die Verneinung des klägerischen Anspruchs nicht erkennen. Das Berufungsgericht schließe sich hiebei der Auffassung von Resch (in ZAS 1995, 73) an, wonach es sich bei dem Ausnahmekatalog um eine taxative Aufzählung handle, da der Gesetzgeber den erweiterten Schutz nur bei ganz bestimmten Vertragsauflösungsarten nicht gewähre, obwohl durchaus auch andere in Betracht kämen. Die Gewährleistung des Wochengeldanspruchs habe als Zielsetzung eine materielle Absicherung der Mutter und in der Folge auch jene des Kindes, der nur ganz bestimmte Auflösungsarten entgegenstünden. Im Fall der Klägerin liege eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vor; um so weniger könne diese von ihr verschuldet bzw eine Beschäftigung aus einem dieser Gründe nicht wieder aufgenommen worden sein. Der vom Erstgericht gezogene Analogieschluss zur anspruchsschädlichen Beendigungsart der einvernehmlichen Auflösung sei nicht zulässig. Dieses Ergebnis lasse sich auch aus den Folgen eines Mutterschaftsaustritts erklären. Der Gesetzgeber habe der Arbeitnehmerin die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch dann zukommen lassen wollen, wenn sie das Arbeitsverhältnis zwar von sich aus vorzeitig beendet habe, diese Auflösung aber berechtigt erfolgt sei. Damit durchaus vergleichbar sei eine Situation, in der eine Arbeitnehmerin ihr Arbeitsverhältnis nicht beende, sondern ihre Beschäftigung wegen einer neuerlichen Schwangerschaft - entgegen der ursprünglichen Absicht - nicht wieder aufnehme und mit ihrem Arbeitgeber eine freiwillige Karenzierung vereinbare. Die Nichtwiederaufnahme der Tätigkeit beruhe demnach auch nicht - wie vom Gesetzestext gefordert - auf „einem dieser Gründe" im Sinn des § 122 Abs 3 zweiter Satz ASVG.

Somit sei der Anspruch der Klägerin auf Wochengeld zu bejahen. Wegen des Fehlens von Feststellungen, aus denen die Höhe des Anspruchs berechnet werden könne, sei die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei im Hinblick darauf zulässig, dass höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob im Fall einer „freiwilligen Karenz" ein Wochengeldanspruch bestehe, nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der beklagten Partei aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des klagsabweisenden Ersturteils.

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Im Rekurs wiederholt die beklagte Partei ihren Standpunkt, dass die von der Klägerin gewollte Karenzierung des Arbeitsverhältnisses sozialversicherungsrechtlich einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen sei und hinsichtlich der Pflichtversicherung dieselben Folgen auslöse. Entscheidend sei die jeweils erforderliche Willensübereinstimmung, aus der die Vorwerfbarkeit des Handelns abzuleiten sei. Daher mangle es auch an der Vergleichbarkeit mit dem (dem berechtigten vorzeitigen Austritt nachempfundenen) Mutterschaftsaustritt, der der Arbeitnehmerin nach Maßgabe des § 15r MSchG zustehe und nicht der Zustimmung des Arbeitgebers bedürfe; in diesem Fall fehle die Vorwerfbarkeit gegenüber der Arbeitnehmerin. Der Textierung des § 122 Abs 3 ASVG sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber nur jene Frauen vom Schutzzweck der Norm erfassen wolle, denen es nicht möglich sei, den Anspruch auf Wochengeld aus einer bestehenden Pflichtversicherung zu wahren, weil sie entweder das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht abwenden könnten oder weil ein Austrittsgrund vorliege.

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.

1. § 122 ASVG regelt die Anspruchsberechtigung auf Leistungen aus der Krankenversicherung während der Dauer der Versicherung (Abs 1 lit a) und nach dem Ausscheiden aus der Versicherung (Abs 1 lit b und Abs 2). Nach Abs 3 sind über die Bestimmungen des Abs 2 hinaus die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch zu gewähren, wenn

- der Versicherungsfall nach dem Ende der Pflichtversicherung eintritt und

- der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls in den Zeitraum des Bestands der beendeten Pflichtversicherung fällt,

- die mindestens 13 Wochen bzw drei Kalendermonate ununterbrochen gedauert haben muss.

Fallen in diesen letztgenannten Zeitraum auch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Zeiten eines Leistungsbezugs aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft, so gelten solche Zeiten bei der Anwendung dieser Bestimmung als Zeiten der Pflichtversicherung. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Pflichtversicherung aufgrund einer einvernehmlichen Lösung des Arbeitsverhältnisses, einer Kündigung durch die Arbeitnehmerin, eines unberechtigten vorzeitigen Austritts oder einer verschuldeten Entlassung der Arbeitnehmerin geendet hat oder wenn die Arbeitnehmerin aus einem dieser Gründe unmittelbar im Anschluss an einen Zeitraum des Bezugs eines Karenzgeldes nach dem KGG ihre vorherige Beschäftigung nicht wieder aufgenommen hat.

2. Der von § 122 ASVG in Abs 1 lit a vorgesehene Regelfall ist also der, dass Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung (nur) während der Dauer der Versicherung besteht; ausnahmsweise wird der Versicherungsschutz auch auf die Zeit nach Ende der Versicherung ausgedehnt, wobei diese Ausdehnung wieder wegfällt, wenn das Arbeitsverhältnis, das die Pflichtversicherung begründet hatte, auf bestimmte Art beendet wird („wenn die Pflichtversicherung aufgrund ... geendet hat") oder die Beschäftigung im Anschluss an einen Karenzgeldbezug „aus einem dieser Gründe" nicht wieder aufgenommen wird. Der Bezug von Karenzgeld nach dem KGG ist nunmehr als Bezug von Kinderbetreuungsgeld nach dem KBGG zu verstehen.

3. Zur Gesetzesgenese:

3.1. Seine jetzige inhaltliche Gestalt erhielt § 122 Abs 3 Satz 1 und 2 ASVG mit der 50. ASVG-Novelle (BGBl 1991/676). Zuvor hatte Satz 2 in der Fassung des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes (BGBl 1990/408) gelautet: „Dies gilt jedoch nicht, wenn die Pflichtversicherung auf Grund einer Kündigung durch die Dienstnehmerin oder einer einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses geendet hat."

In den Gesetzesmaterialien (RV 284 BlgNR 18. GP 28 f) wird die Änderung von § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG durch die 50. ASVG-Novelle folgendermaßen begründet: „Andererseits hat es sich ebenso von der Vollzugspraxis her als erforderlich erwiesen, zur Vermeidung möglicher Zweifel die im zweiten Satz des § 122 Abs. 3 ASVG zum Ausdruck gebrachte Absicht des Gesetzgebers insoferne zu präzisieren, als dieser nicht nur den Fall einer formellen 'Kündigung' durch die Dienstnehmerin, sondern auch die anderen nunmehr angeführten Fälle im Auge gehabt hat, in denen eine Dienstnehmerin ihr Dienstverhältnis von sich aus beendet oder (nach einem Karenzurlaub) nicht wieder aufnimmt."

Zur Illustration ist noch anzuführen, dass der Satz 2 bis zum Inkrafttreten des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes (BGBl 1990/408) fehlte; § 122 Abs 3 ASVG lautete bis : „Über die Bestimmungen des Abs. 2 hinaus sind die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch zu gewähren, wenn der Versicherungsfall innerhalb von sechs Wochen nach dem Ende der Pflichtversicherung eintritt; tritt in dieser Zeit oder danach während der Zeit, für die Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft besteht, der Versicherungsfall der Krankheit ein, gebühren die Leistungen aus diesem Versicherungsfall."

3.2. Die Einführung „schädlicher Auflösungsarten" mit dem Karenzurlaubserweiterungsgesetz wird in den Gesetzesmaterialien (AB 1410 BlgNR 17. GP) damit begründet, dass die Pflichtversicherung bei Ablauf sachlich nicht gerechtfertigter befristeter Arbeitsverhältnisse während der Schwangerschaft weiterlaufen solle. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass dann, wenn die Arbeitnehmerin selbst das Arbeitsverhältnis durch Kündigung auflöst oder zu seiner Auflösung durch Herstellen des Einvernehmens mit dem Arbeitgeber beiträgt, die Pflichtversicherung nicht fortdauern sollte. Mit der 50. ASVG-Novelle wurde der Katalog um Auflösungsarten erweitert, die der Versicherten vorwerfbar sind (unberechtigter vorzeitiger Austritt, verschuldete Entlassung); beim „Mutterschaftsaustritt" handelt es sich nicht um eine „vorwerfbare" Beendigungsart.

3.3. In diesem Sinn hat auch der Oberste Gerichtshof in seinen Entscheidungen 10 ObS 133/06s und 10 ObS 189/06a die Erweiterung des Wochengeldanspruchs gemäß § 122 Abs 3 ASVG auf Mütter, die (ungefähr) zu Beginn der Schwangerschaft krankenversichert waren, damit erklärt, dass sie vor allem familienpolitischen Zielsetzungen dient. Es soll dadurch der Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch bei Ausscheiden der Dienstnehmerin aus dem Dienstverhältnis während der Schwangerschaft (befristetes Dienstverhältnis, Probedienstverhältnis usw) aufrechterhalten werden, sofern die Schwangerschaft während des Bestands der Pflichtversicherung eingetreten ist, und zwar unabhängig davon, wann die Pflichtversicherung endet.

4. In der einen Mutterschaftsaustritt betreffenden Entscheidung 10 ObS 101/94 (= SZ 67/176 = SSV-NF 8/99) hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, das es seit der 50. ASVG-Novelle bei der Auslegung des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG nicht mehr ausschließlich darauf ankommt, ob die Initiative zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitnehmerin ausgegangen ist, sondern vielmehr auch darauf, ob für diese einseitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitnehmerin ein rechtlich anerkannter Grund vorgelegen ist. Obiter verwies der Oberste Gerichtshof noch auf die Ansicht von Enzlberger (OLG Linz: Zwei Rechtsauffassungen zum erweiterten Anspruch auf Wochengeld, DRdA 1994, 183 [186]) und stimmte im Ergebnis auch der Meinung von Weiß (OLG Linz: Zum erweiterten Anspruch auf Wochengeld, DRdA 1994, 77 [79]) zu, „der aufzeigt, daß der Schutzzweck der Norm des § 122 Abs 3 ASVG im Sinne einer 'sozialen Rechtsanwendung' ganz allgemein zu einem äußerst vorsichtigen Umgang mit Analogien zu Lasten der Sozialversicherten zwinge".

5. Entscheidend ist die Rechtsfrage, ob die einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin herbeigeführte „freiwillige Karenzierung" des Arbeitsverhältnisses unter den im Gesetz (§ 122 Abs 3 Satz 2 ASVG) folgendermaßen beschriebenen Ausnahmetatbestand fällt: „oder wenn die Dienstnehmerin aus einem dieser Gründe unmittelbar im Anschluss an einen Zeitraum des Bezuges eines Karenzgeldes nach dem KGG ihre vorherige Beschäftigung nicht wieder aufgenommen hat".

Ebenso wie zuvor Enzlberger (DRdA 1994, 186) folgert Resch in einem Besprechungsaufsatz zu der Entscheidung 10 ObS 101/94 (Zum erweiterten Anspruch auf Wochengeld gemäß § 122 Abs 3 ASVG,ZAS 1995, 73) aus dem Regelungszusammenhang, dass der Ausnahmekatalog der schädlichen Auflösungsarten als taxative Aufzählung zu beurteilen sei; gemeinsam sei ihnen, dass die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis ohne besonderen Grund von sich aus beendet oder nach dem Ende des Karenzgeldbezugs nicht wieder aufgenommen habe. Auch der in den (oben bereits erwähnten) Gesetzesmaterialien dokumentierte Anlass für die Neuregelung spreche für eine taxative Aufzählung. Das ändert aber nichts daran, dass § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG hinsichtlich der Auflösungsarten offensichtlich unvollständig ist, worauf auch in der Literatur schon hingewiesen wurde (Resch, ZAS 2005, 74).

5.1. Für den vorliegenden Fall ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber in § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG zwei verschiedene Fälle regelt, in denen der Leistungsanspruch wegfallen soll. Im ersten Fall fällt die Ausdehnung des Versicherungsschutzes weg, wenn das Arbeitsverhältnis, das die Pflichtversicherung begründet hatte, auf bestimmte Art beendet wird. Das Gemeinsame der genannten „schädlichen" Auflösungsarten liegt darin, dass die Auflösung der Arbeitnehmerin zuzurechnen ist (unberechtigter vorzeitiger Austritt, verschuldete Entlassung, Kündigung durch die Arbeitnehmerin) oder sie daran durch Herstellung des Einvernehmens mit dem Arbeitgeber über die Auflösung daran mitwirkt. Umgekehrt bleibt bei einer nicht der Versicherten zuzurechnenden Auflösung die Anspruchsberechtigung aus der Krankenversicherung aufrecht.

5.2. Im zweiten Fall wird die Beschäftigung „aus einem dieser Gründe" nicht wieder aufgenommen. Da die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bereits in der ersten Alternative geregelt ist, muss die Wortfolge „aus einem dieser Gründe" in der zweiten Alternative im Sinne von Fällen interpretiert werden, in denen das Arbeitsverhältnis zwar nicht aufgelöst, aber eine insoweit vergleichbare Konstellation vorliegt, als aufgrund eines der Versicherten zuzurechnenden Verhaltens der an sich ausnahmsweise gegebene Leistungsanspruch doch wieder wegfällt. Der Gesetzgeber geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass sich die Versicherte den eigenen Leistungsanspruch erhält, wenn sie ihre vorherige Beschäftigung unmittelbar nach Ende des Kinderbetreuungsgeldbezugs wieder aufnimmt. Setzt die Versicherte dagegen das vorgegebene Verhalten nicht, etwa weil das Arbeitsverhältnis (auf welchen Zeitraum immer) einvernehmlich karenziert wird und sie aus diesem Grund die vorherige Beschäftigung nicht unmittelbar wieder aufnimmt, ist der ausnahmsweise Leistungsanspruch doch nicht gegeben.

6. Da die Anspruchsberechtigung der Klägerin auf Wochengeld zu verneinen ist, kann zufolge Spruchreife gleich in der Sache selbst im Sinne einer Wiederherstellung des klagsabweisenden Ersturteils erkannt werden (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.