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VfGH vom 21.09.2010, B1368/08

VfGH vom 21.09.2010, B1368/08

19145

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal in einem Dienstrechtsverfahren eines Finanzbeamten betreffend eine Versetzung

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer steht als Team-Experte-Prüfer in

einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war dem Standort Rohrbach des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr zur Dienstverrichtung zugewiesen.

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, über einen längeren Zeitraum wiederholt gegen Dienstanweisungen, Erlässe und gegen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung verstoßen sowie mündlichen und schriftlichen Weisungen seines unmittelbar vorgesetzten Teamleiters zuwider gehandelt zu haben; der Beschwerdeführer habe dadurch gegen die Dienstpflichten des Beamten gemäß § 43 Abs 1 und § 44 Abs 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979 verstoßen und damit schuldhaft Dienstpflichtverletzungen iSd § 91 BDG 1979 begangen. Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 126 Abs 2 iVm § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von € 500,-- verhängt. Dieses Disziplinarerkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom wurde der Beschwerdeführer von der Absicht in Kenntnis gesetzt, ihn zum Standort Linz des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr zu versetzen, und wurde dem Beschwerdeführer freigestellt, innerhalb von zwei Wochen allfällige Einwendungen vorzubringen. Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer gegen die geplante Maßnahme Einwendungen.

In weiterer Folge erging ein an den Beschwerdeführer gerichteter, mit datierter Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, in dem Folgendes verfügt wird:

"A) Sie werden gemäß § 38 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, von Amts wegen aus wichtigem dienstlichem Interesse mit Wirksamkeit vom zum Linzer Standort des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr versetzt.

B) Gemäß § 38 Abs 7 BDG 1979 wird festgestellt, dass Sie die für die Versetzung maßgebenden Gründe nach § 141a BDG 1979 zu vertreten haben."

2. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt (in der Folge: Berufungskommission) vom gemäß § 38 Abs 2 und § 38 Abs 3 Z 4 BDG 1979 abgewiesen.

Begründend wird dazu iW Folgendes ausgeführt:

"Nach § 38 Abs 2 BDG ist die Versetzung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt nach § 38 Abs 3 Z 4 BDG insbesondere dann vor, wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

Mit Ausnahme des Sonderfalles des § 38 Abs 3 Z 4 BDG, der vom Vorliegen einer rechtskräftig verhängten Disziplinarstrafe ausgeht, gibt es keine Bindung der im Versetzungsverfahren zur Entscheidung berufenen Behörde an Entscheidungen der Disziplinarbehörden. Dies ergibt sich zwangsläufig aus den ganz verschiedenen Zielsetzungen dieser beiden Verfahren. Im Versetzungsverfahren spielt die Frage des Verschuldens nur eine untergeordnete Rolle, zentral ist hier das Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes. Eine allfällige Versetzung ist somit nicht als weitere Strafe zu sehen, sondern als objektiv notwendige Maßnahme zur Sicherstellung eines geordneten Dienstbetriebes (vgl. BerK , GZ 148/9-BK/05, u.a.).

Bei Heranziehung des § 38 Abs 3 Z 4 BDG zur Stützung des wichtigen dienstlichen Interesses an einer Versetzung ist die Dienstbehörde an den im rechtskräftigen Disziplinarerkenntnis festgestellten Sachverhalt und an die Qualifikation dieses Sachverhaltes als Dienstpflichtverletzung gebunden.

Unbestritten ist, dass über den BW [Berufungswerber; Beschwerdeführer im verfassungsgerichtlichen Verfahren] eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und damit der Tatbestand des § 38 Abs 3 Z 4, erster Halbsatz BDG erfüllt ist. Die Dienstbehörde hat nachvollziehbar dargelegt, warum sie an der Versetzung des BW ein wichtiges dienstliches Interesse erblickt und insbesondere wegen der Art und Schwere der vom BW begangenen Dienstpflichtverletzung eine Belassung des Beamten in der Dienststelle als nicht vertretbar erachtet. Dabei konnte sich die Dienstbehörde auf den von der Disziplinarbehörde festgestellten Sachverhalt stützen.

Dieser stellt sich - auf Grundlage des Disziplinarerkenntnisses vom - folgendermaßen dar:

Der BW hat demnach

im Fall 1 im Mai 2006 die Nachschau ohne Wissen des Teamleiters selbst im BP 2000 angelegt und approbiert und dadurch Abschnitt 7.2.5 der Dienstanweisung Betriebsprüfung (DBP) verletzt, wonach eine Nachschau nur von Oberbehörden, vom Vorstand, vom Leiter/Abteilungsleiter oder Gruppenleiter (bzw. Teamleiter) angeordnet werden kann;


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den Nachschauauftrag vom selbst unterschrieben und dadurch gegen die in der Teambesprechung vom mit Hinweis auf Anlage 4 des Genehmigungserlasses des ergangene Weisung, wonach eine Unterschrift des Teamleiters auf allen Prüfungsaufträgen, Erhebungsaufträgen, Nachschauaufträgen und sonstigen Aufträgen zu Außendienst-Handlungen erforderlich sei, verstoßen;


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im Fall 2 im November 2006 den Prüfungsauftrag sowie die Ausdehnung des Prüfungszeitraumes dem Teamleiter nicht zur Unterschrift vorgelegt und dadurch gegen § 96 BAO und gegen den Genehmigungserlass des verstoßen;


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am den Fall entgegen Abschnitt 5.1(1) und (3) DBP ohne rechtzeitige Information des Teamleiters, ohne Besprechung der Prüfungsfeststellungen und ohne Zustimmung des Teamleiters allein abgeschlossen und den Teamleiter erst über dessen Nachfrage am vom erfolgten Abschluss informiert;


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keine Schlussbesprechung im Sinne des § 149 BAO abgehalten, obwohl weder eine eigenhändig unterfertigte Verzichtserklärung des Abgabepflichtigen oder seines Vertreters noch sonstige Gründe gemäß § 149 Abs 2 BAO für den Entfall der Schlussbesprechung vorgelegen sind;


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die Fertigstellung des Berichts und die Eingabe in die Direktbearbeitung erst am erledigt, die Freigabe der Direktbearbeitung erst am vorgenommen, den Bericht samt Arbeitsbogen dem Teamleiter erst am zur Genehmigung weitergeleitet und dadurch gegen Abschnitt 5.8.1(5) DBP verstoßen, wonach nach Abschluss der Prüfungshandlungen der BP-Bericht ohne unnötigen Aufschub zu verfassen ist;


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im 3. Fall näher genannte Prüfungen im Oktober 2006 mit nicht unterschriebenen Prüfungsaufträgen durchgeführt und dadurch gegen § 96 BAO und gegen den Genehmigungserlass des verstoßen;


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im 4. und 5. Fall die mittels Mail erfolgte Weisung des Teamleiters vom , die beiden Fälle bis spätestens mit Bericht sowie edv-mäßig abzuschließen und alle fünf verbleibenden Arbeitstage bis zum im notwendigen Ausmaß dafür zu verwenden, nicht befolgt;

und im 5. Fall zusätzlich am die mittels Mail von

12.26 Uhr erfolgte Weisung des Teamleiters, für den Abschluss im

BP 2000 noch fehlende... Eintragungen hinsichtlich

Prüfsoftware-Daten, Falltage... und Einbringlichkeit des


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Mehrergebnisses bis 14.00 Uhr vorzunehmen oder die fehlenden Daten dem Teamleiter mitzuteilen, nicht befolgt;


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hinsichtlich Wochendienstplan im Jänner 2007 mehrfach den Weisungen des Teamleiters keine Beachtung geschenkt, die gewünschten Eintragungen vorzunehmen;


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hinsichtlich der Nachbescheidkontrolle die schriftliche Weisung seines Teamleiters vom nicht befolgt, zehn in der Weisung angeführte Fälle bis spätestens elektronisch in Bearbeitung zu nehmen[,] sowie in zwei weiteren Fällen die Nachbescheidkontrolle entgegen der ausdrücklichen Weisung des Teamleiters ohne elektronischen Vermerk storniert.

Die Dienstbehörde gründete ihre Entscheidung auf die vom BW gesetzten Verhaltensweisen, deren Folgen, nämlich die zwischen dem BW und seinen Vorgesetzten entstandenen Konflikte und Spannungen, für einen auf Kooperation basierenden Dienstbetrieb und der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben abträglich sind. Im Vordergrund der für diese Personalmaßnahme entscheidenden Überlegungen der Bescheidbehörde standen die dienstlichen Interessen. Diese dienstlichen Interessen bestehen insbesondere in der Erhaltung eines rechtmäßigen, aber auch möglichst reibungslosen Dienstbetriebes. Resultieren die Konflikte und Spannungen aus unrechtmäßigen Handlungen, eben aus Dienstpflichtverletzungen eines Bediensteten, so ist der für die unrechtmäßigen Handlungen verantwortliche Bedienstete zu versetzen.

Zwar versucht der BW[,] die Vorwürfe seines fortgesetzten schwer wiegenden Fehlverhaltens mit Gegenbehauptungen zu entkräften oder abzuschwächen, diese vermögen allerdings die bereits gesicherten Beweisergebnisse des Disziplinarverfahrens, an die die Dienstbehörde gebunden ist, nicht zu erschüttern.

Der Frage, ob sich der Antragsteller vorsätzlich über bestehende Weisung[en] hinweggesetzt hat oder ob er unfähig war, die Weisungslage zu erkennen und sich ihr gemäß zu verhalten, kommt für die Frage der Versetzung keine entscheidende Bedeutung zu. In beiden Fällen steht das Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes im Zentrum und ist die Dienstbehörde gefordert, Vorsorge zu treffen, dass erteilte Weisungen auch befolgt werden. Eine allfällige Versetzung ist daher auch hier nicht als weitere Strafe zu sehen, sondern als objektiv notwendige Maßnahme zur Sicherstellung eines funktionierenden öffentlichen Dienstes. Das wichtige dienstliche Interesse wird durch die Art und Schwere der Dienstpflichtverletzungen und die daraus resultierende Störung des geordneten Dienstbetriebes bestimmt.

Die Berufungskommission teilt die Auffassung der Dienstbehörde, dass dem BW, insbesondere aufgrund der niederschriftlich festgehaltenen Ermahnung durch den Vorstand im August 2006, unter gleichzeitigem Hinweis auf die disziplinären Folgen seines Verhaltens, bewusst sein hätte müssen, dass schriftlichen Dienstanweisungen wie auch den mündlichen Weisungen des zuständigen Teamleiters zu entsprechen ist. Der BW bestreitet dies auch gar nicht[,] sondern räumt ein, dass ihm die genauen Regelungen nicht bewusst gewesen [seien], ihm Hinweise entgangen bzw. er diese nicht in gewünschter Weise registriert habe. Er rechtfertigt seine vom geltenden Rechts- und Regelungsbestand abweichende Handlungsweise mehrfach mit dem in 20-jähriger Berufserfahrung angesammelten Wissen, leitet dann aber aus dem Wegfall einer einzelnen Linie auf dem Formular 'Prüfungsaufträge' in nicht nachvollziehbarer Weise ab, dass diese ohne nähere Anweisung nicht mehr unterschrieben würden, was jedwede Dienstaufsicht und Kommunikation mit dem Vorgesetzten erschweren bis unmöglich machen würde.

Die fortgesetzte Nichtbefolgung der Weisungen des Teamleiters hat das Verhältnis zu den Vorgesetzten zunehmend beeinträchtigt. Als Folge der Weigerung, den Wochendienstplan weisungsgemäß zu führen, wusste der Teamleiter weder, wo sich der BW im Außendienst befand, noch[,] wieweit ein Prüfungsverfahren gediehen [ist] und welche Feststellungen getroffen wurden, darüber hinaus schloss der BW Prüfungsfälle ohne Bericht an den Teamleiter und ohne dessen Ermächtigung ab. Dies sind typische, allerdings nicht tolerierbare Verhaltensmuster, um sich der Dienstaufsicht so weit als möglich zu entziehen.

Trotz mehrmaliger Hinweise durch den Teamleiter hat der BW fortgesetzt Informationen zu Prüfungsfeststellungen weder den

Geprüften oder deren Steuerberatern ... noch seinem Vorgesetzten

weisungsgemäß, nämlich zeitgerecht, verfügbar gemacht ... sowie die

notwendige Klärung von Sachverhalten unterlassen. Selbst noch nach der Erstattung der Disziplinaranzeige hat der BW weiterhin Prüfungsfeststellungen dem betroffenen Personenkreis verspätet bekannt gegeben und mehrfach unter bewusster Verletzung der Dienstanweisung und Umgehung des Teamleiters den [bundesweiten] Fachbereich kontaktiert, offenkundig in der Absicht, diesen fachlich bloßzustellen.

Der BW gesteht hinsichtlich seiner Verfehlungen zwar teilweise Unkenntnis und Versäumnisse ein und gibt sich in der Berufungsschrift einsichtig, versucht aber, diese Verfehlungen gleichzeitig damit zu rechtfertigen, dass auch seine Teamkollegen in gleicher Weise verfahren würden und dass weisungskonformes Verhalten zu keinen anderen Ergebnissen geführt hätte. Damit bleibt aber das Faktum der Dienstpflichtverletzungen bestehen.

Die in dieser Beziehung fehlende Einsichtigkeit und mangelnde Teamfähigkeit wird ua deutlich, wenn der BW die Weigerung, die ihm zugeteilten Nachkontrollfälle sofort zu erledigen, im Folgemonat mit der doppelten Anzahl als Wiedergutmachung kompensierte, dies allerdings dann als seine besondere Leistung im Vergleich zu den anderen Betriebsprüfern mit dem 'Verzicht' auf die Eintragung von Sondertagen hervorhebt.

Des Weiteren hat der BW schon beim Teamstart durch seine Beiträge Spannungen verursacht und auch einen zusätzlichen Teamentwicklungs-Workshop laut Schlusskommentar des externen Moderators zum Scheitern gebracht. Neuerlich bestätigt wurde das Vorhandensein untragbarer Spannungen im Rahmen einer Besprechung des acht Personen umfassenden BV 22 Teams, in welcher nur 13% eine neuerliche Zusammenarbeit für möglich hielten, 25% dem neutral gegenüber standen und 62% keine Meinung äußern wollten, da sie für den Fall negativer Äußerung Repressalien und persönliche Verfolgung durch den BW fürchten müssten. Diese Befürchtungen erscheinen angesichts des Faktums, dass der BW nach Erstattung der Disziplinaranzeige seinerseits gegen den Teamleiter Anzeige beim Büro für Interne Angelegenheiten wegen des Verdachts von Disziplinarvergehen erstattete, nicht unberechtigt. Die in diesem Zusammenhang getätigten umfangreichen Erhebungen wurden eingestellt. Auch gegen den früheren Teamleiter ist der BW in vergleichbarer Weise vorgegangen.

Aus dem oben dargestellten Verhalten des BW kann aber ohne Zweifel der Eintritt des - objektiv nachvollziehbaren - Vertrauensverlustes des Vorgesetzten und das für eine Versetzung notwendige Abzugsinteresse von der Dienststelle abgeleitet werden.

Der BW macht unter dem Aspekt der schonendsten Variante geltend, er habe eine Versetzung (wohl: Verwendungsänderung) in das AV oder [IC]-Team in Rohrbach angestrebt, um nicht nach Linz pendeln zu müssen. Dem Erfolg dieses Einwandes steht aber der Umstand entgegen, dass Betriebsprüfer (wie der BW) nach Funktionsstufe A2/3, Teamexperten in AV und [IC]-Teams hingegen nach Funktionsstufe A2/2 entlohnt werden. Die genannten Positionen sind daher - im Gegensatz zum Arbeitsplatz, auf den der BW versetzt wurde - dem alten Arbeitsplatz des BW nicht gleichwertig. Eine schonendere Variante für den BW ist darin nicht zu erblicken.

Dazu kommt der Umstand, dass das Abzugsinteresse wegen des Verhaltens des BW vor dem Hintergrund der oben dargestellten, über die Person des Vorgesetzten hinausgehenden Spannungen einer anderen Verwendung an der Dienststelle in Rohrbach entgegen steht, sodass es nicht als rechtswidrig erkannt werden kann, wenn die Dienstbehörde von dieser Möglichkeit der Verwendungsänderung keinen Gebrauch machte.

Der BW beklagt als außergewöhnliche Härte, dass nur vom Standort Rohrbach aus Fahrzeiten als Dienstzeiten gelten und Fahrtkosten ersetzt würden, was hingegen bei einer Versetzung nach Linz nicht der Fall sei. Insoweit der BW damit auf Bestimmungen der RGV Bezug nimmt, ist er darauf hinzuweisen, dass diese Gebühren nur der Abdeckung der durch die Dienstreise verursachten Kosten dienen, aber keine Einkommensquelle darstellen. Einen besonderen und außergewöhnlichen Nachteil macht der BW daher mit diesem Hinweis nicht geltend; im Übrigen wird auf § 16 Abs 5 RGV verwiesen.

Zu den sonstigen Einwendungen des BW hinsichtlich der außergewöhnlichen Härte, nach Linz pendeln zu müssen, ist auszuführen:

Gemäß § 38 Abs 4 BDG ist in jenem Fall, in dem über einen Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung seine Belassung in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint, eine Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen auch dann zulässig, wenn sie für ihn einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde (siehe BerK , GZ 4/7-BK/99). Ein näheres Eingehen auf die Argumentation des BW, wonach es eine außergewöhnliche Härte sei, nach Linz pendeln zu müssen[,] und sachlich nicht begründet werden könne, erübrigt sich daher.

Der BW hat eine mündliche Verhandlung vor der Berufungskommission verlangt. Wie dargestellt, war angesichts des rechtskräftigen Disziplinarerkenntnisses der Sachverhalt in einer die Berufungskommission bindenden Weise geklärt, sodass es sich bei der vorliegenden Entscheidung im Wesentlichen um die Klärung von Rechtsfragen handelte. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben (vgl. zur Vereinbarkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung mit den Anforderungen des Art 6 EMRK, wenn das Verfahren nur rechtliche Fragen betrifft, das Urteil des EGMR vom , Zl. 68086/01, Hofbauer gg. Österreich, unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung)."

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren, "insbesondere auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal", behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Der Beschwerdeführer bringt dazu iW Folgendes vor:

"In meiner Berufung an die Berufungskommission beantragte ich ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die belangte Behörde führte keine mündliche Verhandlung mit der Begründung durch, dass angesichts des rechtskräftigen Disziplinarerkenntnisses der Sachverhalt in einer die Berufungskommission bindenden Weise geklärt gewesen wäre, sodass es sich bei der angefochtenen Entscheidung der belangten Behörde 'im Wesentlichen' um die Klärung von Rechtsfragen handelte. Deshalb habe die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben können.

Es trifft zwar zu, dass die rechtskräftige disziplinarbehördliche Verurteilung im vorliegenden Verfahren Bindungswirkung über das im Spruch festgestellte Verhalten sowie über die hiefür verhängte disziplinarrechtliche Sanktion entfaltet. Ungeachtet dessen treffen die Vorinstanzen in dem gegenständlichen Versetzungsverfahren wesentliche zusätzliche Feststellungen, die als Begründung für meine Versetzung ins Treffen geführt wurden. Insbesondere stellt schon die Erstbehörde ohne jegliche

Beweisaufnahme fest, dass das Verhältnis zu... meinem Vorgesetzten

derart erschüttert und die Wahrnehmung der Dienstaufsicht durch diesen praktisch unmöglich gewesen sei. Der Teamleiter hätte weder gewusst, wo ich mich im Außendienst befinde, noch wie weit ein Prüfungsverfahren gediegen sei und welche Feststellungen getroffen worden seien. Meine Verfehlungen hätten zu einer Burn-Out-Erkrankung des Teamleiters im zweiten Halbjahr 2007 beigetragen. Im Rahmen von psychotherapeutischen Sitzungen hätte der Teamleiter erkannt, dass eine weitere Zusammenarbeit mit mir im Team ohne gesundheitliche Schäden für ihn nicht möglich sei, wodurch auch eine Weiterbelassung im Dienstort Rohrbach nicht mehr möglich gewesen wäre. Aus diesem Grund sei ich bereits mit auf die Dauer von sechs Monaten der Steuerfahndung, Fahndungsteam Linz, dienstzugeteilt worden. Gegen mich ins Treffen geführt wird auch, ohne jegliche formale Beweisaufnahme in einer mündlichen Verhandlung, dass von Unternehmen oft Beschwerden über mich eingelangt seien und zwei Unternehmen diesbezüglich eine Dienstaufsichtsbeschwerde angekündigt hätten. Nähere Substanziierungen zu diesem Vorwurf enthält weder der

Bescheid der Erstbehörde ... noch jener der Berufungskommission.

Schließlich legt mir die Erstbehörde sachverhaltsmäßig ergänzend zum Spruch des Disziplinarerkenntnisses zur Last, dass es in den letzten Jahren immer wieder zu untragbaren Spannungsverhältnissen im Betriebsveranlagungsteam des Standortes Rohrbach gekommen sei. Durch eine Intervention meiner Person im Rahmen eines Teamstarts anlässlich der Pilotierung der Finanzreform wäre diese Veranstaltung gescheitert und das Team hätte sich in zwei Gruppen gespaltet. Ein weiterer Teamentwicklungs-Workshop wäre ebenfalls gescheitert. Im Juli 2007 hätte das Betriebsveranlagungsteam des Standortes Rohrbach um Unterstützung und Besprechung der Situation gemeinsam mit der Personalvertretung ersucht. Aus dieser Besprechung hätte sich ergeben, dass mein Verbleib am Standort Rohrbach nicht mehr tragbar sei, da dies zu unüberbrückbaren Spannungen im Team führe. Ferner trifft schon die Erstbehörde Feststellungen zur Frage der Zumutbarkeit der Versetzung und trifft daher Feststellungen zu § 38 Abs 4 BDG, wonach bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von amtswegen die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen sind.

Die belangte Behörde stützt ihren Bescheid ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf diese ergänzenden 'Feststellungen' des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr. Zum Thema Spannungen führt die belangte Behörde ergänzend ins Treffen, dass bei einem Teamentwicklungs-Workshop quasi eine Abstimmung über meinen Verbleib am Standort Rohrbach durchgeführt worden sei. Dabei habe sich das Vorhandensein untragbarer Spannungen bestätigt, weil nur 13% eine neuerliche Zusammenarbeit für möglich hielten, 25% dem neutral gegenüber standen und 62% keine Meinung äußern wollten, 'da sie für den Fall negativer Äußerungen Repressalien und persönliche Verfolgung' durch mich fürchten müssten. Diese Befürchtungen erscheinen nach der belangten Behörde angesichts des Faktums, dass ich nach Erstattung der Disziplinaranzeige meinerseits gegen den Teamleiter Anzeige beim Büro für interne Angelegenheiten wegen des Verdachtes von Disziplinarvergehen erstattet habe, nicht unberechtigt. Die in diesem Zusammenhang getätigten umfangreichen Erhebungen seien eingestellt worden. Auch gegen den früheren Teamleiter sei ich in vergleichbarer Weise vorgegangen.

Letztlich schließt die belangte Behörde, dass aus dem dargestellten Verhalten meiner Person der Eintritt des Vertrauensverlustes des Vorgesetzten und das für eine Versetzung notwendige Abzugsinteresse abgeleitet werden könne.

Es zeigt sich daher, dass keineswegs allein der Spruch des Disziplinarerkenntnisses vom maßgeblich für meine Versetzung nach Linz war, sondern vielmehr die nachhaltige Intervention meines Vorgesetzten, des Teamleiters, dazu geführt haben muss, dass zunächst ein Disziplinarverfahren gegen mich eingeleitet wurde und basierend darauf das Versetzungsverfahren zustande kam. Es wird mir in den Bescheiden der Vorinstanzen ohne ersichtliche Beweisgrundlage vorgeworfen, dass sich Steuerberater und Unternehmen über mich beschwert hätten, ohne dass genau dargelegt wird, welche Steuerberater und Unternehmen sich beschwert hätten und ob diese Beschwerden in den konkreten Einzelfällen auch tatsächlich gerechtfertigt waren. Ohne Beweisgrundlage wird mir ferner vorgeworfen, ich sei für das Burn-Out-Syndrom des Teamleiters verantwortlich. Die Kampagne gegen mich gipfelt im angefochtenen Bescheid darin, dass eine Befragung meines Teams gegen mich ins Treffen geführt wird, wobei immerhin bemerkenswert ist, dass sich keine einzige Person explizit gegen meinen Verbleib am Standort Rohrbach ausgesprochen hat.

All diese, für mich negativen Feststellungen hätte ich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor der Berufungskommission als Tribunal entkräften können. Ich hätte unter Beweis stellen können, dass die mir disziplinarrechtlich zur Last gelegten Fakten den geordneten Dienstbetrieb nicht beeinträchtigt haben. Ich hätte die Möglichkeit gehabt, eine persönliche Befragung meines Teamleiters zu beantragen. Es wäre mir auch die Möglichkeit offen gestanden zum Beweise dafür, dass das behauptete Burn-Out-Syndrom meines Teamleiters keineswegs auf meinem Verhalten beruht, sondern vielmehr private Gründe ausschlaggebend sind. Insgesamt hätte ich ihm Rahmen einer mündlichen Verhandlung die Berufungskommission davon überzeugen können, dass meine Belassung in der Dienststelle Rohrbach sehr wohl vertretbar ist. Die belangte Behörde hat ferner verkannt, dass zwar eine Versetzung nach Vorliegen einer rechtskräftigen Disziplinarstrafe nicht unzulässig ist, auch wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeutet, aber auch bei Vorliegen einer rechtskräftigen disziplinarrechtlichen Verurteilung gemäß dem § 38 Abs 4 BDG bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von amtswegen die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen sind. Es stimmt daher nicht, dass sich ein näheres Eingehen auf meine Argumentation erübrigt, dass es für mich eine außergewöhnliche Härte darstellt, nach Linz pendeln zu müssen. Tatsache ist, dass ich sogar einer Verwendungsänderung und einem Teamwechsel freiwillig zugestimmt habe, um meinen Verbleib im Standort Rohrbach zu sichern. Die als wesentlich für die Versetzung ins Treffen geführten Spannungen mit dem Teamleiter wären damit weggefallen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass meine Versetzung an den Standort Linz eine reine Strafsanktion gegen mich darstellt, für die ein wichtiges dienstliches Interesse nicht in erster Linie maßgeblich ist. Die Art und Schwere der von mir begangenen Dienstpflichtverletzung lässt meine Belassung in der Dienststelle durchaus vertretbar erscheinen, insbesondere in Anbetracht der massiven Härte, die für mich persönlich durch die Versetzung herbeigeführt wird. Fakt ist, dass es zu Spannungen mit meinem Teamleiter gekommen ist, die sich auch im Disziplinarerkenntnis vom manifestiert haben. Warum jedoch, abgesehen von einem Wechsel des Vorgesetzten, meine Versetzung an eine andere Dienststelle zwingend erforderlich gewesen sei, ist sachlich und rechtlich nicht nachvollziehbar. Hätte mir die belangte Behörde im Rahmen eines fairen Verfahrens gemäß dem Artikel 6 EMRK Gelegenheit gegeben, alle meine Argumente auch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung darzulegen und entsprechende Beweisanträge zu stellen, so hätte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Versetzung aufgehoben wird. Den Verfahrensgarantien des Artikel 6 EMRK durch ein Tribunal wird nur dann entsprochen, wenn dieses über volle Kognitionsbefugnis sowohl im Tatsachen- als auch im Rechtsfragenbereich verfügt. Da dem Verfassungsgerichtshof im Gegensatz zur Berufungskommission keine volle Kognitionsbefugnis im Tatsachen...bereich zukommt, muss die Verfahrensgarantie der mündlichen Verhandlung von der [gemeint wohl: Berufungs]kommission erfüllt werden. Ich habe die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der [gemeint wohl: Berufungs]kommission ausdrücklich beantragt.

Ich wurde daher in meinem Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal gemäß Artikel 6 EMRK verletzt (vgl. )."

Die Berufungskommission als die im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt und u.a. Folgendes vorbringt:

"Das Gesetz sieht keine Verpflichtung der Berufungskommission zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor. Die Berufungskommission hat sich mit dem Antrag des Bf [Beschwerdeführers] auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung befasst und im angefochtenen Bescheid die Ansicht vertreten, dass angesichts des rechtskräftigen Disziplinarerkenntnisses der Sachverhalt in einer die Berufungskommission bindenden Weise geklärt erschien, sodass es sich bei der vorliegenden Entscheidung im Wesentlichen um die Klärung von Rechtsfragen handelte. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben

...

Im vorliegenden Fall war die Berufungskommission an die im Rahmen des rechtskräftigen Disziplinarerkenntnisses festgestellten Sachverhalte gebunden. Schon das darin zu Tage tretende Verhalten des Bf reichte aber als Rechtfertigung für die Versetzung des Bf aus. Angesichts dessen war das Vorbringen des Bf nach Auffassung der Berufungskommission nicht geeignet, neue Tatsachen- oder Rechtsfragen von einer solchen Art aufzuwerfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung gerechtfertigt oder erforderlich gemacht hätte..., weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt im Disziplinarverfahren - vom Bf unbestritten - bereits in bindender Weise geklärt worden war.

[Dem] weiteren Einwand, die Berufungskommission habe ihre Entscheidung nicht auf das Disziplinarerkenntnis, sondern ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf ergänzende Feststellungen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr gestützt, ist entgegenzuhalten, dass die Entscheidung der Dienstbehörde unbestreitbar auf den Tatsachenfeststellungen im Disziplinarerkenntnis beruht und dies im bekämpften Bescheid auch entsprechend dargetan wird.

Der [Beschwerdeführer] hat auch im Versetzungsverfahren vor der Dienstbehörde und in seiner Berufung umfangreiche Einwendungen erstattet, welche jedoch im Ergebnis darauf abzielten, dass er keine Dienstpflichtverletzungen begangen habe. Sowohl die den Bescheid erlassende Behörde wie auch die BerK sind - wiewohl dies in Hinblick auf die Bindungswirkung des Disziplinarerkenntnisses nicht notwendig gewesen wäre - auf diese Einwendungen des [Beschwerdeführers] eingegangen, ohne allerdings ihre Entscheidung tragend darauf zu stützen. Diese gründet sich vielmehr maßgeblich auf die in bindender Weise durch das rechtskräftig abgeschlossene Disziplinarverfahren festgestellten Sachverhalte.

Unstrittig ist das Disziplinarerkenntnis in Rechtskraft

erwachsen. Die ... Einwendung, man habe seinem ausdrücklichen Antrag

auf mündliche Verhandlung ... nicht entsprochen und ihn damit in

seinem gemäß Artikel 6 EMRK garantierten Recht verletzt, ist infolge der Rechtskraft des Disziplinarerkenntnisses ohne jegliche rechtliche Relevanz."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. § 38 BDG 1979, BGBl. 333 idF BGBl. I 123/1998, lautet - auszugsweise - wie folgt:

"Versetzung

§38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

...

4. wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist - ausgenommen in den

Fällen des Abs 3 Z 4 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend

vom Abs 3 Z 4 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist - unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.

(5) ...

(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Berufung gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.

(8) ..."

1.2. Zu Folge der dem § 38 BDG 1979 zu Grunde liegenden Gesetzesmaterialien (Erläut. zur RV 1577 BlgNR 18. GP, 157)

"wird im Hinblick auf ... [die] der Berufungskommission in

letzter Instanz obliegenden Auslegung und Prüfung des unbestimmten

Rechtsbegriffes des 'wichtigen dienstlichen Interesses' ... eine

demonstrative Aufzählung der wichtigsten, ein 'wichtiges dienstliches Interesse' begründenden Anlaßfälle für Versetzungen aufgenommen.

...

Mit der Anführung des Versetzungsfalles nach Abs 3 Z 4 soll zum Ausdruck gebracht werden, daß auch Dienstpflichtverletzungen ein wichtiges Interesse an der Versetzung eines Beamten begründen können.

... [Es] soll die Art und Schwere der begangenen Pflichtverletzung im

Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben solches Gewicht haben, daß der Verbleib in der bisherigen Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

Im Fall des Abs 3 Z 4 wird das Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses unter anderem an die rechtskräftige Verhängung einer Disziplinarstrafe geknüpft. Dazu wird bemerkt, daß es sich bei der Aufzählung der ein wichtiges dienstliches Interesse begründenden Anlaßfälle im Abs 3 um eine beispielhafte Aufzählung handelt. ...

Als weitere Beispiele im Sinne dieser Bestimmung sind zu nennen: 'Untragbare Spannungsverhältnisse unter den Bediensteten der

Dienststelle', ... 'anmaßendes und unkooperatives Verhalten', ...

'andere schwere Störungen des Arbeitsklimas' oder der Vertrauensentzug durch den Vorgesetzten als Folge des Schlusses, daß bei einem Beamten der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der durch die Rechtsordnung vorgezeichneten Aufgaben nicht oder nicht mehr gegeben sind."

2. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem gemäß Art 6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren verletzt, weil die Berufungskommission trotz ausdrücklichen Antrages des Beschwerdeführers keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, die Dienstbehörde und die Berufungskommission für die Versetzung des Beschwerdeführers jedoch Feststellungen ins Treffen führten, die in dem den Beschwerdeführer verurteilenden Disziplinarerkenntnis nicht enthalten seien.

In seinem Erkenntnis VfSlg. 18.309/2007 vertrat der Verfassungsgerichtshof - der Rechtsprechung des EGMR in dessen Urteil vom , Fall Eskelinen ua. gegen Finnland, Appl. 63.235/00, folgend - die Auffassung, dass Art 6 Abs 1 EMRK auch auf dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter anzuwenden ist, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. auch , zur Anwendbarkeit des Art 6 Abs 1 EMRK auf beamtendisziplinarrechtliche Streitigkeiten).

Ausgehend davon ist Art 6 Abs 1 EMRK auf die vorliegende dienstrechtliche Streitigkeit anwendbar. Der Beschwerdeführer hatte nämlich - in den Worten des Urteiles des EGMR im Fall Eskelinen ua. gesprochen - insofern Zugang zu einem Gericht nach nationalem Recht ("access to a court under national law"), als die bescheidförmige Entscheidung der in erster Instanz zuständigen Dienstbehörde über die Versetzung des Beschwerdeführers der Kontrolle der Berufungskommission unterliegt. Der Berufungskommission kommt die Qualität eines Tribunals iSd Art 6 EMRK zu (vgl. VfSlg. 16.335/2001).

Der vom Beschwerdeführer relevierte Vorwurf der Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Berufungskommission ist berechtigt:

Der EGMR hat in seiner Judikatur wiederholt ausgesprochen, dass in einem den Anforderungen des Art 6 EMRK unterliegenden Verfahren vor einem in erster und letzter Instanz entscheidenden Gericht das Recht auf eine "öffentliche Anhörung" ein Recht auf eine mündliche Verhandlung zur Folge hat, es sei denn, dass besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. zB EGMR , Fall Allan Jacobsson gegen Schweden, Appl. 16.970/90, ÖJZ 1998, 935 = newsletter 1998, 63; , Fall Alge gegen Österreich, Appl. 38.185/97, ÖJZ 2004, 477; , Fall Bösch gegen Österreich, Appl. 17.912/05, newsletter 2007, 119; , Fall Abrahamian gegen Österreich, Appl. 35.354/04, ÖJZ 2008, 547 = newsletter 2008, 94).

Solche besonderen Umstände können unter anderem darin bestehen, dass der Sachverhalt unbestritten ist und ein Tribunal nur aufgerufen ist, über Rechtsfragen von nicht besonderer Komplexität zu entscheiden (EGMR , Fall Speil gegen Österreich, Appl. 42.057/98, ÖJZ 2003, 117; weiters EGMR , Fall Faugel gegen Österreich, Appl. 58.674/00, ÖJZ 2004, 437 sowie EGMR , Fall Osinger gegen Österreich, Appl. 54.645/00, ÖJZ 2006, 255 = newsletter 2005, 76).

Weiters kann von einer Verhandlung abgesehen werden, wenn eine Partei unmissverständlich darauf verzichtet und wenn keine Fragen von öffentlichem Interesse eine Verhandlung notwendig machen (EGMR , Fall Faugel, ÖJZ 2004, 437; EGMR , Fall Petersen gegen Deutschland, Appl. 31.178/96, ÖJZ 2003, 114).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Zwar ist der Berufungskommission beizupflichten, wenn sie in

ihrer Gegenschrift ausführt, dass "[d]as Gesetz ... keine

Verpflichtung der Berufungskommission zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor[sieht]". Die gemäß § 41f BDG 1979 im Verfahren vor der Berufungskommission anzuwendenden Bestimmungen der § 39 Abs 2 und §§40 ff. AVG enthalten aber auch keine Bestimmung, die es verbietet, in den von Art 6 EMRK geforderten Fällen eine (volks)öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. auch mwN).

Der Auffassung der Berufungskommission, der Sachverhalt sei klar gewesen, sodass es keinen Grund für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gegeben habe, kann nicht beigetreten werden.

Die Berufungskommission stützt ihre Entscheidung auf § 38 Abs 3 Z 4 BDG 1979. Mit der über den Beamten rechtskräftigen Verhängung der Disziplinarstrafe ist - wie die Berufungskommission im bekämpften Bescheid selbst ausführt - lediglich der Tatbestand des ersten Halbsatzes des § 38 Abs 3 Z 4 BDG 1979 erfüllt. Sowohl nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung als auch nach den zu Grunde liegenden, oben genannten Gesetzesmaterialien setzt nämlich das "wichtige dienstliche Interesse" an der Versetzung iSd § 38 Abs 3 Z 4 BDG 1979 neben der rechtskräftigen Verhängung der Disziplinarstrafe voraus, dass die Belassung des Beamten in der Dienststelle wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung nicht vertretbar erscheint.

Die rechtskräftige Verhängung der Disziplinarstrafe über den

Beschwerdeführer erfolgte deshalb, weil dieser gegen

Dienstanweisungen, Erlässe und Bestimmungen der Bundesabgabenordnung

verstoßen sowie mündlichen und schriftlichen Weisungen seines

unmittelbar vorgesetzten Teamleiters zuwider gehandelt habe. Nach der

von der Berufungskommission in ihrer Gegenschrift geäußerten Ansicht

"[reichte s]chon das [im rechtskräftigen Disziplinarerkenntnis] zu

Tage tretende Verhalten des [Beschwerdeführers] ... als

Rechtfertigung für die Versetzung des [Beschwerdeführers] aus" und

"[beruht] die Entscheidung der Dienstbehörde unbestreitbar auf den

Tatsachenfeststellungen im Disziplinarerkenntnis". Im angefochtenen

Bescheid stellt die Berufungskommission jedoch u.a. auf "zwischen dem

[Beschwerdeführer] und seinen Vorgesetzten entstandene... Konflikte

und Spannungen", auf vom Beschwerdeführer verursachte "untragbare

Spannungen" im Team sowie darauf ab, dass "[d]ie fortgesetzte

Nichtbefolgung der Weisungen des Teamleiters ... das Verhältnis zu

den Vorgesetzten zunehmend beeinträchtigt" habe; "[r]esultieren die

Konflikte und Spannungen aus unrechtmäßigen Handlungen," so sei "der

für die unrechtmäßigen Handlungen verantwortliche Bedienstete zu

versetzen" und könne "[a]us dem ... Verhalten des [Beschwerdeführers]

... der Eintritt des ... Vertrauensverlustes des Vorgesetzten und das

für eine Versetzung notwendige Abzugsinteresse von der Dienststelle abgeleitet werden". Den gegenüber dem Beschwerdeführer im Bescheid der Dienstbehörde erhobenen, diesen Feststellungen zu Grunde liegenden Vorwürfen ist der Beschwerdeführer in seiner Berufung ersichtlich entgegengetreten. Damit konnte die Berufungskommission nicht von einem unstrittigen und nicht weiter erörterungsbedürftigen Sachverhalt ausgehen, der nur noch die Beantwortung einfacher Rechtsfragen offen ließ; sie konnte sich sohin auf keine Besonderheiten berufen, auf Grund derer trotz entsprechender Antragstellung ausnahmsweise keine mündliche Verhandlung stattfinden musste.

Da es die Berufungskommission unterlassen hat, eine (volks)öffentliche Verhandlung durchzuführen, liegt eine Verletzung des Art 6 Abs 1 EMRK vor. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf eine mündliche Verhandlung vor einem unparteiischen Tribunal aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VfGG. Im zugesprochenen Betrag sind Umsatzsteuer in Höhe von € 400,-- sowie Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in Höhe von € 220,-- enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.