OGH vom 30.11.2000, 12Os142/00
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner G***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom , GZ 26 Vr 767/00-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die bisherigen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden - Urteil wurde Werner G***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I. des Urteilssatzes), des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (II.) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III.) schuldig erkannt.
Darnach hat er
"I.) am in Linz den Friedrich L***** dadurch, dass er ihn am Körper erfasste, aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit zur Seite drängte und infolge seiner Gegenwehr die Außentasche seines Sakkos zerriss und die Innentaschen nach Vermögenswerten durchsuchte, mit Gewalt gegen seine Person Bargeld in der Höhe von ca ATS 500,-- mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;
II.) am fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Geldbörse im Wert von ATS 1.500,-- mit ca ATS 580,-- Bargeld der Elisabeth P***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; und
III.) am in Linz Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich die Bankomatkarte, die Master-Card und den GWG-Dienstausweis der Elisabeth P***** mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechtsverhältnissen gebraucht werden."
Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
In der Hauptverhandlung stellte der Verteidiger des Angeklagten zum Schuldspruchfaktum I. mit Bezugnahme auf die letzte der zahlreichen Verantwortungsvarianten des Angeklagten, wonach er lediglich beobachtet habe, wie ein Fünfzehnjähriger den Zeugen L***** (bloß) bestohlen habe (246), den Antrag auf Ausforschung dieses Minderjährigen, der als seinerzeitiger Insasse des Sozialpädagogischen Jugendheims Wegscheid dieses im Zeitraum von ca sechs bis zehn Wochen vor dem verlassen haben soll, sowie Ladung dieses Zeugen "zum Beweis dafür, dass der Angeklagte den ihm angelasteten Raub nicht begangen hat". Dem Beschwerdestandpunkt zuwider bedeutete die Abweisung dieses Antrages keine Hintansetzung wesentlicher Verteidigungsrechte (Z 4).
Denn das Erstgericht gründete die Urteilsannahme der Begehung des Raubes durch den Beschwerdeführer schwerpunktmäßig auf die Aussage des Zeugen L*****, der den Beschwerdeführer sowohl im Vorverfahren als auch in der Hauptverhandlung mit Sicherheit als Täter bezeichnete, sowie auf die konformen Angaben des Zeugen E*****, wonach der Angeklagte bestrebt war, sich vom Inhalt des Kuverts, aus dem das Tatopfer am Bahnhofsschalter Geld zum Kauf einer Fahrkarte entnahm, Kenntnis zu verschaffen und den Zeugen L***** - ohne ersichtlichen Grund - geradezu drängte, sich an den späteren Tatort zu begeben (US 9f iVm 43f, 175, 255; 63f, 252f). Die Tatrichter stellten damit unmissverständlich die Täterschaft eines Erwachsenen, fallbezogen des zur Tatzeit 48-jährigen Beschwerdeführers, und nicht die eines (rund dreißig Jahre jüngeren) fünfzehnjährigen Minderjährigen fest.
Eine taugliche auf Verwechslung abzielende Exculpierungsvariante hat damit bei - wie dargelegt mängelfrei als gesichert erachteter personenbezogener und altersorientierter Tatsachenfundierung der Täteridentifizierung - unabdingbar zur Voraussetzung, dass als Täter an Stelle des Beschwerdeführers eine andere Person in Betracht kommen könnte, die der Alterskategorie des beantragten Zeugen zuordenbar wäre. Das ist aber bei Personen, die - wie hier aktuell - die Entwicklungsphase der Unmündigkeit nicht wesentlich überschritten haben, unter keinen Umständen der Fall, weshalb (fallbezogen) der Aussagewert der von den Tatrichtern dem Schuldspruch zugrunde gelegten Beweismittel durch die (auch aus Z 5a) angestrebte allfällige (durch die Verfahrensergebnisse gar nicht indizierte - 253, 255) Vernehmung eines Fünfzehnjährigen vorweg zwangsläufig unberührt bleibt.
Die Mängelrüge (Z 5) verfehlt insgesamt eine prozessordnungsgemäße Ausführung.
Dies gilt für den - ohne jedwede Substantiierung unter Außerachtlassung der Relevanzkriterien - "zum Faktum P*****" erhobenen Beschwerdeeinwand eines dem Erstgericht unterlaufenen "elementaren Verstoßes gegen die Darstellungspflicht des § 270 StPO durch Beigabe des Ausdruckes ""es bestehe nicht der geringste Zweifel daran"" ", aber auch für die die detaillierte Erörterung der Aussage des Tatopfers (US 9 f) vernachlässigende Behauptung, dass der (bloß resümierenden) Urteilsannahme, wonach auf Grund der durchaus glaubwürdigen Aussage des Zeugen L***** kein Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten besteht, "jede konkrete Verbindung zu den Erkenntnisquellen abgeht".
Der noch nicht erörterte Teil der Tatsachenrüge (5a) schließlich unternimmt bloß den Versuch, in hier unzulässiger Weise die Verlässlichkeit der Angaben des Tatopfers und damit die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung in Zweifel zu ziehen, ohne Bedenken in der Bedeutung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes zu erwecken.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285a, 285d StPO).
Daraus resultiert die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Fundstelle(n):
RAAAD-82661