OGH vom 17.06.2014, 10Ob32/14z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen L***** R*****, geboren am *****, vertreten durch das Land Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger (Amt für Jugend und Familie Rechtsvertretung, Bezirke 1, 4 bis 9, 1060 Wien, Amerlingstraße 11), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 29/14v 46, womit infolge Rekurses der Minderjährigen der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 25 PU 97/12f 38, ersatzlos behoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Kinder- und Jugendhilfeträger beantragte in Vertretung der mj L***** R*****, den Vater J***** P***** D***** zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 200 EUR zu verpflichten. Weiters wurde die Festsetzung eines vorläufigen Unterhalts nach § 382a EO in Höhe von monatlich 112,70 EUR beantragt. Vorgebracht wurde, dass der Vater in Großbritannien lebe. Er gehe seit Jahren keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit nach und beziehe Arbeitslosengeld. Gesundheitliche Einschränkungen lägen nicht vor. Aufgrund der Ergebnisse von Internet-Recherchen betrage das durchschnittliche Einkommen eines Arbeiters in Großbritannien umgerechnet 1.250 EUR (inklusive anteiliger Sonderzahlungen), weshalb davon auszugehen sei, dass der Vater unter Anspannung seiner Kräfte ein Einkommen in dieser Höhe ins Verdienen bringen könnte.
Das Erstgericht wies mit Beschluss vom den Antrag auf vorläufigen Unterhalt nach § 382a EO mit der Begründung ab, dass die im Antrag aufgestellte Behauptung über das erzielbare Einkommen der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden dürfte. Mangels sich aus der Aktenlage ergebender Anhaltspunkte für ein fiktiv erzielbares Einkommen sei der Antrag abzuweisen.
Daraufhin beantragte der Kinder und Jugendhilfeträger in Vertretung des Kindes die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 2 UVG (ON 7) und brachte einen Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts ein (ON 8).
Das Erstgericht gewährte in Stattgebung des Unterhaltsvorschussantrags monatliche Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 2 UVG ab bis in Höhe von monatlich 187 EUR. Als Begründung wurde ausgeführt, dass der Antrag auf einstweilige Verfügung gemäß § 382a EO (zum damaligen Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig) abgewiesen worden sei.
Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom (ON 37) dem vom Kind gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs Folge und verpflichtete den Vater, zum Unterhalt des Kindes einen vorläufigen Unterhaltsbetrag in Höhe von 112,70 EUR monatlich zu zahlen.
Mit Beschluss vom ersuchte das Erstgericht den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, mit der Auszahlung der Vorschüsse mit Ablauf des Monats November in Höhe der Differenz zwischen Richtsatz und vorläufigem Unterhaltstitel nach § 382a EO, somit in Höhe von 74,30 EUR innezuhalten. Als Begründung verwies das Erstgericht darauf, dass ein einstweiliger Unterhalt von 112,70 EUR festgesetzt worden sei und gemäß § 7 Abs 1 iVm § 19 Abs 4 UVG mit der Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen ua innezuhalten sei, wenn sich aus der Aktenlage ergebe, dass die Unterhaltspflicht der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend, zu hoch festgesetzt sei.
Gegen diese Entscheidung, also gegen die Anordnung der Innehaltung mit 74,30 EUR monatlich erhob das Kind, vertreten durch den Kinder und Jugendhilfeträger, Rekurs mit dem Antrag, das Rekursgericht möge den angefochtenen Beschluss hinsichtlich dieser Teilinnehaltung beheben. Der Bund ließ die vom Erstgericht verfügte Anordnung der weiteren Auszahlung eines Teilbetrags von 112,70 EUR unangefochten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass er (gemeint: im Umfang der Anfechtung) ersatzlos behoben wurde. Rechtlich ging es davon aus, dass an sich der Vorschussgewährung nach § 4 Z 2 UVG eine (wie immer gelungene) Titelschöpfung entgegenstehe. Als Schaffung eines Unterhaltstitels könne aber nur eine Entscheidung angesehen werden, die über das gesamte Unterhaltsbegehren abspreche. Werde etwa wegen eines entsprechenden Teilanerkenntnisses des Unterhaltsschuldners ein Unterhaltsteilbeschluss gefasst oder wie hier ein „vorläufiger“ Titel nach § 382a EO geschaffen, werde durch diesen Teiltitel eine weitere Bevorschussung nach § 4 Z 2 UVG nicht verhindert, sofern Gründe in der Person des Unterhaltspflichtigen eine materielle Entscheidung über das weitere Begehren vereiteln. § 4 Z 2 UVG solle nur einen Volltitel ersetzen. Durch die Schaffung eines Teiltitels im Umfang der einstweiligen Verfügung gemäß § 382a EO ohne ausreichende Grundlage für die Unterhaltsbemessung selbst, werde das vom Gesetz für die Innehaltung der Richtsatzvorschüsse iSd § 4 Z 2 UVG normierte Erfordernis nicht erfüllt, nach dem die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend zu hoch festgesetzt sei. Erst wenn aufgrund der geänderten Aktenlage mit hinlänglicher Sicherheit in absehbarer Zeit die Festsetzung des dem Vorschussbezieher gebührenden Unterhalts gelingen werde, könne von einem Wegfall der für die Gewährung der Vorschüsse erforderlichen Voraussetzungen gesprochen werden. Auf die Höhe der Vorschüsse nach § 4 Z 2 UVG wirke sich die einstweilige Verfügung nach § 382a EO dahin aus, dass der nach § 382a EO zuerkannte Betrag analog der Anrechnung von Eigeneinkommen nach § 7 Abs 1 Z 2 UVG von der Richtsatzhöhe abzuziehen sei.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Frage der Auswirkung einer einstweiligen Verfügung nach § 382a EO auf die Vorschussgewährung nach § 382a EO in der Rechtsprechung der zweitinstanzlichen Gerichte nicht einheitlich beantwortet werde.
In seinem Revisionsrekurs beantragt der Bund, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt werde.
Das Kind beantragte in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber macht im Wesentlichen geltend, das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz vertrete die Ansicht, die durch das FamRÄG 2009 geschaffene Regelung des § 19 Abs 3 UVG hindere nach Vorliegen eines vorläufigen Unterhaltstitels die weitere Bevorschussung nach § 4 Z 2 UVG. Folge man dieser Ansicht, sei die teilweise Innehaltung im Ausmaß der Differenz zwischen Richtsatz und vorläufigem Unterhaltsbeitrag im Ergebnis richtig, weil dann sogar eine gänzliche Innehaltung in Betracht käme. Selbst wenn man aber dieser Rechtsansicht nicht folgen wollte, sei kein Grund für die ersatzlose Behebung des Beschlusses des Erstgerichts gegeben. § 7 Abs 1 Z 2 UVG sei in der Richtung analogiefähig, dass der Teiltitel vom Richtsatz abgezogen und nach § 4 Z 2 UVG nur der darum verminderte Betrag bevorschusst werde.
Rechtliche Beurteilung
Dazu ist auszuführen:
I.1. Die Vorschussgewährung nach § 4 Z 2 erster Fall UVG setzt voraus, dass die Festsetzung des Unterhaltsbeitrags überhaupt aus Gründen auf Seiten des Unterhaltsschuldners nicht gelingt; überdies darf nicht offenbar sein, dass der Unterhaltsschuldner zu einer Unterhaltsleistung außer Stande ist. § 4 Z 2 erster Fall UVG bewirkt somit, dass ein Unterhaltsberechtigter mit seinem Vorschussantrag grundsätzlich nicht bis zur Erledigung des Titelverfahrens zuwarten muss, wenn durch Umstände, die auf Seite des Unterhaltsschuldners liegen, eine Unterhaltsfestsetzung in einer dem Unterhaltszweck unangemessenen Weise verzögert oder verhindert wird. Nach der Intention des Gesetzes sollen Vorschüsse im Wesentlichen dann gewährt werden können, wenn der Unterhaltsschuldner unbekannten Aufenthalts ist und/oder Ungewissheit über seine Lebensverhältnisse herrscht, weil in diesen Fällen ein Beweisdefizit besteht, indem der für die Unterhaltsbemessung entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht ermittelt werden kann ( Neumayr in Schwimann/Kodek 4 § 4 UVG Rz 29 und 37 mwN). Diese Umstände können sich auch erst während des laufenden Titelverfahrens ergeben. Die Gewährung von Vorschüssen nach § 4 Z 2 UVG setzt somit einen bestimmten Sachverhalt voraus, dessen Vorliegen im Übrigen auch ohne Einleitung eines Unterhaltsfestsetzungsverfahrens gegeben sein kann.
I.2. Nach § 382a Abs 1 EO ist einem Minderjährigen ein vorläufiger Unterhalt durch einen Elternteil, in dessen Haushalt er nicht betreut wird, zu bewilligen, wenn nicht bereits ein vollstreckbarer Unterhaltstitel vorliegt und ein Unterhaltsbemessungsverfahren anhängig ist oder gleichzeitig anhängig gemacht wird. Der vorläufige Unterhalt kann höchstens bis zum jeweiligen altersabhängig bestimmten Betrag der Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz bewilligt werden (§ 382a Abs 2 EO). Diese Regelung dient der Unterhaltssicherung eines Kindes, das mangels Bestehens eines vollstreckbaren Titels gezwungen ist, den Unterhalt erstmals gerichtlich geltend zu machen und während des Unterhaltsverfahrens weder Unterhaltsbeiträge hereinbringen noch Vorschüsse erlangen kann. Zweck des vorläufigen Unterhalts nach § 382a EO ist es, der Existenzgefährdung von auf Unterhaltszahlungen angewiesenen Minderjährigen entgegenzuwirken. Dem Kind soll in einem vereinfachten und beschleunigten Verfahren rasch zu einem vorläufigen Mindestunterhalt als finanzielle Lebensgrundlage verholfen werden (RIS Justiz RS0097430). Die einstweilige Verfügung nach § 382a Abs 1 EO wird mit ihrer Zustellung wirksam und bildet einen vollstreckbaren Titel nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG ( Neumayr , Unterhaltsvorschuss neu, Änderungen des UVG mit dem FamRÄG 2009, ÖJZ 2010, 164 [168]).
I.3.1 Zum Verhältnis der Gewährung eines Richtsatzvorschusses nach § 4 Z 2 UVG zum vorläufigen Unterhalt hat der Oberste Gerichtshof in der einen ähnlichen Sachverhalt betreffenden Entscheidung 10 Ob 1/11m bereits zum Ausdruck gebracht, dass die Bewilligung eines vorläufigen Unterhalts gemäß § 382a EO die Gewährung der beantragten Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 2 UVG nicht jedenfalls ausschließt.
I.3.2 Auch nach der Rechtsprechung zweitinstanzlicher Gerichte hat die Schaffung eines Teiltitels bzw die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382a EO dem Grunde nach nicht die Einstellung von nach § 4 Z 2 UVG gewährten Unterhaltsvorschüssen zur Folge (so zB Landesgericht Linz EFSlg 127.751). In der Entscheidung des Landesgerichts Krems EFSlg 63.666 wird zur Begründung auf die unterschiedliche Zielrichtung des § 382a EO und des § 4 Z 2 UVG hingewiesen (siehe oben Pkt 1 und 2). Nach der Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien EFSlg 46.442 kann der Umstand, dass ein Unterhaltspflichtiger aus in seiner Person gelegenen Gründen die Schaffung eines Titels verhindere, der dem höheren gesetzlichen Ausmaß seiner Unterhaltspflicht entsprechen würde, nicht dazu führen, dass die zur Sicherung eben dieses Unterhaltsanspruchs bestimmte Regelung des § 4 Z 2 UVG wirkungslos gemacht werde. In EFSlg 60.479 (Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien) wird ausgeführt, der allgemeine Grundsatz, dass jede gelungene Titelschöpfung eine Bevorschussung nach § 4 Z 2 UVG ausschließt, finde bei einem Titel nach § 382a EO nur eingeschränkt Anwendung, weil dieser Gedanke von einer Unterhaltsfestsetzung ausgeht, die verfahrensmäßig auf die Schöpfung eines Volltitels abzielt. Aus diesem Grund schließe die Teilentscheidung eine Bevorschussung nach § 4 Z 2 UVG dem Grunde nach nicht aus.
Dieser Standpunkt wird auch von Neumayr in Schwimann/Kodek 4 , § 4 UVG Rz 32 und Rz 56 vertreten. Als Schaffung eines Unterhaltstitels könne nur eine Entscheidung angesehen werden, die über das gesamte Unterhaltsbegehren abspreche. Werde nur ein Teiltitel oder ein vorläufiger Titel nach § 382a EO geschaffen, werde die Bevorschussung nicht gehindert, wenn im Übrigen durch Gründe in der Person des Unterhaltspflichtigen eine materielle Entscheidung über das weitere Begehren vereitelt wird. Es solle bei einer Vorschussgewährung nach § 4 Z 2 UVG der fehlende Volltitel ersetzt werden, während § 382a EO lediglich auf einen Mindestunterhalt abstelle. Zudem muss im Falle des § 4 Z 2 UVG die Einleitung eines Unterhaltsfestsetzungsverfahrens nicht zwingend vorangeschaltet sein.
I.3.3 Die Ausführungen im Revisionsrekurs bieten keinen Anlass, diese Ansicht in Frage zu stellen und von der bereits in der Entscheidung 10 Ob 1/11m zum Ausdruck kommenden Rechtsansicht abzugehen:
Richtig ist, dass die Vorschussgewährung nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG auf der Grundlage einer einstweiligen Verfügung (§ 328a EO,§ 382 Abs 1 Z 8 lit a EO) nach Schaffung eines endgültigen Titels nunmehr die Anhebung auf die Titelhöhe ermöglicht (§ 19 Abs 3 UVG; Neumayr in Schwimann/Kodek 4 , § 19 UVG Rz 33). Auch diese seit durch das Familienrechts Änderungsgesetz 2009, BGBl I 2009/75, mit § 19 Abs 3 UVG geschaffene Möglichkeit vermag aber die Weitergewährung von Richtsatzvorschüssen nicht zu hindern. Vorrangiges Ziel des FamRÄG 2009 ist es, die Vorschussgewährung zugunsten des Kindes noch effektiver zu gestalten, dem Gedanken einer erhöhten Kontinuität der Vorschussleistungen zum Durchbruch zu verhelfen und die Entstehung von Auszahlungslücken zu vermeiden (IA 673/A 24. GP 48). Im Zusammenhang mit Richtsatzvorschüssen nach § 4 Z 4 UVG (Vorschüsse während eines Abstammungsverfahrens) wurde in der Entscheidung 10 Ob 86/10k (iFamZ 2011/134) im Hinblick auf diese Grundsätze als maßgebliches Kriterium für die Dauer der Gewährung von Richtsatzvorschüssen nach § 4 Z 4 UVG erachtet, dass einem Kind die Richtsatzvorschüsse grundsätzlich bis zu jenem Zeitpunkt zukommen sollten, ab dem es in die Lage versetzt wird, seinen Unterhaltsanspruch in der endgültig festgestellten Höhe und nicht nur im Umfang der durch § 382a EO ermöglichten Mindestsicherung durchzusetzen. Wenngleich eine rückwirkende Anpassung bzw eine Nachzahlung nach § 19 Abs 3 UVG möglich sei, stünde bis dahin dem Kind der Differenzbetrag nicht zur Bestreitung seines Unterhalts zur Verfügung. Allein ein möglicher Nachzahlungsanspruch sei nicht geeignet im Sinne des in den Materialien zum Ausdruck kommenden vorrangigen Ziels des FamRÄG 2009 den laufenden Kindesunterhalt zu sichern.
Diese Erwägungen sind auf den vorliegenden Fall übertragbar: Dem Kind entstünde andernfalls der Nachteil, dass es vorerst nicht in der Lage wäre, den Differenzbetrag zwischen dem mit der einstweiligen Verfügung nach § 382a EO zugesprochenen Betrag und dem Richtsatzvorschuss (§ 6 Abs 2 UVG) einbringlich zu machen. Für eine derartige wenn auch nur vorübergehende Verschlechterung der Rechtsposition des Kindes ergeben sich aber aus den Gesetzesmaterialien zum FamRÄG 2009 keine Anhaltspunkte. Auch nach der durch das FamRÄG ab geltenden Rechtslage soll demnach die Schaffung eines vorläufigen Unterhaltstitels der weiteren Bevorschussung nicht entgegenstehen. Der Umstand, dass infolge der durch § 19 Abs 3 UVG möglich gewordenen nachträglichen Anhebung der Unterhaltsvorschüsse dem Kind betragsmäßig kein Nachteil erwächst (worauf in der vom Revisionsrekurswerber zitierten gegenteiligen Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz EFSlg 135.317 hingewiesen wird) ist demnach nicht maßgeblich.
I.4.1 Zu den Auswirkungen, die eine einstweilige Verfügung nach § 382a EO auf die Höhe von Vorschüssen nach § 4 Z 2 UVG hat, vertritt Neumayr in Schwimann/Kodek 4 den Standpunkt, es sei am praktikabelsten, den nach § 382a EO zuerkannten Betrag so wie bei der Anrechnung von Eigeneinkommen nach § 7 Abs 1 Z 2 UVG von der maßgeblichen Richtsatzhöhe nach § 6 Abs 2 UVG abzuziehen. Dem stehe § 28 Abs 2 Satz 2 UVG, wonach im Zeitraum der Gewährung von Richtsatzvorschüssen jeder allenfalls bestehende Exekutionstitel auf Leistung des Unterhalts bis zur Richtsatzhöhe erlösche, nicht entgegen, weil § 382a EO nur einen vorläufigen Unterhaltstitel bilde. Zudem soll das Erlöschen eines Unterhaltstitels für den Vorschusszeitraum nur einen Doppeltitel vermeiden, ohne dass damit ein Erlöschen der Unterhaltspflicht verbunden wäre ( Neumayr in Schwimann/Kodek 4 , § 4 UVG Rz 56 mwN aus der zweitinstanzlichen Rechtsprechung).
I.4.2 Diese Ansicht wird im Revisionsrekurs nicht in Frage gestellt, sondern den weiteren Rechtsmittelausführungen ausdrücklich zugrunde gelegt. Die Weitergewährung des Unterhaltsvorschusses in Höhe der einstweilig verfügten Unterhaltszahlung von 112,70 EUR ist daher auch nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens.
Folgt man der oben dargelegten Ansicht, ergibt sich die Konsequenz, dass auch nach Schaffung eines vorläufigen Unterhaltstitels (§ 382a EO) Unterhaltsvorschüsse jedenfalls in Höhe der Differenz zwischen Richtsatz und vorläufigem Unterhaltstitel nach § 382a EO zustehen (im vorliegenden Fall in Höhe der Differenz zwischen 187 EUR und 112,70 EUR, also 74,30 EUR). Wie bereits das Rekursgericht erkannt hat, besteht für die vom Erstgericht angeordnete Innehaltung dieses Teils der Vorschussbeträge ( Neumayr in Schwimann/Kodek 4 § 16 UVG Rz 6), demnach keine Rechtsgrundlage.
Auf die Frage, ob bzw unter welchen Voraussetzungen bei einer „Kombination“ von Vorschüssen nach § 4 Z 2 UVG und solchen auf Grundlage nach § 382a EO Unterhaltsvorschüsse in voller Richtsatzhöhe zu gewähren sind (dazu Neumayr in Schwimann/Kodek 4 § 4 UVG Rz 55), braucht hier (siehe oben) nicht eingegangen zu werden.
Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00032.14Z.0617.000