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VfGH vom 24.06.1993, B1348/90

VfGH vom 24.06.1993, B1348/90

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des § 2 Abs 2 Z 4 DevisenG, BGBl 162/1946 idF BGBl 464/1990, mit E v , G217,218/92.

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid der Oesterreichischen Nationalbank vom und durch den ebenfalls angefochtenen abweislichen Teil des Bescheides der Oesterreichischen Nationalbank vom wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid vom und der abweisliche Teil des Bescheides vom werden aufgehoben.

Die Oesterreichische Nationalbank ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 30.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Die beschwerdeführende Bank ist zur Vornahme von Devisen- und Wechselstubengeschäften gemäß § 1 Abs 2 Z 6 KWG befugt.

b) Mit Bescheid des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank vom wurde ihr die auf Wechselstubengeschäfte beschränkte Devisenhandelsermächtigung gemäß § 2 Abs 1 Devisengesetz, BGBl. 162/1946, entzogen. Dieser Bescheid wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , B1413/88, wegen Verletzung von Rechten der beschwerdeführenden Gesellschaft infolge Anwendung des mit Erkenntnis vom selben Tag, G88/89, als verfassungswidrig aufgehobenen § 2 Abs 1 zweiter Satz Devisengesetz aufgehoben.

2.a) Mit Schriftsatz vom hatte inzwischen die beschwerdeführende Gesellschaft einen Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung zur Durchführung bestimmter, näher bezeichneter Devisenhandelsgeschäfte nach Abschnitt II der Kundmachung DE 4/87 der Oesterreichischen Nationalbank gestellt. Diesen Antrag wies die Oesterreichische Nationalbank mit Bescheid vom unter Hinweis auf den unter Pkt. I/1/b genannten Entziehungsbescheid unter Berufung auf § 2 Abs 1 Devisengesetz ab.

Mit Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0199, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der Nationalbank vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf, weil er infolge der Wirkung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , B1413/88, die von der belangten Behörde zur Begründung herangezogene Basis (nämlich den Entzugsbescheid vom ) verloren hatte.

b) Im zweiten Rechtsgang wies sodann die Oesterreichische Nationalbank mit Bescheid vom den Antrag vom neuerlich ab. Sie stützte sich dabei auf § 2 Abs 1 iVm § 2 Abs 2 Devisengesetz, BGBl. 162/1946 idF der inzwischen (am ) in Kraft getretenen Novelle BGBl. 464/1990 und führte zur Begründung ihrer abweislichen Entscheidung aus, daß das im Inland den Geschäftsleitern unbeschränkt zur freien Verfügung stehende Eigenkapital der beschwerdeführenden Gesellschaft entgegen der Anforderung des § 2 Abs 2 Z 4 Devisengesetz idF der Novelle nicht mindestens 100 Millionen Schilling betrage.

c) Gegen diesen Bescheid wendet sich die zu B1348/90 protokollierte, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die beschwerdeführende Gesellschaft die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung ihrer verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbstätigkeit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz beantragt. Begründend führt sie aus, daß § 2 Abs 2 Z 4 Devisengesetz idgF den genannten Grundrechten widerspreche.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Behandlung der Beschwerde abzulehnen, in eventu die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Sie verteidigt insbesondere die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs 2 Z 4 Devisengesetz.

Den Ausführungen der Oesterreichischen Nationalbank ist die beschwerdeführende Gesellschaft in einer Replik entgegengetreten.

3.a) Mit Schriftsatz vom beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft (die inzwischen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft tätig wird) bei der Nationalbank unter detaillierter Anführung des Umfangs ihrer Bankkonzession die Erteilung der devisenbehördlichen Bewilligung nach Pkt. 7 der Kundmachung DL 2/91 der Oesterreichischen Nationalbank für alle von der Konzession umfaßten Geschäfte.

Das Direktorium der Oesterreichischen Nationalbank gab diesem Antrag mit Bescheid vom teilweise statt, teilweise (und zwar hinsichtlich der Ermächtigung zur Vornahme von Wechselstubengeschäften) wies sie ihn wegen entschiedener Sache zurück und teilweise (und zwar insbesondere hinsichtlich des Handels mit ausländischen Zahlungsmitteln einschließlich des Kaufs von Schecks und Wechseln und der Diskontierung von Wechseln) wies sie - mit Spruchteil B des Bescheides - den Antrag ab.

b) Gegen diesen abweislichen Teil des Bescheides richtet sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (infolge Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs 2 Z 4 DevG idF der Nov. 464/1990 und wegen Willkür) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Diese Beschwerde ist zu B758/92 protokolliert.

Die belangte Behörde hat auch in diesem Verfahren den Verwaltungsakt vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Bei Behandlung der Beschwerden entstanden beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der genannten Z 4 des § 2 Abs 2 DevG, weshalb der Gerichtshof beschloß, diese Bestimmung von Amts wegen zu prüfen. Mit Erkenntnis G217,218/92 vom heutigen Tag hob er diese Bestimmung wegen Verletzung des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatzes als verfassungswidrig auf.

Es steht somit fest, daß die belangte Oesterreichische Nationalbank eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet hat. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Bank nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Dies konnte gem. § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 5.000,-- enthalten.

Fundstelle(n):
NAAAD-82483