Suchen Hilfe
VfGH vom 28.09.2011, B1347/10

VfGH vom 28.09.2011, B1347/10

******

Spruch

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Mit dem Bescheid der Austro Control GmbH vom wurde in Spruchpunkt 3. die Ausstellung des AOC-Anhanges A 306-68 angeordnet und verfügt, dass die Hubschrauber der Modellreihe AS 355 der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 3 Abs 2 AOCV 2008 nicht mehr für die Einsatzart "HEMS" (Anm.: Ambulanz- und Rettungsflüge) verwendet werden dürfen.

Mit dem Bescheid der Austro Control GmbH vom wurde in Spruchpunkt III. die Ausstellung des AOC-Anhanges A 306-69 angeordnet, in welchem die Streichung der Hubschrauber der Modellreihe AS 355 der beschwerdeführenden Gesellschaft für die Einsatzart "HEMS" vom unverändert beibehalten wurde.

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit dem angefochtenen Bescheid vom der Berufung der nunmehrigen beschwerdeführenden Gesellschaft gegen diese die Ausstellung der AOC-Anhänge verfügenden Bescheide der Austro Control GmbH vom bzw. keine Folge gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der u.a. die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetz- und verfassungswidrigen Verordnung, nämlich § 3 Abs 2 zweiter Satz der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung und Aufrechterhaltung des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) 2008, BGBl II 254, (im Folgenden: AOCV 2008) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Sowohl die beschwerdeführende Gesellschaft als auch die belangte Behörde haben weitere Äußerungen erstattet.

II. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , V37/10, § 3 Abs 2 zweiter Satz AOCV 2008 als gesetzwidrig aufgehoben.

1.1. Gemäß Art 139 Abs 6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art 139 Abs 6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986).

1.2. Die nichtöffentliche Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren begann am . Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass dadurch die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig beeinflusst wurde.

III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG abgesehen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 220,-

enthalten. Die Eingabengebühr war, da nur ein Bescheid angefochten wurde, einfach zuzusprechen.

Fundstelle(n):
DAAAD-82443