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OGH vom 19.11.2019, 10Ob31/19k

OGH vom 19.11.2019, 10Ob31/19k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** GmbH & Co OG, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am ***** verstorbenen KRin M*****, zuletzt: *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 38 R 217/18w-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1 Beim vertraglichen Weitergaberecht räumt der Bestandgeber im Bestandvertrag dem Mieter das Recht ein, durch bloße Erklärung alle Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis auf einen Dritten mit der Wirkung zu übertragen, dass dieser an seiner Stelle Bestandnehmer wird, ohne dass es einer weiteren Erklärung des Bestandnehmers bedarf (RS0032700; RS0032747). Die Vereinbarung eines „Weitergaberechtes“ schlechthin bedeutet demnach das unbeschränkte Recht des Mieters, nicht nur einen Nachmieter vorzuschlagen, sondern diesem das Mietrecht zu übertragen (RS0105786).

1.2 Die Klägerin hat sich selbst auf den Mietvertrag der verstorbenen ursprünglichen Mieterin (in weiterer Folge nur mehr: Mieterin) mit der damaligen Vermieterin über ein Geschäftslokal vom berufen. In Punkt III dieses Vertrags wurde vereinbart: „Die Vermieterin räumt der Mieterin das Recht ein, die Mietrechte zu den gleichen Bedingungen an Kinder und Enkelkinder weiterzugeben. Eine Weitergabe der Mietrechte an andere Personen ist nur dann möglich, wenn der neue Mieter den dann ortsüblichen Mietzins akzeptiert. Sollte es zu keiner Einigung über den ortsüblichen Mietzins kommen, so wird dieser durch einen Sachverständigen aus dem Immobiliengewerbe festgestellt.“

1.3 Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936). Die Vorinstanzen legten diesen Vertrag als Vereinbarung eines vertraglichen Weitergaberechts aus. Gegen diese Auslegung bestehen auf Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen keine Bedenken, sie steht mit den Auslegungsgrundsätzen der Rechtsprechung im Einklang. Ob auch eine andere Auslegung denkbar wäre – in der Revision macht die Klägerin geltend, es sei bloß ein schlichtes Präsentationsrecht vereinbart worden – begründet keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO.

1.4 Ein im Mietvertrag vom Vermieter zugesichertes Weitergaberecht geht im Zweifel nicht auf den Nachmieter über, sondern wird durch einmalige Ausnützung konsumiert (RS0111168). Richtig ist, dass der Vormieterin im Mietvertrag vom ein vertragliches Weitergaberecht eingeräumt war und dass die Vormieterin gegenüber der Mieterin aufgrund der Vereinbarung vom (Blg ./F) mit Wirkung zum unter der Bedingung auf die Ausübung der Hauptmietrechte verzichtete, dass der Hauseigentümer beginnend mit mit der (neuen) Mieterin einen Hauptmietvertrag abschließe, der inhaltlich vollkommen dem Hauptmietvertrag (der Vormieterin) vom entsprechen sollte. Die Weitergabe der Mietrechte an die Mieterin im Jahr 1991 erfolgte aber nicht durch bloße Erklärung der Vormieterin gegenüber der Vermieterin. Vielmehr schloss die damalige Vermieterin mit der Mieterin einen neuen Mietvertrag, mag dieser auch inhaltsgleich mit dem Vertrag der Vormieterin sein. Dass die Vermieterin aufgrund der nur zwischen der Vor- und der Nachmieterin getroffenen Vereinbarung vom , auf die sich die Klägerin für ihre Argumentation beruft, verpflichtet gewesen wäre, einen neuen Mietvertrag mit der Mieterin abzuschließen, behauptet die Klägerin gar nicht. Vor diesem Hintergrund zeigt die Klägerin mit ihrem Wunsch nach der Auslegung der am getroffenen Vereinbarung als „Konsumation“ des vertraglich vereinbarten Weitergaberechts keine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen auf.

2. Auch mit dem Vorbringen, dass redliche Parteien in Kenntnis des Umstands, dass erst im Jahr 1993 die Bestimmungen der § 12a und 46a MRG in Kraft traten, kein umfassendes Weitergaberecht vereinbart hätten und die Parteien des Mietvertrags, wie sich aus dessen Punkt III ergebe, offenbar davon ausgegangen seien, dass Änderungen der Sachlage Auswirkungen haben sollten, wünscht die Klägerin eine andere Auslegung des Mietvertrags im Einzelfall, womit sie aus den bereits dargelegten Gründen keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt. Für die Annahme einer in der Revision behaupteten „Vertragslücke“ fehlt schon deshalb eine Grundlage, weil § 12 Abs 3 MRG bereits in der Fassung vor dem 3. WÄG, BGBl 1993/800, die Möglichkeit der Erhöhung des Hauptmietzinses auf den angemessenen Hauptmietzins im Fall der Unternehmensveräußerung durch den Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit kannte.

3. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur als letztes Mittel heranzuziehen (RS0017454). Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Rechtssatz, wonach jeder Vertrag unter der clausula rebus sic stantibus abgeschlossen gilt, nicht besteht (RS0018849). Es liegt wie schon dargestellt im Wesen eines vertraglich vereinbarten Weitergaberechts, dass es – anders als im Fall der Vereinbarung eines Präsentationsrechts – gerade keinen Neuabschluss eines Mietvertrags erfordert, sondern zu einem Eintritt in den bestehenden Vertrag führt (3 Ob 104/15p). Eine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass bei Vereinbarung eines Weitergaberechts daher auch nicht die von der Klägerin ins Treffen geführten exorbitanten Veränderungen des nunmehr ortsüblichen Mietzinses zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen, zeigt die Revisionswerberin im konkreten Einzelfall daher nicht auf.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0100OB00031.19K.1119.000

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