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OGH vom 18.02.1999, 12Os139/98

OGH vom 18.02.1999, 12Os139/98

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Feber 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Holzweber, Dr. Zehetner und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heinz B***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom , GZ 7 Vr 393/97-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Teilfreispruch Punkt B) unberührt bleibt, im Schuldspruch (Punkt A) wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung aufgetragen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unangefochten gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurde Heinz B***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er von 1990 bis 1994 in Schärding unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Steuererklärungen eine Abgabenverkürzung an Umsatzsteuer 786.862 S, an Einkommensteuer 1,115.879 S und an Gewerbesteuer 387.704 S bewirkt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der Berechtigung zukommt.

Zwar geht die Rechtsrüge (Z 9 lit a) fehl, wonach die angelastete Nichterfüllung der Erklärungs- oder Anzeigepflicht durch einen bereits veranlagten Steuerzahler bloß als Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG strafbar sei. Denn sie ignoriert die entscheidende (vgl Dorazil/Harbich FinStrG § 33 E 21; 13 Os 167/87 uva) erstgerichtliche Tatsachenfeststellung, daß der Angeklagte mit Verkürzungsvorsatz agierte (US 6 f) und durch die Abstandnahme von entsprechenden Steuererklärungen eine nicht der wahren Höhe der Steuerbemessungsgrundlage Rechnung tragende (zu niedrige) Einschätzung nach § 184 BAO erreichen wollte.

Der in der Mängelrüge (Z 5) sinngemäß erhobene Einwand unzureichender Begründung der Annahme eines von Hinterziehungsvorsatz geleiteten Vorgehens hingegen erweist sich im Ergebnis als berechtigt.

Bei der (dolosen) Abstandnahme von einer gesetzlich gebotenen Abgabenerklärung kommen nämlich unterschiedliche Dimensionen denkbaren Verkürzungsvorsatzes in Betracht. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, ob sich der Tätervorsatz nur auf eine zu niedrige Festsetzung von Abgaben erstreckte, weil dann der solcherart gewollte Verkürzungsbetrag bloß dem Unterschied zwischen der festzusetzenden und der wahren Abgabenschuld entspricht. Will sich der Täter dagegen durch die Nichtabgabe von Steuererklärungen einer Abgabenfestsetzung zur Gänze entziehen, dann fällt ihm die Hinterziehung in voller Höhe seiner wahren Abgabenverbindlichkeiten zur Last. Ist schließlich der Vorsatz des Täters weder auf das Unterbleiben jeglicher Festsetzung noch auf eine zu niedrige Festsetzung der Abgaben, sondern bloß darauf gerichtet, daß jene zwar verspätet, jedoch der Höhe nach richtig festgesetzt werden, dann betrifft er überhaupt keine Abgabenverkürzung; in solchen Fällen kommt daher eine Tatbeurteilung als Abgabenhinterziehung mangels eines darauf ausgerichteten Vorsatzes vorweg nicht in Betracht (SSt 53/14).

Das Schöffengericht hat im konkreten Fall unmißverständlich die zweite Variante angenommen, dabei aber nur die zuletzt aufgezeigte Möglichkeit mit mängelfreier Begründung (US 6) abgelehnt.

Da Heinz B***** bereits vor dem Tatzeitraum steuerlich veranlagt war, wäre das Erstgericht aber auch zur Begründung verhalten gewesen, warum nach seiner Überzeugung im Anlaßfall ein bloß auf eine Einschätzung nach § 184 BAO mit einem unter der wahren Höhe der Steuerbemessungsgrundlage liegenden Ergebnis gerichteter Tätervorsatz auszuschließen sei.

Da die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung somit nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war der Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO).

Im zweiten Rechtsgang wird überdies (neben denkbaren Auswirkungen auf die Gerichtszuständigkeit - § 53 Abs 1 lit b FinStrG) auch § 33 Abs 3 FinStrG zur rechtsrichtigen Abgrenzung vollendeter von bloß versuchter Abgabenhinterziehung ebenso zu beachten sein wie der Umstand, daß das Verhalten des Angeklagten betreffend die Umsatzsteuer allenfalls aus der Sicht des § 33 Abs 2 lit a FinStrG zu prüfen wäre, soweit der Tatbestand des Abs 1 leg cit nicht zum Tragen kommen sollte.

Mit seiner außerdem ergriffenen Berufung war der Angeklagte auf die teilkassatorische Entscheidung zu verweisen.