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OGH vom 25.03.2014, 10Ob3/14k

OGH vom 25.03.2014, 10Ob3/14k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Dr. Werner Loos, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei N*****, vertreten durch Dr. Günter Harrich, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 38 R 179/13z 29, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

1. Die Zulassungsbeschwerde macht geltend, hier sei eine erhebliche Rechtsfrage zu klären, weil die Entscheidungen des Erstgerichts und des Berufungsgerichts mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob den Mieter am Mietzinsrückstand ein grobes Verschulden (iSd § 33 Abs 2 MRG) treffe, nicht übereinstimmten bzw der Ermessensspielraum „gravierend falsch“ beurteilt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

2. Für die Beurteilung der Frage, ob den Mieter an der verspäteten Zahlung des Mietzinses ein grobes Verschulden trifft, ist seine Willensrichtung, die zur Zahlungssäumnis führte, entscheidend (RIS-Justiz RS0069316 [T2, T 14]). Grobes Verschulden setzt ein besonderes Maß an Sorglosigkeit voraus, sodass der Vorwurf berechtigt erscheint, der Mieter habe die Interessen des Vermieters aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn oder Streitsucht verletzt (RIS-Justiz RS0069304; 7 Ob 99/12b mwN; 10 Ob 8/13v).

2.1. Im Allgemeinen kann nur eine Verspätung von wenigen Tagen oder wegen vorübergehender Zahlungsschwierigkeiten toleriert werden; häufige Rückstände trotz Mahnung können nur ausnahmsweise nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine sonst naheliegende grobe Fahrlässigkeit ausschließen (RIS-Justiz RS0070310). Der Oberste Gerichtshof hat es schon mehrfach als zulässig angesehen, bei der Beurteilung des Verschuldens auch das Zahlungsverhalten des Mieters vor dem Räumungsprozess zu berücksichtigen (3 Ob 71/12f mwN; RIS-Justiz RS0069316 [T2, T 7, T 13]). Die Beweislast dafür, dass ein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des Zinses nicht vorliegt, trifft den Beklagten (RIS-Justiz RS0069316).

3. Ob den Mieter an der nicht rechtzeitigen Zahlung des Mietzinses ein grobes Verschulden iSd § 33 Abs 2 MRG trifft, stellt eine Frage des Einzelfalls dar. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit kann insoweit die Zulässigkeit der Revision nur dann begründet werden, wenn das Berufungsgericht den ihm bei der Beurteilung des groben Verschuldens an der nicht rechtzeitigen Zahlung des Mietzinses eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat (RIS-Justiz RS0042773 [T1, T 3]; 10 Ob 8/13v mwN).

4. Dieser Spielraum wurde im vorliegenden Fall nicht überschritten: Kam es doch bei der Beklagten in den Jahren 2006 bis 2012 trotz zahlreicher Mahnungen bzw Geltendmachung im bereits anhängigen Verfahren immer wieder zu (qualifizierten) Mietzinsrückständen über mehrere Monate. Bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 bis 2.200 EUR ab Oktober 2009 und einer Mietzinshöhe unter 400 EUR ist die Beurteilung der Vorinstanzen selbst unter Berücksichtigung der zuvor bestehenden Arbeitslosigkeit der Beklagten von Jänner 2005 bis September 2009 und der (jeweils einmaligen) Aufwendungen für das Strafverfahren ihres Gatten bzw ihre Scheidung jedenfalls vertretbar.

4.1. Schon der lange Zeitraum des wiederholten Zahlungsverzugs weist nämlich auf grobes Verschulden hin; wenn die Vorinstanzen daraus den Schluss zogen, ein (Gegen-)Beweis sei der Beklagten auch nach den weiteren Feststellungen zu ihren finanziellen Verhältnissen nicht gelungen, ist dies nicht zu beanstanden. Nach der dargelegten Rechtsprechung vermag die außerordentliche Revision (vom nicht mehr angreifbaren Sachverhalt ausgehend) daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Ihre Zurückweisung bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

5. Zum Antrag der Beklagten, der Oberste Gerichtshof möge ihrer außerordentlichen Revision hemmende Wirkung zuerkennen, ist abschließend noch anzumerken, dass die Erhebung einer außerordentlichen Revision nicht den Eintritt der Vollstreckbarkeit, sondern nur jenen der Rechtskraft hindert (§ 505 Abs 4 ZPO). Entgegen dem vom Erstgericht nach Einlangen des Rechtsmittels gefassten Beschluss vom (ON 32) wäre die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils somit nicht (als „irrtümlich“ erteilt) aufzuheben gewesen. Nach § 42 Abs 1 Z 2a EO kann auf Antrag die Aufschiebung (Hemmung) der Exekution angeordnet werden, wenn gegen das der Exekution zu Grunde liegende Berufungsurteil außerordentliche Revision (§ 505 Abs 4 ZPO) erhoben wurde. Diese Voraussetzung liegt jedoch ebenfalls nicht (mehr) vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00003.14K.0325.000