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VfGH vom 25.09.1995, B1304/94

VfGH vom 25.09.1995, B1304/94

Sammlungsnummer

14214

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung einer Berufung gegen den Ersatz von Wildschäden als verspätet; Berufungsfrist durch Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Bescheides in Gang gesetzt; keine rechtlichen Wirkungen der Zustellung einer weiteren Bescheidausfertigung

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. P H machte gegen die Jagdgesellschaft S den Ersatz von Wildschäden geltend, die im Jahre 1972 behaupteterweise auf ihm gehörenden Liegenschaften entstanden waren.

Zum Verwaltungsgeschehen wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die in den Erkenntnissen VfSlg. 10014/1984 und 13432/1993 enthaltenen Sachverhaltsdarstellungen verwiesen. (Zu den hier maßgebenden Details des ersten Rechtsganges s.u. II.1).

Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis VfSlg. 13432/1993 u.a. den in dieser Sache am ergangenen Berufungsbescheid der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (im folgenden: Landeskommission) auf, weil die Behörde Personen zum Schadenersatz verpflichtet hatte, die der Jagdgesellschaft zum Zeitpunkt der Entstehung des Schadens nicht als Mitglieder angehörten; diese Meinung der Landeskommission wertete der Gerichtshof als denkunmögliche Gesetzesanwendung.

In der Folge erließ die Landeskommission den Ersatzbescheid vom : Sie behob den bei ihr mit Berufung angefochtenen, mit datierten Bescheid der Oberkommission für Jagd- und Wildschäden hinsichtlich der Wildschäden 1972 und wies die Berufung, die seinerzeit (nämlich am ) von P H gegen die am von der örtlichen Jagd- und Wildschadenskommission für die Gemeinde T-S getroffene Entscheidung erhoben worden war, zurück. P H wurde verpflichtet, die Verfahrenskosten in bestimmter Höhe zu bezahlen.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid vom wendet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die Landeskommission als jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Die Jagdgesellschaft S, bestehend aus drei namentlich bezeichneten Mitgliedern, gab als beteiligte Partei eine Äußerung ab, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Sie verzeichnet Kosten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die örtliche Jagd- und Wildschadenskommission für die Gemeinde T-S hat das Begehren des Beschwerdeführers auf Ersatz des im Jahre 1972 auf ihm gehörenden Liegenschaften entstandenen Wildschadens nach einer am durchgeführten Verhandlung abgewiesen und ihn zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet. In der über die Verhandlung aufgenommenen Niederschrift (S 5) lautet es: "Die Parteien bestätigen durch ihre Unterschrift die Empfangnahme einer Ausfertigung der Entscheidung". Die Niederschrift ist u.a. vom Beschwerdeführer und von dessen Vertrauensmann unterschrieben. Eine (weitere) schriftliche Ausfertigung (datiert mit ) wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung der örtlichen Jagd- und Wildschadenskommission eine mit datierte, bei dieser Behörde am eingelangte Berufung. Die Oberkommission für Jagd- und Wildschäden für den Bereich der Bezirkshauptmannschaft S P ging implizit von der Zulässigkeit der Berufung aus; sie nahm offenbar an, daß die Berufungsfrist am zu laufen begonnen habe und das Rechtsmittel daher rechtzeitig erhoben worden sei. Sie behob den erstinstanzlichen Bescheid und sprach dem Beschwerdeführer Schadenersatz zu.

Der weitere Verfahrensablauf ist oben zu I.1. geschildert.

Mit dem nunmehr beim Verfassungsgerichtshof bekämpften Bescheid vertritt die Landeskommission die Auffassung, daß anläßlich der Verhandlung vom nicht etwa ein Bescheid mündlich verkündet, sondern u.a. dem Beschwerdeführer eine schriftliche Bescheidausfertigung übergeben worden sei. Damit aber sei die Berufung vom verspätet erhoben worden; sie sei deshalb zurückzuweisen gewesen. Diesen Mangel habe die Berufungsbehörde in jedem Verfahrensabschnitt von Amts wegen wahrzunehmen. Der Bescheid der Oberkommission, der diesen Mangel nicht aufgegriffen habe, sei sohin zu beheben und die Berufung vom zurückzuweisen gewesen.

Der Beschwerdeführer meint, am sei ihm keine Bescheidausfertigung übergeben worden; die Berufungsfrist sei erst mit der am erfolgten Bescheidzustellung in Gang gesetzt worden.

2.a) Die Landeskommission hat mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr bekämpften Bescheid eine Berufung des Beschwerdeführers als verspätet zurückgewiesen. Sie hat ihm damit eine Sachentscheidung verweigert. Hätte sie dies zu Unrecht getan, so hätte sie den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. zB VfSlg. 10374/1985, 13280/1992).

b) Die zu lösende Frage reduziert sich also darauf, ob die Annahme der Landeskommission, dem Beschwerdeführer sei bereits am eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides zugestellt und damit die Berufungsfrist in Gang gesetzt worden, richtig ist.

Die von der Landeskommission getroffenen Sachverhaltsfeststellungen werden durch den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes bestätigt; die rechtlichen Ableitungen der Behörde treffen zu.

Beizufügen bleibt, daß die am erfolgte Zustellung einer weiteren (mit datierten) Bescheidausfertigung rechtlich keine Wirkung entfaltet hat (vgl. zB VfSlg. 4366/1963).

3. Da die Berufung des Beschwerdeführers dem Gesetz entsprechend zurückgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit sowohl der die Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften als auch jener über die Zusammensetzung der Landeskommission ist es damit auch ausgeschlossen, daß er in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre (vgl. zB VfSlg. 10374/1985).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

5. Der beteiligten Partei waren die begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil die von ihr erstattete Äußerung nichts zur Rechtsfindung beigetragen hat.

Fundstelle(n):
LAAAD-81678