OGH vom 01.07.2003, 10ObS119/03b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Scherz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Markus M*****, vertreten durch den Sachwalter Manfred M*****, dieser vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Betriebskrankenkasse Austria Tabak, 1091 Wien, Porzellangasse 51, vertreten durch Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Hauskrankenpflege, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 231/02f-44, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 7 Cgs 93/99y-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Oberste Gerichtshof stellt beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 89 Abs 2 B-VG den
Antrag,
1. in § 29 der Satzung 2000 der Betriebskrankenkasse Austria Tabak, kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr 19/2000, Soziale Sicherheit Nr 2/2000, das Wort "saldierten",
2. in § 38 dieser Satzung die Wortfolge " - die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151 ASVG),"
3. sowie die Z 4 im Anhang 5 dieser Satzung in der Fassung der 3. und 4. Änderung der Satzung 2000 - Nr 53/2002 und Nr 18/2003
als gesetzwidrig aufzuheben.
Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß 57 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.
Text
Begründung:
Der am geborene Kläger erlitt am einen Verkehrsunfall. Seither besteht bei ihm eine nahezu komplette Querschnittlähmung unterhalb des Kopfes, wobei einige funktionell nahezu wertlose Restbewegungen der rechten und linken Hand sowie des rechten Beines vorhanden sind. Weiters besteht beim Kläger eine nahezu komplette Atemlähmung. Um die Atmung aufrecht zu erhalten, ist der Kläger mit einem Beatmungsgerät sowie einer Raumluftbeatmung ausgestattet. Die Beatmung erfordert eine Tracheostomiekanüle. Aufgrund der Blasen- und Mastdarmlähmung ist ein regelmäßiger Fremdkatheterismus erforderlich, der durch Pflegepersonen durchgeführt wird. Stuhlabsetzen ist aufgrund der vorhandenen Mastdarmlähmung nicht spontan möglich, sondern muss durch medikamentöse Maßnahmen eingeleitet und durchgeführt werden. Da beim Kläger keine Hustenmöglichkeit besteht, ist eine laufende Toilettierung des Atembereiches und das Absaugen der großen Atemwege erforderlich. Hiefür ist die Beatmungsmaschine abzunehmen.
Aktivitäten des täglichen Lebens können vom Kläger nicht wahrgenommen werden. Er ist nahezu vollständig auf fremde Hilfe angewiesen. Lediglich das Schlucken von Flüssigkeiten und das Kauen vorgeschnittener Speisen ist möglich. Aufgrund der eingetretenen hohen Lähmung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Endzustand erreicht. Eine wesentliche funktionelle Besserung der Lähmungssituation an den Extremitäten bzw im Bereich der Blase und des Mastdarmes ist nicht zu erwarten.
Die Pflege des Klägers erfolgt im Erdgeschoß eines von der Familie des Klägers errichteten und behindertengerecht ausgestatteten Wohnhauses durch geschultes Personal aufgrund ärztlicher Anordnung. Das Pflegepersonal arbeitet im 12 Stunden-Rhythmus, wobei jeweils zwei Pflegepersonen eine Woche lang im Wechseldienst die Pflege durchführen. Naturgemäß war es für den Kläger längere Zeit äußerst schwierig, seinen Gesundheitszustand zu akzeptieren. Sein psychischer Zustand war während des eineinhalbjährigen Klinikaufenthaltes in Bad Wildungen (Deutschland) labil und gestört. Dem gegenüber hat sich sein psychischer Zustand durch die häusliche Pflege ganz erheblich verbessert. Es bestehen keinerlei kognitive Defekte, der emotionale Zustand ist recht gut, Zeichen einer Depressivität bestehen nicht. Dem Kläger ist es mit Hilfe des Betreuungspersonals und auch seiner Mutter gelungen, sich beispielsweise mit Schachspielen (über einen Computer mit Kinnsteuerung) zu beschäftigen. Darüber hinaus sieht der Kläger gern interessante Filme im Fernsehen. Die Bedingungen der derzeitigen Betreuung des Klägers sind trotz der intensiv-medizinischen Versorgung optimal; das Milieu ist als emotional angenehm zu bezeichnen.
Bei der Unterbringung zu Hause handelt es sich um eine der Anstaltspflege gleichwertige Behandlung, die in Bezug auf die psychischen Auswirkungen der Behandlung auf einer Intensivstation weit überlegen ist. Würde man den Kläger langfristig auf einer Intensivstation unterbringen, würden daraus schwere psychische Störungen resultieren; es wäre mit ausgeprägten depressiven Dekompensationen zu rechnen, die wiederum zu einer erheblichen Gefährdung im vitalen Bereich und zu erheblichen Komplikationen im somatischen Bereich führen würden. Nur das optimale Zusammenwirken von Milieufaktoren und Betreuungspersonen hat dazu geführt, dass beim Kläger eine für die Verhältnisse beachtliche Lebensqualität vorliegt. Es handelt sich dabei allerdings um ein sehr labiles Gleichgewicht. Die institutionelle Unterbringung auf einer Intensivstation mit dem damit verbundenen Wechsel der Bezugspersonen und des vertrauten Milieus würde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einem (lebensgefährlichen) depressiven Zustand führen.
Die Anzahl der Intensivbetten ist österreichweit gesehen aus ökonomischen Gründen äußerst knapp gehalten. Kein Krankenhaus mit einer Intensivstation könnte den jahrelangen Belag mit einem "Dauerpatienten" verantwortungsvoll auf sich nehmen. Eine dauernde Betreuung auf einer Intensivstation wäre daher auch im Sinne der Ressourcengerechtigkeit nicht zielführend. Zudem kostet ein Intensivbett einer Beatmungsstation je nach Infrastruktur des Krankenhauses ca S 25.000 bis S 45.000 täglich und damit entstünden therapiebedingt Pflegekosten von mindestens S 750.000 bis S 1,350.000 pro Monat.
Das Infektionsrisiko auf einer Intensivstation hängt von der Invasivität und der Dauer des Aufenthaltes ab. Die am häufigsten auftretende intensivstationsbezogene Infektion ist die Lungenentzündung; dazu entwickeln sich noch selektierte krankmachende, gegen Antibiotika resistente Keime. Das Infektionsrisiko steigt mit der Aufenthaltsdauer; bereits nach 21 Tagen beträgt es 100 %. Im häuslichen Umfeld sind hingegen nur "normale" Besiedlungskeime zu erwarten, mit denen jeder Mensch in Symbiose lebt.
Die Risiken aus Sicht der Beatmungspflicht sind im häuslichen Bereich kaum höher einzuschätzen als bei einer stationären Pflege auf einer Intensivstation. Andere Risiken im Sinne der notwendigen intensiven Körperpflege (Blasen- und Mastdarmpflege, Dekubitusprophylaxe) sind gleichwertig hoch oder bei sachgerechter Durchführung sogar niedriger als auf einer Intensivstation. Insgesamt würden die Auswirkungen einer Infektion (insbesondere der Lunge) bei einer Dauerunterbringung auf einer Intensivstation zu einer nicht beherrschbaren Komplikation führen.
Eine Einrichtung zur Unterbringung beatmungspflichtiger Patienten außerhalb einer Intensivstation, also in einem Einzelzimmer auf einer normalen Bettenstation, gibt es in Österreich nicht. Eine solche Maßnahme wäre zwar im Vergleich zur Intensivstation die bessere Variante, ist aber der derzeitigen Betreuungsmaßnahme im häuslichen Bereich unterlegen.
Mit Bescheid vom hat die beklagte Betriebskrankenkasse den Antrag des Klägers auf Gewährung der medizinischen Hauskrankenpflege gemäß § 151 ASVG im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, beim Kläger liege der Versicherungsfall der Krankheit nicht (mehr) vor, weshalb den Krankenversicherungsträger keine Leistungspflicht treffe. Aus verfassungsrechtlichen Gründen (gemäß Art 15 B-VG falle die Aufgabe der Versorgung von Pflegefällen in die Zuständigkeit der Länder) sei der Krankenversicherungsträger nicht verpflichtet, weitere Kosten zu übernehmen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, "der klagenden Partei aus dem bestehenden Sozialversicherungsverhältnis, insbesondere der Krankenversicherung, die gesetzlichen Leistungen, insbesondere die ganzheitliche medizinische Hauskrankenpflege, zu erbringen."
Das Erstgericht gab diesem Klagebegehren im ersten Rechtsgang vollinhaltlich statt.
In der mündlichen Berufungsverhandlung schränkte der Kläger nach Erörterung der Formulierung seines Klagebegehrens sein Urteilsbegehren dahin ein, dass die beklagte Partei schuldig erkannt werde, "ab (= Tag nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) die Kosten der Hauskrankenpflege des Klägers zu übernehmen." Der Kläger verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass ihm bis zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz im Zusammenhang mit der Hauskrankenpflege keine Kosten entstanden seien, da die beklagte Partei bisher freiwillig die Kosten der Hauskrankenpflege übernommen habe. Das Berufungsgericht hat im ersten Rechtsgang in Stattgebung der Berufung der beklagten Partei das Ersturteil aufgehoben und die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht erachtete eine Verfahrensergänzung insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob es sich bei der vom Kläger beanspruchten medizinischen Hauskrankenpflege überhaupt um eine im konkreten Fall der Anstaltspflege gleichwertige medizinische Versorgung handle, für erforderlich.
Der Oberste Gerichtshof gab den von beiden Parteien dagegen erhobenen Rekursen keine Folge. Dieser zu 10 ObS 315/00x ergangene Beschluss wurde zwischenzeitlich auch in SSV-NF 15/57 veröffentlicht, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf verwiesen werden kann. Im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof war nicht mehr strittig, dass beim Kläger der Versicherungsfall der Krankheit vorliegt und daher von der beklagten Partei als zuständigem Krankenversicherungsträger aus diesem Versicherungsfall neben der notwendigen Krankenbehandlung erforderlichenfalls auch medizinische Hauskrankenpflege oder Anstaltspflege zu gewähren sind. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung insbesondere zum Verhältnis von medizinischer Hauskrankenpflege und Anstaltspflege sowie zur Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Kläger ein Anspruch auf medizinische Hauskrankenpflege zusteht, eingehend Stellung genommen.
Im fortgesetzten Verfahren brachte die beklagte Partei im Wesentlichen noch vor, die Satzung der beklagten Partei sehe bei Fehlen von ausreichenden vertraglichen Vereinbarungen für Pflegeleistungen im Rahmen der medizinischen Hauskrankenpflege fixe Beträge vor, an welche auch das Gericht im Falle eines Zuspruches gebunden sei, zumal es sich dabei um eine abschließende Regelung in der Satzung handle. Der Kläger habe mit einem privaten Unternehmen einen Vertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen abgeschlossen. Die monatlichen Kosten für die Pflege des Klägers würden EUR 24.834 betragen, wovon der Kläger einen Betrag von EUR 1.531,51 monatlich selber bestreite, während der restliche Betrag von der beklagten Partei freiwillig und über die satzungsgemäßen Leistungen hinaus bezahlt werde.
Der Kläger hielt diesem Vorbringen im Wesentlichen entgegen, der bei ihm erforderliche Betreuungsaufwand sei in der Satzung der beklagten Partei nicht geregelt und es bestünden dafür überhaupt keine Tarife für Hauskrankenpflegeleistungen. Die in der Satzung der beklagten Partei vorgesehenen Kostenzuschüsse seien im Übrigen im Hinblick auf deren Höhe und die Dauer ihrer Gewährung nicht als absolute Beträge anzusehen, da aufgrund chefärztlicher oder kontrollärztlicher Bewilligung Ausnahmen und Erhöhungen möglich seien.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei im zweiten Rechtsgang schuldig, ab (= Tag nach Schluss der mündlichen Verhandlung) die Kosten der Hauskrankenpflege des Klägers in Höhe von monatlich EUR 23.302,49 zu übernehmen, und wies ein Mehrbegehren auf Übernahme der Kosten der Hauskrankenpflege auch für den Zeitraum vom bis ab. Neben den bereits eingangs wiedergegebenen Feststellungen traf das Erstgericht insbesondere noch folgende weitere Feststellungen:
Der Kläger, vertreten durch seinen Vater als Sachwalter, und die beklagte Partei als Auftraggeber einerseits sowie die A***** & M***** OHG, private medizinische Krankenpflegedienste mit Sitz in Frankfurt am Main als Auftragnehmerin andererseits schlossen erstmals im Dezember 1999 einen Vertrag über die Durchführung der häuslichen Krankenpflege des Klägers. Die Auftragnehmerin verpflichtete sich darin, für ein Pauschalentgelt von EUR 17.690,76 monatlich die vollständige krankenpflegerische Versorgung des Klägers 24 Stunden pro Tag und 7 Tage pro Woche sicherzustellen.
Im Juni 2001 schlossen der Kläger, wiederum vertreten durch seinen Vater als Sachwalter, und die beklagte Partei mit der "G*****-Gesellschaft für medizinische Intensivpflege mbH" mit Sitz in Berlin einen Vertrag über die häusliche Krankenpflege des Klägers mit dem gleichen Umfang. Das Gesamtentgelt beträgt derzeit EUR 24.834. Der Kläger trägt davon einen Teilbetrag in Höhe des Pflegegeldes der Stufe 7 von derzeit EUR 1.531,51 selbst, während der restliche Betrag von der beklagten Partei (freiwillig) bezahlt wird. In Punkt 7 des Vertrages ist dazu festgehalten, dass der Abschluss des vorliegenden Vertrages und die Erbringung der darin von der beklagten Partei zugesagten Leistungen in keiner Weise als Anerkenntnis des Bestehens einer gesetzlichen Leistungspflicht der beklagten Partei zu werten sei, die Übernahme eines Kostenanteils durch die beklagte Partei angesichts der besonderen Situation und Dringlichkeit einer zumindest vorläufigen Klärung der Kostentragung lediglich zum Zweck der vorläufigen Sicherstellung der Finanzierung der Pflegeleistung ohne Anerkenntnis der diesbezüglichen Rechtspflicht erfolge und die vorläufige Übernahme des Kostenanteils zeitlich limitiert sei. In einer Ergänzung zum Vertrag vom ist festgehalten, dass die vorläufige Übernahme eines Kostenanteils der beklagten Partei zeitlich limitiert ist und zwar bis zum Zeitpunkt, in dem über die Leistungspflicht eines anderen Rechtsträgers endgültig entschieden ist, längstens jedoch bis .
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass die intensiv-medizinische Behandlung des Klägers durch künstliche Beatmung, die nur mit ärztlicher Hilfe und durch Einsatz hochtechnischer Geräte lebenserhaltend gewährleistet werde, eine Krankenbehandlung darstelle, die von der gesetzlichen Krankenversicherung entweder als Anstaltspflege oder als Hauskrankenpflege zu leisten sei. § 144 Abs 1 dritter Satz ASVG normiere den Vorrang der Hauskrankenpflege, soweit es die Art der Erkrankung zulasse. In der beim Kläger angewendeten Form handle es sich dabei um die einzige tatsächlich in Betracht kommende Behandlungsform, die in einem gewissen Umfang ein lebenswertes Leben ermögliche. Unabhängig davon, dass Intensivstationen gar nicht auf die Dauerbehandlung von Patienten ausgerichtet seien, komme die langfristige Behandlung des Klägers auf einer Intensivstation schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Behandlung medizinisch, psychisch und ethisch unvertretbar wäre. Bei einer Unterbringung auf einer Intensivstation bestünde für den Kläger in absehbarer Zeit Lebensgefahr. Eine andere stationäre Unterbringungsmöglichkeit bestehe in Österreich nicht. Der Kläger habe daher grundsätzlich Anspruch auf medizinische Hauskrankenpflege, und zwar ohne zeitliche Begrenzung. Das Kostenargument habe aufgrund der hier zu beurteilenden außergewöhnlichen Verhältnisse in den Hintergrund zu treten, wobei die Hauskrankenpflege kostenmäßig ohnedies weit hinter dem Aufwand auf einer Intensivstation zurückbleibe.
Der gesetzliche Krankenversicherungsträger habe grundsätzlich für ein ausreichendes Sachleistungsangebot zu sorgen. Wenn er eine konkrete Sachleistung tatsächlich nicht erbringen könne, bestehe für den Versicherten die Möglichkeit, sich diese Leistung auch privat auf eigene Kosten zu besorgen und dafür vom Krankenversicherungsträger Ersatz zu verlangen. Auch der Umstand, dass in den für die Durchführung der medizinischen Hauskrankenpflege geschlossenen gesamtvertraglichen Regelungen keine dem Betreuungsaufwand beim Kläger entsprechenden Betreuungssätze enthalten seien, stehe dem Kostenübernahmebegehren im vorliegenden Fall nicht entgegen. Es könne dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass der Krankenversicherungsträger keine geeigneten Pflegepersonen beistellen könne und die Leistung im Wege eines ausländischen Pflegedienstes importiert werden müsse.
Die Leistungsverpflichtung der Beklagten sei durch die in der Satzung festgelegten Kostenzuschüsse betragsmäßig begrenzt. Bei der Festsetzung dieser Beträge sei aber offenkundig an den beim Kläger erforderlichen außergewöhnlichen Betreuungsaufwand nicht gedacht worden. Grundsätzlich umfasse die Hauskrankenpflege nämlich nur bestimmte medizinische Leistungen bzw qualifizierte Pflegeleistungen wie etwa das Verabreichen von Injektionen und Sondenernährung oder Dekubitusversorgung. Die lebenserhaltende Beatmung eines Patienten falle sicher nicht unter den "klassischen" Begriff der medizinischen Hauskrankenpflege. Der im Anhang der Satzung vorgesehene Kostenzuschuss von derzeit EUR 8,72 täglich könne daher die beim Kläger notwendigen Behandlungen in keiner Weise umfassen. Da für den Kläger eine andere Form der Behandlungsmöglichkeit in Österreich nicht gegeben sei und die Hauskrankenpflege in der bestehenden Form die einzige ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung darstelle, die das Maß des Notwendigen nicht übersteige, habe die beklagte Partei über den in der Satzung geregelten pauschalen Kostenzuschuss hinaus für die tatsächlichen Kosten der Hauskrankenpflege aufzukommen. Diese Kosten beliefen sich (abzüglich des dem Kläger gewährten Pflegegeldes) auf derzeit EUR 23.302,49 monatlich. In diesem Umfang sei dem Klagebegehren für den Zeitraum nach Schluss der Verhandlung erster Instanz (ab ) stattzugeben. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die begehrte Leistung von der beklagten Partei ohnedies freiwillig erbracht worden, sodass für den Zeitraum bis das Kostenübernahmebegehren abzuweisen sei.
Dieses Urteil wurde vom Berufungsgericht über Berufung beider Parteien bestätigt. Das Berufungsgericht vertrat zur Berufung der beklagten Partei die Auffassung, der Kläger habe grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Gewährung der medizinischen Hauskrankenpflege, weil aufgrund der im konkreten Fall festgestellten außergewöhnlichen Umstände im Wege der Anstaltspflege keine ausreichende Krankenbehandlung sichergestellt werden könne. Auch die von der beklagten Partei eingewendete satzungsmäßige Beschränkung der Leistung auf einen bloßen Kostenzuschuss in Höhe von derzeit EUR 8,72 pro Pflegetag (§ 131b ASVG iVm §§ 37, 38 und Anhang 5 der Satzung) komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Diese Regelung habe nur die typischen (einfachen) Fälle der medizinischen Hauskrankenpflege, nicht jedoch den hier zu beurteilenden außergewöhnlichen (intensiv-medizinischen) Fall im Auge. Der Leistungsanspruch des Klägers werde daher bei verfassungskonformer Auslegung der nur den Regelfall betreffenden satzungsmäßigen Zuschussregelung nicht eingeschränkt. Da es auch keine gesetzlichen oder richtlinienmäßig festgelegten Kostensätze für die beim Kläger notwendige Leistung gebe, habe das Erstgericht zu Recht die tatsächlichen Kosten der Betreuung erhoben und seiner Entscheidung zugrundegelegt.
Während die vom Berufungsgericht bestätigte Abweisung des den Zeitraum vom bis betreffenden Klagebegehrens vom Kläger unbekämpft blieb und somit in Rechtskraft erwachsen ist, bekämpft die beklagte Partei das Urteil des Berufungsgerichtes mit rechtzeitiger Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem primären Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des gesamten Klagebegehrens abzuändern.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Aus Anlass der zulässigen Revision hat der erkennende Senat Folgendes erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Es wird auch von der beklagten Partei die Richtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht mehr in Zweifel gezogen, wonach der Kläger ausgehend von den im zweiten Rechtsgang ergänzend getroffenen Feststellungen nach den vom erkennenden Senat bereits im ersten Rechtsgang ausführlich dargelegten allgemeinen Grundsätzen der Krankenbehandlung unter anderem Anspruch auf medizinische Hauskrankenpflege hat, da er einer Versorgung rund um die Uhr durch geschultes Pflegepersonal bedarf und eine stationäre Unterbringung in einer Krankenanstalt medizinisch kontraindiziert ist (vgl auch Mazal, Der Anspruch auf Krankenbehandlung bei chronischen Krankheiten am Beispiel der Behandlung beatmungspflichtiger Kranker, ZAS 2002, 33 ff). So steht fest, dass es in Österreich keine Möglichkeit für eine dauernde Betreuung des Klägers auf einer Intensivstation, welche zudem erheblich höhere Kosten als die Hauskrankenpflege in der bestehenden Form erfordern würde, gibt. Es besteht in Österreich auch keine Einrichtung zur Unterbringung beatmungspflichtiger Patienten außerhalb einer Intensivstation, also in einem Einzelzimmer auf einer normalen Bettenstation. Im Übrigen handelt es sich bei der Unterbringung des Klägers zu Hause um eine der Anstaltspflege gleichwertige Behandlung, welche in Bezug auf die psychischen Auswirkungen und im Hinblick auf das Infektionsrisiko der Behandlung auf einer Intensivstation weit überlegen ist. Würde man den Kläger langfristig auf einer Intensivstation unterbringen, würden daraus neben der signifikant erhöhten Infektionsgefahr schwere psychische Störungen resultieren. Es wäre mit ausgeprägten depressiven Dekompensationen zu rechnen, die wiederum zu einer erheblichen Gefährdung im vitalen Bereich und zu erheblichen Komplikationen im somatischen Bereich führen würden. In Anbetracht der geschilderten Umstände geht der erkennende Senat davon aus, dass der Kläger grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Gewährung der medizinischen Hauskrankenpflege hat.
Das österreichische Krankenversicherungsrecht ist vom Sachleistungsprinzip geprägt. Die Sozialversicherungsträger haben sich darum zu bemühen, ein System zu schaffen, welches die Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen ermöglicht, ohne dass die Versicherten selbst zur Honorierung herangezogen werden müssen. So obliegt es den Krankenversicherungsträgern gemäß § 23 Abs 5 ASVG, für die Krankenbehandlung der Versicherten und ihrer Familienangehörigen ausreichend Vorsorge zu treffen. Nach der im Sechsten Teil des ASVG enthaltenen Bestimmung des § 338 Abs 1 ASVG werden die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung zu den freiberuflich tätigen Ärzten, Gruppenpraxen, Dentisten, Hebammen, Apothekern, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen, freiberuflich tätigen Psychotherapeuten, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege gemäß § 151 erbringen, und anderen Vertragspartnern durch privatrechtliche Verträge geregelt. Durch diese Verträge ist die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen (§ 338 Abs 2 erster Satz ASVG). Schließlich ist auch in § 133 Abs 2 letzter Satz ASVG festgelegt, dass die Leistungen der Krankenbehandlung, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird (vgl § 130 Abs 3, § 131 Abs 1 und 3, § 131a, § 131b, § 132 ASVG), als Sachleistungen erbracht werden.
Auch bei der medizinischen Hauskrankenpflege steht die Sachleistungsgewährung im Vordergrund. Nach § 151 Abs 2 ASVG wird die medizinische Hauskrankenpflege durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege (§ 12 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, BGBl I Nr 108/1997) erbracht, die vom Krankenversicherungsträger beigestellt werden oder die mit dem Krankenversicherungsträger in einem Vertragsverhältnis im Sinne des Sechsten Teiles dieses Bundesgesetzes stehen oder die im Rahmen von Vertragseinrichtungen tätig sind, die medizinische Hauskrankenpflege betreiben. Nach § 151 Abs 3 ASVG kann die Tätigkeit des Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege nur auf ärztliche Anordnung erfolgen. Die Tätigkeit umfasst medizinische Leistungen und qualifizierte Pflegeleistungen, wie die Verabreichung von Injektionen, Sondenernährung, Dekubitusversorgung. Zur medizinischen Hauskrankenpflege gehören nicht die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung des Kranken.
Die Mitwirkung der Vertragsärzte im Bereich der medizinischen Hauskrankenpflege wurde in einer zwischen der österreichischen Ärztekammer und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger abgeschlossenen gesamtvertraglichen Vereinbarung geregelt (vgl Scholz, medizinische Hauskrankenpflege als krankenhausersetzende Leistung, SozSi 1993, 380 ff). Dem Vertragsarzt gebühren danach ein pauschales Betreuungshonorar und die Abgeltung gewisser Sonderleistungen (zB für das Legen einer Ernährungssonde, chirurgische Intervention, Verbandswechsel). In Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung haben die Sozialversicherungsträger neben dieser Vereinbarung mit der Ärzteschaft auch in den Bundesländern Abmachungen mit jenen Organisationen geschlossen, die die im Zusammenhang mit der medizinischen Hauskrankenpflege benötigten pflegerischen Leistungen anbieten. Aufgrund dieser Verträge kommt es zu einer Direktverrechnung zwischen dem Krankenversicherungsträger und seinen Vertragspartnern (vgl ARD 4493/21/93 und 4364/10/92; Binder in Tomandl, SV-System 15. ErgLfg 232 [2.2.3.3.]).
Ist der Krankenversicherungsträger - wie offensichtlich auch im vorliegenden Fall - nicht in der Lage, dem Versicherten die notwendigen Sachleistungen durch eigene oder Vertragserrichtungen der Krankenbehandlung zur Verfügung zu stellen, so tritt an deren Stelle die Erbringung von Geldleistungen (Kostenerstattung bzw Kostenzuschuss). Bei der Kostenerstattung bzw beim Kostenzuschuss hat der Versicherte die gewünschte Leistung selbst am Markt zu besorgen; die Sozialversicherung leistet dabei grundsätzlich keine Hilfestellung. Ihre Aufgabe beschränkt sich darauf, die vom Versicherten für die Inanspruchnahme von Gesundheitsgütern aufgewendeten Kosten im Nachhinein bis zu einem gewissen Höchstbetrag zu erstatten (Schrammel, Die Durchsetzung von Leistungsansprüchen in der sozialen Krankenversicherung in FS Tomandl [1998] 679 ff [680] ua; SSV-NF 10/114 ua).
Während die §§ 131 und 131a ASVG bestehende oder früher bestandende Vertragstarife voraussetzen, soll § 131b ASVG dort Anwendung finden, wo mit einer Berufsgruppe noch überhaupt keine Verträge existieren bzw existierten. Die Zuschussregelung des § 131b ASVG wurde mit der 50. ASVG-Novelle eingeführt, mit welcher auch die medizinische Hauskrankenpflege als Pflichtleistung im Sozialversicherungsrecht verankert wurde (§§ 117 Z 2, 144 Abs 1 und 3, 151 ASVG sowie Parallelbestimmungen in den übrigen Sozialversicherungsgesetzen). Nach § 131b ASVG betreffend Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen gilt dann, wenn andere Vertragspartner infolge Fehlens von Verträgen nicht zur Verfügung stehen, § 131a ASVG mit der Maßgabe, dass in jenen Fällen, in denen noch keine Verträge für den Bereich einer Berufsgruppe bestehen, der Versicherungsträger den Versicherten die in der Satzung festgesetzten Kostenzuschüsse zu leisten hat. Der Versicherungsträger hat das Ausmaß dieser Zuschüsse unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis des Versicherten festzusetzen. Damit trifft § 131b ASVG Vorsorge für die Fälle, in denen für den Bereich einer Berufsgruppe noch keine Verträge bestehen und keine derartigen Verträge zustande kommen. Diese Regelung eröffnet der Satzung die Möglichkeit, Kostenzuschüsse für den Versicherten unter Bedachtnahme auf dessen wirtschaftliches Bedürfnis bzw auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers festzusetzen. Hinsichtlich der Höhe des Kostenzuschusses hat der Gesetzgeber damit keine Festlegung getroffen, sondern es der Verantwortung der Versicherungsträger überlassen, die entsprechende Höhe des Kostenzuschusses satzungsmäßig festzulegen (SSV-NF 12/104 mwN). Der Verfassungsgerichtshof hat diese Regelung als ausreichend determiniert erachtet; § 131b ASVG enthält daher keine formalgesetzliche Delegation. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes drückt sich in der "Bedachtnahmeformel" das für die Krankenbehandlung allgemein geltende Wirtschaftlichkeitsgebot aus. Die Satzung hat zu berücksichtigen, dass die finanziellen Ressourcen der Versichertengemeinschaft beschränkt sind, weil ein angemessenes Beitragsniveau beibehalten werden soll; die Satzung hat bei Festsetzung des Kostenzuschusses aber auch zu berücksichtigen, dass die Versicherten Anspruch auf eine ausreichende Versorgung mit Krankenbehandlungsleistungen haben (VfSlg 15.787; 13.133).
Die maßgebenden Bestimmungen der Satzung 2000 der Betriebskrankenkasse Austria Tabak, kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr 19/2000, Soziale Sicherheit Nr 2/2000, lauten wie folgt:
"Kostenerstattung für Leistungen,
die der ärztlichen Hilfe gleichgestellt sind
sowie für medizinische Hauskrankenpflege
§ 29. Für die Kostenerstattung sind auf der saldierten Honorarnote
- Personaldaten und Versicherungsnummer des Versicherten (Angehörigen),
- genaue Diagnose,
- die einzelnen erbrachten Leistungen sowie
- das Leistungsdatum
anzuführen."
Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen
§ 38. Stehen Vertragspartner für
- die der ärztlichen Hilfe gleichgestellten Leistungen (§ 135 Abs 1 Z 1 bis 3 ASVG),
- die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151 ASVG),
- den Beistand durch diplomierte Kinderkranken- und Säuglingsschwestern aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft (§ 159 ASVG),
- die Versorgung mit Heilbehelfen oder Hilfsmitteln
auf Rechnung der Kasse nicht zur Verfügung, weil Verträge nicht zustande gekommen sind, leistet die Kasse Kostenzuschüsse nach der Regelung im Anhang zur Satzung. § 27 Abs 1 gilt entsprechend."
Anhang 5 Z 4 der Satzung 2000 der Betriebskrankenkasse Austria Tabak, kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr 19/2000, Soziale Sicherheit Nr 2/2000, lautet wie folgt:
"4. Für medizinische Hauskrankenpflege durch diplomiertes Pflegepersonal
pauschal pro Pflegetag...........................................120,00 S
längstens aber für die Dauer von vier Wochen für ein und denselben Versicherungsfall.
Darüber hinaus wird ein Kostenzuschuss nur bei Vorliegen einer chef- oder kontrollärztlichen Bewilligung geleistet."
Seit beträgt der Pauschalsatz pro Pflegetag infolge der Währungsumstellung EUR 8,72 (vgl 3. und 4. Änderung der Satzung 2000 - Nr 53/2002 und Nr 18/2003.
Mit dem Inkrafttreten der neuen Satzung 2000 der Betriebskrankenkasse Austria Tabak wurde die bisher geltende Satzung 1995 aufgehoben. Die aufgehobene Satzung ist auf eingetretene Versicherungsfälle sowie bereits geltend gemachte Leistungsansprüche, die vor ihrer Aufhebung verwirklicht wurden, weiterhin anzuwenden (§ 52 Abs 2 der Satzung 2000). Die Regelung betreffend Kostenerstattung für Leistungen, die der ärztlichen Hilfe gleichgestellt sind sowie für medizinische Hauskrankenpflege (§ 131 Abs 2 ASVG) findet sich gleichlautend im § 29 der Satzung 1995; die ebenfalls unverändert gebliebene Regelung über Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen (§ 131b ASVG) war bereits im § 37 der Satzung 1995 enthalten.
Der erkennende Senat geht im vorliegenden Fall davon aus, dass Verträge zwischen dem diplomierten Pflegepersonal und dem beklagten Krankenversicherungsträger über die Erbringung einer - im Falle des Klägers notwendigen - dauernden intensivmedizinischen Behandlung eines Versicherten im häuslichen Bereich nicht bestehen, zumal die Richtigkeit dieses Prozessvorbringens der beklagten Partei vom Kläger inhaltlich gar nicht bestritten wurde. Der beklagte Versicherungsträger hat daher gemäß § 131b ASVG dem Kläger den in der Satzung für die Leistungen der medizinischen Hauskrankenpflege festgesetzten Kostenzuschuss zu leisten. Der Kläger hat dazu jedoch eingewendet, dass der bei ihm erforderliche außergewöhnliche Betreuungsaufwand in der Satzung der beklagten Partei nicht geregelt sei. Wenn auch der Auffassung des Klägers und der Vorinstanzen zweifellos darin beizupflichten ist, dass der in der Satzung für die medizinische Hauskrankenpflege vorgesehene Pauschalsatz von S 120 bzw nunmehr EUR 8,72 pro Pflegetag ganz offensichtlich nur auf den typischen (einfachen) Fall der Hauskrankenpflege (Verabreichung von Injektionen, Sondenernährung, Dekubitusversorgung) abstellt und den völlig außergewöhnlichen Fall einer dauernden intensivmedizinischen Behandlung eines Versicherten im häuslichen Bereich nicht berücksichtigt, so muss aufgrund des zitierten Wortlautes der Satzungsbestimmung des Anhanges 5 Z 4 doch davon ausgegangen werden, dass nach dem Willen des Satzungsgebers jeder Fall der medizinischen Hauskrankenpflege von der in der Satzung festgesetzten Pauschalvergütung umfasst sein soll. Gegen eine solche Satzungsregelung bestehen jedoch Bedenken wegen Gesetzwidrigkeit, da dadurch dem Kläger im Ergebnis nur ein ganz geringfügiger, praktisch nicht ins Gewicht fallender Teil (ca 1 %) seiner Krankenbehandlungskosten ersetzt würde und damit dem Kläger der gesetzliche Anspruch auf Sachleistungsgewährung im Wege des Kostenzuschusses de facto "abgeschnitten" werden würde (vgl Mazal aaO). So hat auch bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 13.571 einen Kostenzuschuss für unentbehrlichen Zahnersatz in der Höhe von S 500 pro Zahn (= rund 10 % des Aufwandes des Versicherten) als jedenfalls zu gering erachtet und die entsprechende Bestimmung in der Satzung der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse als gesetzwidrig aufgehoben. Ein Zuschuss (eine Kostenbeteiligung) müsse eine bestimmte Höhe erreichen, um begrifflich noch als Zuschuss gelten zu können. Es bestehen daher im vorliegenden Fall erhebliche Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der im Anhang der Satzung der beklagten Partei für Leistungen der medizinischen Hauskrankenpflege vorgesehenen pauschalen Zuschussregelung.
Geht man - wie der erkennende Senat - davon aus, dass die beklagte Partei dem Kläger die medizinische Hauskrankenpflege als Sachleistung über eigene Einrichtungen oder über ihre Vertragspartner gegen direkte Verrechnung der Kosten mit dem Vertragspartner nicht zur Verfügung stellen kann und sich der Kläger daher diese Leistungen zunächst selbst verschaffen muss, um nachher die satzungsgemäßen Geldleistungen der Kasse liquidieren zu können, so kann ein Leistungsbegehren des Klägers, da in der Krankenversicherung nach herrschender Auffassung kein durchsetzbarer Anspruch auf Sachleistungen besteht (SSV-NF 13/12 mwN ua), nur als Begehren auf Gewährung einer Kostenerstattung oder eines Kostenzuschusses gewertet werden. Es entspricht nun aber der ständigen, von der herrschenden Lehre gebilligten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass eine Leistungsklage auf Kostenersatz (Kostenerstattung oder Kostenzuschuss) aus der Krankenversicherung voraussetzt, dass die Kosten vorher vom Versicherten oder Anspruchsberechtigten getragen wurden. Dass nur bereits bezahlte, also ausgelegte Kosten refundiert werden (können), beruht auf dem im Krankenversicherungsrecht auch geltenden Kostenerstattungsprinzip. Dass hierüber saldierte Rechnungen verlangt werden, entspricht einem Gebot der Verwaltungsökonomie. Mangels vorheriger Kostentragung durch den Versicherten wäre ein allfälliges Leistungsbegehren auf Ersatz dieser Kosten von vornherein unberechtigt (SSV-NF 14/77; 10/48; 10/95 mwN ua).
Das österreichische Sozialversicherungsrecht wird allerdings nicht vom Kostenerstattungsprinzip, sondern vom Sachleistungsprinzip beherrscht. Die nach ASVG, B-KUVG und BSVG Versicherten erhalten die Krankenbehandlung grundsätzlich als "Sachleistung"; für die nach dem GSVG Versicherten besteht hingegen nur ausnahmsweise ein gesetzlicher Anspruch auf Sachleistung. Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung haben im Rahmen der Sachleistungsvorsorge ein Leistungssystem zu organisieren, das dem Versicherten die Inanspruchnahme medizinischer Hilfen ohne Vorauszahlung ermöglicht. Der Versicherte soll die medizinische Hilfe direkt auf Rechnung des Krankenversicherungsträgers erhalten. Diese Direktverrechnung der Behandlungskosten zwischen Sozialversicherung und Leistungserbringer ist ein Wesensmerkmal der Sachleistungsvorsorge (Selb-Schrammel in Tomandl, SV-System 15. ErgLfg 569 mwN ua). Soweit es den Sozialversicherungsträgern nicht möglich ist, ein derartiges Sachleistungssystem aufzubauen, werden die Versicherungsleistungen nach dem Kostenerstattungssystem ermöglicht. Der Vorrang des Sachleistungsprinzips hat aber auch sehr plausible Gründe. Für sehr viele Versicherte wäre nämlich ein (reines) Kostenerstattungssystem kaum zumutbar, weil ihnen die notwendigen Mittel für die Vorfinanzierung der häufig teuren medizinischen Leistungen fehlen.
Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, in welchem dem Kläger die Inanspruchnahme der ihm als gesetzliche Pflichtleistung zustehenden medizinischen Hauskrankenpflege letztlich unmöglich gemacht wird, wenn der Krankenversicherungsträger keine Vorsorge für die Sachleistungsgewährung schafft. Im Hinblick auf die Höhe der Kosten der im Falle des Klägers laufend erforderlichen intensivmedizinischen Behandlung ist einem Versicherten eine dem Kostenerstattungssystem zugrunde liegende Vorfinanzierung der Behandlungskosten in der Regel nämlich unmöglich bzw unzumutbar. Da im vorliegenden Fall auch der Umfang der späteren Kostenerstattung nicht absehbar ist, wäre auch eine Aufbringung dieser Geldmittel im Kreditweg, sofern eine solche Vorfinanzierung überhaupt gewährt würde, nicht zumutbar, weil sie letztlich zum wirtschaftlichen Ruin des Versicherten führen könnte. Der Kläger befindet sich, sofern er die in Frage stehende Behandlung im Rahmen der medizinischen Hauskrankenpflege nicht mehr erhält, in einer lebensbedrohlichen Situation, da auch die mit nachteiligen Begleitumständen verbundene Möglichkeit einer stationären Behandlung in einer Intensivstation nach den getroffenen Feststellungen keineswegs gesichert erscheint. Es bestehen daher im vorliegenden Fall auch Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der in § 29 der Satzung (durch die in dieser Bestimmung für eine Kostenerstattung vorgeschriebene Vorlage einer saldierten Honorarnote) vorgesehenen Vorfinanzierung der Behandlungskosten durch den Versicherten, weil damit, wie sich aus dem vorliegenden Fall ergibt, durch Unterlassung der gebotenen Sachleistungsvorsorge durch den Versicherungsträger (Nichtabschluss von entsprechenden Verträgen) die Inanspruchnahme der als gesetzliche Pflichtleistung dem Versicherten zustehenden medizinischen Hauskrankenpflege unmöglich gemacht werden kann.
Da die Satzung der beklagten Partei als Verordnung zu qualifizieren ist (vgl VfSlg 3219, 3709, 5422, 8875 ua), sieht sich der erkennende Senat aufgrund der aufgezeigten Bedenken veranlasst, einen entsprechenden Verordnungsprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Da im Revisionsverfahren nur noch allfällige Leistungsansprüche des Klägers für den Zeitraum ab zu beurteilen sind, war auch der Anfechtungsantrag auf die ab diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage abzustellen.
Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.