OGH vom 11.11.1999, 12Os133/99

OGH vom 11.11.1999, 12Os133/99

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Horvath als Schriftführer, in der Strafsache gegen Annemarie S***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB, AZ 9 Vr 669/99 des Landesgerichtes Klagenfurt, über die Grundrechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom , AZ 9 Bs 390/99 (= ON 22), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Annemarie S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Wegen des - weder im Beschwerdeverfahren noch in der Grundrechtsbeschwerde problematisierten - Verdachts, wonach Annemarie S***** am im Zustand der Diskretions- und Dispostionsunfähigkeit zufolge einer Geisteskrankheit (§ 11 StGB) im Landeskrankenhaus Klagenfurt eine Assistenzärztin gefährlich mit dem Tod bedrohte (§ 107 Abs 1 und Abs 2 StGB), um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem sie mit einem Messer in der Hand auf sie zuging und äußerte "hast jetzt Angst vor mir, Frau Doktor, solltest du nämlich haben, denn du bist die Nächste", während sie ihr das Messer an den Hals ansetzte, erließ der Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Klagenfurt am einen Haftbefehl (ON 9), in dem der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 175 Abs 1 Z 4 (iVm § 429) StPO angenommen wurde.

In dessen Vollziehung wurde Annemarie S***** am (Freitag) um 24 Uhr dem Gericht eingeliefert. Da die Verständigung per Telefax an die am Wochenende nicht besetzte Einlaufstelle erging, erlangte der Untersuchungsrichter erst im Laufe des (Montag) Kenntnis, worauf er um 14 Uhr 30 dieses Tages die Enthaftung der Betroffenen anordnete, "weil die 48 Stunden des § 179 Abs 2 StPO abgelaufen" waren (ON 12 und 13).

Mit der angefochtenen Entscheidung sprach das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung über die am vom Verteidiger eingebrachte Beschwerde der Betroffenen (ON 18) "gegen diesen Haftbefehl" - mit der sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit desselben und der Anhaltung "im Zeitraum vom , 24 Uhr bis , 14 Uhr 30" anstrebte - aus, dass durch die Erlassung des Haftbefehles "und die darauf gegründete Anhaltung bis , 24 Uhr" das Gesetz nicht verletzt wurde, und gab der Beschwerde insoweit nicht Folge, wogegen es den die Überschreitung der in § 179 Abs 2 StPO normierten Frist rügenden Teil der Beschwerde als unzulässig zurückwies.

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Den meritorischen Teil der Beschwerdeentscheidung betreffend setzt sie der Begründung der (jedenfalls bis zu ihrer Enthaftung indizierten) anhaltungsrelevanten Fremdgefährlichkeit der Annemarie S*****, die das Oberlandesgericht logisch und empirisch einwandfrei aus dem auf der Befundaufnahme vom beruhenden Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. N***** (ON 6) und der Äußerung der Betroffenen ableitete, sich nur in Zeiten stationären Spitalsaufenhaltes verlässlich der (die Gefährlichkeit minimierenden) medikamentösen Therapie zu unterziehen (und selbst Angst zu haben, "zum Mörder werden zu können" - S 53), bloß neuerlich den Hinweis auf den ohnedies berücksichtigten (S 136 f) rückfallsfreien Zeitraum zwischen Anlasstat und Festnahme entgegen und vermag solcherart einen Begründungsmangel, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Annahme oder gravierende Mängel in der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht aufzuzeigen.

Mit dem weiteren Einwand, wonach "im Übrigen auch nicht einsehbar" ist, aus welchen Gründen das Oberlandesgericht den die Anhaltung nach 24 Uhr des betreffenden Teil der Beschwerde zurückgewiesen hat, übergeht die Beschwerdeführerin die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses, wonach ein ordentliches Rechtsmittel gegen die den Freiheitsentzug bedingungslos beendende und damit ausschließlich mit einer nach § 2 Abs 2 GRBG in der Frist des § 4 Abs 1 leg.cit. zu erhebenden Grundrechtsbeschwerde überprüfbare Entscheidung des Untersuchungsrichters nicht offen stand.

Im Übrigen ging der Untersuchungsrichter zum Vorteil der Betroffenen - deren (nachträglich) verminderte Gefährlichkeit erst aus einem später erstatteten (im Grundrechtsbeschwerdeverfahren wegen des Neuerungsverbotes überdies unbeachtlichen), Betreuungsaktivitäten nach der Entlassung berücksichtigenden ergänzenden Gutachten des genannten Sachverständigen erhellt (ON 20) - irrtümlich davon aus, nicht zu der weiteren Anhaltung berechtigt zu sein, erzwingt doch ein Verstoß gegen § 179 Abs 2 letzter Satz StPO - im Gegensatz zu der Verletzung der Fristen des § 181 StPO - nicht die Enthaftung (13 Os 147/95, 13 Os 83/94).

Annemarie S***** wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ohne Kostenzuspruch abzuweisen war (§ 8 GRBG).