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OGH vom 31.03.2022, 12Os133/21g

OGH vom 31.03.2022, 12Os133/21g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Kostersitz in der Strafsache gegen * B* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * B*, N* J*, * I* und A* J* sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom , GZ 8 Hv 10/21s1799, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten * B*, N* J* und A* J* sowie aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Konfiskationsausspruch unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen wegen der Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindungen nach § 246 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1) StGB samt dem zugrundeliegenden Wahrspruch, demgemäß auch in sämtlichen Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) und in dem N* J* betreffenden Ausspruch über die Ausschließung vom Wahlrecht aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz als Geschworenengericht verwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Angeklagte * I* ebenso auf diese Entscheidung verwiesen, wie die Angeklagten * B*, N* J* und A* J* sowie die Staatsanwaltschaft mit ihren Berufungen.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden * B*, N* J*, * I* und A* J* im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten: 12 Os 86/20v, 87/20s, 88/20p) jeweils des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindungen nach (richtig:) § 246 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1) StGB schuldig erkannt und unter Einbeziehung der im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldsprüche zu Freiheitsstrafen verurteilt.

[2] Danach haben sie sich von Anfang 2012 bis zum in W*, G* und anderen Orten des Bundesgebiets in einer Verbindung, nämlich der radikal islamistisch ausgerichteten terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“, deren wenn auch nicht ausschließlicher Zweck es ist, auf gesetzwidrige Weise, nämlich durch den als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Kampf, einen nach radikal islamistischen Grundsätzen (Scharia) ausgerichteten und als „Islamischer Staat“ (Kalifat) bezeichneten Gottesstaat vorerst in Syrien und im Irak und schließlich auch in Europa und somit in Österreich und sodann weltweit zu errichten und damit die Unabhängigkeit der Republik Österreich, die in der Verfassung festgelegte Staatsform der Republik Österreich oder eine der in den §§ 249, 250, 251 und 259 StGB angeführten verfassungsmäßigen Einrichtungen, nämlich den Bundespräsidenten, den Nationalrat, den Bundesrat, die Bundesversammlung, die Bundesregierung, die neun Landtage, die neun Landesregierungen, den Verfassungsgerichtshof, den Verwaltungsgerichtshof, den Obersten Gerichtshof, den Rechnungshof, die neun Landesrechnungshöfe und das Bundesheer, zu erschüttern, führend betätigt und für sie Mitglieder geworben, und zwar

I./ * B*, indem er als Vordenker der als Takfirismus bezeichneten radikal islamistischen Ideologie in Österreich in den Räumen des von ihm gegründeten „I*“ und der darin geführten „M* I*“ die Mitglieder und Besucher sowie die zu seiner Gemeinde zählenden Mitglieder und Besucher des Vereins T* in G* in Vorträgen, Predigten und persönlichen Gesprächen sowie in österreichweit verbreiteten Büchern, Skripten und Audiodateien (CD) den als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Glaubenskampf zur Errichtung des als „Kalifat“ bezeichneten, nach radikal islamistischen Grundsätzen gestalteten Gottesstaates und die Teilnahme an diesem „Dschihad“ zur Errichtung eines radikal islamistischen Gottesstaates als religiöse Pflicht jedes Muslims darstellte und nachgenannte Personen zumindest darin bestärkte, nachfolgende Handlungen zu begehen, und zwar

1./ Ende August 2014 N* S*, A* S* und N* S* (mit ihren unmündigen Kindern U* und M* S*), Se* Z* und S* Z* (mit ihren mündigen und unmündigen Kindern M*, A*, Mu* und H* Z*), Sa* Z*, C* H* (mit ihren unmündigen Kindern I*, M*, S* und T* H*) und M* D* und A* D* sowie am E* Sk* und * Su* (mit ihren unmündigen Kindern S*, A*, N*, K* und En* Sk*), H* O* und K* O* (mit ihren unmündigen Kindern E*, A* und Am* O*) und M* Sm* und Mu* Sm* (mit ihren mündigen und unmündigen Kindern B*, D*, S* und A* Sm*) darin, die Reise nach Syrien anzutreten und sich dort jedenfalls, zumindest bis zu ihrer Ausreise (nämlich die Familie Sm* bis Oktober 2015 sowie die Familien Sk*/Su* und O* bis ), an der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ als Mitglieder zu beteiligen, wobei die Genannten dies auch tatsächlich taten bzw unternahmen,

2./ die abgesondert verfolgten * B* und * Sa* darin, im Umfeld des „I*“ und der darin geführten „M* I*“ neue Mitglieder für die terroristische Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS), allenfalls auch zur Durchführung von Terroranschlägen in Europa, insbesondere auch in Österreich, anzuwerben,

II./ N* J*, indem er als Verfechter und Anhänger der als Takfirismus bezeichneten radikal islamistischen Ideologie in Österreich in Umsetzung der ideologischen Vorgaben von * B* sowie in seiner Eigenschaft als Kassier (vom bis zum ) und Schriftführer (vom bis zum ) in den Räumen des Vereins T* in G* in Vorträgen und Predigten sowie in österreichweit verbreiteten Büchern, Skripten und Audiodateien (CD) den als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Glaubenskampf zur Errichtung des als Kalifat bezeichneten, nach radikal islamistischen Grundsätzen gestalteten Gottesstaates und die Teilnahme an diesem „Dschihad“ zur Errichtung eines radikal islamistischen Gottesstaates als religiöse Pflicht jedes Muslims befürwortete, und

1./ die nachgenannten Personen teils unter der Zusicherung, ihnen bald nachzufolgen, aufforderte oder zumindest darin bestärkte, mit ihren mündigen und unmündigen Kindern nach Syrien in das Herrschaftsgebiet der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ zu übersiedeln, sich als Mitglieder an der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ zu beteiligen, am Aufbau einer radikal islamistisch ausgerichteten sozialen Infrastruktur als Ersatz für die durch die Bürgerkriegshandlungen, insbesondere durch terroristische Straftaten gemäß § 278c Abs 1 StGB, zerstörte Zivilgesellschaft mitzuwirken und als Kämpfer der terroristischen Vereinigung an dem als „Dschihad“ bezeichneten Bürgerkrieg zur Errichtung eines radikal islamistischen Gottesstaates teilzunehmen, nämlich Ende August 2014 N* S*, A* S* und N* S* (mit ihren unmündigen Kindern U* und M* S*), Se* Z* und Sa* Z* (mit ihren mündigen und unmündigen Kindern M*, A*, Mu* und H* Z*), Sal* Z*, C* H* (mit ihren unmündigen Kindern I*, M*, S* und T* H*) und M* D* und A* D* sowie am E* Sk* und * Su* (mit ihren unmündigen Kindern S*, A*, N*, K* und En* Sk*), H* O* und K* O* (mit ihren unmündigen Kindern E*, A* und Am* O*) und M* Sm* und Mu* Sm* (mit ihren mündigen und unmündigen Kindern B*, D*, S* und A* Sm*), die die Reise nach Syrien antraten und sich dort jedenfalls, zumindest bis zu ihrer Ausreise (nämlich die Familie Sm* bis Oktober 2015 sowie die Familien Sk*/Su* und O* bis ), an der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ beteiligten,

2./ in Umsetzung der ideologischen Vorgaben von * B*, * Q*, * M* und * Ma* die Errichtung eines nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten und als „Islamischer Staat“ (Kalifat) bezeichneten Gottesstaates vorerst in Syrien und im Irak und schließlich weltweit durch den als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Kampf zum Ziel des Vereins T* erklärte und den Verein T* zu einem der Standorte und Stützpunkte der terroristischen Vereinigungen „Jabhat al-Nusra“ und „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ (ISIS) bzw „Islamischer Staat“ (IS) in Österreich formte,

3./ das Vereinsleben auf die Erreichung des zu Punkt 2./ beschriebenen Ziels ausrichtete und dazu die Mitglieder und Besucher des Vereins in persönlichen Gesprächen, mit im Verein aufgelegten Broschüren und Schriften radikal islamistischer Prediger wie * B* und * Q* und mit nach diesen ideologischen Vorgaben gehaltenen Vorträgen aufforderte, sich in ihrer Lebensführung und der Erziehung ihrer Kinder an dieser radikal islamistischen Ideologie zu orientieren, sich an diesen terroristischen Vereinigungen als Mitglieder (§ 278 Abs 3 StGB) für den in Syrien und im Irak, aber auch in Österreich zu führenden und als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Kampf zur Errichtung eines als Kalifat bezeichneten, nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten Gottesstaates zu beteiligen,

4./ für ihre Kinder und die Kinder der Mitglieder und Besucher des Vereins einen auf dem als Scharia bezeichneten islamischen Recht beruhenden Unterricht nach der radikal islamistischen Ideologie der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) als „Gegenerziehung“ zum staatlichen Unterricht anbot und abhielt,

5./ im Herbst 2015 den zu AZ * des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen des Verdachts der Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und der kriminellen Organisation nach § 278a StGB angeklagten und als Mitglied der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat anzusehenden * Ba* als neues Mitglied in den Verein aufnahmen, um die Stellung des Vereins T* als Standort und Stützpunkt der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ weiter zu stärken und den Kontakt zu Vertretern dieser terroristischen Vereinigung zu verbessern,

III./ * I*, indem er als Verfechter und Anhänger der als Takfirismus bezeichneten radikal islamistischen Ideologie in Österreich in Umsetzung der ideologischen Vorgaben von * B* sowie in seiner Eigenschaft als Obmann (bis ) in den Räumen des Vereins T* in G* in Vorträgen und Predigten sowie in österreichweit verbreiteten Büchern, Skripten und Audiodateien (CD) den als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Glaubenskampf zur Errichtung des als Kalifat bezeichneten, nach radikal islamistischen Grundsätzen gestalteten Gottesstaates und die Teilnahme an diesem „Dschihad“ zur Errichtung eines radikal islamistischen Gottesstaates als religiöse Pflicht jedes Muslims befürwortete, und

1./ die nachgenannten Personen zumindest darin bestärkte, mit ihren mündigen und unmündigen Kindern nach Syrien in das Herrschaftsgebiet der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ zu übersiedeln, sich als Mitglieder an der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ zu beteiligen, am Aufbau einer radikal islamistisch ausgerichteten sozialen Infrastruktur als Ersatz für die durch die Bürgerkriegshandlungen, insbesondere durch terroristische Straftaten gemäß § 278c Abs 1 StGB, zerstörte Zivilgesellschaft mitzuwirken und als Kämpfer der terroristischen Vereinigung an dem als „Dschihad“ bezeichneten Bürgerkrieg zur Errichtung eines radikal islamistischen Gottesstaates teilzunehmen, nämlich Ende August 2014 N* S*, A* S* und N* S* (mit ihren unmündigen Kindern U* und M* S*), Se* Z* und Sa* Z* (mit ihren mündigen und unmündigen Kindern M*, A*, Mu* und H* Z*), Sal* Z*, C* H* (mit ihren unmündigen Kindern I*, M*, S* und T* H*) und M* D* und A* D* sowie am E* Sk* und * Su* (mit ihren unmündigen Kindern S*, A*, N*, K* und En* Sk*), H* O* und K* O* (mit ihren unmündigen Kindern E*, A* und Am* O*) und M* Sm* und Mu* Sm* (mit ihren mündigen und unmündigen Kindern B*, D*, S* und A* Sm*), die die Reise nach Syrien antraten und sich dort jedenfalls, zumindest bis zu ihrer Ausreise (nämlich die Familie Sm* bis Oktober 2015 sowie die Familien Sk*/Su* und O* bis ), an der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ beteiligten,

2./ in Umsetzung der ideologischen Vorgaben von * B*, * Q*, * M* und * Ma* die Errichtung eines nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten und als „Islamischer Staat“ (Kalifat) bezeichneten Gottesstaates vorerst in Syrien und im Irak und schließlich weltweit durch den als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Kampf zum Ziel des Vereins T* erklärte und den Verein T* zu einem der Standorte und Stützpunkte der terroristischen Vereinigungen „Jabhat al-Nusra“ und „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ (ISIS) bzw „Islamischer Staat“ (IS) in Österreich formte,

3./ das Vereinsleben auf die Erreichung des zu Punkt 2./ beschriebenen Ziels ausrichtete und dazu die Mitglieder und Besucher des Vereins in persönlichen Gesprächen, mit im Verein aufgelegten Broschüren und Schriften radikal islamistischer Prediger wie * B* und * Q* und mit nach diesen ideologischen Vorgaben gehaltenen Vorträgen aufforderte, sich in ihrer Lebensführung und der Erziehung ihrer Kinder an dieser radikal islamistischen Ideologie zu orientieren, sich an diesen terroristischen Vereinigungen als Mitglieder (§ 278 Abs 3 StGB) für den in Syrien und im Irak, aber auch in Österreich zu führenden und als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Kampf zur Errichtung eines als Kalifat bezeichneten, nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten Gottesstaates zu beteiligen,

4./ für ihre Kinder und die Kinder der Mitglieder und Besucher des Vereins einen auf dem als Scharia bezeichneten islamischen Recht beruhenden Unterricht nach der radikal islamistischen Ideologie der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) als „Gegenerziehung“ zum staatlichen Unterricht anbot und abhielt,

5./ im Herbst 2015 den zu AZ * des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen des Verdachts der Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und der kriminellen Organisation nach § 278a StGB angeklagten und als Mitglied der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat anzusehenden * Ba* als neues Mitglied in den Verein aufnahm, um die Stellung des Vereins T* als Standort und Stützpunkt der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ weiter zu stärken und den Kontakt zu Vertretern dieser terroristischen Vereinigung zu verbessern,

IV./ A* J*, indem sie als Verfechterin und Anhängerin der als Takfirismus bezeichneten radikal islamistischen Ideologie in Österreich in Umsetzung der ideologischen Vorgaben von * B* sowie in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Vereins in den Räumen des Vereins T* in G* den in Vorträgen und Predigten sowie in österreichweit verbreiteten Büchern, Skripten und Audiodateien (CD) als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Glaubenskampf zur Errichtung des als Kalifat bezeichneten, nach radikal islamistischen Grundsätzen gestalteten Gottesstaates und die Teilnahme an diesem „Dschihad“ zur Errichtung eines radikal islamistischen Gottesstaates als religiöse Pflicht jedes Muslims befürwortete, und

1./ die nachgenannten Personen durch Kontakte zu den Frauen und Kindern im Verein zumindest darin bestärkte, mit ihren mündigen und unmündigen Kindern nach Syrien in das Herrschaftsgebiet der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ zu übersiedeln, sich als Mitglieder an der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ zu beteiligen, am Aufbau einer radikal islamistisch ausgerichteten sozialen Infrastruktur als Ersatz für die durch die Bürgerkriegshandlungen, insbesondere durch terroristische Straftaten gemäß § 278c Abs 1 StGB, zerstörte Zivilgesellschaft mitzuwirken und die Männer als Kämpfer der terroristischen Vereinigung an dem als „Dschihad“ bezeichneten Bürgerkrieg zur Errichtung eines radikal islamistischen Gottesstaates teilzunehmen, nämlich Ende August 2014 N* S*, A* S* und N* S* (mit ihren unmündigen Kindern U* und M* S*), Se* Z* und Sa* Z* (mit ihren mündigen und unmündigen Kindern M*, A*, Mu* und H* Z*), Sal* Z*, C* H* (mit ihren unmündigen Kindern I*, M*, S* und T* H*) und M* D* und A* D* sowie am E* Sk* und * Su* (mit ihren unmündigen Kindern S*, A*, N*, K* und En* Sk*), H* O* und K* O* (mit ihren unmündigen Kindern E*, A* und Am* O*) und M* Sm* und Mu* Sm* (mit ihren mündigen und unmündigen Kindern B*, D*, S* und A* Sm*), die die Reise nach Syrien antraten und sich dort jedenfalls, zumindest bis zu ihrer Ausreise (nämlich die Familie Sm* bis Oktober 2015 sowie die Familien Sk*/Su* und O* bis ), an der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ beteiligten, wobei ihr Ehegatte N* J* mit ihrem Wissen E* Sk* und * Su* (mit ihren Kindern) zu H* O* transportierte,

2./ in Umsetzung der ideologischen Vorgaben von zumindest * B* die Errichtung eines nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten und als „Islamischer Staat“ (Kalifat) bezeichneten Gottesstaates vorerst in Syrien und im Irak und schließlich weltweit durch den als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Kampf als Ziel des Vereins T* akzeptierte wie auch eine Formung des Vereins T* zu einem Standort oder Stützpunkt der terroristischen Vereinigungen „Jabhat al-Nusra“ und „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ bzw „Islamischer Staat“ in Österreich,

3./ das Vereinsleben auf die Erreichung des zu Punkt 2./ beschriebenen Ziels ausrichtete und dazu zumindest die weiblichen Mitglieder und Besucherinnen des Vereins in persönlichen Gesprächen, mit im Verein aufgelegten Broschüren und Schriften radikal islamistischer Prediger wie * B* und * Q* und mit nach diesen ideologischen Vorgaben gehaltenen Vorträgen aufforderte, sich in ihrer Lebensführung und der Erziehung ihrer Kinder an dieser radikal islamistischen Ideologie zu orientieren und nach ihrem Vorbild die Lebensführung in ihren Familien und die Erziehung ihrer Kinder nach den das Vereinsleben bestimmenden radikal islamistischen Grundsätzen der genannten terroristischen Vereinigungen „Jabhat al-Nusra“ und „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ bzw „Islamischer Staat“ zu gestalten, sich an diesen terroristischen Vereinigungen als Mitglieder für den in Syrien und im Irak, aber auch in Österreich zu führenden und als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Kampf zur Errichtung eines als Kalifat bezeichneten, nach radikal islamistischen Grundsätzen ausgerichteten Gottesstaates zu beteiligen,

4./ für ihre Kinder und die Kinder der Mitglieder und Besucher des Vereins einen auf dem als Scharia bezeichneten islamischen Recht beruhenden Unterricht nach der radikal islamistischen Ideologie der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) als „Gegenerziehung“ zum staatlichen Unterricht anbot und abhielt.

[3] Die Geschworenen hatten die hinsichtlich * B*, N* J*, * I* und A* J* jeweils nach dem Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindungen nach (richtig:) § 246 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1) StGB gestellten Hauptfragen (1./ bis 4./) einstimmig bejaht und demgemäß die Eventualfragen in Richtung § 246 Abs 3 StGB unbeantwortet gelassen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen dieses Urteil richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der vier Angeklagten, wobei sich * B* auf die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 Z 6, 8, 10a und 11 lit a StPO stützt, N* J* und A* J* in ihrer gemeinsamen Rechtsmittelausführung die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 Z 6, 10a und 12 StPO geltend machen und * I* sich auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6 StPO beruft.

[5] Die Angeklagten * B*, N* J* und A* J* weisen in ihren Subsumtionsrügen (nominell auch Z 11 lit a, der Sache nach [nur] Z 12), zutreffend darauf hin, dass der Wahrspruch der Geschworenen zu den die Rechtsmittelwerber betreffenden Hauptfragen 1./, 2./ und 4./ jeweils keine ausreichenden Feststellungen zur staatsfeindlichen Zweckausrichtung der inkriminierten Verbindung iSd § 246 Abs 1 StGB enthält (vgl dazu Bachner-Foregger in WK² StGB § 246 Rz 3 und 5; Salimi/Tipold, SbgK § 246 Rz 20 ff; Leukauf/Steininger/ Huber, StGB4 § 246 Rz 7a; 11 Os 9/20p; 12 Os 86/20v). Die Geschworenen konstatierten zwar, dass es Ziel der radikal-islamistisch ausgerichteten terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ ist, durch den als „Dschihad“ bezeichneten bewaffneten Kampf einen nach radikal-islamistischen Grundsätzen ausgerichteten Gottesstaat „vorerst in Syrien und im Irak und schließlich auch in Europa und somit in Österreich und sodann weltweit“ zu errichten (vgl Wahrspruch US 4, US 10, US 29). Dass die Aktivitäten der Vereinigung „Islamischer Staat“ im hier relevanten Zeitraum Anfang 2012 bis Jänner 2017 (bereits) auf eine ernste Gefährdung der Unabhängigkeit, der Staatsform oder einer verfassungsmäßigen Einrichtung der Republik Österreich, somit der Grundfesten der Republik Österreich, abzielten (vgl Salimi/Tipold, SbgK § 246 Rz 24 ff; 11 Os 9/20p; 12 Os 86/20v), kann dem Wahrspruch jedoch nicht entnommen werden.

[6] Insofern vermag der im Wahrspruch festgestellte Sachverhalt die rechtliche Annahme der Verwirklichung jeweils eines Verbrechens nach § 246 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1) StGB nicht zu tragen; die bezughabenden Schuldsprüche sind daher mit Nichtigkeit gemäß § 345 Abs 1 Z 12 StPO behaftet (RIS-Justiz RS0120637).

[7] Angesichts gleichlautender Benennung der als staatsfeindliche Verbindung beurteilten Vereinigung „Islamischer Staat“ und ebenso fehlender Feststellungen zu einer ernstlichen Gefährdung der Unabhängigkeit der Republik Österreich, ihrer Staatsform oder einer ihrer staatstragenden Einrichtung in der den Angeklagten * I* betreffenden Hauptfrage 3./ (vgl Wahrspruch US 20) ist auch der diesen Angeklagten betreffende Schuldspruch mit – von diesem nicht geltend gemachter, ihm jedoch zum Nachteil gereichender (§§ 344, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) – materiell-rechtlicher Nichtigkeit (Z 12) behaftet.

[8] Diese Subsumtionsfehler (mangels Feststellungen) erforderten – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Aufhebung der Schuldsprüche wegen der Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindungen nach § 246 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1) StGB sowie des zugrundeliegenden Wahrspruchs. Demgemäß waren auch sämtliche Strafaussprüche (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) und der N* J* betreffende Ausspruch gemäß § 446a StPO aufzuheben, nicht jedoch das Konfiskationserkenntnis, das sich erkennbar (US 52, US 56) auf die bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldsprüche wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB bezieht.

[9] Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung war der Angeklagte * I* ebenso auf diese Entscheidung zu verweisen wie die Angeklagten * B*, N* J* und A* J* sowie die Staatsanwaltschaft mit ihren Berufungen.

[10] Den Angeklagten war keine Kostenersatzpflicht aufzuerlegen, weil die Schuldsprüche des angefochtenen Urteils zur Gänze aufgehoben wurden (vgl Lendl, WK-StPO § 390a Rz 7). Daran ändern die aus dem ersten Rechtsgang rechtskräftigen Schuldsprüche nichts (vgl betreffend den Angeklagten I* überdies Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00133.21G.0331.000

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